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Dieser Bericht verbindet zwei Sichtweisen über den am vergangenen Wochenende gespielten LARP-Con  Jenseits der Siegel, der in der Conquest of Mythodea Realität stattfinden. Holger war als Spieler zugegen, Sebastian hingegen als Semi-NSC.

Unter dem Artikel zeigen wir Euch einige Bilder von Martina Bauer, Frederike Howe, Karolin Kugler & Damitha Sternenstaub. Ihr findet weitere Photografien anderer Anwesenden im offiziellen Forum. Hier werden sie unter einem Thread gesammelt: Klick.


Rückblick auf das Jenseits der Siegel 2012 – Aus Sicht eines siegelfreien Spielers

Für die unter euch, die nicht wissen, was das Jenseits der Siegel oder das Conquest of Mythodea ist, hier eine kleine Einführung:

Das Conquest of Mythodea ist, laut Informationen des Veranstalters Live Adventure, das größte Liverollenspiel-Event der Welt. Ob es nicht vielleicht irgendwo ein größeres gibt, vermag ich nicht zu sagen, aber in Deutschland ist es das auf jeden Fall mit Besucherzahlen, die seit Jahren im mittleren bis hohen vierstelligen Bereich liegen.

Bespielt wird dort der Kontinent „Mythodea“, welcher vor mittlerweile 11 Jahren vom Seefahrer Paolo Armatio wiederentdeckt wurde und seit dem von Menschen, Elfen, Zwergen, Orks (von denen es mehr zumindest gefühlt mehr als von den Zwergen gibt), Drow, Chaosanhängern, Tierwesen und allem nur erdenklichen besiedelt wird. Ich will hier gar nicht tiefer auf die Story oder den Hintergrund eingehen, aber lasst euch gesagt sein: Detailliert ausgearbeitet ist eine Untertreibung!

Neben der Hauptveranstaltung, dem Conquest of Mythodea, gibt es seit vielen Jahren auch den kleineren Bruder Jenseits der Siegel, auf dem es weniger um epische Schlachten und große Abenteuer geht, sondern mehr um Ambiente und Diplomatie. Auch bietet sich hier die Möglichkeit, Plotsträngen nachzugehen, die aus Zeitmangel liegen geblieben waren, aber zu wichtig sind, als dass man sie ignorieren könnte.

Eben jene Veranstaltung ging heute Morgen zu Ende und nun sitze ich hier, noch berauscht von dem Erlebnis, vor meinem Rechner und will euch ein wenig darüber berichten.

Zum zweiten Mal in Folge fand das Treffen, InTime wie OffTime, am gleichen Ort statt. OffTime handelt es sich dabei um die Burg Großlohra in Thüringen, InTime um den Ort Habannas Wacht an der Küste Mythodeas. Bürgermeister (gesprochen BIERgermeister) Antonio de la Tirolli hatte erneut zu einem Jahrmarkt geladen, während die Nyame und der Archon des südlichen Siegels (spirituelle und militärischer Herrscher eines Teils des Kontinents) zum Konvent der Elemente riefen.

Der Jahrmarkt war, wie auch auf dem Conquest of Mythodea, zum Teil eine Möglichkeit, für echtes Geld echte Waren zu erwerben, seien es nun Speis und Trank oder aber neue Ausrüstung wie Waffen, Rüstungen, Taschen, oder ähnliches.

Im Vergleich zum großen Bruder ist auf dem Jenseits der Siegel allerdings die atmosphärische Dichte in der Stadt erheblich größer, vermutlich weil es, zumindest anteilig, wesentlich mehr reine InTime Attraktionen gibt. Besonders schön fand ich dieses Jahr die Wettkämpfe auf dem zentralen Marktplatz, die von Tauziehen über Wettessen bis hin zu einem sehr gelungenen Faustkampfturnier reichten.

Aber auch abseits davon gab es ein Badehaus (wo man fantastische Rückmassagen bekam), zwei Bordelle (natürlich nur InTime, OffTime waren es ebenfalls sehr gute Massagehäuser) die sich bekriegten, diverse Gilden (neuerdings sogar Anwälte! Man sollte sie direkt wieder erschlagen!), eine Volksschule, eine stets präsente Stadtwache und ein Schmierblatt, das irgendwann fast so viele Richtigstellungen wie Artikel beinhaltete (und mindestens einer der Artikel beinhaltete einige recht brisante Informationen, die eigentlich nie öffentlich werden sollten…).

All diese Dinge sorgten für genügend Möglichkeiten, einfach nur zu spielen, ohne irgendwelche Diplomatie, Plots, Rätsel oder sonst etwas zu benötigen. Wollte man allerdings auf die genannten Dinge nicht verzichten, so gab es auch hier genügend Möglichkeiten.

Da mein Charakter sich in Siegelstatt niedergelassen hat, ein Ort, welcher keinem der vier großen Siegel angehört und darauf achtet, im Streit zwischen diesen möglichst neutral zu sein, kann ich zu den diplomatischen Geschehnissen nicht viel sagen, aber ich habe mitbekommen, dass die Siegel intern wie auch untereinander eine Menge Sitzungen abgehalten und Politik betrieben haben.

