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Oftmals werde ich gefragt, wie ich als SL Spannung aufbaue, sowohl in langen Handlungsbögen, die sich mehr und mehr zuspitzen, als auch in direkten kurzen Szenen. Oft folgt dann auch die Frage, wie ich Gruselatmosphäre am Tisch erzeuge – oder plump ausgedrückt: Wie sorge ich dafür, dass sich meine Spieler in die Hosen machen?

Bevor ich weit aushole, um Auswirkungen, Gedankenprozesse, Motivationen, Interesse am Geschehen und das Eintauchen in die Gefühlswelt des Charakters zu besprechen, will ich direkt vorweg sagen: „Das ist fast nicht zu schaffen und braucht massive Immersion . Aber es gibt ein paar Tricks, die für meine Runden funktioniert haben. Ob sie bei euch wirken, müsst ihr testen.

Unterscheidung und Definition

Beim Spannungsaufbau muss ich zwischen zwei Arten von Geschichten und Szenen unterscheiden, in welcher Spannung relevant sein kann. Die erste Art, um Spannung aufzubauen, ist jene, in der der Spieler/Charakter hauptsächlich von Neugier und der Suche nach Erkenntnis getrieben ist. Hierbei handelt es sich um einen langfristigen Aufbau, über viele Spielsitzungen hinweg. Jede Spielsitzung gibt ein neues Quäntchen von Hinweisen, die ein Bild klarer werden lassen. Diese verdichten sich mehr und mehr zu einem Gesamt, wenn es beispielsweise darum geht, einem Widersacher zuvor zu kommen, oder eine große Verschwörung aufzudecken. Im Optimalfall gieren die Spieler und Charaktere nach neuen Informationen, die ihr Puzzle vervollständigen.

Die zweite Art ist die Spannung innerhalb einer Szene, dabei werden die Charaktere mit einer Situation konfrontiert, die aufregend und spannend ist. Hier habe ich deutlich weniger Zeit, meine Werkzeuge als SL aufzufahren, denn ich möchte für gewöhnlich nicht das Tempo aus der Szene nehmen. Bei dieser Art von Spannung muss ich genau genommen nochmals unterscheiden: Es kann eine aktionistische und schnelle Spannung sein, beispielsweise im Gefecht oder bei einer Verfolgungsjagd – Andreas hat sich schon einmal damit beschäftigt, wie man eine Verfolgungsjagd spannend machen kann. Oder es handelt sich um Nervenkitzel und Nervosität – sei es bei dem Erkunden eines, von Geistern heimgesuchten, Anwesens, dem  Hinabsteigen in eine Gruft oder das Vorbeischleichen am schlafenden Drachen.

Suspense

Suspense ist die Angespanntheit/Spannung , das Hinhalten der Beobachters/Zuschauers/Lesers durch unzureichende Informationen, die eine Unsicherheit vermitteln, ob ein fürchterliches oder erhofftes Ereignis eintrifft.

Wichtig ist an dieser Stelle die Unterscheidung zwischen Überraschung (engl. surprise), dass etwas Unerwartetes eintrifft und Angespanntheit (engl. suspense), dass etwas Erwartetes nicht eintrifft. Letztes ist auch der Schlüssel zum „in die Hose machen“. Dazu später.

Möchte man die dramatische Spannung genau klassifizieren, gehört noch der Begriff des Rätsels (engl. mystery) dazu.

Der Schlüssel zur Spannung besteht also aus dem Dreigespann Überraschung-Angespanntheit-Rätsel. Zwei dieser Elemente haben als wichtigen Bestandteil, dass der Leser/Beobachter im Unklaren gelassen wird.

