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Dieses Mal möchte ich mich damit befassen, wie man eine Science-Fiction, bzw. „Future“-Runde gut untermalen könnte. Wie in allen Runden hängt natürlich viel vom Setting ab, das man als Spielleiter wählt und bekanntlich umfasst ja nun mal auch der Science-Fiction Sektor diverse Varianten, die alle einen unterschiedlichen Anspruch an eventuelle „Hintergrundmusik“ haben.

Ich setze dieses Wort absichtlich in Gänsefüßchen, da manchmal auch das Fehlen von Musik einen sehr guten Effekt haben kann und „Musik“ nicht immer der beste Ansatz ist, um Stimmung zu erzeugen. Geräusche sind sehr oft von weitaus größerem Nutzen, um ein authentisches Gefühl zu erzeugen, das den Spielern die Umgebung, in der sich ihre Charaktere grade befinden, näher bringt. Und damit sind wir auch schon bei meiner ersten Vorstellung in Sachen „Soundtrack“.

Symphonies of the Planets

Etwas, das sich ambitionierte Spielleiter nicht entgehen lassen sollten, sind die von den Voyager Sonden aufgezeichneten und zur Erde gefunkten Strahlenemissionen diverser Monde und Planeten des Sonnensystems, welche die NASA in hörbare Frequenzen umgewandelt hat und die endlich, nachdem sie lange nicht mehr aufgelegt wurden, nun sogar als Komplettdownload erhältlich sind.

Es ist kaum zu beschreiben was man da hört, aber eines ist garantiert: Gänsehaut – und ein Gefühl das irgendwo zwischen Ehrfurcht und „Wir sind doch niemals allein hier draußen!“ liegt. Das Grandiose dabei ist, dass jedes „Stück“ einen etwa 30-minütigen Ausschnitt bietet aus dem Material, das die NASA von den Sonden empfing, der jedoch ganz hervorragend als Loop abgespielt werden kann. Dabei reicht das Spektrum der Geräusche von unterschwellig unheimlich bis bizarr böse. Jupiter zum Beispiel klingt – entgegen seiner gigantischen Größe – fast sanft und zärtlich, aber dennoch ungewohnt und kalt. Ihn würde ich einsetzen,wenn die Gruppe in einer weiten, endlosen Wüste aus Eis oder Sand gestrandet scheint.

©  Voyager Recordings
© Voyager Recordings

Die Szenerie mag beeindruckend sein und friedlich wirken, doch die Gefahr ist durchaus real. Miranda hingegen, einer der Monde des Saturns, klingt brachial und düster. Bedrohlich wälzen sich tiefe Bässe ins Gehör und werden überlagert von schrillem Zischen und „Fauchen“. Ganz wunderbar geeignet, um Paranoia zu schüren, meiner Meinung nach. Dabei werden diese „Loops“ nie langweilig, denn durch ihren Vorbeiflug am jeweiligen Himmelskörper haben die Sonden natürlich auch unterschiedliche Bereiche ihrer Hemisphären und des Spektrums aufgenommen.

Die Wellenlängen verändern sich, was zu unterschiedlichen Tonfrequenzen führt, die sich langsam und kaum merklich verändern, bis man einer total anderen Geräuschkulisse gegenüber steht, ohne wirklich einen Übergang bemerkt zu haben. Es ist beeindruckend zu „hören“, dass jeder Planet unseres Systems eine eigene „Stimme“ hat und jeder somit auch eine eigene Stimmung. Für grade mal 5,82 € als Download ist das ein absolutes Megaschnäppchen, für alle Spielleiter, die ihrer Gruppe mal etwas wirklich Ungewöhnliches bieten wollen. Fast keine dieser Symphonien ist in irgendeiner Form nachbearbeitet, außer dass sie eben für uns Menschen hörbar gemacht wurden.

