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Luke Skywalker wurde als junger Erwachsener in die Obhut der Rebellion getrieben und von Obi-Wan Kenobi ausgebildet, um Darth Vader zu besiegen. Harry Potter wurde als Kind nach Hogwarts gebracht und dort unter anderem von Professor Dumbledore protegiert, um Voldemort zu besiegen. Frodo bekam den einen Ring und wurde auf eine lange Reise geschickt, bei der ihn Gandalf beschützt hat, um den Ring zu zerstören und Sauron zu vernichten.

All diesen Geschichten ist gemein, dass sie nach einem ähnlichen Rhythmus und Muster ablaufen. Dieser Rhythmus ist der Monomythos, auch die Heldenreise genannt.

Anakin Skywalker wurde von Qi-Gon Jinn ausgebildet, an folgend von Obi-Wan Kenobi, um…ja, um was eigentlich? Um zu Darth Vader zu werden und die dunkle Seite der Macht zu stärken. Auch hier ist die gleiche Struktur erkenntlich. Diese finden wir in Sagen und Legenden ebenso wieder wie in neumodernen Erzählungen.

Um hier weiter auszuholen und die Bedeutung des Monomythos für den Spieltisch zu erklären, werde ich zunächst beschreiben, was der Monomythos ist. Während der Begriff vorgeblich von  James Joyce stammt, ist die Theorie maßgeblich (teils unabhängig oder aufeinander aufbauend) von dem Mythenforscher Joseph Campbell aufbereitet worden. Die deskriptive Aufbereitung von Campbell in Form des Buches „Der Heros in tausend Gestalten“ von 1949 diente mir hierbei u.a. als Grundlage der Erstellung dieses Artikels. In Hollywood hielt die Theorie Einzug durch Christopher Vogler, in Deutschland hauptsächlich durch die Medienwissenschaftlerin Michaela Krützen.

Auch wenn die Theorie stark umstritten ist, erkenne ich hier den Grundstock jeder guten Geschichte. Besonders das unten beschriebene Bild der Frau, wenn auch als Sinnbild, stößt auf Gegenstimmen, verständlicherweise. Man spürt in vielen Wertvorstellungen der Schriften von Campbell die Luft der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts. Der Grund der Umstrittenheit liegt auch in dem Fußen der Theorie auf Schriften von Siegmund Freud und C.G.Jung. Campbell versucht Symbole aus Erzählungen zu abstrahieren und einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Ein Problem taucht auf, es soll gelöst werden, die Reise  ist anstrengend, am Ende wartet eine große Erkenntnis und die Protagonisten kehren zurück.

Die Struktur des Monomythos

Die Theorie beschreibt den immer gleichen Grundansatz eines jeglichen Heldenansatzes. Dieser Ansatz ist absichtlich sehr unscharf gefasst, so dass man ihn oft anwenden kann, stellenweise jedoch stark abstrahieren muss. Die 17 Stufen des Mythos nach Campbell werden nicht in allen Erzählungen erreicht, doch findet sich das Muster immer wieder. Grundlegend kann man die Stufen in 3 große Bereiche aufteilen: Departure, Initiation & Return (Abreise oder auch Trennung, Erkenntnis und Rückkehr). Natürlich kann ich das System hier nur verkürzt darstellen, da es sonst den Umfang eines Artikels sprengen würde. Für weiter Interessierte verweise ich auf oben genanntes Buch.

Abreise / Depature

Der Ruf

Ein Problem tritt auf, der Held oder die Gruppe der Helden wird damit konfrontiert. Die Protagonisten leben in der Normalität, die Lösung des Problems wird sie in das Unbekannte führen. Theseus, der von der schrecklichen Geschichte des Minotaurus hört. Frodo, der den Ring sieht.

Die Weigerung

Unsere Helden zögern, zu helfen. Sie müssen Sicherheiten aufgeben und fürchten das Neue.  Anakin möchte seine Mutter nicht verlassen. Weigerung kann auch durch ein Weigern des Umfelds geschehen. Harrys Zieheltern wollen Ihn nicht nach Hogwarts lassen.

(Übernatürliche) Hilfe

Ein Mentor tritt auf die Bühne, weiß Rat und Zuversicht zu spenden. Ariadne gibt Theseus einen Seidenfaden und ein Schwert, bevor er das Labyrinth des Minotaurus betritt. Rubeus Hagrid holt Harry Potter. Die Hilfe kann also nicht nur durch Worte geschehen, sondern auch durch handfeste Taten.

