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Bereits gestern haben wir Euch von unserer Malmsturm-Testrunde berichtet. Heute sprechen wir von unseren Erfahrungen mit dem Regelwerk. Abschliessend bieten wir Euch unsere FATE Alchimie Regeln, die vielleicht auch so zum Einsatz kommen können.

 Das FATE Regelwerk im Einsatz

Das Regelwerk an sich war schnell erklärt, letztendlich ist die Würfelmechanik sehr einfach. Es war anfangs für uns etwas schwerer, mit den Aspekten umzugehen. Ich habe mir angewöhnt, nach jeder Szenenbeschreibung (also hauptsächlich Örtlichkeiten) die beiden dominierenden Aspekte der Szene zu nennen und meine Spieler haben mich daran immer erinnert.

Ein schönes Goodie der Malmsturm Seite wären herunterladbare und selbst ausfüllbare Aspektkarten, die man vorbereiten kann als Spielleiter/Moderator und auf den Tisch legen kann, so dass sie jedem immer im Auge sind.

Das Aktivieren der eigenen Aspekte der Spieler ging schnell und intuitiv und auch das Ausnutzen von Aspekten der Spieler durch mich als Moderator bereitete viel Spaß, auch wenn man sich daran erst einmal gewöhnen musste. Manchmal geschah es, dass ich den Aspekt ausnutzen wollte, den die Spieler selbst bereits zu ihrem Nachteil aktivieren wollten. Wie handhabt ihr das in FATE, wenn ein Spieler seinen eigenen Aspekt zum Nachteil für ihn aktiviert? Bekommt er dann automatisch einen Schicksalspunkt?

Sehr witzig ist auch das Schachern – á la „Wie, Du machst das nicht für einen? Komm, ich geb‘ Dir noch einen!“ Die Spieler mit ihrer eigenen Gier zum negativen Handeln ihres Charakters zu locken hat etwas perfides, aber sehr schönes. Meine Spieler mochten das sofort.

Zu Kampf- oder Wettstreitsituationen kam es nur einmal, als die Echse durch einen Giftpfeil von Nela betäubt wurde. Hier habe ich ihren Angriffswurf (der Echse) durch einen Entschlossenheitswurf beantworten lassen, immerhin hatte sie unglaublichen Hunger. Ich denke, das System der Konsequenzen ist sehr reizvoll, muss sich aber erst einspielen. Gerade Massenkämpfe werde ich austesten, da ich etwas an der Funktionalität zweifle, wie sie in den Regeln niedergeschrieben ist.

Eine Sache, die wir geändert haben, ist das Bestimmen der Initiative. Normalerweise ist die Initiative nur abhängig von Scharfsinn und dabei auch nur dem statischen Wert der Fertigkeit. Ich hingegen lasse darauf testen, da ich den Zufallsfaktor mag.

Wir haben Stück für Stück mehr Regeln reingebracht, zuerst nur das Aktivieren der eigenen Aspekte, dann das Ausnutzen der Szenenaspekte, letztlich das Ausnutzen von SC-Aspekten und am vergangenen Abend das Eskalieren von Aspekten.

Fazit der Spieler

Jan sagt: Malmsturm ist ein Rollenspiel für Erwachsene, die lieber eine Geschichte erzählen, als sich mit komplexen Regeln zu prügeln. Gleich bei der Charakter Erschaffung wird klar, es geht nicht primär darum den Charakterbogen möglichst mit hohen Zahlen und vielen Punkten voll zu bekommen, sondern es geht darum, die Geschichte des Charakters zu erfinden. Das Ganze nicht für sich alleine im stillen Kämmerlein, sondern gemeinsam als Gruppe.

Hier zeigt sich natürlich schon, dass die Spieler zwischen dem Wissen als Spieler und dem Wissen des Charakters unterscheiden werden ‚müssen‘. Es wird durch das Erzählen der Geschichte der Charaktere und deren Verknüpfung bereits in jüngeren Jahren dafür gesorgt, dass ein erster Aufhänger für die Zusammenarbeit der Gruppe gelegt ist. Aber natürlich auch ggf. eine gewisse Feindschaft. Der Einstieg in ‚das Abenteuer‘ ist relativ leicht zu finden und durch die sehr ausgearbeiteten Hintergründe der Charaktere auch von Anfang stimmungsvoll. Vor allem aber auch für einen selbst recht einfach.

