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Achtung: Satire. Nach der Schlappe bei der Charaktererschaffung war ich kurz davor die Travellerrunde zu verlassen bevor sie begonnen hat. Nun habe ich mich aber mit den mir gegebenen Mitteln motiviert. Dazu gehörten die DVD – Universal Soldier, das Computerspiel – Halo – und meine Sammlung an Manowar CD ´s. Es hat funktioniert. Ich sah mich selber schon als Helden, als Bollwerk unserer Crew, als eine alles vernichtende Kampfmaschine die mit ihren automatischen Feuerwaffen so ziemlich alles und jeden in einen Haufen DNA-Matsch verwandeln konnte. Friede eurer Asche, ihr Pisser!

Ich komme also die Treppen zu Chris hochgespurtet wie ein Süchtiger zur Methadonausgabe, um mich dann in einer veränderten Konstellationen an Personen wiederzufinden. Das hat mich irritiert. Neben Markus spielen nun auch Thorsten und – wir nennen ihn ab sofort mal Kurt mit. Thorsten, anfang-mitte dreißig war der Raucher in unserer Gruppe. Er ist eher still und hat sich so nen Wissenschaftlertypen gebastelt. Gut so, die 30 Jahre alte Rostlaube die Markus – wir erinnern uns an ihn – gekauft hat muss ja auch irgendwer am laufen halten. Neben Chris und Markus die mir ja von Anfang an recht sympathisch waren fand ich auch Thorsten ganz ok, so ok wie man Menschen eben finden kann, wenn man sie wenige Momente lang kennt. Aber warum genau spürte ich dieses Pochen unter meinem linken kleinen Zehnagel, dieses Zucken in meinem linken Augenlied und was war der Grund für mein plötzlich aufkeimendes Sodbrennen?

Mein Blick fiel auf unseren Gruppenkurt. Er war Anfang 20, höchstens. Er kopierte meine coole Art einen Bart zu tragen, hatte eine blonde fransige Frisur und trug über seinem knöchrigen Körper ein Uni-Ulm-T-Shirt. Er war ein Intelektueller….das kann ja was werden. Man muss nämlich sagen, dass wir ja alle vier die 30 überschritten haben und eher so bodenständige Typen sind. Zumindest ist das mein Eindruck. Thorsten und Kurt haben Charaktere nachgebastelt und die Wissenschaftlergeschichte war von Thorsten recht schnell erzählt. Dann kam Kurt. Der Xenobiologiewissenschaftler mit zahlreichen Preisen, ungeheurem Vermögen, seine ausgeprägten Kampffertigkeiten (wo Ballern doch nun mein Job sein sollte) und ich weiß nicht was er sonst noch alles so tolles konnte. Und schon da wusste ich, mein Zehnagel und mein Augenlied hatten mich nicht getäuscht. Er war mir unsympathisch, vielleicht gepaart mit einer kleinen Priese Mitleid.

Diese, wir nennen sie mal Unsympathie, explodierte eigentlich schon in der ersten Szene des Spiels.   Die Verhandlungen mit unserem Auftraggeber wurden gleich mal von Kurt an sich gerissen, dabei ist doch Markus der Captain? Und wo stand dass der Typ auch noch ein eloquenter Diplomat war? Getreu meiner Rolle stand ich nur dumm rum und achtete auf die körperlichen Gefahren. Kurt hätte lieber irgendwelche Proben nehmen müssen oder von mir  aus auch einfach am nächsten Nobelpreis basteln sollen, aber nicht wie ein Verhandlungstyp den Captain unwichtig erscheinen lassen. Man muss sagen, er hatte auch noch diese absolut schleimige Art und Weise zu spielen, alles immer so nett und unterwürfig, aber trotzdem eloquent und weltmännisch. Einen Xenobiologen stellte ich mir gänzlich anders vor. Und schon in diesen wenigen Minuten musste ich sagen, mir war Kurt von Grund auf unsympathisch. Das hatte sich jetzt gefestigt. Schlimmer war nur noch, er regte mich echt auf. So sehr, dass, als eine Szene gespielt wurde von mir, in der ich etwas rauskriegen wollte und er die Szene an sich reissen und fragen stellen wollte, mir leider der Kragen platzte und ich ihn anbellte, dass er doch gar nicht da sei.  

