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Einführung: Über diese Artikelserie

Viele Spielleiter, die mit einiger Erfahrung aus ihren Tischrunden den Schritt wagen, auch einmal auf Conventions ein Szenario zu leiten, finden sich dort schnell in einem wenig vertrautem Umfeld wieder. Es sieht zwar einfach aus, aber eine Runde für eine Convention erfordert etwas mehr Arbeit und Konzentration als eine heimische Tischrunde. Diese Artikelserie soll die Unterschiede zwischen beiden Rundentypen beleuchten und Tips für Eure nächste Con-Runde geben. Die Serie steht unter CC BY-NC-ND 3.0 Lizenzschutz.

Dieser Artikel ist Teil der Artikelserie „Leiten auf Conventions„. Abschnitt 1 beschäftigt sich mit den nötigen Vorüberlegungen.

Vorüberlegungen zum Con

Die Artikel in diesem Abschnit kümmern sich um alles, was man schon vor dem Con durchdenken kann. Sie werden im Abschnitt zwei komplettiert durch Artikel, die Tipps und Anregungen geben, um die hier gemachten Überlegungen auf dem Con anwenden bzw. durchsetzen zu können.


So, das System steht fest, und einen Zeitrahmen haben wir jetzt auch. Jetzt müssen wir diesen “nur noch” mit Action füllen, sprich: ein Szenario zu entwickeln.

Sprachsynchronisation

An dieser Stelle einige kurze Definitionen, nur damit wir die gleichen Worte verwenden:

Szenario

Das Szenario ist eine grobe Plot-Idee. Es ist quasi das Spielfeld, in das man die Charaktere hineinversetzt und dann die Zeit loslaufen lässt.

Teil des Szenarios ist auch das angestrebte Ende, jedoch nicht der Weg, es zu erreichen

Plot

Der Plot ist die geplante Handlung. Er geht aus vom Szenario aus und mündet im Showdown. Er umfasst alles wichtige, was Du wissen musst, um die Spielrunde zu leiten.

Handlung

Die Handlung ist das, was tatsächlich passiert. So wie der Plot die geplante Handlung ist, ist die Handlung das, was den sorgfältig geplanten Plot zu sprengen droht.

Was die Spieler tatsächlich tun, ist ihre Sache. Zumindest sollen sie das glauben.

Merksatz für die Unterscheidung der drei kann sein, daß von einem Szenario unendlich viele Handlungsstränge ausgehen können, von denen aber nur wenige als Plot taugen und durchgeplant werden.

Ein Beispiel dazu:

Szenario: Charaktere sitzen in einem Zug. Der Zug wird von Posträubern gestoppt, die jetzt anfangen, den Zug auszurauben.

Plot: Der Spielleiter denkt sich, die Charaktere werden wohl als rechtschaffene und schwer bewaffnete Helden irgendeinen Plan entwickeln, um die Räuber zu stoppen.

Handlung: Einer der Charaktere schließt sich im Klo ein. Ob das Sinn macht oder nicht, bleibe dahingestellt. Eines aber ist sicher: diese Handlung taugt nicht als Teil des Plots. Also: Der Spielleiter kann nicht ERWARTEN, daß sich ein Charakter im Klo einschließen wird, und darauf aufbauen.

Aber Action und Drama sind ein weites Feld. So weit, daß man sie sogar studieren kann. Allerdings sind bei weitem nicht alle sich bietenden Möglichkeiten auch Con-tauglich. Daher wieder in bekannter Manier ein paar Tips- und Tricks zur Wahl des Plots:

Clicheès gegen den Lärm

So dumm das auch klingen mag, Rollenspiel lebt ein Stückweit von Clicheès. Und je mehr Clicheès ein Szenario bedient, desto schneller werden die Spieler sich darin zurechtfinden.

Die meisten Con-Spieler spielen lieber ein simpel gestricktes Szenario mit vorhersehbaren Inhalten, als ein extrem innovatives, in dem sie erstmal suchen müssen, wo sie anfangen sollen – zusätzlich zu Zeitdruck, teilweise völlig neuen Mitspielern um sich rum, allgemeinem Con-Lärm etc.