Das Überschreiten der ersten Schwelle

Der Held hat sich entschieden, zu helfen, und betritt das erste Mal die unbekannte Weite. Ein Wächter stellt sich Ihm in den Weg und dieser muss besiegt werden. Dieser Wächter kann ein einzelnes Wesen oder eine Gruppe sein und muss nicht zwingend im Kampf besiegt werden. Oftmals ist es auch der letzte Hinweis über die gefahrvolle Welt hinter der Schwelle. Hier ist der Sieg, tatsächlich über die Schwelle zu gehen. Harry trifft die Weasleys und wird zum Bahnsteig gebracht. Er muss durch das versteckte Tor in der Mauer gehen.

Im Bauch des Wals

Unsere Protagonisten sind nun zum ersten Mal wirklich auf sich alleine gestellt und finden sich eben in jener unbekannten Weite wieder, vor der sie gerade noch gewarnt wurden. Die Reise beginnt nun endlich. Die eigene Sterblichkeit wird als bewusstes Stilmittel nochmals seitens des Erzählers betont. Ab nun befindet man sich unter Drachen, Riesen, Piraten und schlimmeren. Luke verlässt Tatooine und ist im All.

Initiation / Erkenntnis

Prüfungen

Eine ganze Reihe von Problemen, Herausforderungen und Prüfungen stellen sich in den Weg der Protagonisten. Sie überstehen sie, teils mit Erfolg, teils mit Niederlagen und lernen dabei neue Freunde und Feinde kennen. Jesus wird dreimal in der Wüste vom Teufel in Versuchung geführt.

Das Treffen mit der Göttin

Die klassische Interpretation von Campbell sieht hier die Göttin als Objekt der höchsten und reinsten Liebe an, mit welcher der Held zusammen trifft. In weiteren Lesensarten wird hier, besonders in moderneren Texten, abstrahiert und von der Frau als Objekt der Begierde eher auf einen Gegenstand, einen Geisteszustand oder ein Ereignis gesprochen. Die Heldenreise erhält sozusagen nun ein Ziel, welches helfen kann, das Problem zu beseitigen und dem Helden Ruhe zu spenden. Frodo trifft in den Filmen auf Galadriel. Die Göttin kann aber auch größere Weisheiten kennen und den Helden lenken. Der Held erhofft sich Erleuchtung von Ihr und Kenntnis über den Weg, der vor Ihm liegt. Neo trifft in dem Film „Matrix“ auf das Orakel.

Die Verführerin

Im der Ursprungsform der Theorie tritt hier wiederum die Frau als Versuchung auf, jedoch ist es eine andere Frau als die Göttin. Diese Frau versucht den Helden abzulenken und Ihn auf ihre Seite zu führen. Sie steht für die Finsternis, die droht, wenn das Problem nicht beseitigt wird, weiß aber mit Honig und Reizen zu locken. Der Held muss sich selbst prüfen ob seiner Willenskraft, um auf den Weg der Reise zurückzukehren. In modernen Interpretationen muss die Versuchung nicht zwangsläufig eine Frau sein, sondern kann auch hier ein Gegenstand, eine Situation, vielleicht sogar eine reine Idee sein. Der Ring offenbart Frodo seine Macht.

Die Versöhnung mit dem Vater

Viel dessen, was der Held bislang erlebt hat, führte auf diesen einen Punkt zu. Der Vater, oftmals die Gestalt dessen, was ein Sohn verehrt, schätzt und erreichen möchte, symbolisiert hier die Ziele des Helden. Das Symbol des Vaters steht für das Eigenbild des Helden in der Zukunft. Ob es sich nun um ein echtes Versöhnungsgespräch oder um eine stille Meditation handelt – der Held stand der Verführerin entgegen und hat seinen Willen bewiesen, er konfrontiert sich nun mit dem, was er erreichen möchte. Um diese Vision wahr zu machen, muss er mit der Umwelt (der Verführerin) und sich (sein Selbstbild) im Reinen sein.

Apotheosis/Vergötterung

Der Held wird vorbereitet für das Lösen des Problems. Sinnbildlich gesprochen, endet sein altes Leben und ein neues beginnt. Er bekommt eine besondere Gabe, einen besonderen Gegenstand, er wird selbst zu etwas anderem. Er ist nun bereit, dem Problem entgegen zu treten. Harry Potter beschließt, nicht mehr nach Hogwarts zu gehen. Siegfried badet im Drachenblut. Luke Skywalker verliert seine Hand und wird damit seinem Vater zumindest physisch ähnlicher.