Nach ungefähr einer maximalen Stunde Spielzeit musste Kurt plötzlich gehen. Es wäre ja auch schon acht Uhr und dass es so lange gehen sollte hätte er nicht gewusst. Aber er würde auf jeden Fall beim nächsten Mal wieder  dazu stoßen. Noch im gehen erzählte er uns von seiner tollen Runde, und dass sie da ja alle unsterblich sind und die Weltgeschichte verändern und das Schwarzpulver erfunden haben…und eigentlich habe ich ihm auch gar nicht zugehört sondern mir den Moment gewünscht, da Kurt nicht mehr da ist. Und als die Tür dann zuging spürte ich diese aufkommende Ruhe, diese Harmonie. Scheinbar haben auch Thorsten und Markus den Kurt nicht ganz so sympathisch gefunden. Als Chris von der Tür wiederkam setzte er sich, schaute uns an und fragte gleich nach dem Motto „Butter bei den Fischen“, wie es weitergehen soll. Mein Mitleid wollten ihm eigentlich noch ne Chance geben. Jedoch wurde drei zu eins gegen ihn gestimmt. Er passte einfach nicht zu uns. Und wieso wollte ich dem nochmal ne Chance geben? Ich werde alt. Nun wurde es echt gut. Das merkte man daran, dass wir danach echt voran kamen, dass es anfing Spaß zu machen und wir als Gruppe harmonierten. Der Captain Markus entschied Dinge, Thorsten bastelte so rum und war auch sonst immer sehr hilfreich wenn es um Dinge ging, und ich…ich haute einen fetten Typen der sich eigentlich nicht wehren konnte auf die Fresse und ich ballerte. OK, sie waren unschuldig und unbewaffnet aber dafür blieb ich in meiner Rolle. Und ich bin mir echt sicher, beim nächsten Mal werde ich auf echte bewaffnete Gegner schießen!

Aber wie handhabt ihr das eigentlich mit Leuten, die gar nicht in die Runde passen? Haltet ihr das aus?

Artikelbild: © sxc.hu // fcl1971 

13 Kommentare

  1. Ich glaub den Kurt kenne ich auch! ;)
    … oder zumindest einer seiner vielen Brüder! ^^

    Solche „Spieler“ gibt es immer wieder und ich reagiere da meist ähnlich wie du.
    Genau so ein Spieler hat sogar unsere letzte Gruppe „auseinander“ getrieben, weil der SL ihm unbedingt nochmal eine Chance (die mittlerweile 4te!?) geben wollte, aber die Hälfte der Gruppe eben nicht.

    Schade.

    Rollenspiel kann man halt auf so viele verschiedene Arten spielen und jeder hat so seine eigenen Vorstellungen von richtigem Rollenspiel.
    Die richtige Gruppe zu finden, in der alles in Harmonie abläuft, ist daher meist nicht so einfach.

    Um auf deine Frage zurück zu kommen.
    Es kommt darauf an auf welcher Seite ich als SL stehe. Wenn eine neue Gruppe gegründet wird und bei 4 Spielern, einer aus der Reihe fällt, aber dieser eine genau die Spieweise hat, wie ich sie als richtig empfinde, entscheide ich mich für den Spieler und gegen die Mehrheit. Wenn die Gruppe schon länger besteht und der neue Spieler einfach nicht passt, dann muss er halt leider wieder gehen, denn er könnte sonst allen den Spaß am Spielen nehmen.