Versetzt euch in die Rolle des Zuschauers von Aliens 1. Erinnert ihr euch an die Szene, als Ripley an Bord des Raumschiffes Nostromo durch die Gänge schleicht und immer wieder merkwürdige Geräusche hört? Als Zuschauer sorgt ihr euch in diesem Moment um Ripley und wisst um die Fürchterlichkeit des Xenomorph, des Aliens. Die Spannung steigt immer mehr an, bis Ripley letztendlich die Katze findet. In diesem Moment erlebt ihr eine Entlastung (engl. relief), denn ihr wisst um die Sicherheit Eures Protagonisten. Aber leider fängt euch die nächste Szene direkt wieder ein, wenn ihr den Sabber aus den Zähnen des Aliens triefen seht, das Ripley beobachtet.

Ganz wichtig, und das möchte ich besonders hervorheben, ist die Unklarheit und Unsicherheit, in der ihr eure Beobachter, oder direkt aufs Tischrollenspiel angewandt, eure Spieler lasst. Eure Spieler werden nur dann wirklich mitfiebern, wenn das Ende ungewiss ist und die Rahmenbedingungen bedrohlich und gefährlich sein können. Können auch hier in kursiv, weil auch das eine Unsicherheit sein kann.

An dieser Stelle möchte ich nicht tiefer in die Materie eintauchen, da es sonst den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Schließlich wollen wir mögliche Lösungen liefern und nicht Dramentheorie besprechen. Wer interessiert ist, findet in der Wikipedia etliche weiterführende Quellen.

Grundvoraussetzung

Zu jeder Spannung gehören mehrere Dinge: Persönlicher Bezug zu den Protagonisten, die in der Szene enthaltene Gefahr/Bedrohung, sowie Beweise/Indizien, dass diese Bedrohung auch wirklich existiert und zu guter Letzt, wie wir gerade gelernt haben, Unsicherheit. Der Dreh- und Angelpunkt ist die Manipulation der Fantasie der Spieler hin zu einen möglicherweise bedrohlichen Ausgang der Szene – die Charaktere sollen sich nicht mehr sicher fühlen. Wir brauchen diesen persönlichen Bezug.

Es gibt immer ein kleines Band zwischen Charakter und Spieler, denn letztendlich ist es sein Charakter. Der Spieler hat sich das Alter Ego erschaffen, weil er genau diese Rolle verkörpern wollte. Damit haben wir die Grundvoraussetzung: Einen Protagonisten, den persönlichen Helden, mit dessen Erlebnissen man mitfiebert. Ob man sie nun regelrecht fühlt oder nur als allwissender Beobachter miterlebt, muss nicht einmal die Tiefe der erlebten Spannung ausmachen.

Wieso brauchen wir Beweise, dass eine Bedrohung vorhanden ist? Nun, handfeste Beweise müssen es nicht sein. Eher Indizien, die dafür sorgen, dass sich Spieler und Charakter etwas zusammenreimen in ihrem Kopfkino, dass ihnen nicht gefällt. Zu was jene Indizien führen – nun, das steht auf einem ganz anderem Blatt.

Wie wäre z.B. eine Geschichte um einen reißenden Werwolf, der tötet, aber letztendlich nur, um mit dem Fleisch seine Welpen zu füttern? Indizien wären hier gerissene Schafe, ein zerfetzter Wachmann auf einer nächtlichen Straße, beständiges Scheinen des Vollmondes und immer wieder das Gefühl haben, aus den Büschen heraus beobachtet zu werden.

Gebt ihnen genug Ansätze und Hinweise, dass sich ihre Nackenhaare aufstellen, aber zeigt ihnen keinen Beweis. Lasst sie sich die Geschichte in ihrer Vorstellung selbst zusammenreimen. Spielt damit. Schubst sie ruhig (aber nicht böswillig) auf eine falsche Fährte und arbeitet mit der Angst der Charaktere.

Spannung in Handlungsbögen

Wollt ihr einen Spannungsbogen langsam aufbauen, also die Informationen Stück für Stück geben und sie sich so zu einer erschreckenden Erkenntnis oder zu einem befreienden Ergebnis vervollständigen lassen, ist die Kunst, das richtige Tempo zu wählen. Gebt ihr euren Spielern die Informationen zu schnell, vervollständigt sich das Bild auch zu schnell in deren Vorstellung. Gebt ihr die Informationen zu langsam, werden sich die Spieler langweilen oder, ob des Fehlens weiterer Puzzleteile, eigene Abenteuer suchen, oder noch schlimmer, echten Nonsens als Charaktere/ und/oder Spieler machen.