Der endgültige Segen

Hinter diesem so profan klingenden Titel verbirgt sich die Lösung des Problems, welches den oder die Helden ganz zu Anfang auf den Plan gerufen hat. Hier wird der Drache besiegt, der Erzdämon verbannt, der Planet vor dem Auseinanderbrechen gerettet, das legendäre Schwert des Königs geborgen, der heilige Gral.

An dieser Stelle möchte ich zurückkommen zu meinen einleitenden Worten und Anakin Skywalker. Sein Ruf war nicht, etwas zu retten. Er sollte etwas verdammen. Er sollte von der Macht verführt werden und seinem Zorn, wie auch seiner Liebe erliegen. Er sollte die Apotheosis zu Darth Vader durchmachen. Er sollte die Galaxis in Angst ertränken. Sein endgültiger Segen ist das Einnehmen der Position des dunklen Sith Lords. Wir finden also auch hier den Monomythos wieder.

Return / Rückkehr

Die Ablehnung der Rückkehr

Noch im inneren Feuer des jüngsten Sieges weigert der Held sich, zurückzukehren in die reale Welt oder auch nur die Heimat. Es muss kein bewusstes Weigern sein, es kann auch das Zögern sein, zurück in die Normalität zu kehren, sich abzuwenden von den Myriaden der Wunder der sagenumwobenen Außenwelt. Auch kann hier die Angst im Helden aufkommen, nicht mehr zurückzufinden in das ursprüngliche Umfeld. Jake Sully nutzt wieder und wieder den Körper des Avatars. Er beschützt die Na’vi. Neo spürt seine Allmacht in der Matrix, die in der realen Welt (vorerst) nicht gegeben ist. Zugegeben, dieser Abschnitt ist schwer zu erreichen und ich habe Ihn nicht oft in Reinform gesehen.

Die magische Flucht

Noch gefangen von den Eindrücken des Sieges, muss der Charakter fliehen. Oder zumindest schnell den Ort des Geschehens verlassen. Die Polizei kommt. Die Höhle bricht ein. Stellenweise und in nicht wenigen Geschichten wird aus der Flucht (engl. Flight) ein Flug (engl. Flight). In Geschichte wie in „Der Zauberer von Oz“ finden wir diese Interpretation. Alice trinkt im Film vom Blut des Jabberwookie und kehrt zurück. Oftmals handelt es sich nicht direkt um eine Flucht, sondern um die Notwendigkeit der Rückkehr.

Rettung von außen

Die vorherig beschriebene Flucht kann durch einen Impuls von außen gegeben werden. Hierbei ist Flucht nicht einmal das richtige Wort. Viel eher ist es der fehlende Anschub, zurück in die reale Welt zu treten. Dieser Anschub wird von Freunden und Gefährten gegeben, kann aber auch von Erinnerungen erzeugt werden.

Besonders in Filmen finden wir die letzten drei Stufen oftmals in einer oder zwei direkt aufeinander folgenden Szenen abgehandelt.
Das Überschreiten der Rückkehr-Schwelle

Der Held, kurz vor seiner Heimat stehend, zögert ein letztes Mal, möchte nicht die wunderbare Welt aufgeben, die er mit all ihren Schrecken kennenlernen durfte. Wieso in die Normalität gehen? Dann besinnt er sich auf die Göttin (s.o.) und seine inneren Ziele. Er kehrt zurück.

Herr zweier Welten

In Erfüllung seiner Queste, in Einklang mit seinen Zielen und seiner Umwelt, transzendiert unser Held zu einem Mischwesen, sowohl der alten als auch der neuen Welt. Er erkennt seinen Platz in dem großen Gesamt.  Die Transzendenz findet sich wieder in Jesus, der aufersteht, um in die sterbliche Welt zurückzukehren.

Die Freiheit zu leben

Geläutert von seinen Taten, transzendiert durch die Erfahrungen, hat der Held sich verändert. Er kennt beide Welten und ist in beiden zu Hause. Er ist frei von Angst vor dem Unbekannten, er kann seine Welt selbst formen. Er vermag zudem, den Segen an andere weiterzugeben.

Andere darauf aufbauende Theorien stellen den Monomythos in veränderter oder gekürzter Version dar. Weitere Informationen geben hier die am Ende des Artikels gelisteten Quellen. Nicht zu vergessen ist auch, dass die Theorie in abgewandelter Form Anwendung in der Psychologie, hier als Mittel zur Selbsterfahrung, fand.