Womit ein weiteres wichtiges Stichwort gefallen ist: Con-Lärm. Es ist möglich, daß man sich entweder durch Glück oder durch vorheriges Auskundschaften einen guten, ruhigen Tisch ergattert – dies ist aber leider die Ausnahme. (Um die Tischwahl und ähnliches geht es im nächsten Teil der Serie).

Die Regel ist eher, daß man mindestens eine weitere Spielrunde am Nebentisch hat, und diese dann auch noch dazu neigt, laut zu werden. Auch hier helfen bewusst eingesetzte Clicheès den Spielern, die Informationen, die der Spielleiter gegen den Lärm übermittelt, in bekannte “Denkschubladen” einzuordnen und damit einfacher zu verstehen.

Ein Clicheè, daß bei den meisten Systemen bei Con-Abenteuern bedient werden sollte, ist der “Bösewicht”. Klar kann man komplexere Lösungen des Abenteuers herbeiführen, aber um in der Kürze der Zeit einen für die meisten Spieler befriedigenden Abschluß zu finden, ist es ratsam, einen Endgegner parat zu haben, der irgendwann im Verlaufe des Abenteuers als solcher erkannt wird und am Ende von allen glorreich besiegt wird. Ob dies mit einem Kampf geschehen soll, durch eine List oder durch überlegenes Wissen, bleibt dem Spielleiter überlassen.

Railroading gegen Open World

An dieser Stelle ausführlich auf den Aufbau von Geschichten einzugehen, würde den Rahmen sprengen, aber ich muß trotzdem kurz auf ein paar Punkte beim Konzipieren der Geschichte eingehen.

Railroading bezeichnet das strikte Festhalten an einem “Track”, der durch das Abenteuer zieht und keine Abweichungen zulässt. Extremes Railroading wird von Spielern oft als störend empfunden.

Open World ist das genaue Gegenteil: Die Spieler können machen, was sie wollen, und dabei stoßen sie auf das eine oder andere Abenteuerelement.

Diese Diskussion wäre eines eigenen Artikels wert, darum stelle ich jetzt einfach meine Empfehlung in den Raum: Bei Con-Abenteuern sollte man sich ob der Kürze der Zeit eher Richtung Railroading verlagern. 

Nun kann man das geschickt und weniger geschickt angehen. Wenn man es geschickt angeht, glauben die Spieler weiterhin, sie hätten die volle Entscheidungsfreiheit. Die Spieler sollten niemals das Gefühl haben, daß sie “von einer Lok über den Track gezogen werden, ohne Einfluß nehmen zu können”.

Dabei ist es recht einfach, den Spielern Freiheit vorzugaukeln, wo eigentlich keine besteht. Das fängt dabei an, sie Entscheidungen treffen zu lassen, die im nächsten Schritt alle zum gleichen Ereignis führen (aber vielleicht auf verschiedenen Wegen, so daß hier doch ein wenig Freiheit herrscht). Beispiel: Es ist vorgesehen, daß die Charaktere einen Koffer klauen. Sie kriegen den Tip, daß der Kurier am Flughafen ankommt, dann dieunddie Route nimmt, und dann in ein Parkhaus fährt, um den Koffer abzugeben. Sie werden jetzt anfangen, den optimalen Überfall zu planen, und der Spielleiter sollte genau zuhören, um ihre Erwartungen mit in die Gestaltung einfließen zu lassen, aber Hand aufs Herz: Es ist klar, was als nächstes passiert: Sie geraten in eine Schießerei mit dem Kurier. Egal wo. Sie haben die Wahl, WIE es passiert, aber nicht die Wahl, OB es passiert. Geschickt verschleiertes Railroading.

