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Webmagazine wie teilzeithelden.de sind natürlich ein vergleichsweise neues Phänomen, viel älter sind jedoch die Printmedien, also jenes bedruckte Papier, im regelmässigen Turnus erscheinend und oft als Lektüre im Bett oder an anderen Orten dienend. Ein kleines, aber feines, Phantastikmagazin ist das Zunftblatt, welches wir Euch heute vorstellen möchten.

Hard Facts:

  • Name: Zunftblatt
  • Websitehttp://www.zunftblatt.de/ (wird baldig überarbeitet)
  • Herausgeber: Zunft der Lahnsteiner Rollenspieler e.V.
  • Umfang:  ca 60 Seiten
  • Erscheinungsrythmus: Vierteljährlich
  • Bislang erschienene Ausgaben: 11
  • Preis: 3,50 EUR

 

Weswegen wir ein andere Magazin vorstellen, wo wir doch selbst an Lesern interessiert sind? Ganz einfach: Inselkönigreiche sind uns fremd, wir wollen Brücken schlagen und der Szene helfen, sich weiter zu vernetzen.

Das Zunftblatt hat begonnen als Magazin der Zunft der Lahnsteiner Rollenspieler e.V., ist jedoch seit dem Mai 2008 im offenen Vertrieb bei ausgewählten Händlern verfügbar und erscheint vierteljährlich.  Während die ersten Ausgaben einen sehr starken thematischen Fokus hatten (Religion, Mittelalter, USA, Asien, etc), hat sich dieser enge Fokus pro Ausgabe nach wie vor erhalten, jedoch findet der geneigte Leser nun auch andere Artikel abseits der Kernthematik rund um die Phantastik.

Dazu zählen natürlich auch Neuheiten aus den Bereichen Brettspiel, Rollenspiel, phantastische Literatur und Mittelalter. In Summe arbeiten 8 Personen an dem Magazin und teilen sich die Aufgabenbereiche von der Redaktion, über das Lektorat bis hin zum Design, zu den Illustrationen und der Anzeigenverwaltung. Zusätzlich arbeitet ein ganzer Schwarm an Gastautoren dem Team des Fanzines zu.

Hervorzuheben sind die guten Kontakte der Redaktion, die unter anderem von nationalen Größen wie Markus Heitz oder Oliver Plaschka über internationale Berühmtheiten wie Larry Elmore, Margaret Weiss oder BROM reichen und interessante Gesprächspartner für Interviews ermöglicht haben. Auch Warhammer-Altmeister Graham McNeal war bereits im Gespräch mit dem Team.

Nach wie vor steht jede Ausgabe unter einem bestimmten Oberthema. Zu diesem Thema werden Romane und  Spielsysteme beleuchtet, es finden sich des Weiteren aber auch Abenteuer(-Ideen), Gedanken zur Charaktererschaffung in der thematisch passenden Konzeptwelt und viele weitere Hinweise zum gewählten Thema.

Sehr angenehm fiel uns bei der Lektüre der vorliegenden Ausgabe der gute Grad der Recherche auf, wie auch die Wortwahl und die generelle Transportation der Artikel, sowohl in Layout wie auch in Schrift. Das Innere des Magazins ist in schwarz/weiß gehalten.

Gerade in Punkto Qualität der Aufarbeitung, sei es nun die Papierqualität oder auch die genannten transportierten Inhalte, weiß das Zunftblatt zu punkten. Betrachtet man nun, dass es sich um ein Fanzine handelt, also von Hobbyisten gemacht ist, braucht sich das Magazin keineswegs hinter professionellen Produkten wie der LARP Zeit, der Karfunkel oder auch die Mephisto zu verbergen.

Die uns vorliegende Ausgabe Nr 11 vom Oktober 2011 hat das Oberthema Zwerge und beinhaltet, wie sollte es sein, natürlich ein Füllhorn von Informationen über die kleinen Leute aus den Bergen. Beginnend mit einem Überblick über die verschiedenen Formen der Zwerge in Mystik, Märchen und Rollenspiel, bekommt der geneigte Leser anfolgend einige Hintergrundinformationen, wie auch Settinganreicherungen, über die Völker der Eis- und Dschungelzwerge.  Nach einem sehr witzigen Artikel über Winzlinge, die unter anderen in unseren Häusern ihr Unwesen treiben, erfahren wir mehr über die Zwergenromane von Frank Rehfeldt.

Vervollständigt wird der Überblick mit einer Übersicht von Filmen, die unter anderem das kleine Volk  in verschiedenen Interpretationen zum Inhalt haben. Abschliessend dürfen wir auch von den Kreaturen, die sonst noch ausser den Zwergen in den Tiefen leben, lesen.

