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Unser Gastautor Dexter Filmore hat sich für für Euch aufgeopfert und auf einer Party eine interessante Variante des Rollenspiels getestet. Hier ist sein Spielbericht:

Das Spiel

Vorweg ein paar Worte zum System selbst: Mit stolzen 16 Seiten ist XD ein sehr kompaktes System, dass sich auf die wesentlichen Regeln konzentriert. Der Titel des Systems kommt übrigens daher, dass man mit x D10 würfelt. Das klingt zunächst nach Vampire, aber bei XD verwendet man keine Erfolge, sondern sucht sich einen der Würfel aus. Das System ist wie gesagt sehr einfach, erfüllt seinen Zweck als Party-Spiel aber hervorragend, und genau dafür haben wir es auch genutzt.

Die Spieler

Wir, das sind sechs Freunde, die nach dem Genuss von drei Folgen Game of Thrones, einiger Biere und einer halben Flasche Whiskey noch keine Lust hatten, den Abend einfach
ausklingen zu lassen. Genauer: Lutz, Barbara, Marcus, Claudia, Thomas und meine Wenigkeit. Alle bis auf Thomas sind Rollenspieler, und der Entschluss, eine spontane Rollenspiel-Session zu starten, war damit geboren. Lutz hatte noch ein ungetestetes System als PDF auf dem Laptop, dadurch war auch klar, was es werden würde. Thomas als Rollenspiel-Neuling wurde ins kalte Wasser geworfen, machte dabei aber keine schlechte Figur.

Die Charaktere

Die Charaktererschaffung ist sehr einfach, da nichts vordefiniert wird. Alle Fertigkeiten denkt man sich frei aus, und so konnte jeder seinen Wunschcharakter erschaffen:

N’eela – Waldläuferin aus dem hohen Norden (Barbara)

N’eela ist eine Elfin aus den rauhen Nordlanden, eine gute Bogenschützin und sie kennt sich in der Wildnis aus wie kein anderer.

T’Kar – Krieger (Marcus)

T’Kar ist ein Krieger mit Schwert und Schild. Er ist ausgezogen, um Gerechtigkeit zu verbreiten und die hilflosen zu schützen.

Chorak – Zwergenkrieger aus dem Amboss (Thomas)

Zugegeben, den Amboss haben wir aus DSA geklaut. Chorak ist ein Zwerg samt Kettenhemd und Streitaxt, dessen Hauptbeschäftigung darin besteht, die Elfin zu ärgern. Die Anleihen aus dem Herrn der Ringe sind deutlich, aber Thomas ist halt neu.

Mona, fahrende Händlerin und Gauklerin (Claudia)

Mona ist stets gut gelaunt und guter Dinge. Sie redet viel und wenn man sie auf die Dorfbevölkerung loslässt, kann sie fast alles besorgen. Sie hatte sehr schnell den Spitznamen „Face“ bekommen.

Arananga, der Magier (Dexter)

Ich wollte mal sehen, ob man mit diesem System auch Zaubern kann, und so haben wir versucht, mit ein paar magischen Fertigkeiten ein Magiesystem zu basteln (auch wenn Magie in XD scheinbar nicht vorgesehen ist).

Arananga ist ein hochgewachsener, schlacksiger junger Mann, gehüllt in blaue Roben und gestützt auf einen gedrehten Stab und mit langem Rauschebart. Ein Magier halt.

Lutz – Spielleiter

Nachdem alle ihre Charaktere gebaut hatten, blieb für Lutz nur der Posten des Spielleiters übrig. Während wir also unsere Fertigkeiten aufschrieben, las er sich die Regeln noch ein, zweimal durch. Das hat er zumindest gesagt. Vielleicht hat er auch einfach nur Angry Birds gespielt. So genau haben wir da nicht drauf geachtet ;-)

Die Regeln in der Praxis

XD spielt sich vor allem eines: flüssig. Und zwar je flüssiger, desto besser. Offiziell braucht man nur Papier, Stifte und Zehnseiter zum Spielen, inoffiziell glaube ich aber, dass Bier und Partylaune durchaus hilfreich sein können.

Wenn man würfeln muss, bestimmt der Spielleiter eine Fertigkeit, die man würfeln soll, aus denen, die man hat. Hat man keine vernünftige Fertigkeit, dann kann man auch nicht vernünftig würfeln. Soweit, so fair.