Eine weitere Möglichkeit zum Verschleiern von Railroading ist das Angebot mehrerer gleichberechtigter Aufgaben. Also läuft das Abenteuer nicht straight von A über B, dann C nach D, sondern nach A können beispielsweise B und C in beliebiger Reihenfolge durchgeführt werden, ehe D folgt. Damit sind wir beim nächsten Punkt angelangt:

Plotpunkte, Checkpoints und Meilensteine

An dieser Stelle muß ich doch einen kurzen Exkurs in das Schreiben von Geschichten unternehmen, damit der nächste Punkt klar wird. Auch hier würde eine ausführliche Behandlung den Rahmen sprengen (und ist vllt. Teil eines weiteren Artikels), darum fasse ich mich jetzt kurz:

Plotpunkte kommen aus der Drehbuchlehre, das sind die (meist zwei) zwei großen Wendepunkte, mit denen man die Spannungsbögen in Geschichten aufbaut. Man kann eine Geschichte in drei Akte teilen, die von den Plot Points getrennt werden. Der erste trennt die Vorstellung der Charaktere durch Einführung des “Problems” von der Haupthandlung, der zweite bietet den Charakteren durch eine Eskalation einen Ausblick auf die folgende Lösung.

Das funktioniert so auch in Rollenspielrunden, allerdings sind die Punkte da etwas verschoben. Der erste Plotpunkt ist klar der Beginn des Abenteuers: Der Auftrag, das entdeckte Böse, die geklauten Primeln, was auch immer. Der zweite Plotpunkt ist der Wendepunkt, an dem die Charaktere feststellen, wer wirklich dahintersteckte, und sich darauf vorbereiten können, das Unheil abzuwenden und den Bösewicht dingfest zu machen.

Plotpunkte

Um also einen Plot zu konzipieren, braucht man zunächst einmal diese beiden Plotpunkte, die einen groben Rahmen aufspannen.

Diesen Rahmen muß man jetzt mit der Handlung füllen. Dabei bietet es sich an, als nächstes ein paar   Meilensteine zu definieren. Meilensteine kommen aus dem Projektmanagement und bezeichnen wichtige Zwischenschritte, die nacheinander abgearbeitet werden müssen, um den nächsten Plotpunkt oder das Ende des Plots zu erreichen. Hier schimmert wieder ein wenig das Railroading durch.

Wenn eine Geschichte die Plotpunkte “Überfall – Idee: Urheber der Überfälle finden” und “Urheber erkannt: Kleinerer Warlord” enthält, dann kann man diese beispielsweise mit folgenden Meilensteinen garnieren: Reise nach Norden → ÜBERFALL → Unterschlupf der Angreifer gefunden (Spuren) → Informationen im Unterschlupf gefunden → ANFÜHRER BEKANNT → Anführer gefunden → Anführer besiegt → ENDE

Wichtig: In dieser Übersicht stehen abgeschlossene Einheiten, keine Aufgaben.

Checkpoints

Dieses Raster lässt sich jetzt mit den Checkpoints noch weiter verfeinern. Grundsatz ist: Wenn alle Checkpoints abgearbeitet sind, können die Charaktere den nächsten Meilenstein erreichen.

Checkpoints im obigen Fall wären beispielsweise:

ÜBERFALL →
[  ] Spuren von A gefunden, die auf bestimmte Rüstung hinweisen
[  ] Spuren von B gefunden, die zu den Pferden führen
[  ] Wimpel gefunden, der auf Identität hinweist
→ Unterschlupf der Angreifer gefunden

In diesem Fall hat sich der Spielleiter vorgenommen, die Spieler so lange in der Szene zu halten, bis alle relevanten Spuren entweder gefunden (oder vor ihre Füße geworfen) wurden.

Das entscheidende an Checkpunkten ist, daß man sie parallelisieren kann. Beispielsweise kann ein Charakter die Spuren zu den Pferden finden, ein zweiter den Wimpel und ein dritter die Rüstungshinweise. So haben alle etwas zu tun, und das ist in Spielrunden nie verkehrt.

Junction Points

Wenn man sich zutraut, die Parallelisierung weiter zu fächern (In der Stadt: Ein Charakter befragt den Händler, der zweite besucht den Magier, der dritte schrubbt das Blut vom Tavernenboden), braucht man spezielle Checkpoints, die “Junction Points”. Ich gebe zu, den Begriff habe ich erfunden. Aber er passt einfach. Außerdem ist das hier mein Artikel ;-)

An diesen Punkten laufen parallele Handlungen wieder zu einer zusammen. Diese Punkte sind so formuliert, daß die Charaktere erst weiterkommen, wenn alle davorliegenden Checkpoints abgearbeitet sind.