Der richtige Flow ist der stete Strom an der richtigen Menge von Informationen, damit das innere Kopfkino der Spieler nicht zerstört wird. Wie schnell das genau ist, hängt von euren Gruppen ab. Ihr müsst dieses Tempo jedes Mal für jede Runde neu finden.

Scheut euch jedoch nicht, sie auf falsche Fährten gehen zu lassen, wenn sie das Puzzle falsch zusammengesetzt haben. Löst dann nur schnell die falsche Fährte auf. Mit den Gefühlen aus Frustration (falsche Fährte) und Belohnung (neue Info), könnt ihr schön Katz und Maus spielen.

Eine Sache sollte betont werden: Macht die Geschichte, die ihr Stück für Stück offenbart, nicht zu komplex. Wenn ihr euch in Handlungsäste verliert, birgt das die Gefahr, dass sich auch die Spieler verlieren und die Informationsteile falsch zusammensetzen.

Ein Wort zu dem langsamen Aufbau noch: Lasst die Spieler nicht zu lange der Offenbarung nachlaufen, löst das Rätsel zur passenden Zeit. Optimalerweise haben sich die Spieler 95% der Informationen selbst erarbeitet. Sollten sie ab einer gewissen Stelle nicht weiterkommen, dann gebt neue Informationen preis und holt sie wieder auf die Fährte (z.B. via NSCs)

Zusammenfassend also: Informationen sollten im richtigen Fluss zwischen Rätsel, Erkenntnis und Überraschung  gegeben werden. Damit schließt sich der Bogen zu den obigen Ausführungen zu suspense.

Szenenspannung

Bei einer Szenenspannung erzeugt ihr das Kribbeln nicht durch den beschriebenen Flow. Hier wollt ihr ganz andere Sachen betonen. Ihr macht es nicht unbedingt spannend, sondern erzeugt Anspannung. Die Anspannung, vor der Gefahr, die hinter der nächsten Ecke lauert, die Anspannung, das Rennen zu gewinnen, oder den Schwertkampf gegen den Lehrmeister zu seiner Zufriedenheit zu bestehen. Solche Dinge. Hier haben wir also einen weitaus aktionsbezogeneren Spannungsbogen. Nicht die Erkenntnis steuert die Spannung, nein, die Taten.

Die Ergebnisse der Taten kommen mit weit aus höherer Geschwindigkeit, dementsprechend müsst ihr euch als SL anpassen. Schlüsselwort ist auch hier immer wieder die Unsicherheit. Lasst niemals den Ausgang klar sein, denn wenn ihr das macht, verpufft die Spannung in einer rosanen Logikwolke und die Spieler denken sich „Ah ja, drei Zombies, ein Geist, danach eine Truhe mit den Zeichen der jenseitigen Götter. Piece of Cake.“.

Sprachlich kann man hier einiges erreichen. Sollte es eine hektische Szene sein, sprecht schnell in kurzen Sätzen, treibt die Spieler zu Hektik an. Aber auch mit anderen Hilfsmitteln könnt ihr eine treibende Grundstimmung erzeugen, mit tickenden Uhren zum Beispiel.

Ein gutes Beispiel ist eine Falle, die ich letztens von Tsu aus der Aktion Abenteuer! Community beschrieben bekam. Die übliche „Decke kommt herab“-Falle wird gewürzt durch eine Nische am Boden, die so groß ist, dass nur ein Charakter hineinpassen würde. Nun stellt eine (am besten tickende) Eieruhr auf den Tisch. Was denkt ihr, wie eure Spieler hektisch werden! Das Konzept der Falle ist das geistige Zerrütten der Eindringlinge, die sich im Optimalfall gegenseitig töten, damit einer in die Nische passt. Das würden Spielercharaktere nur äußerst selten machen, aber als drohende Gefahr mit ungewissem Ausgang („Würde einer meiner Mitspieler das vielleicht doch machen? Er mag seinen Charakter so sehr!“) wirkt das Wunder. Wenn sie dann merken, dass die Decke sich nie ganz gesenkt hätte und 50 Zentimeter vor dem Boden anhält, nur um wieder hochzufahren, kommt der Moment der Befreiung (und der Moment, in dem sie dich hassen werden als SL…).