Der Wurf an sich ist einfach: Würfel + Modifikatoren muss mehr sein als die Schwierigkeit, und schon klappts. Hat man die passende Fertigkeit, hat man höchstwahrscheinlich auch mehr als einen Würfel zur Verfügung. Diese Würfel würfelt man alle gleichzeitig, danach sucht man sich einen aus, der dann gilt.

Jeder Spieler hat Punkte, mit denen er er die Proben beeinflussen kann, indem er sie ausgibt. Diese Punkte kann man auch zurückgewinnen.

Den Clou hat Lutz sich bis zuletzt aufgespart: XD hat eine Regel, die dem Strip-Poker entlehnt scheint und erlaubt, seine Kleider zu „verkaufen“, um dafür neue Punkte zu bekommen, wenn man sich mal „verzockt“ hat. Soviel zum Party-Spiel ;-)

Initiative im Kampf erinnert dann noch mehr an Poker, da es hier regelrechte Bietrunden gibt (aber nur einmal am Anfang des Kampfes). Was mir am Kampf aber gefallen hat, ist, dass man sich beliebig oft verteidigen darf. Je öfter man das allerdings tut / tun muss, desto schlechter kann man selbst noch angreifen.

Das epische Abenteuer

Das epische Abenteuer beginnt in Trax, einem Dörfchen im Herzen des Landes. Es ist gerade Jahrmarkt, und so kommt es, dass unsere Helden am Ende eines ereignisreichen Tages in einer Taverne am Tisch sitzen und den Barden lauschen. (Ja, in der Hinsicht ist Lutz Traditionalist.)

Mona flirtet mal mit einem der Händler, als dessen Vater aufgeregt die Taverne betritt und uns berichtet, dass ein Dieb seinen Wagen aufgebrochen und einen wertvollen und überaus wichtigen Gegenstand entwendet hat. Nachdem wir den alten Mann erst einmal beruhigt hatten, erfuhren wir, dass er für einen alten Freund einen Stein aufbewahrt hat, der irgendeine besondere Kraft haben sollte. Welche genau, wusste er nicht, nur, dass die Steine nicht vereint werden durften.

Das war’s dann mit dem gemütlichen Tavernenabend, natürlich gingen wir der Sache, sehr zum Unmut des Zwerges, sofort nach, nachdem N’eela ihr Geschichtswissen angebracht hat um uns zu erzählen, dass an der Sache mehr dran sein könnte, als wir zuerst dachten. Genauer konnte sie es nicht sagen, nur eines: Das (böse) Königreich sucht diese Steine jedenfalls schon seit langem.

Was sollten wir also jetzt tun? Mona fühlte sich ihrer Eroberung gegenüber irgendwie verpflichtet, zu helfen, und setzte das gegen den lautstarken Protest der restlichen Charaktere (allen vorweg Chorak) auch durch.

Da es allerdings schon spät war und alle offiziellen Stellen um die Zeit nicht mehr erreichbar waren, beschlossen wir (genauer: beschloss Nora), dass es vielleicht am klügsten war, sich mal zuerst am Tatort umzusehen. Gesagt, getan, kurze Zeit später: wir stehen am Ort des Geschehens. Während wir alle den Tatort nach allen möglichen Spuren untersuchen (mit allen möglichen Fertigkeiten), beschließt Claudia, Nägel mit Köpfen zu machen und gibt fast ihren gesamten Pool für die Untersuchung von erst Vorhängeschloss und Tür, dann Treppe aus. Und tatsächlich, das hat geholfen. Sie hat zwar jetzt keinen Pool mehr, aber dafür Erkenntnisse gewonnen: Das Schloss wurde mit enormer Kraft einfach aufgerissen, und die restlichen Spuren legten nahe: Es waren Draconiter, Drachen-Menschen-Mischwesen (Das FFÜ-Buch fehlt irgendwie noch!), und Mona weiß auch, wohin sie geflohen sind.

Also mit N’eelas Spurenlesen fröhlich hinterher, zumindest, bis und die Stadtmauer stoppt. Mist. Die Spuren gehen genau durchs Tor, aber ein kurzes Gespräch mit der Wache kündet vom Gegenteil: Hier ist niemand durchgekommen. Was also tun?

T’Kar wittert seine Chance, schnappt sich Chorak und zusammen schnappen sie sich die Wache und, wie sie es ausdrückten, fühlen ihr ein wenig auf den Zahn. Aha. Drei Draconiter sind hier durchgekommen, aber die Wache sollte sie für ein Säckchen Münzen vergessen. Soso.