Ein klassisches Beispiel ist ein Tor, was erst aufgeht, wenn man die drei Schlüssel hat, die man sich in drei Prüfungen verdienen muß. Wie man die Prüfungen macht, in welcher Reihenfolge, parallel oder nicht, ist dabei unerheblich – das Tor geht erst auf, wenn alle Schlüssel da sind, und führt somit alle parallelen Handlungen auf einem Punkt zusammen, so daß die Gruppe wieder vereint ist, wenn es zum nächsten Punkt in der Geschichte geht.

Und wie geht es weiter?

Einfache Frage, einfache Antwort: Gar nicht. Plane keine Nachfolge-Abenteuer, arbeite keine Kampagnen aus und mach Dir keine allzu großen Gedanken über die weitere Entwicklung der Charaktere. In den allermeisten Fällen werden diese Charaktere nicht noch einmal zusammen ein Abenteuer erleben – genauer: Die Spieler werden höchstwahrscheinlich nicht noch einmal in dieser Konstellation zusammenkommen.

Es ist möglich, daß sich aus Con-Runden feste Spielrunden ergeben, und es ist auch möglich, eine Kampagne auf jedem Con weiterzuspielen, aber das ist sehr, sehr selten. Wenn sich etwas entwickelt, super, aber gehe nicht davon aus. Entsprechende Planungen sind meistens unnötige Arbeit und bringen im schlimmsten Fall nur enttäuschung.

Plane Con-Runden als sogenannte One-Shots. In der Literatur würde man sagen “Kurzgeschichten”: Die Handlung fängt irgendwo an, sie hört irgendwo wieder auf, und alles davor und dahinter wird nur am Rande beleuchtet (beispielsweise Charaktervorgeschichten durch entsprechendes Rollenspiel.)

Wie wir später noch sehen werden, haben viele Spieler spezielle Charaktere für Cons, die überhaupt nicht auf Kampagnenspiel ausgelegt sind. Beispielsweise extreme Spezialisten, die auf Dauer langweilig würden (weil sie halt nur eine Sache können, die aber richtig gut) oder Konzepte, die sie mal ausprobieren wollten (und bei denen sie merken, daß das auf Dauer nichts für sie ist). Auch dies spricht gegen ein Kampagnenspiel.

Fazit

Wir haben einige Grundlagen beisammen, um aus einer anfänglichen Szenario-Idee einen funktionierenden Plot zu spinnen. Wir können unseren Plot übersichtlich zergliedern und die einzelnen Szenen vorplanen. Daneben habe ich – Asche auf mein Haupt – die Vorteile des Railroadings gepriesen.

Dieser Artikel beschäftigte sich großteils mit dem zeitlichen Aufbau des Abenteuers. Für eine gute Möglichkeit, das anfängliche Szenario oder spätere inhaltliche Verflechtungen festzuhalten, empfehle ich meinen Artikel “Alles überschaubar”.

Im nächsten Teil der Serie beschäftige ich mich damit, wie wir die hier gewonnen Erkenntnisse über den Plot gewinnbringend für die zeitliche Vorplanung der tatsächlichen Con-Runde verwenden können.

Artikelbild: © sxc.hu | br0

18 Kommentare

  1. „Wenn man es geschickt angeht, glau­ben die Spie­ler wei­ter­hin, sie hät­ten die volle Ent­schei­dungs­frei­heit.“

    „Dabei ist es recht ein­fach, den Spie­lern Frei­heit vor­zu­gau­keln, wo eigent­lich keine besteht. Das fängt dabei an, sie Ent­schei­dun­gen tref­fen zu las­sen, die im nächs­ten Schritt alle zum glei­chen Ereig­nis füh­ren.“

    –> Ach komm, ernsthaft: Diese Art von Steinzeit-Illusionismus sollten wir doch so langsam mal überwinden. Es gibt etlich Arten, mit den von Dir genannten Problem umzugehen, ohne Menschen ins Gesicht zu lügen. Zum Beispiel könnte man vor dem Spiel kurz mit allen reden:

    „Hey Leute, Ihr wisst, das ist ein Conabenteuer, wir haben nur begrenzt Zeit. Bemüht Euch bitte, meinen Plothinweisen zu folgen – dann kommen wir durch und alle haben mehr Spaß.“

    VG Joni/Peter

  2. Als Spieler genieße ich lieber das Gefühl, ein richtiges RPG zu spielen und (nur anscheinend) meine eigenen Entscheidungen zu treffen, als mit dem besseren Drehbuchansatz an die Runde zu gehen.