Unheimliche Szenen kann man durch Abdunkelung des Raumes und eine leise geflüsterte Stimme als SL unterstützen. Unser Gastautor Jan hat mir einmal von einer Call of Cthulhu Runde erzählt, in der auch irgendwas erkundet wurde und der Spielleiter zu geistzerrüttender Musik so leise flüsterte, dass die Runde nah an ihn heranrücken musste. Als ihm alle fast auf dem Schoß saßen, hat er plötzlich mit der flachen Hand mit voller Wucht auf den Tisch geschlagen und sie mit einem unmenschlichen Laut angeschrien. Wach waren sie dann auf jeden Fall – und Herzrasen hatten wohl auch alle…

Möchte man mit Musik arbeiten (ich empfehle, sich das anzueignen), dann kann man auch hier von Filmen abschauen und entsprechende hektische, unheimliche, oder auch jede andere Szene mit passender Musik untermalen. Hört euch aber die Stücke genau an, ob sie nicht nerven, wenn sie eine halbe Stunde auf Repeat laufen oder plötzlich das Thema wechseln. Übrigens – schrille Geigen sind nicht immer geeignet!

In die Hose machen

Ich nehme eines vorweg – wenn ihr es wirklich schafft, dass sich ein Spieler vor Angst nassmacht, dann nehmt ihn besser aus der Runde. So viel Immersion kann nicht gut sein.

Was ihr aber mit etwas Übung hinbekommen könnt, ist, dass die Spieler eine Gänsehaut bekommen oder sich erschrecken.

Eine so dichte Atmosphäre ist nicht ohne weiteres zu erzeugen und wird nicht als erste Szene des Abends funktionieren. Die Spieler müssen entspannt sein, sollten sich zu genüge ausgetauscht und bereits einige Zeit gespielt haben, um wieder in dem Charakter zu sein.

Möchte ich diese Gänsehaut-Szenen spielen, suche ich die passende Musik heraus und lege mir selbst Worte zu Recht, von denen ich der Meinung bin, dass sie die Stimmung unterstützen. Hauptsächlich suche ich hier nach starken Adjektiven, die ich benutze, um Substantive zu verstärken. „körperlose Finsternis“ wäre so ein Beispiel – vermutlich würden mich Literaturwissenschaftler dafür erschlagen. Noch schöner ist jedoch „amorphe körperlose Finsternis, die so dicht ist, dass man das Gefühl hat, man könne sie berühren“. Das ist aber eine Stilfrage – wichtig ist, dass ich die Szene bereits vorher visualisiere und sie bei meinen Vorbereitungen mit einbeziehe. Das hat jedoch nichts mit dem Planen des Ablaufes der Szene zu tun, sondern  mit der Einstimmung, wie sie sich anfühlen wird. Nur wenn ich sie selbst richtig gefühlt habe, kann ich sie auch vermitteln.

Sprache ist das Werkzeug der Wahl, wenn es um den Aufbau von Stimmung geht, Musik auch. Das schrieb ich bereits. Ich erwähnte auch weiter oben, dass ein tifes oder leises Absenken der Stimme einen Effekt erzeugen kann. Eine andere Technik, die ich einmal probiert habe, ist, mit emotional starken Worten zu arbeiten, von denen dann immer nur eines genutzt wird.