Einzig auf Track 7: „Song of Earth“, haben die NASA-Ingenieure Soundspezialisten auf ihr Material losgelassen und diese haben einen wunderschönen, ruhigen Track komponiert, der einzig aus natürlichen Emissionen unserer Heimat besteht. In Track 12 „Voice of Earth“ist das unbearbeitete Material zu finden. Die Sounds dieses Werkes sind universell einsetzbar, vom kaputten Europa nach dem atomaren Feuer, über eine Raumstation irgendwo dort draußen, bis zur Magiesphäre, oder der Matrix in einem Shadowrun Abenteuer. Es findet sich immer etwas,das „passt“.

 

Deus Ex: Human Revolution

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Um auf das Cyberpunk Genre etwas mehr einzugehen, empfehle ich die Soundtracks von Games, wie der „Deus Ex“ Reihe, die einzig dafür geschaffen wurden, eben solch eine Welt zu untermalen. Der Score ist hervorragend in Szene gesetzt und komponiert von Michael McCann, ist jedoch nichts „besonderes“, das aus der Masse der Soundtracks hervorsticht, oder sich durch besondere Originalität auszeichnet. Die verschiedenen Szenarien des Games behandeln unterschiedliche Schauplätze die, wie erwartet, entsprechend untermalt werden. Das kann man sich natürlich als Spielleiter zu Nutze machen. Hier gibt es Musik für Fabrikhallen und futuristische Bordells, für Polizeistationen und Hinterhöfe. Es ist alles da und bereit abgespielt zu werden. 

Die Yoshida Brothers

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© Domo Records
© Domo Records

Kürzlich entdeckte ich im Internet etwas Besonderes: Eine Band, die auf sehr originelle Weise traditionelle japanische Instrumente und moderne Musik miteinander verbindet und so Klänge produziert, welche meiner Meinung nach in einer Welt, in der japanische Konzerne eine Vormachtstellung inne haben und die japanische Kultur sehr viel Einfluss nimmt, in jedem Club oder jeder Kneipe gespielt werden, in dem sich eine Gruppe Runner oder ein paar Cyberpunks treffen um ihren nächsten Einsatz zu planen. Die „Yoshida Brothers“ fielen mir zuerst mit ihrem Video zu „Rising“ ins Auge, oder besser in die Ohren:

Als ich diese Klänge hörte, hatte ich sofort einen brechend vollen Club in der nahen Zukunft vor Augen. Lichter zucken im Gleichtakt mit den Körpern auf der Tanzfläche, grell bunte Gestalten wogen über die Tanzfläche und in einer etwas verrauchten Ecke hockt die Truppe über ihren Drinks und bespricht Pläne. Einige wippen mit dem Fuß, oder Kopf, im Takt der Musik mit.

Das Repertoire der Yoshida Brothers reicht von klassisch, traditionell japanisch, bis hin zu eben solchen Stücken wie dem Obigen, in dem Tradition und Moderne hervorragend miteinander verwoben werden. „Overland Blues“ vom Album „Yoshida Brothers III“ hat mich stehenden Fußes, oder besser sitzenden Hinterns, ins „Firefly“ Universum versetzt. Ein altbackener, amerikanischer Banjo-Blues, von japanischen Shamisen begleitet. Ich denke, das verpasst einer guten Cyperpunk/Shadowrun Runde noch das gewisse Quäntchen Glaubwürdigkeit. Denn es ist Musik, die man nicht jeden Tag hört und die grade ungewohnt genug für unsere Ohren ist, um ein Gefühl der Fremdartigkeit zu vermitteln, aber nicht zu fremd, um von den Geschehnissen der Runde abzulenken. Es gibt ja nun mal keine Musik aus der Zukunft, also muss man sich mit dem begnügen, das am nächsten kommt.

Warhammer 40000: Space Marine (OST)

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© Sumthing Else Music Works
© Sumthing Else Music Works

Ein weiterer, grandioser Score ist Cris Velascos & Sascha Dikicians Warhammer 40.000 Vertonung. Die Musik donnert durch die Boxen wie ein Kampfpanzer und ballert mit Bässen um sich, wie ein Space Marine mit zu viel Boltermunition! Wer also „Dark Heresy“, oder sonst ein stark action-betontes Setting im tiefen Raum spielt, der darf dieses Werk auf keinen Fall missen.