  2. Ist halt echt nicht so einfach. Da hast du schon Recht. Und es verliert immer mindestens einer. Aber ich bemühe mich das ich als Gewinner aus der Sache hervorgehe. Und zwar indem ich mich quasi verabschiede. Das macht es mir für mein Seelenheil einfach schöner.

  3. Für mich kommt es immer darauf an. Wenn ich zu einer Gruppe komme und merke es passt nicht, würde ich mich verabschieden. Wenn zu einer Gruppe in der ich schon länger spiele jemand dazukommt der einfach nicht passt, würde ich ihm noch eine Chance geben, jeder kann mal einen schlechten Tag haben, und wenn es sich nicht bessert ihn dann gehenlassen.
    Grad bei einem Hobby, dass sosehr von den Mitspielern abhängt, möchte ich da mit jedem in der Runde auskommen.

    • Ja, seh ich auch so. Eine Chance hat meiner Meinung nach jeder verdient, aber wenn es beim nächsten mal immer noch nicht passt, würde ich ihn zum Wohl der Runde auch abschießen.

  4. Die Frage die ich mir Stelle: Wurde den VOR dem Spiel, mit „Kurt“ darüber gesprochen wie die Gruppe spielt? Wie sich also der Spielstill gestaltet und welche „Vorstellungen“ man von neuen Mitspielern hat? Ansonsten hätte ich sicherlich versucht mit dem Spieler zu sprechen – das eine „Eierlegendewollmilchsau“ nicht unbedingt nun die Chars darstellen, mit dennen die Gruppe sonst so spielt. Du hattest selbst geschrieben das er a). anfangs 20 ist und b). noch in einer anderen Gruppe spielt – in der wohl genau so ein Spielverhalten gang und gäbe ist. Vielleicht kennt er es ja nicht anders…

    Oh, und überhaupt – was wäre eigentlich gewesen – wäre Kurt weiblich gewesen…?

    • Also mit Kurt wurde nicht gesprochen, das ist eine neue Runde gewesen, und eigentlich unser erster richtiger Spieltermin. Die einzelnen Leute wussten wohl selber nicht genau was auf sie zukommt, von daher…

      Ich denke auch das er es nicht anders kennt. Aber was will man machen, ich hätte ja noch ne Chance gegeben, bin aber nach dem kompletten Abend dann froh gewesen das er nun nicht mehr kommt.

      Und es spielt keine Rolle ob Frau oder Mann, zumindest in meinem Fall.

  5. Schöner Artikel :)

    Also ich kann da kein Patentrezept abgeben, weil ich mich da auf meine Menschenkenntnis verlasse (und meiner Erfahrung nach auch verlassen kann). Macht er den Eindruck, als würde er sich ändern können oder einen schlechten Tag haben? Dann hat eine Chance verdient. Hat er von sich aus so gespielt oder hat er möglicherweise auch aus Unsicherheit auf die Aktionen der Gruppe blöd reagiert? 2. Chance. In jedem Fall würde ich vor der zweiten Chance mit ihm mehr oder weniger deutlich reden. Und natürlich würde ich meine Einschätzung mit Vorsicht genießen ihm also einen gewissen Bonus geben, falls ich mich verschätzt habe. Ist er aber einfach ein Depp oder sozial unverträglich? Raus. Wenn meine Einschätzung eindeutig ist, würde ich ihn nicht wieder in der Runde haben wollen. Leider spiele ich selten mit Leuten, die das so klar sehen. Führt das „Gutmenschentum“ mit der erwähnen 4. Chance zu nichts, nehme ich nach vorheriger Androhung meinen Hut.

    Vor dem Spiel darüber sprechen ist eine gute Idee, hilft auch in einigen Fällen, aber nie in allen. sollte man auf jeden Fall bei der „Anwerbung“ tun. „Was und wie spielstn so?“ „Also wir ham mehr den Storyfokus.“ etc. etc. Oft aber kristallisieren sich Probleme auch erst im laufenden Spiel raus.