Das Würfeln nimmt auch in Kampfsituationen nicht überhand und kann (aus Spielersicht) leicht in den Erzählfluss eingebunden werden und es entsteht keine lange (stimmungstötende) Pause. Aspekte, sobald deren Bestimmung und Nutzung sicher ’sitzen‘, reichern das Spiel zusätzlich an und sorgen für ein stimmungsvolleres Spiel und führen weg vom reinen Fakten beschreiben. Für mich selbst eine wirkliche Bereicherung.

Die Welt bietet viel Potential, durch die Mischung verschiedener Elemente und wird in meinem Kopf durch Jahre langen Konsum von Computerspielen, Sci-Fi und Fantasy Büchern, Filmen und Rollenspielen geprägt. Aber der Grundtenor liegt bei uns auf ‚1000 und eine Nacht‘. Ein Setting, dem ich mehr abgewinnen kann, als der x-ten Mittelerde Adaption. Malmsturm ist aber auch für Rollenspiel Anfänger geeignet, wobei hier dann gezielt Gruppen zusammengestellt werden sollten und nicht wie von erfahrenen Spielern vielleicht bevorzugt, eher Charaktere die zufällig Berührungspunkte in ihrer Geschichte haben. Also das Wissen von Spieler und Charakter sollte bei Anfängern eher nahezu gleich sein. Gerade durch das erzählende Element können Neulinge leicht begeistert werden.

 

Annika sagt: Die Idee, die Charaktere gleich von Anfang an zumindest lose miteinander zu verknüpfen, finde ich klasse. Kein langes Rumgehampel mehr, bis die Gruppe Spieler für Spieler zusammengefunden hat. Die Freiheiten, die man als Spieler in diesem System hat, schätze ich sehr, auch wenn ich zugeben muss, dass ich momentan manchmal noch vergesse meine Aspekte zu aktivieren (wenn es gerade sinnvoll wäre) oder mir die Szenenaspekte zu Nutze zu machen. Ich denke auch, dass wir noch freier spielen könnten, momentan sind wir noch ein wenig im „alten Rollenspielmodus“. 

Die Würfelproben sind schön einfach gehalten, man braucht nur eine Art von Würfel und immer die gleiche Anzahl – fertig. Somit entfällt etwaiges nachrechnen, wieviele Würfel man nun für welche Probe braucht. Somit hat man zumindest den Teil der Regeln schnell gelernt. Das find ich gut, ich selber bin kein Freund von komplizierten Würfelwürfen. 

Man hat gleich von Anfang an viel Einfluss auf den Charakter und kann steuern, wie er sich entwickelt, was er kann, welche Erfahrungen er gemacht hat. Der Charakter ist also, wenn man fertig mit der „Erschaffung“ ist, schon mit allerhand Ecken und Kanten ausgestattet und mir fiel es dadurch recht leicht, mich in die Rollen reinzuversetzen.

Inoffizielle FATE RPG Alchimie Regeln

Eine besondere Rolle nahm die Alchimie von Nela ein, bei der ich mir nicht klar war, wie ich sie im Spiel einbringen sollte. Daher präsentieren wir nun unsere eigenen Alchimie Regeln, die euch vielleicht helfen, die Kunst des Brauens und Mixens in eure Runden zu integrieren.

Alchimie läuft als Fertigkeit: Zaubern. Diese Fertigkeit erschien mir als eheste passend.

Wie braue ich?

Braut ein Charakter einen Trank, eine Tinktur, ein Gift, bestimmt er selbst die Härte des Wirkungsgrades. Dieses geschieht dadurch, dass er/sie sich selbst eine Schwierigkeit vorgibt. Will also ein Alchimist einen großartigen Heiltrank brauen, sucht er nach der Einstufung „großartig“ auf der Erfolgsskala. Das wäre also ein Level von +5. Er muss nun also auf Alchimie testen und die +5 schaffen. Weitere Erfolge vermindern die Brauzeit.

Diese nötigen Erfolge bestimmen gleich mehrere Dinge.

  • Die angepeilte „Mächtigkeit“ des Trankes ist die eigene Würfelschwierigkeit
  • Die Mächtigkeit ist die Wirksamkeit des Trankes. Im Beispiel des Heiltrankes stellt er 5 Punkte körperlicher Belastung wieder her. Wäre es ein Gift, würde es 5 Punkte Schaden ausrichten. Dazu gleich mehr
  • Die Mächtigkeit ist auch wiederum der eigene mentale Belastungsschaden. Ich möchte verhindern, dass Spieler sich Unmengen an Tränken brauen. Also führe ich Kosten dafür ein.

