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oder Ich bin Neu hier….

Aborea hat mich schon im Vorfeld sehr neugierig gemacht, ein komplett neues Rollenspiel von einem deutschen Verlag. Die Jungs von 13Mann zeigten Mut. Die Tatsache, dass meine  Freundin noch rollenspieljungfräulich war, ließen mich ein System suchen, in dem sie sich nicht gleich in den Regeln verlieren würde, sondern in dem das Spiel im Vordergrund steht.  Also Aborea, du warst mein Favorit.

Erscheinungsbild

Aborea hat mich sofort überrascht. Es kam in einer Box. Ich war sofort in meine alten Zeiten mit dem ersten DSA, Midgard etc. zurückversetzt. Ich mag Boxen, da passen nämlich  Notizzettel und Würfel, und Stift und und und rein…Toll. Nach dem Öffnen stieß ich auf zwei Regelwerke, beides zwei dünnere Heftchen mit recht dünnem Einband. Einmal das Spielerheft, das andere das Spielleiterheft. Die Bilder ließen mich kurz an Herr der Ringe denken. Die Hefte haben beide um die 50 Seiten, und sind innen farbig gestaltet. Ich vermisse leider einen Index, bzw. Stichwortverzeichnis. Trotzdem findet man sich irgendwann recht flott im System zurecht. Es ist gut zu lesen, und die farbigen Illustrationen sind gelungen. Mein erster Eindruck war positiv.

Was besonders rockt, ist die riesige Weltkarte der Welt. Nett empfinde ich die Karte vom Dorf Leet, in dem das ersten Abenteuer stattfinden das im Spiel enthalten ist. Auch die Abenteuer aus dem  Internet bauen auf den Leeter Background auf und erweitern diesen.

  • Broschiert: 108 Seiten
  • Verlag: 13Mann Verlag; Auflage: 1. (7. Mai 2011)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3941420194
  • ISBN-13: 978-3941420199
  • Größe und/oder Gewicht: 31,2 x 22,6 x 5,2 cm
  • Bezugsquelle: Amazon
  • Preis: 19,95 EUR

Die Spielwelt

Das Spiel erhält von der Welt, auf der es stattfindet, seinen Namen: Aborea. Die Hintergrundinformationen führen uns in das Großkönigreich Trion, das auf dem Kontinent Palea liegt. Im Spielleiterheft wird Aborea, Palea und Trion beschrieben. Insgesamt empfinde ich manche Beschreibungen als zu genau, auf der anderen Seite fehlen mir aber einige  Hintergrundgeschichten, bzw. hätte ich es gern genauer. Mir ist es z.B. relativ egal, wie viele Planeten noch in dem Sonnensystem sind.  Aber ich glaube diese Beschreibungen wurden gemacht, um Nicht-Rollenspielern einen verstehbaren Background zu geben. Auf der anderen Seite hätte ich mir ein oder zwei Spalten mehr zum Casnewydd (dem Wald, in dem Leet liegt) zu zwei drei weiteren Ortschaften dort, zu Padova als nächste Stadt und zu der Region gewünscht, so das ich als Spielleiter mehr Möglichkeiten zum Erschaffen gehabt hätte, bzw. zu Gegebenheiten, an denen ich anbauen kann.

Die klassischen Rassen sind alle vertreten, vom Menschen, über Elfen und Zwerge bis hin zu Halblingen und Gnomen. Die Zwerge und Elfen werden wiederum in verschiedene Clans, oder Völker unterschieden. Diese Ideen lösen sich zum Teil von dem was ich kenne, andere erinnern mich zum Beispiel an Herr der Ringe oder„Die Zwerge“ von Markus Heitz. Der Mix ist gut, spannend und völlig ausreichend. Ich muss nur sagen, die Beschreibung war mir manchmal etwas schwierig zu verstehen. Ich musste stellenweise zweimal lesen. Das mag aber auch an mir liegen ;-)

Natürlich gibt es auch diverse Gottheiten im Spiel, die kurz beschrieben werden. Auch ein Übersicht über die gängigen Monster ermöglichen einem frischen Spielleiter sich hier Anregungen zu holen.