Besonders schön fanden wir unter den weiteren Artikel eine Ausarbeitung zur modernen Kryptographie mit Anweisungen, ein echtes Handout für Spieler zu erzeugen. Wirklich wertvoll und gut erklärt! Zu den besonderen Features des Zunftblatts gehört der Comic „Das schwarze Ohr“, welches uns mit unserem Hobby mit nicht allzu ernsten Augen betrachtet.

Als ob das alles nicht bereits viel Inhalt für wenig Geld wäre, der auch noch gut zu verarbeiten ist, geht das Potpourri mit einem Dungeon2Go für Dungeonslayers, eine Rezension zu „Der eine Ring“ und einer Auflistung von J.R.R. Tolkien Fanfilmen weiter. Zusätzliche Rezensionen, eine Beschreibung der Welt Orbimundia und noch viel viel mehr schliessen sich an.

Sehr interessant, weil immer bedeutsamer im Zeitalter der mehr und mehr in virtuellen Räumen stattfindenden Runden, ist der Abschnitt „Digital Dice“. Hier dürfen wir über verschiedene Möglichkeiten lesen, wie man anderen Spielern, am Rechner mehrere hunderte Kilometer entfernt, die Szenerie zeichnen und darstellen kann. Die verschiedenen Softwarelösungen, darunter Fantasy Grounds und MapTool, werden vorgestellt.

Das alles für läppische 3,50 EUR ? Wow! Hat das Zunftblatt eigentlich einen pdf-Handel oder einen Versand? Die Frage will ich doch gleich an Leander Linnhoff, den Chefredakteur des Zunftblatts, den ich interviewen durfte und auch seit einigen Jahren bereits kenne, weiterreichen.


Roger: Hallo Leander, danke für deine Zeit. Ich habe uns schon mal einen Kaffee gemacht und Kekse bereit gestellt. Ich hoffe, du magst Schoko-Dinkel? Herzlichen Dank für deine Zeit.

Leander: Schoko-Dinkel ist prima, danke. Das ist auch noch einigermaßen gut für die Figur. Und danke an Dich, dass du dieses Interview führst. Ich bin schon ganz gespannt auf die Fragen.

Roger: Dann will ich auch mal direkt zu meiner ersten Frage kommen. Ich bin ja hin und weg von der Qualität, die ihr liefert. Das muss doch wirklich lang dauern, so gut zu recherchieren. Sind im Team nur echte Schreibertalente, die sowas aus dem Handgelenk schütteln oder wie lang braucht ihr üblicherweise, um eine Ausgabe zusammen zustellen, zu setzen, etc?

Leander:  Die Entstehungszeit eines Heftes beträgt alles in allem in der Regel drei Monate. Wir alle haben noch Day-Jobs, die natürlich vorgehen müssen. Aber dank meines wirklich tollen Teams und der Beiträge vieler Gastautoren (von denen einige wie Moritz Mehlem auch immer wieder etwas beitragen), bekommen wir die Sache meist sehr pünktlich hin, wenn auch immer auf den letzten Drücker.

Roger: Ich verstehe. Ihr seid ja nun ein Fanzine, also an sich kein kommerzielles Produkt. Nichts destotrotz müsst ihr mindestens kostendeckend arbeiten und ich habe auch einige Anzeigen gesehen, die sicher Erträge einspielen. Wie war das am Anfang? War das nicht erstmal eine gewaltige Hürde, die es zu nehmen galt?

Leander:  Das ist richtig, das war eine Hürde. Am Anfang standen dann eben auch nur lokale Anzeigen, das hat sich aber mit unserem Ruf stetig verbessert. Aber unser Überleben wäre ohne unseren Verein, dem wir in allem, was wir tun, sehr verpflichtet sind, mehr als schwierig.

Roger: Interessant! Wie hoch ist eigentlich Eure Auflage?

Leander: Derzeit gehen ca. 500 Exemplare in den freien Verkauf.

Roger: Ich habe auf Eurer Website gesehen, dass ihr einige Läden angebt, in denen das Zunftblatt zu bekommen ist. Auch auf diversen Messen seid ihr ja anwesend. Was aber ist mit den Leuten,  die weiter weg wohnen? Gibt es ein einfaches Vertriebsnetz oder einen Versand? 

Leander: Ja, da hat sich in den letzten Monaten viel getan. Wir werden mittlerweile über den Lorp-Shop und sogar über den F-Shop versandkostenfrei vertrieben. Für uns ist das ein Meilenstein, weil wir jetzt zu fairen Preisen überall erhältlich sind und nun Leser in der ganzen Republik erreichen.

