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Wir hatten die Freude einige Fragen an Jürgen Mang, dem Autor des Weltenbuchs und Space Pirates, stellen zu dürfen.


Andreas: Hallo Jürgen, schön, dass du Zeit gefunden hast für unser kleines Interview. Vielleicht fangen wir damit an das du dich uns mal  vorstellst. Wo wohnst du, wie alt bist du und so Fragen eben.

Jürgen: Hallo Andi, freut mich, dass ich für die Teilzeithelden ein Interview geben darf. Meine Name ist ja schon gefallen, im Internet bin ich unter dem Nick jcorporation und der Abkürzung jc unterwegs, weshalb mein kleiner Eigenverlag auch jcgames heißt. Ansonsten bin ich 32 Jahre und in der EDV Branche unterwegs und komme aus dem nebligen Ulm im Süden Deutschlands.

Andreas:  Space Pirates ist ja nicht dein erstes Rollenspiel, das du geschrieben hast. Dein erstes Werk ist das Weltenbuch. Erzähl uns doch was darüber.

Jürgen: Das Weltenbuch hatte damals eigentlich nur als kleines Nebenprojekt zu meinem Cyperpunk-Rollenspiel Dead-Channel seinen Ursprung. Es war auch nicht als Rollenspielprojekt, sondern als Weltenbauprojekt gedacht, daher gab es auch die ersten Posts zum Projekt im Weltenbastler-Forum und ist dort auch Ringmitglied. Nachdem Dead-Channel ein riesiger Molloch war, der  nicht so vorrankam wie gedacht, habe ich mich mehr dem Weltenbuch zugewandt.

Nach einer gescheiterten CP2020 / Dead-Channel Runde brauchte ich ein Fantasy-Rollenspiel für eine neue Runde mit Rollenspielanfängern. Zu der Zeit fand ich am deutschen Markt, nichts was mir wirklich gefiel. Ich wollte kein Dark-Fantasy und hab ich mich daher entschlossen das Weltenbuch zu einem Rollenspielprojekt zu machen, nachdem die Welt auf  durchaus positive Resonanz gestoßen ist. Genug über die Beweggründe, ich greife ja schon leicht vor…. Das Weltenbuch ist eine extrem klischeehafte Fantasywelt, die vor allem  Klischees aus Herr der Ringe und DSA aufgreift. All die Fantasyklischees sind auf einer Buchdoppelseite beheimatet, auf dem sich wiederum typische Schreibtischutensilien befinden: Lesezeichen, Bleistifte, Tippex usw. Diese Utensilien bilden quasi die geographischen Merkmale der Doppelseite. Die Charaktere sind die typische guten Fantasyhelden, die gegen das Böse kämpfen. Das Regelsystem ist sehr klassisch hat aber auch ein paar moderne Einflüsse wie Flagframing.

Andreas: Wie kamst du dazu ein Rollenspiel zu schreiben, es gibt doch eigentlich genügend Werke auf dem weiten Rollenspielmarkt?

Jürgen: Angefangen hat meine Schreibtätigkeit mit einer Erweiterung bzw. Modernisierung von CP2020, da ich CP2020 damals geleitet habe und mir die Technologie zu veraltet war. Aber  irgendwie war es mir nicht genug, nur ein Supplemental zu schreiben und ich wollte ein vollständiges Rollenspiel. So entstand mit Dead-Channel ein Heartbreaker, der zum scheitern verdammt war, da es viel zu groß und ohne Designziele gestartet ist und dann mit dem Weltenbuch ein für mich interessanteres Projekt geboren war. Damals habe ich mir keine Gedanken gemacht, ob die Welt ein weiteres RSP braucht, das Schreiben war das eigentliche Ziel. 

Andreas: Und wie lange hat insgesamt Deine Arbeit am Weltenbuch gedauert?

Jürgen: Am Weltenbuch habe ich 5 Jahre gearbeitet, bis das Buch druckfertig war. Viel Zeit ist in das Schreiben des Hintergrunds geflossen, aber auch das recht ziellose  herumexperimentieren mit Regeln hat viel Zeit gefressen. 