Körperlicher Belastungsschaden durch Mixturen

Körperlicher Belastungsschaden kann widerstanden werden durch einen geeigneten Wurf einer passenden Fertigkeit. Erfolge ziehen Wirkungserfolge herunter. Manche Mixturen können jedoch anders wirken und bedürfen dann eines passenden Wurfes. Beispielsweise würde eine Mixtur eines Fantasy-Molotov-Cocktails Rüstung ignorieren. Hier gilt es je nach Situation passend zu bewerten.

Da es schlicht unmöglich ist, alle Situationen, die einem begegnen können, niederzuschreiben, empfehle ich für jede Runde ihre jeweiligen Lösungen zu notieren und sich dann entsprechend daran zu halten.

Mentaler Belastungsschaden durch das Brauen

Die mentale Anstrengung, eine Tinktur zu brauen, repräsentiert die Konzentration, die dafür nötig ist. Sie kann jedoch durch einen Wurf auf Entschlossenheit reduziert werden, wobei jeder Erfolg einen Belastungspunkt negiert.

Was genau können Mixturen?

Ganz einfach – vieles und nichts. Sprecht mit eurem Spieler, wie er in eurer Kampagne die Alchimie nutzen möchte. Beispiele sind:

  • Ein Heiltrank: Erfolge stellen körperliche Belastung wieder her
  • Ein Willenstrank: Erfolge stellen mentale Belastung wieder her, aber nicht jene, die durch Brauen entstanden sind
  • Ein Gift: Ist es ein tödliches Gift, gilt Erfolge gleich Schaden. Ist es ein Lähmungsgift, gilt Erfolge gleich temporäre Abzüge auf Athletik
  • Eine Nebelbombe: Erfolge benötigen einen Gegenwurf auf Scharfsinn und erzeugt den Aspekt „Nebel!“.
  • Eine Brandbombe: Die Mixtur erzeugt den Aspekt „Ich brenne“ oder „Es brennt“, mit dem dann wie gewohnt verfahren werden kann. Natürlich gibt es dann Schaden, in Höhe der Mächtigkeit. Dieser Schaden fließt weiter, schwächt sich aber mit jeder Kampfrunde um zwei Punkte.

Mixturen können also direkte Punktwirkung haben oder Aspekte erzeugen, vielleicht gar negieren.

Welche Mixturen beherrscht mein Charakter?

Einigt euch hierbei mit eurem Moderator/Spielleiter. Ich selbst werde beginnen, eine Liste von Mixturen zu führen, die ich in einem zweiten Spielbericht publizieren werde.

Ich selbst benutze, um die Anzahl der Mixturen bei Spielstart festzulegen, die Höhe der Zaubern/Alchimie-Fertigkeit mal zwei. Einfache Mixturen „kosten“ nur einen Punkt der zu verteilenden Punkte, mächtigere schon zwei, sehr heftige auch gern drei und mehr.

Ein Elixier der Jugend würde ich spontan auf 10 Punkte festsetzen und eher nicht in Spielerhände geben. So mächtige Tränke sind Teil von ganzen Kampagnen und können unter Umständen die Mystik zerstören,wenn sie in Spielerhänden sind.


 So weit unser erster Spielbericht, ich würde mich freuen, eure Anmerkungen zu lesen, sowohl zu Spiel als auch zu Regeln.

 Artwork: Malmsturm – die Welt, Malmsturm – die Regeln © Uhrwerk Verlag

8 Kommentare

  1. Deckt sich mit meinen Erfahrungen mit FATE/Malmsturm, auch wenn wir keine so guten Geschichtenerzähler sind, dementsprechend nicht so tief eintauchen konnten und auch einen etwas anderen Fokus hatten. Aber lustig war es allemal und man bekommt wirklich das, was drauf steht: ein Erzählspiel mit leichten Regeln. Die Zusammenführung in der Charerschaffung fand ich auch echt klasse.

    Wie ist jetzt Eure Bewertung, verglichen mit den Systemen die Ihr sonst spielt, gemessen an Eurem Spielstil? Wir hatten hier ja schon einmal die Diskussion, dass FATE sich da besser eignen könnte und man muss eben nicht mehr die Regeln oder Würfelergebnisse verbiegen.

  2. Deine Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Üblicherweise ist mein Ansatz, eine Welt toll zu finden und mit den Regeln mehr oder weniger (ggf. inklusive Hausregeln) zu leben.

    Der Ansatz Malmsturm ist ja ein anderer. Hier kriege ich im GRW 95% Regeln und 5% Welt. Solche Regelwerke landen bei mir normalerweise ungelesen wieder ins Händlerregal. Daher war das schon mal auch für mich ein Experiment.