Roger: Was dann natürlich im Zeitalter der Tableau PCs auch so langsam aber sicher bedeutend wird – wie sieht es aus mit pdf Vertrieb für iPad und so weiter?

Leander: Das ist noch nicht in Planung. Als wir angetreten sind, haben wir überlegt, dass online-Ausgaben Vor- und Nachteile haben. Aber die Haptik und das Handling eines Papier-Heftes haben uns mehr angesprochen und damit erreichen wir auch Leser, die nicht so „Cyber-kultiviert“ sind.

Roger: Vierteljährlich ist nun nicht so häufig als Veröffentlichungsrythmus. Plant ihr eine höhere Frequenz anzugehen?

Leander:  Oh, ich muss widersprechen! Für ein Phantastik-Magazin, das von Hobbyisten erstellt wird, ist unser Zyklus fast bombastisch. Natürlich sind wir damit darauf angewiesen, Artikel mit einem höheren „bleibenden Wert“ zu verfassen, weil Blogmagazine wie ihr in Sachen Rezensionen schneller sein können, aber wir tun, was wir können, und andere Fanzines erscheinen nur halbjährlich bis jährlich…oder gar nicht mehr.

Roger: Gehen wir doch mal zurück zu den Basics.  Ich weiß, dass Du auch einst Chefredakteur bei der Windgeflüster warst, die Vereinszeitschrift der GFR e.V., die wir ja im Magazin auch schon vorgestellt haben. Wie hat das eigentlich angefangen? Wie kam die Idee zu dem Zunftblatt und war aller Anfang schwer, wie man so schön sagt?

Leander: Nein, der Anfang war nicht schwer. Ich habe Köln aus beruflichen Gründen verlassen und wollte unserem Hobby in Koblenz weiter nachgehen. Da habe ich diesen netten, kleinen aber engagierten Verein aufgetan. Und dort wurde ich mit offenen Armen aufgenommen. Man fragte mich und meine Frau auch gleich, ob wir Lust hätten, die Vereinszeitschrift zu machen. Und aus dieser wurde ganz schnell ein Szenemagazin, das auch weit über den Verein hinaus schaut.

Roger: Würdest Du anderen raten, die ähnliche Pläne haben, damit heutzutage noch anzufangen, in einer Phase, in der die Szene etwas stagniert, wenn es um Wachstum und Nachwuchs geht? Wenn ja, auf was sollten sie besonders achten?

Leander:  Die Szene stagniert nicht, das ist eine Aussage, die seit den 90er Jahren immer wieder getätigt wird. Unser Verein und auch andere, ähnliche Projekte, betreiben eine rege Nachwuchspflege. Einzig die Plattformen, auf denen sich ausgetauscht wird, sind andere geworden. Die Forenkultur blüht. Und ja, ich würde jedem, der Zähigkeit, Willenskraft und Durchhaltevermögen, aber auch Innovationsgeist besitzt, raten, seine Träume umzusetzen. Nur nicht an ersten Hindernissen direkt umdrehen! Man sollte seine Visionen nicht nur im Spiel umsetzen, dazu ist die Realität zu wichtig.

Roger: Gibt es zum Abschluß noch ein verrückte Anekdote aus dem Redaktionsleben, die Dich bis heute schmunzeln lässt?

Leander: Da muss ich enttäuschen, der Alltag der Redaktion ist oft recht trocken. Dessen muss man sich auch bewusst sein, wenn man so ein Projekt beginnt.

Roger: Damit kommen wir auch schon zum Schluß dieses Artikels. Ich kann nur jedem Leser raten, dem Zunftblatt eine Chance zu geben. Schaut doch mal rein!

Leander: Ich danke für das Lob und für deine Zeit und Mühe. Vielleicht schneist du auch mal bei uns rein, euer Projekt stellen wir auch gerne vor. Denn unsere Auffassung ist, das wir alle uns nicht die Butter vom Brot nehmen und vom fairen Miteinander leben. So, nun wartet aber die März-Ausgabe auf mich.

Roger: Vielen Dank und bis zur nächsten Convention oder früher!

Anmerkung der Redaktion: Die Kekse und der Kaffee waren rein virtueller Natur. Lecker waren sie aber trotzdem! Das Interview wurde via Web geführt.

Artikelbild: © Zunftblatt 2012, mit freundlicher Genehmigung

2 Kommentare

  1. Schade, dass es die Artikel nicht als PDF gibt… Zwerge finde ich persönlich fürchterlich uninteressant, aber der Artikel über Kryptographie wäre dafür umso interessanter :(

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