Andreas: Wieso dann ein zweites Rollenspiel?

Jürgen: Die Arbeit an SpacePirates habe ich begonnen, als das Weltenbuch inhaltlich komplett war und ich nur noch Layout und Korrekturarbeiten hatte und ich auf Zeichner warten musste.  Das war mir im gesamten zu unkreativ und ich wollte an etwas neuem, frischen schreiben, was nicht Fantasy ist und ich hab mich aus dem Bauch heraus für Science-Fiction entschieden. Dass es wieder etwas nicht ganz so ernstes werden wird, war mir von vornherein klar. 

Andreas: Und wie kommst du vom Fantasy Setting hin zu so etwas abgedrehtem wie Piraten im Weltall?

Jürgen: Ich weiß selber nicht mehr genau, wie ich auf Piraten im Weltraum kam. Ich wollte auf jeden Fall ein abgedrehtes Science-Fiction Spiel schreiben. Futurama fand ich schon immer toll und ich bin auch ein „Per Anhalter durch die Galaxis“-Fan. Ich hab dann alle möglichen Dinge durchgespielt und bin dann irgendwie auf Piraten im Weltraum gekommen, vielleicht weil ich mit dem Weltenbuch schon genug Helden im Rollenspiel hatte. 

Andreas: Nun ist ja dein drittes Werk in Vorbereitung. Nun geht es um Cowboys, magst du uns zu Space Cowboys ein wenig erzählen?

Jürgen: Gerne, SpaceCowboys spielt im Colt-Frontier-Nebel, ein Nebel in dem es Sauerstoff gibt, so dass die Bewohner ohne größeren Probleme zwischen den Planeten reisen können. Die Ureinwohner dieses Nebels sind die verschiedenen Indianerstämme, die mit Pfeil und Bogen kämpfen, den SpaceBüffel-Herden folgen, aber auch Hochkulturen, wie die Inkas hervorgebracht haben. Dem Westerngenre folgend gibt es auch Siedler, die auf Settlers-Landing gelandet sind, technologisch etwas fortgeschrittener sind und langsam aber sicher den Nebel bevölkern. SpaceCowboys ist sozusagen Karl May in Space, nur das die Prärie der Colt-Frontier-Nebel ist, Fronteriet futuristische Waffen, Dampfschiffe und Segler ermöglicht. Die Charaktere sind die typischen halbguten Westernhelden. 

Andreas: Eigentlich ist der Schritt von Piraten im Weltall zu Cowboys im Weltall kein so großer Schritt. Warum musste ein komplett neues Rollenspiel her?

Jürgen: Richtig, der Schritt ist nicht allzugroß, aber für mich passt weder das Technologielevel noch die Bezeichnungen im Regelwerk zu dieser Settingidee und da war ich dann so konsequent, daraus etwas eigenes zu machen. Die Regeln basieren aber auf SpacePirates und sind sozusagen eine Weiterentwicklung, die auch SpacePirates noch nützen sollte. 

Andreas: Deine Spiele sind neben ihrem abgedrehtem Inhalt auch immer sehr regelarm. Empfindest du Regeln als unnötig?

Jürgen: Nein, Regeln sind nicht unnötig. Ich bin ein Anhänger der System-Matters-These und ich halte mich auch als Spielleiter an die Regeln. Verdeckt würfeln, Würfel drehen oder eigenmächtig Regeln ändern ist mir ein Graus. Da ich komplexe Systeme mit extrem taktischen oder simulationistischem Ansatz nicht mag, lag es nahe etwas mehr erzählerisches zu schreiben. Da ich mich als Spielleiter weder als Erzählonkel noch als Alleinunterhalter oder Railroader sehe, gebe ich gerne etwas Verantwortung an die Spieler ab, was mich zu Player-Empowerment führt. Ich schreibe meine Spiele, also exakt für meinen Spielstil. Jedenfalls SpacePirates ist so geschrieben, das Weltenbuch entspricht mittlerweile nicht mehr meinen vorlieben, weshalb ich SpacePirates schon immer wesentlich lieber als das Weltenbuch leite. 