Der Mythos am Spieltisch

Wenn ich diese Struktur lese, dann finde ich auch für mich den Inhalt vieler großer Geschichten. Manches Mal kommt die Reise auch zu den Protagonisten, wie zB in E.T. – Der Außerirdische. Dieses kann natürlich auch in Tischrunden passieren. Jede Kampagne, jede Spielsitzung beginnt mit einem wie auch immer gearteten Problem. Dieses kann eine Bedrohung von außen sein, eine Erkenntnis eines Spielercharakters oder auch vieles andere. Es ist eine Aufgabe – etwas, was man als Auftakt eines Plotstrangs sehen kann.

Ist denn bereits der Auftakt des Mythos anwendbar auf die Situation am Spieltisch? Ich sage Jain. Der Mythos geht von einem Endproblem aus, welches über viele Zwischenschritte und Wirrungen am Ende gelöst wird. Danach kehrt der Held zurück in sein altes Leben und entscheidet nach seiner Segnung, wie er weitermachen will. Tischrunden passen hier nur beschränkt. Denke ich an OneShots, habe ich meist genau ein Problem und die Charaktere gehen nach der Lösung des Problems ihrem alten Leben nach (oder machen weiter). Und genau dieses Weitermachen wird im Monomythos nicht aufgegriffen. Eine übliche Kampagne besteht entweder aus einem direkt am Anfang ersichtlichen Endziel, welches zur Lösung das Bestehen vieler Zwischenschritte benötigt. Sie kann aber auch in vielen kleinen Schritten aufgebaut sein, die erst nach und nach ein „großes“ Problem ergeben.

Im Falle einer Kampagne müssen wir offenbar von einem monomythischen Kreislauf sprechen. Ein Problem taucht auf, wird über Zwischenschritte gelöst, die Charaktere kehren in die Normalität zurück, nur um festzustellen, dass ein neues Problem lauert. Das wirft mir die Frage auf – Muss ein Protagonist vom Endproblem wissen, um sich dennoch in einen Monomythos zu begeben? Der vorhergehenden Erörterung nach offenbar nein.

Ich weise an dieser Stelle ganz dringend darauf hin, dass hier nun sämtliche Anwendungen in der Psychologie nicht mehr greifen, denn diese würden voraussetzen, dass zur Selbsterkenntnis ein Weg eingeschlagen werden muss, von dem man nicht weiß, nicht einmal unterbewusst, dass er existiert. Den Bogen nun zu Schicksalsergebenheit in manchen Kulturkreisen zu schlagen, erspare ich mir. Tiefenpsychologie soll nicht unser heutiges Thema sein.

Wie hilft mir also der Monomythos als Spielleiter? Er liefert mir einen Baukasten, bei welchem ich beachten muss, dass nicht jeder Schritt und jede Stufe vorhanden sein muss. Das passiert weder in Filmen, noch in Erzählungen. Der Mythos rät mir einen Weg an, den ich einschlagen kann, wenn ich meine Kampagne oder mein Abenteuer plane, wenn es sich nach einer der klassischen großen Geschichten anfühlen soll, die wir als Kinder und auch heute noch so lieben. Die Gefahr und Verlockung sich akribisch an das Schema zu halten, birgt den faden Beigeschmack des Railroading. Es gilt hier also genau zu prüfen, ob der einzelne Schritt passt und sich so kritisch mit den Schritten auseinander zu setzen. Es sollte geprüft werden, ob eine gewisse Form der Abstraktion passender wäre, wenn es um die Inhalte der Schritte geht. Wenn nicht, sollte man sie weglassen.

Als Anakin Skywalker zu Darth Vader wurde, hatte er keine magische Flucht und keinen Anstoß, in die reale Welt zu treten. Er verblieb nach deiner Apotheosis in seiner „gesegneten“ Form und erfüllte sein Schicksal. Seine Rückkehr in die reale Welt findet sich erst viel später, als er den Imperator tötet und sein Sohn Luke Ihm den Helm abnimmt.

Wie hilft mir der Monomythos als Spieler? Er kann, wenn nicht genug abstrahiert, die Kampagne oder das Abenteuer absehbar und berechenbar machen. Sollte ich also einen Spielleiter haben, der sich genau an die Vorlage hält, weiß ich in ungefähr, was wo passieren wird.