Plots gab es auch in verschiedenen Größen. Von der samstäglichen Eiersuchaktion über pöbelnde religiöse Fanatiker, sonderbare Kristalle, die von starken Gefühlen erfüllt waren, verschwundenen Personen, Geistern, kleinen Schlachten an diversen Orten (zu denen man durch ein Portal gelangen konnte) bis hin zu Dingen, die auf höchster Ebene mit dem Metaplot der Mythodea-Kampagne zu tun hatten, war für jeden Geschmack etwas dabei.

Von Mittwoch bis Sonntag hatten also alle anwesenden etwa 600 Personen genug Möglichkeiten, ihre Charaktere auszuspielen und tiefer in die Welt von Mythodea einzutauschen. Und das ohne die konstante Gefahr und den Druck, die auf dem alljährlichen Feldzug herrschen. Freundschaften wurden vertieft, Ehen geschlossen, einfach nur Gespräche geführt, neue Freund gefunden. Kurzum, eine tolle Möglichkeit, mit den anderen Spielern auf Mythodea in Kontakt zu kommen.

Klingt jetzt alles ein bisschen zu perfekt, um wahr zu sein? Stimmt!

Perfekt war es sicher nicht. Es gab Momente, wo wir verzweifelt sind, Dinge passierten, die einfach nur für Frust bei vielen Beteiligten sorgten, und sicherlich in den Augen Einiger zu einer nicht so positiven Sicht auf die Veranstaltung geführt haben. Ich kann für mich aber nur sagen: Ich bin froh, dass ich dort war und nicht aufgegeben habe, auch wenn es Rückschläge gab und nicht alles Spaß gemacht hat. Ich werde auf jeden Fall nie wieder den Fehler machen, in Hörweite einer SL zu sagen, dass ich fast ein wenig Langeweile hätte.

Anmerkung der Redaktion: Oh oh….

Vielleicht fragt ihr euch, warum ich hier zu den Geschehnissen nur sehr oberflächliche Details schreibe. Sollte dem so sein, lasst euch gesagt sein: Findet es InTime heraus! Das macht erheblich mehr Spaß als es OffTime zu lesen und sorgt für Kontakt zu anderen Spielern.

Mein besonderer Dank an dieser Stelle geht an:

  • Die NSCs, die die roten Idio… ähm, ich meine den Roten Codex gespielt haben. Pöbelndes Fanatikerpack! Echt super dargestellt! Besonders die Denker.
  • Paolo Armatio und seine fantastische Crew, bei denen ich oft zu Gast sein durfte.
  • Die Naldar – Auch wenn ich einige echt vermisst habe, ihr bleibt einfach die Besten!
  • Silver Rikan – Einen besseren Lehrer könnte man gar nicht haben.
  • Das SL Team – Ihr wart fast immer da, wenn man euch brauchte und habt auch durchaus mal eure Pläne geändert, um das zu honorieren, was die Spieler so gemacht haben. So muss es sein!
  • Alle möglichen anderen Leute, die aufzuzählen einfach zu lange dauern würde :-)

Holger – InTime bekannt als Shiar Talvena, Schriftgelehrter und Schüler und Schatten von Silver Rikan


Rückblick auf das Jenseits Der Siegel aus Semi-NSC Seite.

Tja, so bin ich also wieder daheim, der Realität verhaftet und muss mich wieder in den Alltagstrott einfinden. Das erste Gefühl das mich beschlich als ich auf dem heimischen Sofa saß, abgesehen von Durst und Hunger, war tatsächlich LANGEWEILE.

Anmerkung der Redaktion: Typischer Fall von Auswurfschock..

Auf dem von Holger bereits so wunderbar beschriebenen Con gab es immer etwas zu tun. Es gab immer etwas zu sehen und es gab immer jemand mit dem man sprechen und etwas unternehmen konnte.

Ich als Semi-NSC, sogenannter Tribe-Spieler, bin ein wenig mit für das Flair und die Aufrechterhaltung der Illusion eine fremde Welt zu betreten, verantwortlich. Daher sind wir, soll heißen ich und meine Mitspieler der anderen „Tribes“, höchst bemüht in der Rolle zu bleiben und vor allem, Infos an den Mann/die Frau zu bringen.

Dabei sind wir über die wahren Ausmaße vieler Plots nicht mal komplett informiert und besitzen oft nur eben die Bruchstücke die man uns seitens der SL in die Hand gibt, um sie bei Zeiten an die Spieler weiter zu geben.

Uns ist erlaubt zu spielen, jedoch ist es uns ausdrücklich verboten einen Plot allein zu lösen, bzw. einen direkten Hinweis zu dessen Lösung zu geben, wir dürfen also sozusagen niemals das „Denken“ für die Spieler übernehmen. Wir dürfen sie anstubsen, aber nie ihre Nasen auf die Lösung stoßen.