    Ich bin jedenfalls prinzipiell recht rigoros. Wenn eine Chance auf Besserung besteht, wäre es unfair ihm diese nicht zu geben. Aber besteht sie nicht, dann geht er oder ich. Da lasse ich mich nicht lange auf Spielchen ein, wenn die Meinung klar ist. Da macht ne Runde joggen oder bloggen mehr Spaß. Keine Chance dem Kurt (oder der Kunigunde, da bin ich flexibel) ;)

    • Ich denke auch dass vorher sprechen schon viel helfen kann weil beide Seiten dann wissen, auf was sie sich einlassen und so im Vorfeld vielleicht schon ungeeignete Leute „ausgesiebt“ werden können. Das ist besser, als Leute hinterher wieder rauszuschmeissen.

    • Ich denke fast es würde keine Chance auf Besserung geben, das so meine Meinung nach ein paarmal drüber schlafen. Und ich bin recht froh das der Rest der Gruppe da so Strikt entschieden hat. Weil wenn ich alle zwei Wochen spiele, dann soll es Spaß machen. Und das hat es mit ihm ja nicht.

      Ich will hier auf keinen Fall sagen das er ein schlechter Mensch ist oder ähnliches, aber er hat nicht in die Runde, und vor allem in mein Rollenspielbild gepasst mit dem ich mich gerne amüsieren möchte.

  6. Rollenspieler wachsen nun leider einmal nicht auf Bäumen, deswegen tut mir die Entscheidung jemanden aus der Gruppe zu werfen schon immer weh.

    Wobei es in unserer Gruppe meistens nicht ein mal einen klar erkennbaren Spielstiel gibt.
    Oft wechselt der Spielstiel von Char zu Char und am Spieltisch versammelt sich oft genug ein bunter Mix aus allen möglichen Stielen, was meistens auch sehr gut funktioniert.

    Kritisch wird es dann, wen ein Spieler dabei ist, der den anderen Mitspielern den Spielspaß raubt.
    Der Spaß am Spiel ist nun einmal die Quintessenz des ganzen.

    • Ja du sagst es, der Spaß ist das wichtigste am ganzen Spiel. Passt das nicht, bringt es niemandem etwas. Vor allem mir selber nicht. Und da bin ich dann Egoistisch. Ich will bespaßt werden. Dafür tue ich einiges. Wenn ich nicht bespaßt werde dann gehe ich.

  7. Hehe, so einen Kurt habe ich auf dem Con auf dem ich war auch in der Runde gehabt :-)

    Ich denke wie die meisten sicherlich, eine zweite Chance kann er haben, wird die auch versemmelt, muss Kurt leider die Gruppe verlassen.

    Es ist bei einer ganz neuen Runde auch schon genau andersherum gewesen, ich bin zweimal dahin gegangen, habe festgestellt das ihr Stil zu spielen nicht meiner ist, also bin ich ausgestiegen.

    Das ist meine Freizeit, die verbringe ich mit Spaß haben und nicht mit ärgern.

    Wenn Kurt weiblich wäre, würde Kurt auch eine dritte Chance bekommen, machen wir uns doch nichts vor. Aber auch da ist irgendwann schluss, nur weiblich sein reicht für gar nix :-)

  8. Ich hab mich gekringelt vor lachen. Vor allem als mir auffiel, dass ich hin und wieder der Kurt war. Wie auch immer, im Rollenspiel passt es einfach nicht immer. Manches mal sind einfach die Ziele und Ansprüche ans Spiel unterschiedlich.
    Je älter ich werde, desdo inkompatibler scheine ich auch zu werden.

    Das Einzige was ich mir mehr wünschen würde ist ein offenerer Umgang mit dem Thema. Wie sollte Kurt sich ändern können, wenn er niemals ein Feedback über sein Verhalten bekommt.

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