T’Kar „überredet“ die Wache noch, auch uns durchs Tor zu lassen und danach zu vergessen. Gerüchten zufolge konnte die Wache übrigens knapp drei Wochen später wieder feste Nahrung zu sich nehmen.

N’eela setzte sich wieder auf die Spur und führte uns, letztendlich ebenfalls unter Aufbringung ihres Pools, an eine alte Köhlerhütte am Waldrand. Ihre scharfen Augen haben sofort erkannt, dass alle drei Meiler des Köhlers kalt, also erloschen sind. Irgendwas stimmt hier also nicht.

Ich versuche, die Gruppe mit einem Stille-Zauber unhörbar zu machen, was mir anscheinend auch gelingt. Zumindest höre ich die Gruppe nicht mehr. Und sie sich gegenseitig nicht. Mist. Daran hätte ich vorher denken sollen. Den Göttern sei dank, dass die geübten Krieger und die Waldläuferin sich hervorragend mit Zeichensprache verständigen können.

Trotz dieser kleinen Panne ist der Zauber recht nützlich, wir kommen ungehört bis an die Tür. Leider nicht ungesehen oder ungerochen: Als wir gerade vor der Tür stehen, fliegt diese auf und alle drei Draconiter stürmen mit böse funkelnden Augen auf uns zu.

Was folgt, ist eine Initiative, die bei XD wie gesagt geboten wird. Das war jetzt etwas dumm für Barbara und Claudia, die beide ja ihren Pool schon ausgegeben hatten und damit nichts mehr zum Bieten hatten. Um nicht zwangsläufig als letzter dran zu sein, brauchten sie also neue Poolpunkte, deshalb verkaufte Claudia kurzerhand ihr T-Shirt, und Barbara ihre Hose. So funktioniert das also. Mit neuem Pool ausgestattet boten wir dann gegen die Draconiter und gewannen am Ende, auch dadurch, dass Lutz nur einen Pool für alle Gegner hatte und wir nicht wollten, dass er die Schuhe auszieht.

Ich selbst habe mich im guten Mittelfeld plaziert, schneller als die Draconiter, aber langsamer als der Rest der Truppe. Die beiden Krieger lieferten sich am Ende eine richtige Biet-Schlacht, wer den ersten Draconiter bekommt.

Somit durften unsere Krieger denn auch als erste auf die Draconiter losstürmen und brachten ihnen empfindliche Treffer bei. Interessant ist hierbei anzumerken, dass Treffer keine Lebenspunkte oder so was senken, sondern direkt die Fertigkeit, mit der man sich verteidigt hat. Irgendwann sollte man die nicht mehr einsetzen und etwas anderes probieren, denn eine Fertigkeit auf 0 schaltet den Charakter aus. Soviel am Rand zu den Regeln.

N’eela zog sich ein paar Schritte zurück und behakte die Draconiter mit ihrem Bogen, während Mona sich vornehm aus dem Kampf raus hielt, das war nicht ihre Welt. So gingen Nora und ich hinter einem Gebüsch in Deckung, was Marcus gleich mit einem „Na super, wie wär’s vielleicht mal mit einem Feuerball?“ quittierte.

Vorher waren aber die Draconiter dran. Einer versuchte auf N’eela zuzustürmen. Das war in sofern doof, das N’eela in dieser Runde mit ihrem Bogen geschossen hatte, eine Fertigkeit, die sich nicht zur Verteidigung eignet. Der Angriff trifft sie hart und ihre Bogenfertigkeit hatte zu leiden. Die anderen beiden Angreifer legen sich mit den beiden Kriegern an und werden von diesen abgewehrt.

Ich gebe 5 Punkte aus meinem Pool aus, um als erster dran zu sein, und nochmal fünf für die Probe danach. Feuerball! Und dahin scheiden … leider nur zwei Draconiter, denn der dritte stand bei N’eela, den konnte ich nicht treffen. Naja, immerhin habe ich T’Kar nicht getroffen, und Chorak habe ich auch nur den Bart versengt. (Schätze, auf diesem Baum wäre ich derzeit sicherer als dahinter.)