Wir erkennen den Mythos meist, wenn wir ihn sehen, auch ohne ihn zu kennen. Das ist der Grund, weswegen wir in Krimis wissen, wer der Mörder war, weswegen wir in Filmen und Büchern die Handlung absehen können.

Interessant – und das ist für Spieler und SLs zu gleich richtig – wird der Monomythos am Spieltisch, wenn er sich sowohl an die Struktur hält als auch eben nicht und Überraschungen erzeugt. Ich könnte es mir z.B. reizvoll vorstellen, wenn ein Antagonist den Monomythos durchläuft und dabei von den Charakteren gebremst wird oder diese generell verhindern, dass er zur Apotheosis gelangt.

Wie sehen Eure Meinungen nach diesem langen Artikel aus? Seht Ihr einen Anwendungszweck?

Quellen

 Artikelbild: Wikipedia, CC-Lizenz, gemeinfrei, unbekannter Autor

20 Kommentare

  1. Ein Artikel über Todorov und seine Ansätze wäre für unser Genre viel sinnvoller und gewinnbringender gewesen. Weil Todorov mE unproblematischer ist, auch was die „50er Jahre Luft“ angeht.

  2. Uff, ja, ich hab ein wenig gebraucht, um den Artikel in seiner Gänze zu lesen. Das ist schon etwas schwere Kost, muss ich sagen, aber dafür, dass das Thema doch recht schwierig ist, ist es noch verständlich geschrieben – zumindest hab ich es verstanden :) Mir war zum Beispiel gar nicht bewusst, dass es eine Art Muster gibt, nach welchem Geschichten aufgebaut sind. Ich mein, klar denkt man sich „Ok, die Story hatten wir schonmal“, aber dass es tatsächlich ein strukturiertes Muster gibt, ist mir so bisher nicht aufgefallen.

  3. @Sonja: Wir werden ein wenig mehr hier und da in die theoretischen Grundlagen und auch Forschungen eintauchen in den kommenden Monaten. Vielleicht interessieren Dich ja auch die folgenden Artikel

  4. Garkeins, ich hab halt ein paar Dinge über Todorovs Phantastik-Ansatz gelesen, und ich hab dann Todorov mit Wladimir Propp und seinen 31 Funktionen des russischen Zaubermärchens verwechselt. Propps Buch heisst „Morphologie des Märchens“, und stellt (so ichs noch recht zusammenbringe) keinen(!) Bezug zum Monomythos her, sondern versucht die Struktur der russischen Zaubermärchen (z.B. Rumburak, etc. pp.) zu entschlüsseln. An sich kann ich noch „Einführung in die Erzähltheorie“(Martinez, Scheffe, 8. Auflage) empfehlen, da gehts unter Anderem auch um Propp und seine Funktion, wie Fiktion aufgebaut ist, was Erzählungen sind, wie die Literaturtechniken sind, all sowas.

  5. Aber was nützt uns der Monomythos am Spieltisch?

    Meine Meinung: überhaupt gar nicht

    Dem SL zur Vorbereitung vielleicht etwas, aber am Spieltisch: null!

    Was Du oben als Nutzen beschreibst ist kooperatives Erzählen einer Geschichte hat aber mit Rollenspiel wie es landauf und landab betrieben wird doch wohl eher nichts zu tun.

    Zum Schreiben von Geschichten ist er sicherlich nützlich, aber das ist halt eine ganz andere Tätigkeit.

    Was vielleicht interessant wäre zu überprüfen wie weit Kampagnen den MM wiederspiegeln und wie das mit der „Zufriedenheit“ korrelliert.

  6. Langen Text wieder weggekürzt. Die Crux erwähnt ihr doch selber:

    „Das ist der Grund, wes­we­gen wir in Kri­mis wis­sen, wer der Mör­der war, wes­we­gen wir in Fil­men und Büchern die Hand­lung abse­hen können.“

    Ergo: Meiden. Allenfalls vorher dran denken auch in dieser Hinsicht zu prüfen, wie ausgetreten die Pfade sind, auf denen ich diesmal wandle. Ich will beim RSP überraschen und überrascht werden und nicht meine Version desselben Dumpfs zum Besten geben.

  7. @MSch: Zustimmung, aber nicht 100%ig. Wenn ich als SL möchte, dass meine Geschichte/Plot absehbar wird oder es mir einfach machen möchte, vielleicht auch möchte, dass sich die Geschichte „klassisch“ anfühlt, dann kann ich mich an den Monomythos halten. Es ist also insoweit nützlich als SL, dass man darauf achtet, eben nicht diesen Weg zu gehen.