    Ich empfinde es als demotivierend immer im Hinterkopf zu haben, dass man nun dem railroading doch folgen möchte, sonst kommt man nicht durch. -> Dann lieber eigene Entscheidungen treffen, die letztendlich auch zum Railroading führen, mir aber nicht wie ein stinkender Fisch ins Gesicht geklatscht wird.

  3. Also ich finde den Hinweis, dass Open World nicht so funktionieren wird, wie in einer normalen Runde richtig und wichtig. Ich vermisse aber eine notwendige Abgrenzung gegenüber dem tatsächlichen Railroading. Da man nicht weiß, wer an seinem Tisch Platz nehmen wird, sollte man auch mit Leuten rechnen wie mir: Die bei Railroading Magenkrämpfe, Ausschlag und Schreiwut bekommen. Reaktionen von destruktiven Anfällen gegenüber dem Abenteuer oder den anderen Charakteren, offen zur Schau gestellte Langeweile, Schimpftiraden oder das mehr oder weniger kommentarlose Verlassen des Tisches sind da möglich. Darum ist es auch wichtig zu wissen, dass den Spielern KEIN Railroading vorgesetzt werden sollte.

    Trotzdem ist es natürlich wichtig, keine wild verzweigendes Abenteuer vorzubereiten. Ein einfacher leicht zu findender Handlungsstrang ist auf Grund der Kürze der Zeit wichtig. „Überfall > Lager finden > Boss finden“ ist ja auch genau das. Dabei sollte aber eben niemanden offen, versteckt oder bewusst in irgendeine Richtung zwingen sondern es einfach deutlich machen, wo es als nächstes weiter geht. 99% aller Spieler folgen diesen Hinweisen. Kein Railroading und keine Open World.

    Es schadet im Regelfall auch nicht einen doppelten Boden parat zu haben. Wenn die Spieler an einer Stelle partout nicht weiterkommen (jeder hat solche Tage), dann sollte man „Ersatzhinweise“ parat haben, die dem Vorankommen des Plots behilflich sind. Für jede investigative oder fertigkeitsabhängige Phase einen, der sehr deutlich ist, ohne mysteriösen Kram. Am besten etwas, dass man nach einer gewissen Zeit passieren lassen kann oder so etwas. Das kann man dann ziehen, wenn es nicht voran geht. Nicht zu früh, sonst wirkt es als müssen die Spieler gar nichts selbst auf die Reihe kriegen, aber wenn die Ratlosigkeit am Tisch greifbar wird. Sonst sitzt man 15 bis noch länger Minuten rum, überlegt, kommt nicht voran und am Ende sprengt es den Zeitrahmen. Spürt man, dass die Spieler dieses Rumgerate gerne machen, kann man sie auch weglassen. Der Einsatz sollte völlig optional sein.

  4. @Jan: “ sondern es einfach deutlich machen, wo es als nächs­tes weiter geht.“

    Aber ist denn nicht genau DAS Railroading? Man macht den Leuten klar, wo es weitergeht und so richtig viele andere Möglichkeiten, außer sich dem Abenteuer zu verweigern, haben die dann nicht?

  5. Der Punkt ist, daß dies kein Spieler gerne auf Spielerebene klargemacht bekommt. Sobald so etwas auf Spielerebene klar wird, haben wir „böses“ Railroading.

    Wenn sich der Weg allerdings nicht dadurch entfaltet, daß der Spielleiter sagt „Ihr spielt jetzt die nächste Szene, weil ich keine andere habe“, sondern dadurch, daß es in der Welt und für die Charaktere logisch ist, dann ist das nicht weniger Railroadinng.