Allein der Opener mit seinem follow up Stück „Titus Theme“ bringt den Patrioten in jedem noch so kriegsmüden Soldaten wieder ans Licht. Das Orchester gibt alles und die Musik trägt die Gruppe auf stählernen Schwingen dem aschgrauen Himmel entgegen und lässt sie brennend und ohne Gnade auf ihre Feinde hernieder stoßen!

Mass Effect Scores

Ein weiterer, extrem vielseitiger Score, der noch dazu für relativ kleines Geld bei Amazon zu erstehen ist, ist „Mass Effect II“. Dieser allein erfüllt schon viele Voraussetzungen für einen guten Score, aber das tollste ist, dass es noch einige „Fortsetzungen“ gibt, wie z.B. „Combat“ und „Atmospheric“

  • Combat
  • Atmospheric 

 

Auch die verschiedenen DLCs haben eigene Scores, die wirklich wunderbar sind. Und es findet sich zu nahezu jeder Gelegenheit das passende Musikstück.

  • Kasumis Stolen Memory 
  • Lair Of The Shadowbroker 
  • Overlord 

Letzterer enthält einige wirkliche Perlen, die in keiner Sammlung fehlen sollten.

Artikelbild: despotiphotos | © Liuzishan

12 Kommentare

  1. Sehr interessanter Artikel. Vorallem, weil eigentlich für mich nur neue Quellen genannt wurden.

    Spontan empfehlen kann ich noch:

    Soundtracks (als Hintergrundbeschallung)
    – The Matrix (Revolution & Reloaded) Scores
    – Transformers 1-2 Scores
    – Gears of War 1-3 OST

    Bands (bei entsprechenden Szenen wie z.B. die Party betritt einen Club oder diverse Kämpfe)
    – Fear Factory
    – Korn
    – System of a Down
    – Nine Ince Nails
    – Slipknot

  2. in eine ähnliche ecke wie die yoshida brothers get „rin“ … wobei man hier schon genau schauen muss ob das passt.

    aber es ist in etwa japan-dance zu nennen, also traditionelle musik kombiniert mit aktuellem. für das gemeine europäische ohr nicht immer gut, aber oft passend.

    auch noch sehr gut sind die späteren scores der wind commander serie ( http://de.wikipedia.org/wiki/Wing_Commander_(Computerspiel) ) gerade prophecy war eines der ersten spiele mir einem eigenen score plus einer cd mit ’stimmungsmusik‘ also zeitgenössische musik die einem hilft in das universum abzutauchen …

  3. Ja, Danke!
    Eure Ideen sind auch großartig. :)
    Die Matrix Scores verwende ich nicht ganz so gerne, weil sie so sehr bekannt sind. Man hört halt die ersten Töne und dnekt sofort „Matrix“!
    Das kann ablenkend wirken.
    Transformers ist grandios, sehr heldenhaft und episch.
    Was die Bands angeht, klar passen die :D
    Kommen immer gut, wenn die Spieler sie nicht kennen, aber ihr Charakter es sollte ;)
    NiN: „Closer“ z.B. kann die Leute schön aus dem Konzept bringen *g*
    Und „Just like you imagined“ ist auch grandios einsetzbar.

    Nach Wing-Commander und RIN werde ich mal schauen. Danke für den Tip :)

    CU
    SaM

  4. Future sound of london – „Dead Cities“

    Ansonsten müsste ich meinen Dubstep-Ordner mal durchwühlen, da gibt´s auch einige eher ruhigere Sachen, die sich prima als Hintergrundbeschallung eignen.

    Sieh dir bei YT doch mal die z.B. Künstler „Matta“ und „Hecq“ an. Vielleicht kommt dir da sogar das eine oder andere Stück bekannt vor. Hecq – „Sura“ ist bspw. für einen AC-Trailer verwendet worden.

  5. Was ich bei meinem 1. Post noch vergessen habe: Die Soundtracks von „Ghost in the Shell“ und „Akira“ können besonders für asiatisch angehauchte SF-/Cyberpunk-Settings sehr gut sein.

