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Oder: Vier Arten, eine Convention zu genießen

Dieser Text schaut vier verschiedenen Besuchern einer einer normalen 2-Tages-Convention über die Schulter und dokumentiert, wie sie die Convention erleben. Wir begleiten einen Neuling, der zum ersten mal an einer Convention teilnimmt, einen Besucher, der hauptsächlich da ist, weil er sich für Neuerscheinungen zu seinem System interessiert, einen alten Hasen, der die Convention eher locker angeht und einen Veteranen, der schon unzählige Conventions durchgestanden hat und viele Tricks kennt.

Der Neuling…

…spielt noch nicht lange und wurde von irgendwem überredet, doch mal mit zu einer Convention zu kommen. Manchmal begleiten sie auch einfach nur Freund oder Freundin auf die Convention und springen damit quasi vollends ins kalte Wasser.

Freitagabend, 17:50: Ich stehe in der Schlange vor der Convention. 18.00 Uhr sollte es losgehen, stand auf dem Flyer.
Freitagabend, 18:12: Endlich. Der Eingang geht auf, die Schlange bewegt sich einige Meter vor zur Kasse.
Freitagabend, 18:30: Ich rufe meinen Kumpel an, mit dem ich hier verabredet war, und frage ihn, wo er steckt. Ah, etwas verspätet. Ich soll mich schonmal umsehen, er ist gleich da. Gut, sehe ich mich etwas um.
Freitagabend, 19:00:   Ein freundlicher Besucher hat mir die zentralen Anlaufstellen eines Cons gezeigt: Infotafel, Info-Stand der Orga und Cafeteria. Dazu hat er mir noch erklärt, wie das mit dem Eintragen in Spielrunden funktioniert. Ich lese mir die Rundenzettel und Ankündigungen durch.
Freitagabend, 19:20: Ein Spielleiter hat sehr aktiv für seine Runde geworben, nachdem er mich vermeintlich ratlos die Zettel hat studieren sehen.
Freitagabend, 19:30: Ich sitze am Spieltisch der Runde, zusammen mit drei anderen Spielern und besagtem Spielleiter. Mir wird ein Charakterbogen ausgehändigt, diesen bekommen ich kurz erklärt, und dann soll ich Punkte verteilen. Ich überlege mir ein grobes Konzept, nachdem ich dem Spielleiter ein wenig über den Hintergrund der Runde entlockt habe, und versuche, dieses in Punkten auszudrücken. Puh.
Freitagabend, 19:50: Ich soll mir noch Vor- und Nachteile aussuchen, sowie Archetypen. Mir wird feierlich das Regelbuch mit den Listen überreicht.
Freitagabend, 20:10: Ich habe meinen Charakter endlich fertig. Allerdings kommt er noch nicht sofort zum Einsatz, da der Spielleiter mit jedem Spieler einzeln ein Preludium” (was auch immer!)   spielen möchte. Er meint, das dauert nur ‘ne viertelstunde pro Charakter. Ich rechne das hoch auf eine Dreiviertelstunde, ehe ich wieder dran bin, und beschließe, mir etwas zu Essen zu holen.
Freitagabend, 20:55: Der Spielleiter ist mit dem zweiten Preludium fertig. Ich setze mich und höre mir das dritte Preludium” an. Es beschreibt ziemlich hart und blumig, wie meine Nachbarin zum Vampir wurde.
Freitagabend, 20:20: Ich werde ziemlich hart und blumig zum Vampir.
Freitagabend, 20:40: Die Runde ist vereint und bekommt vom Prinzen” einen Auftrag. Klingt wie ein klassischer Rollenspielplot, nur halt mit Vampiren. Ich fühle mich wieder ein wenig eher zuhause” und berate mich mit den Mitspielern, wie wir den Auftrag lösen können.
Freitagnacht, 00:30: Wie beschließen, eine halbstündige Pause zu machen für Essen, Rauchen und Toilette.
Freitagnacht, 00:55: Ich treffe meinen Kumpel am Infobrett und zeige ihm meine Spielrunde. Er warnt mich lautstark vor dem Spielleiter. Ist mir fast schon peinlich, wie er über den herzieht.
Ich verabschiede mich trotzdem wieder in dessen Richtung, die Runde ist recht spannend, und mich interessiert, wie es ausgeht.
Freitagnacht, 01:40: Eine der Personen, die wir befragt haben, machte komische Andeutungen, die ich nicht ganz verstanden habe. Ich war mir zuerst unsicher, aber die anderen Spieler haben entweder auch nichts verstanden, ober wissen mehr und verheimlichen mir etwas.
Freitagnacht, 02:20: Zweite Kaffeepause. Ich mache mich wieder auf zur Cafeteria. Auf dem Rückweg sehe ich einen Rundenzettel von meinem Bekannten für morgen früh. Ich kenne das System zwar nicht, aber er hat mir schon oft davon vorgeschwärmt. Ich trage mich ein.
Freitagnacht, 02:45: Ich bin etwas verspätet wieder am Spieltisch, die anderen haben schon angefangen weiterzuspielen. Ich habe aber nichts großes verpasst.
Freitagnacht, 04:10: Ich merke, daß ich langsam müde werde. Dem Rest der Runde scheint es genauso zu gehen. Der Spielleiter sagt, daß wir gleich durch sind.
Samstagmorgen, 06:14: Werwölfe. Die Bösen sind Werwölfe. Wie soll man auf sowas kommen? Ok, zugegeben, ich bin gewarnt worden – aber das – egal. Dann halt Werwölfe.
Samstagmorgen, 08:20: Die Bösen sind Ex-Werwölfe. Meine Güte, ziehen sich Kämpfe lang in dem System.
Samstagmorgen, 09:40: Wir haben dem Prinzen von unserem Erfolg berichtet, die fünf EP für den – Leichten Auftrag – eingestrichen und die Runde beendet. Ich bin hundemüde, aber mir fällt ein, daß ich bei meinem Bekannten auf dem Rundenzettel stehe. Für gleich. Vorher hole ich mir aber noch einen Kaffee.
Samstagmorgen, 10:15: Vier Kaffees später erscheine ich bei meinem Bekannten. Er erklärt kurz die Regeln und bittet einen der Mitspieler, mir mit einem Charakter zu helfen. Ich weiß nicht, ob es Müdigkeit ist oder das komplexe Regelwerk, aber irgendwie verstehe ich nur die Hälfte.
Samstagmorgen, 10:45: Ich bin Christoph, der Mechanikus. Es kann losgehen.
Samstagmorgen, 11:20: Schönes Steampunk-Setting, gefällt mir. Ich versuche, dem Plot zu folgen.
Samstagnachmittag, 15:00: Ich habe das Gefühl, daß ich irgendetwas nicht mitbekommen habe. Mist – habe ich geschlafen? Die Gruppe steht kurz vor dem Endkampf, und ich unterstütze sie, so gut ich kann.
Samstagmittag, 16:00: Das Szenario ist beendet, die Runde hat sich aufgelöst. Ich gehe mit meinem Bekannten etwas Essen.
Samstagnachmittag, 16:30: Ich bin hundemüde und will in die Turnhalle. Mein Bekannter empfiehlt mir den Raum oben, wo er auch schläft. Da ist derzeit eine leise Spielrunde drin, die nichts dagegenhat, daß ich mich da hinlege.
Samstagnacht, 23:30: Ich werde wach. Es ist dunkel draußen. Die Neonröhren flackern, also hat wohl gerade jemand das Licht angemacht.
Samstagnacht, 23:50: Ich versuche, gegen den Geräuschpegel einer frischen Rollenspielrunde einzuschlafen. Vorteil: Es ist nicht so penetrant monoton wie das Gesäge in der Turnhalle.
Samstagnacht, 01:20: Ich werde geweckt, weil ich geschnarcht habe.
Sonntagmorgen, 08:00: ich schrecke schon wieder hoch, diesmal, weil der imperiale Marsch durch den Raum dröhnt. Meinem Bekannten scheint es ähnlich zu gehen, er sitzt zumindest ebenfalls senkrecht im Schlafsack. Ich lege mich wieder hin und versuche, weiterzuschlafen.
Sonntagmorgen, 11:40: Ich werde erneut wach, beschließe aufzustehen und Duschen zu gehen und setze das auch sofort in die Tat um.
Sonntagmorgen, 12:10: Ich betrete die Cafeteria, nur um festzustellen, daß die fast komplett ausverkauft sind. Ich stelle mir aus dem verbleibenden Angebot ein Frühstück zusammen.
Sonntagmittag, 12:30: Hier in der Cafeteria scheinen sich am Ende des Cons die Leute zu sammeln. Ich lausche in ein paar Gespräche rein und traue mich sogar, mich an dem einen oder anderen zu beteiligen. So erfahre ich in kurzer Zeit, was hier während es Cons alles schiefgelaufen ist und was die Orga alles verbockt hat. Dazwischen werden mir aber auch ein, zwei gute Spiele empfohlen.
Sonntagnachmittag, 13:10: Ich lasse mich zu einer Brettspielrunde in der Cafeteria überreden.
Sonntagnachmittag, 15:25: Das Brettspiel war eine nette Abwechslung zum Rollenspiel. Und einer der Spieler hat mir angeboten, mich zuhause abzusetzen, da das eh auf dem Weg liegt. Er würde aber jetzt fahren wollen. Ich renne noch einmal durchs Haus, finde aber meinen Bekannten nicht, also schreibe ich ihm eine SMS und verlasse die Convention Richtung Heimat.