    Nur halt „gutes“ Railroading in dem Sinne. Der Spielleiter sieht einen sinnvollen Verlauf der Story vor, dem die Helden /höchstwahrscheinlich/ folgen werden. Wenn sie dem Pfad nicht folgen, ist Improvisation gefragt, um sie wieder auf diesen Pfad zurückzuführen — notfalls an einer späteren Stelle, indem ein paar Szenen übersprungen werden.

    Die Helden einfach aufheben und auf dem Pfad absetzen ist nicht gut und soll hier auch nicht propagiert werden.

    Hier geht’s auch nur um diese Vorplanung. Wie genau man das vor Ort umsetzt, wird später noch den Vor-Ort-Überlebenstips behandelt ;-)

  6. @Holger: Ne, Railroading heißt bei mir, dass ich entweder die Welt laufend anpasse, so dass die Spieler zu große Hürden zu überwinden zu haben um ihrer Entscheidung (die nicht meiner Vorstellung entspricht, warum auch immer) zu folgen. Ich entwerte damit faktisch die Entscheidung der Spieler, was der Kernpunkt des Railroadings für mich ist. Wovon ich sprach, war nur den Spielern eine Entscheidung auf dem Silbertablett zu servieren. Sollten sie sich anders entscheiden, ist das kein „Fehler“ und ich versuche das heimlich so zu drehen, dass die Spieler wieder meinem Silbertablett folgen, sondern gucke, ob ich es unter den engen Rahmenbedingungen eines Con-Leitens akzeptieren kann und das Abenteuer trotzdem machbar ist (meist wird das sicher gehen) oder ob ich mit den Spielern rede.

    Ein Beispiel dafür sind die im Artikel erwähnten Spuren: Es gab den Überfall und die Charaktere finden die Spuren der Banditen, die zu ihrem Unterschlupf führen. Das ist das Silbertablett. Dem werden 99% aller Spieler (zumindest auf Cons, aber auch sonst viele) folgen. Und wenn nicht, dann kann immer noch ein anderer Zugpassagier (Trapper?) kommen und sagen, „Hey, habt Ihr die Spuren schon gesehen? *winkt mit dem Zaunpfahl*“. Wollen die Charaktere (oder Spieler?) immer noch nicht, dann kann ich mir überlegen sie später noch einmal mit ein paar Zaunpfählen zu bewerfen oder ich frage die Spieler, ob sie dem Abenteuer folgen wollen oder ganz andere Pläne haben (oder was auch immer für sie dafür sprach woanders hin zu gehen).

    @Henning: Wieso ist es „böse“, wenn ich als SL den Spielern offen und gerade heraus sage, dass ich in der Ecke, in die sie gehen wollen gerade nichts vorbereitet habe? Ich fände das Spieler nicht so schlimm. Schlimmer fände ich, wenn ich merke, ingame wird die Welt manipuliert um mich auf der unsichtbaren Schiene zu halten. Ich bin erwachsen genug, dass man ehrlich mit mir sein kann. Ich sehe da nix „böses“.

    Wenn es innerhalb der Welt logisch ist, wie der Plot verläuft, dann ist das für mich kein Railroading. Wenn der logische Bereich recht eng und/oder deutlich sichtbar abgesteckt ist, dann ist sicherlich Richtung Railroading, aber es gibt keinen wie auch immer gearteten Zwang oder irgendwelche Manipulationen, die die Gruppe in diesem Bereich halten. Darum finde ich hier das Wort Railroading zu hart (besonders bei der Vorbelastung). Klar, es hat Tendenzen, aber ich nenne das eher eine simple und deutlich Abenteuerstruktur. Nicht immer das schönste, aber für Cons sicherlich sinnvoll.

  7. Jedes OT-Gespräch am Tisch stört die Stimmung, und so ein SL-Hammer bekommt da keine Ausnahme. Meine Meinung.

    Wenn die Spieler den Spuren partout net folgen wollen, sondern in irgendeine andere Richtung gehen wollen, sollen sie das von mir aus tun. Ehe ich jetzt die Keule auspacke, habe ich noch zwei einfachere und stimmigere Möglichkeiten im Ärmel:

    1.) Für kleinere Abweichungen (Die Spieler dehnen den Suchradius aus und befragen irgendwelche Leute oder so):
    Dafür brauche ich nichts vorbereitet haben. Wenn da nyx ist, können sie da auch nyx finden. Klar, das kostet Zeit, aber genau für solche Extra-Zeiten habe ich im Zeitmanagement noch Ressourcen frei … dazu gibt’s im nächsten Teil die Erklärung.