Andreas: Hattest du nicht auchmal die Idee was „Großes“ zu basteln? Mit komplexen Regeln, vielen vielen Seiten Hintergrund, vielen Leuten die Mitarbeiten etc.? Ich denke hier zum Beispiel an das Projekt Seelenfänger von Jörg aus Hamburg.

Jürgen: Ja, diese Idee hatte ich mit Dead-Channel, meinem ersten Projekt, was mit Pauken und Trompeten gescheitert ist. Wenn ich Rollenspiele schreibe, habe ich mittlerweile ein genaues Bild im Kopf, oder es entwickelt sich langsam, das ich nicht genau ausdrücken kann. Jedenfalls nicht zum Anfang eines Projekts, daher schreibe ich lieber alleine an meinem Rollenspiel und sammle möglichst schnell Feedback um ein klareres Bild zu bekommen. Ein großes Projekt mit vielen Autoren und damit verbundenen vielen Ideen und Ansprüchen führt dazu, dass man Kompromisse eingehen muss, wie bei jeder Teamarbeit und das führt für mich dann nicht mehr zu meinem eigentlichen Ziel. Von komplexen Regeln halte ich nicht viel, Regeln müssen so designt sein, dass sie zum geplanten Spielstil passen, ob die dann komplex oder einfach sind, ergibt sich daraus. Komplexe Regeln an sich, sind für mich kein Ziel. Zu Seelenfänger kann ich nicht viel sagen. Ich kenne Jörg von der RPC und er ist ein sympathischer Typ, der engagiert an seinem Projekt arbeitet. Aber für mich ist SpacePirates ein Projekt das groß genug ist und es hat mir persönlich immer wieder bewiesen, dass ich damit viel Spaß und viele lustige Runden haben kann und ich habe damit auch den ein oder anderen Spieler begeistern können und das ist für mich das wichtigste an meinen Projekten.

Andreas: Wie ist denn generell so der Zuspruch wenn du sagst du bist Rollenspielautor?

Jürgen: Durchwegs positiv kann ich da nur sagen. Viele Leute in der Szene haben sich schon als Autor versucht und wissen oder vermuten, was es für Arbeit bedeutet so etwas wie SpacePirates  auf die Beine zu stellen. Leute die Rollenspiele allgemein nicht kennen, sind auch immer sehr interessiert und wissen die kreative Arbeit zu schätzen. Rollenspiel hat keinen so schlechten Ruf, wie man denken mag. 

Andreas: Du bestreitest das komplette Rollenspiel aus eigener Tasche, ist das ein Verlustgeschäft für dich?

Jürgen: Es ist jedenfalls kein lukratives Geschäft für mich. Ich sehe es aber auch als Hobby, also darf es auch etwas kosten. Wobei durch den kleinen Erfolg von SpacePirates konnte ich das Weltenbuch und Dinge wie Flyer, Poster, Visitenkarten querfinanzieren, so dass ich generell nicht draufzahle, wenn ich mal Spritkosten und Hotelrechnungen ignoriere. Aber ich muss  immer noch einen Großteil der Exemplare verkaufen um einen kleinen Gewinn zu machen, mit dem ich die Werbedinge finanzieren kann. Aus diesem Grund verschenke ich auch keine  Reziexemplare. 

Andreas: Hast du ein paar grundlegende Tips, was man tun muss um ein Rollenspiel heraus zu bringen?

Jürgen: Grundlegende Tipps? Die hätte ich dann doch auch gerne. Ich glaub ich arbeite recht unkonventionell an meinen Sachen, aber einen Tipp habe ich: Release early and often 

Artikelbild: © JCMang Games

5 Kommentare

  1. … der Sessel auf dem Bild kommt mir bekannt vor!

    Gerade der letzte Satz könnte auch in jedem „How to work Agile“ Buch stehen … oder in jeder zweiten Präsentation auf Beliebigen Konferenzen wie der Velocity … aber er stimmt.

    Danke für die Hintergründe.

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