    Optional, und das geht dann auch an Shadow, kann ich mich entscheiden, Teile zu nehmen und Teile komplett zu wenden. Ich habe letztens irgendwo eine Abhandlung über den Monomythos und das Noir Genre quergelesen, die hatte einige erfrischende Ansätze, wie der Mythos je nach Genre verändert werden kann und damit dann auch auch überrascht.

  8. Roger: Ja, das meine ich mit für SL teilweise, um die Vorgeschichte stimmig zu entwerfen oder eine Kampagnenablauf theoretisch, im Schnellvorlauf durchzuspielen um das eine oder andere zu planen. Das war es dann aber auch schon, das findet aber alles nicht „am Tisch“ statt.

  9. Ich habe den Eindruck, dass sich viele Rollenspieler dazu hinreißen lassen in solchen narratologischen Theorien und Konzepten eine Art Anleitung zum besseren Spielleiten zu suchen. Das halte ich für einen Irrtum.

    Ich denke diese Theorien sind vor allem dazu zu gebrauchen den eigenen Spielgeschmack zu verfeinern und zu reflektieren. Genauso wie man durch Erfahrung mit vielen unterschiedlichen Spielen, Spielstilen und Spielgruppen immer besser darin wird das eigene Spiel (und damit zu einem Teil auch das der gesamten Gruppe) konstruktiver zu machen, helfen diese Konzepte Dinge im Spiel erkennbar zu machen und einen für bestimmte Seiten des Rollenspiels zu sensibilisieren. Ich weiß, dass ich in meinen frühen Rollenspieltagen wenig mit „Story“ anzufangen wusste, weil ich mich noch nicht damit auseinandergesetzt habe, wie diese im Rollenspiel aussieht. Für mich war das früher auch nur „was nebenbei passiert“ bzw. „am Ende herauskommt“.

    Heute weiß ich, dass das nicht nur Unfug ist, sondern außerdem noch einen zentralen Bestandteil meines Spielspaßes darstellt. Ideen wie der Monomythos sind eine große Hilfe für Rollenspieler, wenn es darum geht sich die Storydimension des Rollenspiels vor Augen zu führen. Ich halte es aber für einen schweren Irrtum sein Spiel nach diesen Konzepten auszurichten.

  10. Besser spielleiten? Keinesfalls. Sowas schreibe ich ja auch nicht oben. Vielmehr gehen wir beide damit einher, dass es hier um Stilmittel geht, die nicht zwingend eine Verbesserung sind, sondern deren Anwendung oder auch nur Studium der Selbstreflektion dienen.

  11. Also wenn Dich sowas – insbesondere auch mit Einbeziehung Jung’scher Psychologie – interessiert, hätte ich da noch einen Lesetipp für Dich, einen echten Backstein von Buch: Christopher Booker’s The Seven Basic Plots.

    Er arbeitet darin – schon von alters her (Gilgamesch) – die sMn sieben grundlegenden Plotmuster aus (sehr detailliert. SEHR.), watet durch einen Jung’schen Sumpf und schlägt dann noch ganz vulgär-freudianisch den Bogen zu maskulinen und femininen Signifikanzen von Archetypen und Charakteren.

  12. Ah, das war etwas kurz: Der „Jung’sche Sumpf“ bezieht sich auf die Zergliederung der Plots in Zustände ähnlich dem Monomythos, aber erweitert um Aspekte wie „Traumphase“, „Alptraumphase“, „Unbewußte Initition des Helden“, „Zerstörungsphase“, „Zustand des Todeswunsches“ usw. usf.

  13. Sowas interessiert mich schon sehr, ich habe aber nicht die Zeit zur Zeit, es zu lesen (Rezensionen, Umzug, anderes). Ich pack’s mir aber mal auf meine Amazon-Merkliste. Danke für den Hinweis!

  14. Ich denke, das ist auf beides anwendbar. Die Göttin steht für die höheren Ideale, für die vielleicht zu kämpfen gilt, die Verführerin für die innere Schwäche, die es zu besiegen gilt und die Aussöhnung mit dem Vater ist die Akzeptanz der eigenen Ziele und des Selbstbildes.

  15. […] Annika traf Miriam Pharo, eine Autorin und interviewte sie und ein wenig literaturwissenschaftlich wird es bei Rogers Ausführungen des Monomythos. […]

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