Lutz macht es mir nach, der verbleibende Draconiter will fliehen doch er hat die Rechnung ohne Chorak gemacht. Beide Krieger gehen den Draconiter an, doch leider gelingt es ihm, Chorak noch einen bösen Streich zu versetzen. Dummerweise musste er dafür etwas Sportlichkeit einsetzen (am Feuerball vorbei zum Draconiter vor N’eela und diesen zu Boden werfen), das heißt, er hat sich auch mit Sportlichkeit verteidigt. Die Sportlichkeit von Zwergen ist nicht wirklich bahnbrechend, und so sinkt sie von 1 auf 0 und schaltet Chorak aus. Das wollen wir natürlich nicht und überreden Thomas mit vereinten Kräften (siehe Artikelbild), den Treffer durch Opfern seines T-Shirts abzufangen. Der Rest von uns griff dann den verbliebenen Draconiter an und obwohl Lutz Heldenhaft immer mehr Kleidungsteile opferte um seinen letzten NSC zu retten, hat er am Ende doch lieber seine Unterhose behalten als den Draconiter.

(Strenggenommen hat Thomas sein T-Shirt also umsonst geopfert, da der Kampf danach vorbei war, aber wehe, dass sagt ihm einer!)

Nun konnten wir noch die Hütte durchsuchen und die Steine wieder an uns nehmen.

Damit endete diese Episode, aber Lutz ließ durchblicken, dass er sich durchaus vorstellen könnte, diese epische Geschichte zuende zu spielen. Ob wir das machen, ob Thomas weiter dabeibleibt und ob wir für eine Kampagne nicht lieber wieder zu einem „richtigen“ Rollenspielsystem wechseln, bleibt abzuwarten.

Bleibt noch anzumerken, dass im Gegensatz zum Strip-Poker hier am Ende jeder Spieler seine Klamotten wiederbekommen hat.Bis auf Barbara, deren Shirt irgendwie verschwunden blieb…

Meinung

Zusammenfassend kann man sagen, dass uns XD gut unterhalten hat. Wir haben beinahe fünf Stunden gespielt, dabei das eine oder andere Kleidungsstück verloren und eine interessante Geschichte erlebt, und nebenbei Thomas zum Rollenspieler gemacht. Hoffe, er bleibt es, nachdem er einmal rausgefunden hat, dass das mit dem Ausziehen nur bei diesem Spiel so ist. Er meinte schon „Ach darum mögt ihr diese Rollenspiele so.“ ;-)

Die Draconiter sind besiegt, ein Grund zum Feiern!

Und damit verabschiede ich mich von Euch bis zu meinem nächsten Spielbericht.

Fotografie: Henning Lechner, mit freundlicher Genehmigung

11 Kommentare

  1. Ok, mich würde mal interessieren, ob derjenige, der sich so ein Spiel ausdenkt nicht irgendwie krassen Stoff geraucht hat :) Ein Rollenspiel als Stripvariante?! Ich wusste nicht, dass es sowas gibt (oder das jemand auf die Idee kommt, sich sowas auszudenken…)

  2. Haha, wie geil :) Ich hab für einen kurzen Moment überlegt, ob das ernst gemeint ist, aber ein Blick auf das Datum half mir da weiter.

  3. Sehr coole Idee :)

    Und es hat definitiv das Potential im Nano Nana oder so bei den Party-Spielchen zu landen (zusammen mit Plüsch-Handschellen und Penis-Nudeln) und so eine ganz neue Gruppe von Leuten zum echten Rollenspiel zu bringen (deren Mitglieder bisher bei Rollenspielen nur an besagte Plüsch-Handschellen und vielleicht Polizisten-Outfits denken).

  4. Nette Idee. Japp. Wobei ich jetzt mal sagen muss, Datum hin oder her: Absolut Glaubhaft. Zumindest vom Grundkonzept.

    Obwohl ich glaube, dass Rollenspiel mit Stripanleihen doch etwas ähm, naja strange kommt, wenn ich mir die Geschlechterverteilung beim üblichen Zocken so anschaue ;-)

  5. Schön, dass wir ein paar von euch aufs Glatteis geführt haben :) Wir haben uns gedacht, ein Aprilscherz muss einfach sein.

    @fandomobserver: wir sagen Bescheid, wenn die nächste Runde startet.

    @Marcel: ja, vom Konzept her wäre sowas sicherlich möglich, wir wollten es nicht gleich auf den ersten Blick als Scherz aussehen lassen :)

    @Drak: was ist denn Nano Nana? Ach…moment Du meinst NanuNana, diese Krimskramsladen, oder? Ob die das verkaufen würden? Wir können denen ja mal unsere Idee vorstellen :)

  6. […] 1. April haben die Teilzeithelden Euch in den April geschickt mit einem Rollenspiel, bei welchem man zum Auffrischen der Pools Kleidung versetzen […]

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