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Dies ist Teil 2 von 2 der Artikelserie „Das Notfallköfferchen für Spieler und Spielleiter“.


Der Sinn des Spielersets war es, spontanen Rollenspielideen nachgehen zu können. Wenn man diese spontanen Spielrunden jedoch leiten möchte, hat es sich als nützlich erwiesen, zusätzlich zum Spielerset eventuell noch ein paar Dinge mehr dabeizuhaben.
 

Teil II: Das – Notfallköfferchen – für den Spielleiter

Ein einfaches Regelwerk

Dieser Punkt wird gerne unterschätzt. Viele Runden, die oft zusammen spielen, können auch spontan ohne Regelwerk spielen, selbst bei komplexen Systemen wie MERS oder AD&D habe ich das schon live erleben dürfen. Wenn man jedoch eher zu den Casual Gamern gehört, oder aber man beispielsweise im Fachschaftsraum in Freistunden spielt, wo weitere Interessenten mitspielen wollen könnten, ist es nützlich, wenn man stattdessen lieber ein einfaches System verwendet.

Anforderungen

Folgende drei Punkte sollten auf ein System zutreffen, wenn man es spontan spielen können möchte:

Einfach in den Regeln

Das System sollte innerhalb weniger Minuten erklärbar sein. Je weniger Regeln es aufweist, desto besser. Es gibt gerade im Bereich der freien Rollenspiele einige sehr schöne Miniatur-Systeme, die teilweise mit so wenig Regeln auskommen, daß man diese auch auswendig dabeihaben kann. Andererseits kann man sich die vier Seiten auch ausdrucken und zum Block legen.

Einfach in den Charakteren

Es sollte die Spieler nicht viel Zeit kosten, sich ein Spielfigur zu erstellen. Je weniger dabei gerechnet, nachgehalten, verteilt, gewürfelt und geschrieben werden muß, desto besser. Bedenke: Es geht hier um eine schnelle Nebenbei-Runde, nicht um eine lange vorbereitete Kampagne.

Einfach in den Materialien

Das gilt vor allem für Charakterbögen und ähnliches Spielmaterial. Wenn man Internet und Drucker zur Hand hat, kann man diese Limitation durch herunterladbare PDF-Charakterbögen umgehen, allerdings ist die Möglichkeit a) nicht immer gegeben und b) zeitraubend.

Ansonsten muß der Charakterbogen im Ernstfall schnell erstellbar sein. Vampire beispielsweise ist ein sehr einfaches Regelsystem, wodurch es Anforderung 1 erfüllt. Aber der Charakterbogen ist leider schon recht textlastig, so dass man viel zu schreiben (und auswendig zu wissen) hat, wenn man den on the fly handschriftlich erstellen möchte

Wenn man unbedingt ein bestimmtes System spielen möchte, spricht natürlich nichts dagegen, immer ein paar Charakterbögen mit im Gepäck zu haben. Denn Hand aufs Herz: Viel freakiger, als dauernd Würfel mit sich rumzuschleppen, ist das jetzt auch nicht.

Mögliche Systeme

Es gibt unzählige Systeme, die die genannten Anforderungen erfüllen. Alle aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, darum gebe ich hier einfach mal einen kurzen Überblick, welche Systeme ich meistens für Spontanrunden verwende, gleich mit passenden Links.

RISUS  Quelle

Risus verwendet ein sehr einfaches Konzept, welches man, wenn man es einmal gelesen hat, komplett auswendig benutzen kann. Das Regelwerk ist nicht an eine Welt oder ein Genre gebunden und lässt sich universell einsetzen.

Vorteil: Extrem einfach, man braucht nur W6 und kann auswendig spielen.

Nachteil: Risus ist extrem einfach, worunter die Ernsthaftigkeit der Runde leiden könnte. Wenn man vorher festlegt, in welchem Stil man spielen möchte, sollte es aber funktionieren.

Fighting Fantasy  Quelle

Fighting Fantasy ist das System, was Steve Jackson und Ian Livingstone für ihre Abenteuerbücher verwendet haben. Es gibt in der Reihe der Abenteuerbücher tatsächlich zwei Regelbücher, Fighting Fantasy als Basis für echte Tischrunden abseits der Solo-Abenteuer zu benutzen.

Vorteil: Sehr einfaches System, Leser von Abenteuerbüchern kennen es schon, kommt mit W6 aus

Nachteil: Regelbuch im Taschenbuchformat sollte dabeisein.

LAME

Ein wenig dreiste Eigenwerbung – LAME steht für – Lean And Mean Engine – und ist die kleine Schwester vom großen Mystika-Regelwerk. Es ist ausgelegt hauptsächlich für Science-Fiction und Fantasy, lässt sich aber durch eine völlig freie Charaktererschaffung in verschiedenen Settings spielen. Die Regeln sind etwas komplexer, dafür aber auch realistischer. Man kann ohne gedrucktes Regelwerk spielen, muß dann aber einige Dinge (Waffen etc.) improvisieren.

