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Vor kurzem hatten wir das Glück einen Interview- und Testspieltermin mit Alexander Ommer, Entwickler des Brettspiels „Interstellar Mayhem“ und Gründer des Verlags „Soylent Games“ festmachen zu können, also haben Roger und ich die kurze Reise nach Dortmund angetreten, denn dort wohnt er zusammen mit seiner Frau Josi.

Schon gleich bei Betreten der Wohnung wird klar: hier ist ein kreativer Geist am Werk. Die Wohnung ist voll mit vielen kleinen Gimmicks, an einer Wand im Flur hängt ein riesiges Banner (zu sehen auch auf einem der Fotos) mit dem Titel-Motiv von „Interstellar Mayhem“ (dass von Patrick Soeder gezeichnet wurde). „Das ist das Banner, das wir immer mit zu Messen nehmen,“ sagt mir Josi „und solange wir es nicht für die Messen brauchen, hängt es halt hier.“ Ich versuche, das Banner irgendwie ganz auf ein Foto zu kriegen, leider mit mäßigem Erfolg – es ist einfach zu groß.

Interstellar_Mayhem_CoverIn der Küche stehen ein paar Boxen von „Interstellar Mayhem“, auf dem Küchentisch ist schon ein Spiel aufgebaut und ein weiterer Mitspieler wurde auch organisiert. Florian, so stellt er sich vor, hat in der Entwicklungsphase dieses Spiel sehr oft mit anderen zusammen getestet und so geholfen, die Fehler auszumerzen. Bevor wir loslegen mit dem Spielen war ich dann doch erst mal neugierig, wie man überhaupt auf die Idee kommt, ein Brettspiel zu entwickeln. „Ich entwickle schon lange Spiele fürs iPad, iPhone, für die Xbox, und ich spiele selber unheimlich gerne. Da war der Schritt zum Brettspiel jetzt nicht sooo weit, auch wenn da natürlich andere Voraussetzungen gelten.“ erzählt mir Alexander. Ob man damit viel Geld verdienen kann, will ich wissen. Alexander schüttelt den Kopf und lächelt etwas bedauernd: „Nein, leider nicht. Wenn man nicht einer der ganz großen Verlage ist, die ihre Spiele in einer hohen Auflage produzieren können, ohne hinterher drauf sitzen zu bleiben, sollte man sich besser keine allzu großen Hoffnungen machen. Wir haben eine Auflage von 1000 Spielen bestellt, die Hälfte haben wir bis jetzt verkauft. Das ist schon ganz ok, obwohl es natürlich immer besser geht.“

Mein Blick fällt auf das Spielbrett und die Schiffe, die als Spielfiguren dienen. Roger identifiziert die Schiffsmodelle sofort als Modelle aus Silent Death. Gibt es denn da keine Probleme mit den Rechten? „Wir haben gefragt, ob wir die Modelle nutzen dürfen und eine positive Antwort erhalten.“ meint Alexander. Ich gucke mir das Spielbrett an. Ein großes Foto von irgend einem Nebel draußen im Weltraum ist zu sehen. „Das Foto ist ein Nebel, der wirklich existiert und der vom Hubbleteleskop aufgenommen wurde. Wir haben bei der NASA gefragt, ob wir das Foto für unser Spielbrett nutzen dürfen. Die NASA bekommt dafür eine Ausgabe von „Interstellar Mayhem“ , das steht dann wahrscheinlich bei denen in einer Vitrine.“ Ich nicke anerkennend und nehme einen von den kleinen Steinen in die Hand, die auf dem Brett liegen und im Spiel die Asteroiden darstellen. „Die Steine sind aus Vulkangestein. Beim Steinschrubben und Einsortieren hatten wir glücklicherweise Freunde, die uns geholfen haben (die zum Lavastein-Grillen gekommen waren) – sie haben es auch an einem Abend geschafft.“ Er grinst und für einen kurzen Moment hatte ich das Bild einer Horde „Putzsklaven“ vor Augen, die sich die Finger blutig schrubben.

Aber genug geredet, jetzt geht’s ans Eingemachte. Ich werfe schon mal einen Blick in die Spielanleitung, die übrigens in deutsch und englisch vorhanden ist (ebenso wie der Rest des Spielmaterials). „Das Spiel wird ja auch nicht nur in Deutschland gespielt und englisch ist ja weit verbreitet, deswegen hielten wir es für sinnvoll“ erklärt Alexander. Somit eignet sich das Spiel sehr gut für zweisprachige Gruppen am Spieltisch.

Jeder soll sich schon mal ein Schiff aussuchen, ich nehme einen schicken roten Flitzer, der den „Rasenden Falken“ von Han Solo ganz schön alt aussehen lässt. Ich wähne mich schon als Siegerin, schließlich heißt es nicht umsonst „Rot macht schnella“ (oder so ähnlich…). Die Modelle legen übrigens keine Spielwerte fest.