Die Klassen im Regelheft sind ebenso klassisch und grundsolide. Wir wählen zwischen Dieb, Priester, Krieger, Waldläufer und Zauberer. Sie werden näher beschrieben, und geben auch kurz mit, was sie so besonders machen und wie sie gespielt werden sollten.  Auf der Internetseite des Verlags finden wir zum Download noch den Barden. Man bekommt also eine nette
Gruppe zusammen, wenn man sich hier ein wenig gegenseitig abstimmt. Zusammenfassend muss man sagen, dass man eine komplette Welt hat, mit Rassen und Klassens wie man sie aus dem Fantasybereich kennt. Und der Hintergrund um Leet und den Wald drumherum bietet alles, um dort zu starten. Trotzdem ist alles irgendwie noch ein bissel holprig. Der Ansatz ist aber gut und komplett. Mein Bauchgefühl kann hier aber nur 3 Sterne vergeben.

Die Regeln

Das Regelsystem ist sehr knapp und kurz gehalten. Genau das richtige für Rollenspielbeginner. Unsere Charaktere haben die 5 Attribute Stärke, Geschicklichkeit, Konstitution, Intelligenz und Charisma. Diese haben einen Wert von 1 bis 10, unsere Fertigkeiten gehen bis 12. Es gibt nur wenige Fertigkeiten, denn man beschränkt sich auf das Grundproblem. Wenn ich klettern möchte, oder balanciere, dann ist dies zum Beispiel durch die Fertigkeit Athletik abgebildet. Hier höre ich die Regelfetischisten bereits schreien, aber für die Zielgruppe Anfänger und solche, die es einfach mögen, ist das super. Eine Probe wird gegen eine Schwierigkeit gewürfelt, die der Meister vorgibt, von Routine bis zu Absurd – von 5 bis 18.  Dagegen setzen wir unser  Attribut, nehmen die Stufe der Fertigkeit und würfeln noch mit einem W10. Das ist auch der einzige Würfel, den wir im Spiel benötigen. Was mich stört, ist dass es bei der Beschreibung der  Schwierigkeiten in der Tabelle von Einfach mit der 8 gleich auf Schwer mit 10 geht. Hier fehlt mir ein Zwischenwort, so etwas wie anspruchsvoll, oder mittel. Schließlich holt sich hier der  Anfänger-Spielleiter die Grundmanöverschwierigkeit, und kann vielleicht leicht verwirrt werden.

Kämpfe erinnern mich an damals, D&D. Der Spieler nimmt wieder sein Attribut, die Fertigkeit seiner Waffe und würfelt gegen den Verteidigungswert, der sich aus Rüstung und Defensivbonus zusammensetzt. Hat er den Wurf geschafft, trifft er und der Schaden ist der Angriffswert plus Waffenmodifikator minus dem Verteidigungswert. Es geht also richtig schnell,  wenn man die Werte einmal hat. Auch das Zaubern klappt einfach, wenn man sich mal eingearbeitet hat. Hier fand ich es mitunter etwas verwirrend, und habe die Regeln nicht beim ersten  Mal lesen verstanden. Auch die verschiedenen Spruchlisten erscheinen mir ein wenig unausgewogen im Vergleich untereinander. Betrachtet man den Hintergrund auch einmal genauer ist ja nur weiße  Magie erlaubt, aber ich habe den Eindruck, die anderen Spruchlisten rocken mehr, jemand mit weißer Magie wirkt irgendwie etwas wehrlos und schwach.  Aber, Aborea geht auf jeden Fall  andere Wege beim Magiesystem, als ich sie bisher kannte. Und das finde ich Gut. Unterm Strich vergebe ich hier 4 Sterne, weil ich noch das Gefühl habe, dass es an manchen Stellen etwas hakt. Gerade die Zauberer mit ihren Sprüchen sind nicht rund.  Es ist aber ein leichtes System, und für Anfänger wunderbar geeignet.