Das System basiert auf dem „großen“ Mystika und ist dazu kompatibel. Das heißt, wenn den Spielern Optionen im großen Regelwerk gefallen, sind diese auch in LAME anwendbar. Der Hauptwürfel ist der W12, wenn man ein paar optionalen Regeln dazuschaltet, braucht man zwei, sonst nur einen.

Vorteil:  Einfach, schnell, halbwegs realistisch und mit den Regeln vom großen Bruder erweiterbar.

Nachteil: Braucht W12, einfacher mit gedrucktem Regelwerk.

DSA Abenteuer Basisspiel

„DSA 1“ in Anführungszeichen, weil ich nicht weiß, ob es wirklich die DSA-1-Regeln sind – das war vor meiner Zeit. Die Rede ist von dem Anfänger-Büchlein – Abenteuer Basisspiel, welches sich in der DSA-Grundbox um 1985 herum befand. Es enthält ein sehr abgespecktes, grundlegendes DSA-System mit fünf Attributen, wenigen Fertigkeiten, wenigen Zaubern und einfachen Regeln.

Vorteil: Schnell und simpel, die Regelmechanismen sind alten DSA-Spielern mitunter schon bekannt.

Nachteil: In der Form nicht günstig und einzeln zu erwerben, man braucht das Buch beim Spielen

Quelle: Keine bekannt.

Light-Regelwerke

Viele große Rollenspiele bieten Einsteigern Light-Regelwerke (Cuthullu oder Shadowrun von Pegasus oder GURPS Light von Steve Jackson Games (Der andere Steve Jackson). Diese können auch hilfreich sein für spontane Runden, sind aber meistens schon zu komplex in Charaktererschaffung und -bögen. Wenn die Runde aber eh den großen Bruder spielt, sind die Light-Regelwerke eine nette Abwechslung für zwischendurch.

Am Rande noch ein Tip: Wer zufällig die DVD von Astropia im Regal stehen hat – guckt mal ins Booklet. Das enthält ein bisher unbenanntes Einsteiger-System, welches sich auch super für kleine spontane Rollenpsielrunden eignet.

Wenn ihr noch weitere gute System für spontane Runden kennt, würde ich mich freuen, wenn ihr einen Kommentar zu diesem Artikel hinterlasst und das System kurz vorstellt.

Eine Idee für ein Szenario

Da man bei spontanen Runden selten vorbereitete Abenteuer dabeihat, muß man fast immer improvisieren.Spontane Plots findet man fast immer, wenn man mal überlegt, was man in den letzten 24 Stunden so alles gesehen hat. Die Handlung des Films von gestern abend ist ein schöner Plot-Starter, oder die Tatsache, daß sich jeder fragt, warum die mitten auf dem Campus ein großes Loch gebuddelt haben. Oder einfach nur der Kerl, der in der S-Bahn saß und die ganze Zeit vor sich hingemurmelt hat.

An dieser Stelle sei auf den Artikel von Andreas verwiesen, wo er an einem Beispiel schön beschreibt, wie man aus alltäglichem einen Plot zusammenweben kann.

Wenn man öfter spontane Runden spielt, kann man dieses Prinzip auch ausweiten: Man hält einfach IMMER die Augen offen nach möglichen und interessanten Plots, und schreibt sich dann sogenannte Plot Hooks auf einen Zettel im Würfelbeutel. Bei Bedarf nimmt man dann einen von diesen Hooks heran und strickt das Abenteuer drumherum – fertig.

Tip am Rande: Szenarioideen hält man am besten mit Hilfe von Entity Relationship Diagrammen fest. Das hier zu erklären, würde den Artikel sprengen, vielleicht mache ich dazu mal einen eigenen Artikel.

Optional: Mehr Marker.

Die im ersten Teil vorgeschlagenen Pöppel sind ein guter Weg, die Positionen und/oder den Zustand der Spielerfiguren festzuhalten. Als Spielleiter muß man unter Umständen mehr Dinge markieren, als mit einem Satz Pöppel zu markieren ist. Deshalb empfieht sich hier ein buntes Sammelsurium an kleinen Dingen : Mikro-Würfel, die man sonst eh zu nix gebrauchen kann, mehr Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Figuren, Dekoglassteine, Damesteine, was auch immer. Hauptsache, man hat was zur Hand, wenn man was braucht.

Fotografie: Henning Lechner

11 Kommentare

  1. Mir fällt noch Savage Worlds ein. Zumindest die normalerweise genutzten Regeln sind recht einfach. Verfolgungsjagden hingegen gar nicht. FATE könnte sich auch eignen.

  2. Noch ein paar Ideen für einfache Systeme:

    Cavemaster – einfache Regeln und das Material hat auch ein Steinzeitmensch zur Hand.

    Trollbabe – Für den Charakterbogen reicht eine Karteikarte mit einem Kästchen für den (einzigen) Stat.

    Die Sachen von Bock-Spiele

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