Gleich von vornherein sagt Alexander, Ziel des Spiels ist es, drei Abschüsse zu bekommen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, in diesem Spiel einen schnellen Tod zu erleiden:

  • man wird abgeschossen 
  • man wird von einem Gegner so lange angerempelt, bis die Schilde unten sind, dann wird man abgeschossen („weichklopfen“ sagt man in Fachkreisen dazu)
  • man hat bei der Planung seiner Bewegungsphase nicht aufgepasst und fliegt über den Kartenrand – man verschwindet quasi in den Weiten des Weltalls und ward nie mehr gesehen

Die Regeln sind an sich leicht erklärt. Ein Schiff hat die Werte Schilde, Antrieb und Feuerkraft. Jedem dieser Werte sind drei Felder zugeordnet. Man verteilt 6 Würfel, die zuvor geworfen werden, auf diese Werte. Das jeweils dritte Feld ist die Überhitzung, diese wird jede Runde neu gewürfelt. Die Augen im Antrieb bestimmen die Initiative der Rundenabhandlung, gleichzeitig auch die Bewegung. Die Karte ist in Hexfelder unterteilt, jedes Feld kostet einen Punkt Bewegung (kleine Anmerkung: an den Rändern des Spielfelds gibt es nur halbe Hexfelder, so kann man problemlos zwei Spiele miteinander kombinieren, um ein größeres Spielfeld zu haben und um mit mehr Leuten spielen zu können.) Man hat je drei Bewegungen (wie Felder) und eine Drehung pro Antriebs-Würfel. Man muss jedoch jede Bewegung zu Ende machen. Das kann also bewirken, dass man vom Feld fliegt und somit zerstört ist. Apropos zerstört – man hat unendlich Respawns.

Die Würfel in den Schilden bestimmen die Schildstärke. Schaden, den man erleidet, wird von den Schilden abgezogen. Sind die Schilde einmal zerstört, zählt jeder Schadenspunkt darüber hinaus doppelt. Die Schildwürfel werden dann entsprechend herunter gedreht.

Die anderen Würfel in Antrieb und Feuerkraft sind quasi die Lebenspunkte. Auch diese dreht man herunter, wenn man Schaden erleidet. Die Würfel in Feuerkraft bestimmen den Schaden, den man macht. Um Schaden zu machen, würfelt man einen W6 gegen den Abstand des Zieles. Die Waffen haben also maximal eine Reichweite von 6 Hexfeldern. Schaden kann man auch durch Rammen machen, das bedeutet, dass man sich in einer geraden Linie auf das Ziel zubewegt, die Bewegung stoppt dann und die Augen der jeweiligen Bewegung stellen den Schaden dar – also schubsen und zerballern sozusagen (oder weichklopfen, s.o). Am Anfang jeder Runde würfelt man die Überhitzung neu und darf einen Würfel „kalibrieren“, das bedeutet, man darf ihn zwischen den drei Wertarten verschieben.

Man erhält anfangs noch eine Ausrüstungskarte für sein Schiff (von denen gibt es 18 verschiedene), die man zieht. Das kann unter anderem ein Notfallteleport sein, der einen wegteleportiert, wenn man Schaden bekommen hat und noch lebt oder ein mächtiger Laser. Diese Ausrüstungskarten verschwinden allerdings, wenn man abgeschossen wird (das passiert schnell…), man erhält aber auch eine neue Karte mit dem neuen Schiff.

Wer mehr wissen und die Regeln selbst lesen möchte, findet sie hier kostenlos zum Download.

Letztendlich hat die Partie keine halbe Stunde gedauert und ich war überrascht, wie schnell das ging. Der Vergleich zu einem schnellen Weltraumshooter auf dem Computer ist daher nicht so fern, was ich aber nicht negativ finde. Mir hats Spaß gemacht. Leute, die ein komplexes Spiel von mehreren Stunden Dauer bevorzugen werden mit dem Spiel allerdings nicht glücklich. Interstellar Mayhem zeichnet sich durch seine Schnelligkeit und die einfachen Regeln aus. Wer auf solche Spiele steht, kommt hier definitiv auf seine Kosten.

Hier haben wir noch ein paar Bilder für euch, die ein bisschen das Spielbrett zeigen und das Spielmaterial. Auf einem der Fotos ist auch besagtes gigantisches Banner.

Wer jetzt also neugierig geworden ist kann das Spiel direkt über den Verlag von Alexander beziehen (Soylent Games) oder über Amazon, über den Webshop vom Tellurian (oder im Laden in Dortmund selber) oder über den Webshop von Ulisses bekommen. Und wer dem Alexander gerne mal über die virtuelle Schulter gucken möchte, der findet auf der Seite „Manaconcept“ sein Entwicklertagebuch (hier geht’s allerdings nicht nur um Brettspiele).

Ein neues Brettspiel hat Alexander auch schon in der Mache, es heisst „Trinkfest“. Das Spiel ist noch in der Entwicklung, aber was er uns erzählte, hörte sich sehr witzig an. Wir können also gespannt sein. Zum Schluss haben wir noch ein unboxing Video für euch, da könnt ihr sehen, was in der Spielbox enthalten ist. Das Video selber gibts auf der Seite von Soylent Games.

Artikelbilder: © Soylent Games, Fotografien: Roger Lewin

1 Kommentar

  1. […] Interstellar Mayhem, ein rasantes Spiel rund um Schrottsammler im Weltall, incl Interview des Designers Alexander Ommer […]

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