Achtung: bitte „umblättern“!

8 Kommentare

  1. Ich erkenne mich nicht wieder, da ich kein Con Spieler bin, aber ich glaube, dass ich Personen 2-4 durchaus erkenne, bzw. erkenne, wen du als Vorbilder herangezogen hast ;)

    Warum hast du eigentlich einen Teil der Systeme unklar gelassen, WoD und D&D aber explizit erwähnt?

  2. Ich erkenne mich in der Tat wieder – lustigerweise in so gut wie allen von denen! :D
    Den alten Hasen fand ich besonders gut, auch wenn der Neuling doch sehr gnädig mit seiner Einschätzung war. ;)

  3. Hmm, lustig … ich bin mir eigentlich keiner genutzten Vorbilder bewusst … aber ich habe halt verwendet, was ich auf dem Con so aufgeschnappt habe ;-)

    @Holger: Naja, ich habe den Artikel Con-Unabhängig geschrieben … nur bei dem Con, das die Grundlage war, sollte das Haussystem klar sein ;-)

    Mir ist gerade aufgefallen, daß der Neuling viel zu viel schläft … Hmpf …

  4. Ach ja … @Stefan: Ich erkenne mich auch in jedem von denen wieder … sind gesammelte Erfahrungen aus über 15 Jahren Con-Spielen … und irgendwie habe ich auch jede der Rollen schonmal ausgefüllt … ;-)

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