Charaktererschaffung

Die Charaktererschaffung geht ziemlich zügig von der Hand was die Regeln angeht. Man verteilt feste Punktwerte auf die Attribute, nimmt Rassenmodifikationen in Kauf, und erwirbt dann für eine feste Anzahl an Punkten Fertigkeitspunkte, die natürlich unterschiedlich gewichtet sind. Ein Krieger erwirbt eine Waffenfertigkeit für nur einen Punkt, für andere Klassen ist dies  teurer.

Generell finde ich die Charaktere nicht über Gebühr stark, und alleine ist man nicht besonders überlebensfähig. Das ist gut so, wir wollen ja Gruppenspiel. Das Powerlevel ist zu Beginn  noch etwas unausgewogen. Im ersten Abenteuer hat der Dieb mit „Heimlicher Angriff“ einfach unglaublich Schaden verteilt und war im Verlauf des Abenteuers, von mir gesehen, leicht  mächtiger wie der Krieger, aber das werde ich weiter im Blick haben. Man muss sagen, es kam auch nie zu einem echten Vergleichskampf, und es wurden auch nicht so viele Kämpfe durchgeführt, um wirklich von Erfahrungen sprechen zu können, die man beim Powerlevel gemacht hat. Der Zauberer wirkt an sich etwas schwach, aber er konnte sich im Verlauf des  Probeabenteuers auch nicht richtig beweisen.

Es fehlt mir auch irgendwie das Besondere am Charakter, aber in Betracht der Tatsache, dass es schnell und einfach gehen soll, vergebe ich hier 4 Sterne.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht

Ich habe beim meiner Spielrunde wenig Probleme gehabt, zu leiten. Durch die einfachen Regeln liefen die Proben und Begegnungen recht zügig von der Hand. Wenn man jedoch mal etwas nachlesen wollte, war es etwas lästig die Stelle zu suchen, zum einen wegen fehlendem Index und Stichwortverzeichnis (s.o.), zum anderen weil manche Informationen auf die beiden Bücher  verteilt sind, und ich nicht wusste, wo es nun genau stand. Insgesamt aber war es problemlos, und man konnte sich auf Rollenspiel und spannende Proben konzentrieren. Hierfür von mir 4  Sterne.

Spielbarkeit aus Spielersicht

Meine Freundin fand sich relativ schnell zurecht in ihrem ersten Fantasy Abenteuer. Die klassische Fantasy-Welt ist man aus diversen Filmen und Büchern ja schon gewohnt.  Nach den ersten zwei, drei Proben und Kämpfen ging auch dieses zügig von der Hand. Erfahrene Rollenspieler in der Runde hatten jedoch ein wenig mehr Probleme, da das Aborea  Regelsystem ja dann doch etwas von anderen Systemen abweicht. Nichts desdotrotz spielte die Gruppe alsbald dann doch recht zügig, und wir hatten viel Platz für Rollenspiel. Hier habe  ich meine Freundin gebeten, die Sterne zu verteilen, denn sie war die Zielgruppe. Sie vergibt 4 Sterne.    

Preis-/Leistungsverhältnis

Der Preis rockt, und ist unschlagbar mit knapp 20 Euro. Eine Box, eine Super Weltkarte, zwei Regelhefte, zwei Würfel….alles was man braucht für ein komplettes Rollenspiel. Hierfür 5 Sterne.  Hier schrecken die 20 Euro vor allem Anfänger auch nicht gleich ab mit Basisregelwerkpreisen von 35 Euro und mehr…. 