    2.) Für größere Abweichungen (Die Spieler gehen zurück ins letzte Dorf und holen Hilfe) muß ich halt improvisieren, aber auch das ist möglich. Beispielsweise spare ich dann die Spurensuche ein (und lass das den erwähnten Trapper machen), der dann referiert, sobald die Charaktere mit der Hilfe wieder da sind. Dann kann’s von da gleich losgehen zum nächsten Junction Point, und die Spieler hatten trotzdem ihren Willen (aka den Texas Ranger dabei)

    Wie gesagt: Wie man sowas zeitlich abfedert, wird bald erklärt ;-)

  8. Ohje, die heilige Stimmung, wie konnten wir die vergessen… tschuldigung. Ich sage mal: viele Deiner Argumente stammen geradewegs aus den düsteren 90ern und sollten dringend überdacht werden.

    Davon ab, dass bei Conrunden Vieles wichtig ist, der Spaß, das Treffen neuer Leute, die Erweiterung des eigenen Horizonts… aber in der typischen Conatmosphäre mit all dem Stress, den Nebengeräuschen, der Tatsache, sich auf neue Leute einstellen zu müssen, gibt es meiner Meinung nach Wichtigeres als das Vermeiden jeglicher OG-Gespräche.

  9. Ich bin schon ganz froh, daß das mit der Stimmung in den 90ern hochgekocht ist … und nur weil D&D4 wieder zurück zur grauen Vorzeit des Hack&Slay geht, heißt das nicht, das die gesamte rollenspielende Gesellschaft blind folgen muß ;-)

  10. Und, wie inzwischen glaube ich insgesamt 12 mal erwähnt: Wir sind mit der ganzen Serie noch nicht auf dem Con angekommen … sondern erstmal nur bei der Vorplanung.

  11. Da gehe ich konform mit Henning. Nicht nur, weil er im Team ist, sondern weil die Atmosphäre und die Güte der Story immer im Vordergrund steht. Ich habe auch schon öfter Leute der Conrunde verwiesen, weil sie nur gestört haben, teils mutwillig, teils unabsichtlich. Nett Leute kennenlernen mit viel Lärm kann ich in Clubs/Kneipen ;) ich spiele allerdings auch nur privat mit Leuten, von denen ich weiß, dass sie so spielen, wie ich es der dem Spiel zuträglich finde ;)

  12. @Henning Zunächst einmal: Ich spiele kein D&D 4 und beides von Dir Geschriebene ist kein Argument.

    Ich mag eine gute Atmosphäre am Spieltisch und wer, um diese zu erreichen, railroaden will, kann das ja gerne tun. Wieso fremde Menschen, die Du auf Con triffst, aber Deine Spielauffassung teilen müssen und noch nicht einmal die Chance erhalten, zu entscheiden, ob sie unter den von Dir genannten Bedingungen spielen wollen (weil Du ja ablehnst, im Vorfeld darüber zu reden), diese Antwort bleibst Du schuldig.

  13. OK, Atmosphäre und Railroading haben in meinen Augen nichts miteinander zu tun und bedingen sich nicht, sowohl von der einen Seite, wie auch von der anderen betrachtet

  14. Roger: Da stimme ich Dir absolut zu.

    Natürlich herrscht vielerorten die Meinung vor, durch Railroading und Würfeldreherei wären Dramatik und Atmosphäre zu erreichen (eine Meinung, die ich nicht teile).

  15. […] Ich setze in die­sem Arti­kel die Begriffe Plot­punkt, Check­point und Mei­len­stein als bekannt vor­aus. Auch ver­wende ich meine übli­che Ter­mi­no­lo­gie bezüg­lich Sze­na­rio, Plot und Hand­lung. Wem diese Dinge nichts sagen, der fin­det hier eine kurze Ein­füh­rung: Lei­ten auf Con­ven­ti­ons, Teil 3: Das Szenario […]

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