    Fassen wir mal zusammen…

    Was wir sonst spielen: Aeonversum (Trinity, Aberrant, Adventure!), Legend of the Five Rings, World of Darkness, Shadowrun

    Wie wir sonst spielen: stark immersiv, Atmosphäre und das gemeinsame Erleben einer gemeinsam spannend erzählten Geschichte. Regeln können manchmal bemängelt werden, es wird aber damit gelebt

    Mein Fazit: Vom Spielstil ändert sich nahezu nichts. Meine Spieler begrüßen, dass sie die Welt stark mitgestalten können, müssen sich aber an das Erzeugen und Ausnutzen von Aspekten gewöhnen. Letztendlich also ist das einzige Novum der letztgenannte Punkt. Das einfache Regelwerk spielt natürlich mit hinein, denn es ist leicht erlernbar. Interpretierbar hingegen ist es nicht leicht, denn ist ein „Legendärer“ Erfolg für jeden SL immer das Gleiche? Nein. Die mathematische Quantifizierbarkeit ist also stark willkürlich.

    Aber: Das Erzeugen von Dingen in der Spielwelt kennen wir bereits durch Adventure! Da heißt es „Dramatic Editing“ und wird auch durch Punkte gemacht. Es ist nur etwas starrer als in FATE. Die verschiedenen Erfolgsstufen kennen wir abgewandelt aus Earthdawn. Auch hier wissen wir, ab WANN etwas ein besonders guter Erfolg ist, wir müssen aber als SL immer noch willkürlich verfahren, wenn wir sagen, WAS das eigentlich heisst.

    Endgültiges Fazit: Das Kampf/Schadenssystem ist mir tatsächlich zu weich, denn jeder hat zwei Chancen, sich nur mit minderen Folgen aus dem Kampf zurückzuziehen. Die Aspekte sind neu und sehr reizvoll. Die Regeln sind leicht. Ich mag FATE wirklich sehr und denke, dass es jederzeit zu einer selbst definierten Spielwelt passt.

    Was in meinen Augen nicht funktionieren wird, ist FATE auf ein existentes System anzuwenden. Existente Systeme bestechen durch den Mix aus Spielwelt und Regelwerk. Ein L5R auf der Basis von FATE kann nett sein, fühlt sich aber nicht so an wie L5R, sondern wie einfache Japanofantasy mit zufällig gleichen Bezeichnungen wie in L5R.

  3. Puh, ja. Ich finde Malmsturm in seiner Freiheit faszinierend, in keinem anderen Spiel (was ich bisher gespielt habe), wird mir als Spieler soviel Freiheit gewährt. Ich habe aber auch für mich festgestellt, dass diese Freiheit ein wenig ist wie die Angst vor einem leeren Blatt Papier: man hat soviele Möglichkeiten, weiss aber nicht so recht, was man damit anfangen soll :) Ich muss erst noch lernen, soviel Freiheit sinnvoll zu nutzen.
    Ich habe die anderen Systeme aber ehrlich gesagt auch nie als so einengend wahrgenommen, da wir schon immer das System ein wenig an unsere Bedürfnisse angepasst haben – ich habe aber auch nicht den Anspruch, dass ein Regelwerk zu 100% passt und bin bereit Kompromisse einzugehen. Ich denke auch nicht, dass wir Malmsturm so ganz ohne die ein oder andere kleine Modifikation spielen werden. FATE passt schon sehr zu unserer Art zu spielen, ich habe es jetzt aber auch nicht als die Offenbarung wahrgenommen. Es spielt sich anders, aber besser würde ich nicht sagen.

  4. Hm okay, danke. Die Freiheit ist schon beängstigend irgendwie, ja. Lustig war es bei uns als der Trapper meinte „Ich hole mal eben ne Stange Dynamit aus dem Laden nebenan.“ „Okay, kostet einen FATE-Punkt, dass der Laden da ist.“ (spricht: ER muss es behaupten) und dann ging es weiter. War irgendwie richtig cool.

  5. Stimmt, solche Aktionen find ich auch cool. Das blöde war bisher nur, wir Spieler haben zu selten dran gedacht, dass wir solche Behauptungen aufstellen können. Wir haben es uns teilweise also sehr schwierig gemacht, bis dann einer die Erleuchtung hatte und meinte „Wir können auch einfach behaupten dass xyz.“. Da haben wir uns dann kollektiv vor die Stirn gehauen :) Aber ich denke, dass kommt mit der Zeit.

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