  6. […] Rezensionen Das Team war mal wieder aktiv und hat so einiges rezensiert. Darunter Justifiers von Markus Heitz (https://www.teilzeithelden.de/2012/02/01/rezension-justifiers/), Blutige Kriege & Goldene Jahre 2nd Edition für Call of Cthulhu (https://www.teilzeithelden.de/2012/02/07/rezension-cthulhu-blutige-kriege-goldene-jahre-2nd-ed/) ,Hell 4 Leather, ein phantastisches Partyspiel (https://www.teilzeithelden.de/2012/02/10/rezension-hell-4-leather/) undSchattenkrieg, ein Shadowrun-Abenteuer (https://www.teilzeithelden.de/2012/02/13/rezension-schattenkrieg-ein-shadowrun-abenteuer/). Abschließend hat Sebastian sich mit Musik zur Untermalung von Science-Fiction und Cyberpunk Settings auseinander gesetzt und stellt seine Lieblinge vor (https://www.teilzeithelden.de/2012/0…-thema-near-future-cyberpunk-science-fiction/) […]

  7. Ich merke schon, es gibt noch viel gute Hintergrundmusik, die ich dringend kennenlernen muss. :) Danke für die guten Hinweise!

    Ghost in the Shell kann ich nur unterstreichen. Ergänzend zur Filmmusik bietet sich da auch der Seriensoundtrack an.
    Ansonsten empfehle ich beispielsweise die Musikfiles von „Stalker“, „Deus Ex – Invisible War“ oder „Vampire Bloodlines“. An Filmmusik verwende ich gerne „The Ring“, „Blade“, „Black Hawk Down“ oder „Das Bourne Ultimatum“ u.v.m..

    Ihr merkt schon, das sind nicht die typischen Science-Fiction-Titel. Diese Auswahl funktioniert bei mir aber trotzdem gut, auch in einem futuristischen Setting. Im Moment arbeite ich sogar daran die Titelmusik von „Requiem for a dream“ an wichtigen Stellen in meine Kampagne einzubauen. Das klappt auch schon ganz gut. Die Spieler horchen immer auf, wenn die „Summer Overture“ zu hören ist. :)
    Manchmal kann man sich sogar von einem Musiktitel zu einer Story (oder einer Szene) inspirieren lassen und diesen Gedanken von der Musik am Spielabend tragen lassen. Letztens erst bei „kids with guns“ von den gorillaz passiert…

  8. Ohja, Akira, natürlich und GitS ebenfalls. Beinahe Pflichtprogramm ^^ für entsprechende Asia Settings ;)

    „Black Hawk Down“ ist ein Hammer-Score! Grandios, kann ich da nur sagen.
    Allein schon „Synchrotone“ ist nervenzerreißend für Kampfszenen, oder Verfolgungsjagden.

    Requeim for a Dram ist mir persönlich in den letzten Jahren etwas überstrapaziert worden. Deshalb nutze ich es ungern, es ist zu bekannt.

    Welcher Score auch noch sehr, sehr gut für Science-Fiction Militär Settings geeignet ist, ist „Battle L.A.“
    Schlechter Film, fantastischer Score ;)

    CU
    SaM

  9. Zu den Symphonies of the Planet habe ich einmal einen wirklich hervorragenden Spielbericht (Hard Science-Fiction/Horror) gelesen. Der Spielleiter hat dort ganz massiv auf die Stimmung aus diesen Tracks gesetzt und in seinem Bericht die Tracks an den passenden Stellen verlinkt (über Youtube). Da hat man alleine schon beim Lesen (plus Hören) Gänsehaut bekommen.

  10. Noch ein Hinweis, weil es mir gerade auffällt, ich höre beim arbeiten oft das hier …

    http://musicforprogramming.net/

    … und das eignet sich auch wunderbar für Hintergrundmusik. Gerade in Shadowrun/Cyberpunk Abenteuern denke ich.
    Musikalisch wären da noch die „Future Sound of Jazz“ reihen angesagt.

    Was ich bei dem oben verlinkten nett finde ist, das sie eine Laufzeit von über ner Stunde haben und somit wunderbar durchlaufen können ohne eintönig zu werden in den Loops.

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