Spielbericht

Wie bereits beschrieben, hatte unsere Runde von Charaktererschaffung bis zum Erschlagen des Geistes in den Ruinen keine großen Probleme. Was mir besonders ins Auge fiel, auch wenn  man die Zauber des normalen Magiers etwas schwach empfindet, in Kombination mit der Gruppe werden diese dann doch ziemlich stark. Die Zusammenarbeit zwischen den Klassen wird  sehr gefördert.

Was unserer Runde fehlte war ein gescheiter Heiler, also ein Priester. Dies hätte die Gruppe noch deutlich stärker gemacht. Um also jemanden mal Rollenspiel vorzustellen, und sich in  einer Fantasywelt zu bewegen hat sich Aborea bewährt.

Bonus/Downloadcontent

Das was in kurzer Zeit an Zusatz geboten wird, ist Klasse. Auf der 13 Mann Seite erhält man nicht nur die Charakterklasse Barde, sondern auch einige kurze Abenteuer in und um Leet. Dafür alle Daumen hoch!

Zum Schluss auch noch ein Hinweis: auf 2W6plus6 findet ihr noch eine andere Aborea-Rezension. Wer sich da also noch eine andere Meinung einholen möchte, nur zu :)

Fazit

Freunde des einfachen Rollenspiels sowie Anfänger kommen hier auf ihre Kosten, auch wenn grade an der Welt und dem Hintergrund noch ein wenig gefeilt werden muss, bzw. noch etwas  nachgeschoben werden sollte. Aborea im Ganzen ist Neu, und erscheint mir auch noch nicht fertig. Ich bin jedoch sehr gespannt, wie es hier weiter gehen wird, und werde das beobachten  und zum anderen auch weiter leiten. Ich denke jedoch, dass Aborea die Spieler bekannter Systeme nicht zum Wechseln verleiten wird. Eher sollte es wie damals mit dem ersten DSA sein,  man sollte es im normalen Spieleladen bei den Spielen finden. Dann könnte unser Hobby wieder im normalen Handel neue Fans finden.

Ich wünsche mir auf jeden Fall einen Spielleiterschirm, und freue mich auf neue Abenteuer und die Erweiterung Padova.

Daumen4Maennlich

Artikelbilder: Fotografie: Andreas Butzkies, Produkt © Aborea, 13Mann Verlag

7 Kommentare

  1. Ich habe nur kurz das Fazit gelesen, aber: Soweit ich mich erinnere ist es vom Verlag bewusst so gestaltet, dass es Lücken hat um den Spielern und Spielleitern Raum zu lassen für eigenes. Es geht viel mehr um Anregungen als um fertige Abenteuer oder eine fertige Welt. Ich glaube, im RPC-Interview wurde das gesagt.

  2. Hallo Jan,
    ja aber es ist trotzdem für mich ein wenig zu viel Lücke. Wenn man etwas für Anfänger macht, und da hat das Spiel wirklich viel Gutes getan, man kann sich Prima einlesen etc., dann finde ich das Ort, Wald, Stadt, Region vielleicht ein paar mehr Seiten verdient hätten. Denn gerade Anfänger tun sich vielleicht etwas schwer sich solche Sachen auszudenken.

  3. Ich hätte ne Frage, laut Angaben ist es für 1-8 Spieler geeignet, da man aber scheinbar einen Spielleiter braucht kann ich mir das schlecht vorstellen … ich würde gerne wissen ob es wirklich für 1 oder 2 Spieler geeignet ist, oder ob man schon eine normale Gruppe braucht.

    Danke im vorraus

    • Hallo Tine, Aborea hat seit wenigen Monaten ein Solo-Abenteuer, dass man tatsächlich auch alleine bestehen kann. Wir kennen Spielrunden, die einen Spielleiter und einen Spieler haben, aber das ist eher der Sonderfall. Meist hast Du einen Spielleiter und 2-4 Spieler. Gehen tut 1:1, aber so ist es an sich nicht gedacht.

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