Daher bemühen wir uns Teil der Gemeinschaft zu sein und gleichzeitig aber eben auch aus dieser etwas abgesondert zu sein. Es ist eine Gratwanderung, die jedoch einen Heidenspaß macht.

Grandios sind die Augenblicke, in denen man praktisch zusehen kann wie die Fragezeichen auf dem Gesicht eines Spielers kleiner werden, wenn man ihnen grade das letzte Puzzlestück mitgeteilt hat, das ihre Frage beantwortet, oder eben zur Lösung eines Plots beiträgt. Mindestens genauso herrlich sind Momente, in denen man einfach nur durch die eigene Darstellung zum Gelingen eines Unternehmens beiträgt. Sei es nun bei einem Ritual, oder durch den Kampf gegen Vollzeit-NSCs.

Als Tribe-Spieler hat man eine gewisse Verantwortung gegenüber dem Veranstalter und den Spielern. Beide erwarten eine gute Show, sprich gute Darstellung von Dir. Was nicht immer leicht fällt, aber meistens allein durch die hervorragende Atmosphäre der Veranstaltung sehr stark unterstützt wird.

Im Grunde sind Cons wie das Jenseits der Siegel Situationen, die aus sich selbst heraus wachsen und die sich Aufgrund der Motivation und des Spaßes, den alle Teilnehmer haben, selbst tragen.

Ohne die Spieler, die in ihrer Rolle bleiben, hätten wir (Semi) NSCs keinen Spaß, ohne uns die wir das Selbe tun, hätten die Spieler keinen Spaß.

Natürlich kann es manchmal passieren, das man Aufgrund irgendeiner Situation doch in ein kurzes OffTime-Gespräch rutscht, jedoch ist dies meinst nur von sehr kurzer Dauer und meist in freundlicher, oder gar lustiger Absicht, was meist zu einem kurzen Lacher führt, nachdem man sich wieder zusammen reißt und weiter spielt. Das ist auch in meinen Augen nichts verwerfliches. Es hilft die Perspektive zu sichern, es hilft die wunderbare Stimmung zu schätzen und zu genießen. Ich muss sagen, das ich sogar bei einem Gespräch über Feuerlöscher und die verschiedenen Verordnungen der Gemeinden, die einer der Futter-Stände bereist, Spaß hatte. Ganz einfach weil es ein nettes und vor allem offenes Gespräch war, das abgesehen von einigen modernen Begriffen, ohne weiteres auch InTime hätte stattfinden können.

Was mir sehr viel Spaß macht, ist dass Live Adventure (der Organisator der Mythodea-Cons), durch die Hintergründe, die es für die Tribes vorgibt, auch für reichlich Konfliktpotential gesorgt hat.

Zum Beispiel ist das Volk, dem mein Charakter angehört, nicht sonderlich gut auf sein Schwestervolk zu sprechen und auf einen gewissen Bund, der in den letzten Jahren aufkam, da deren jeweilige Vorfahren in der Geschichte unseres Volkes eine, sagen wir mal, „suboptimale“ Stellung eingenommen haben, um ihnen nun wirklich freundlich zu begegnen.

Dies führt immer wieder zu verbalen Sticheleien und auch ab und an zu lauteren Wortgefechten, aber wir reißen uns zusammen, da wir nun mal alle einem höheren Ziel dienen. Dem Sieg über die Verfemten Elemente.

Dies den Siedlern klar zu machen, ist mit eine unserer Aufgaben. Denn wie immer wenn sich Menschen in Gruppierungen aufteilen, ist Konflikt vorprogrammiert. Es ist manches mal zugleich frustrierend und faszinierend mit an zu sehen, wie die Streitereien zwischen den verschiedenen Gruppen der Siedler, sprich Spieler, sich anfeinden und nahezu jede Gelegenheit nutzen sich gegenseitig die Suppe zu versalzen. Dabei will ich nicht einmal behaupten, auch nur die Hälfte der Dinge zu wissen, die da stattfinden. Es ist ein solch umfangreiches Geflecht aus Politik, Intrigen, Schwüren und Schulden, das einem schwindelig werden könnte.

Aber, eben dazu ist das Jenseits der Siegel da. Es soll den Spielern eine Bühne liefern, auf der sie sich darstellerisch austoben können, fast ohne bewaffneten Konflikt und fast ohne große Schlachten. Nur die Entscheidungen zählen, und deren Nachhall wird auf dem Sommerfeldzug, dem Conquest of Mythodea, diesen Jahres zu spüren sein. Egal, wie sie ausfielen.

Ich bin stolz ein Teil der Welt zu sein und den Spielern ihren Spaß zu ermöglichen und ich bin dankbar den Spielern gegenüber, die mich als solchen akzeptieren und mir dadurch das Gefühl vermitteln, meine Sache gut gemacht zu haben.

Sebastian – aka Kai-Se Genon-Chi, Linesti Soldat


Impressionen

Wart ihr auch auf dem Jenseits der Siegel? Wie waren Eure Eindrücke?

Artikelbilder: Jenseits der Siegel 2014 © Live Adventure

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