Ein Beispiel: Die Gruppe erkundet eine Gruft, von der es heißt, es spuke dort. Nachdem ich in zwei Sätzen die generelle Szenerie aufgebaut und beschrieben habe, geht die Gruppe hinein und erkundet Räume und Flure. Dazu parallel habe ich eine Musik gewählt, die unheimlich und dissonant ist, zuerst leise anfängt, dann aber immer bedrohlicher wird. Die Stücke von End of DaysScore sind für so etwas gut geeignet. In jedem Raum sage ich nur ein oder maximal zwei Worte. „Staub. Stille.“. Je näher sie an die vermeintliche (Unsicherheit!) Gefahr kommen, desto eindringlicher werden meine Worte und plastischer. „Äonenalter Staub. Unberührt. Kratzspuren im Fels.“ – ob sie einer Ente aufgesessen sind oder doch am Ende der Lich lauert und die Musik laut, schrill und unangenehm wird, das ist natürlich euch überlassen.

Es gibt auch andere Tricks – die Spieler müssen das jedoch mitmachen. Ich könnte z.B. nicht am Tisch sitzen bleiben, sondern von Spieler zu Spieler gehen und Ihnen düstere Worte, vielleicht Stimmen, die sie meinen zu hören,  ins Ohr flüstern. Oder leicht Luft in ihre Richtung blasen, damit sich die Haare bewegen.

Will man Gänsehaut erzeugen, muss man als SL viel investieren und den Spielern die Erfahrung so nah wie möglich bringen. Durch Musik, Stimme und auch körperliche Empfindungen.

Fazit

Es ist gar nicht so einfach, echte Spannung aufzubauen. Oft werden wir als SL verlockt, die Unsicherheiten  aufzulösen und der Runde somit zu helfen. Sei es aus Zeitgründen, weil die Runde wenig spielt, oder weil der SL sich erhofft hat, dass die Runde weiter kommt an diesem Abend. All das sind legitime Gründe, eine Handlungsspannung aufzugeben. Dennoch denke ich, dass ein paar Tipps, die ich gegeben habe, ihre Daseinsberechtigung haben und gerne ausprobiert werden dürfen.

Lasst mich wissen, wie ihr Spannung aufbaut oder ob ihr meine Techniken auch nutzt, vielleicht ganz andere kennt? Eine Sache habe ich noch gar nicht beleuchtet, das möchte ich in einem künftigen Artikel machen: Kämpfe spannend (besser: aufregend) halten.

Ich freue mich auf Eure Anmerkungen und das Feedback!

Artikelbild: © irehawk77 | sxc.hu

13 Kommentare

  1. Vielen Dank für die SL-Tipps, macht immer Spaß was Neues zu lernen oder was Bekanntes in anderen Worten zu hören :-)

  2. Na klar. Oh, da fällt mir ein, ich hab hier ja noch ne nicht beantwortete Mail von dir rumfahren. Mach ich doch gleich hier ;-) Ich dachte zum Zeitpunkt der Anfrage bzgl, Gastautoren an einen Artikel zum Thema „technische Medien zur Gruppenkoordination“ – aber sowas in der Richtung gibt es ja schon.

  3. Durchaus schöner Artikel. Die Überlegungen, die ihm zugrundeliegen sind sehr beachtenswert, bei der Umsetzung, also den Folgerungen daraus, geht einiges schief.

    Die falsche Wortwahl z.B. zerstört Stimmung und Spannung schneller als ein Furzkissen. „kör­per­lose Fins­ter­nis“ würde zumindest in meinen Gruppen brüllendes Gelächter ernten, und das sind nicht nur „Literaturwissenschaftler“ (wir haben Physiker, Linguisten, Theologen und Informatiker). Aber sie würden das als Lapsus durchgehen lassen, wohingegen der Satz „amor­phe kör­per­lose Fins­ter­nis, die so dicht ist, dass man das Gefühl hat, man könne sie berüh­ren“ ob seiner internen Sinnlosigkeit wahrscheinlich den Rest des Abends ruinieren würde.

    Tipp. Sei karg mit Worten. Spannung entsteht nicht dadurch, daß man Menschen totschwätzt. Präzision in der Sprache übt viel mehr Macht aus.

  4. Ich wusste, dass Du darauf anspringen würdest ;) Du hattest ja mal etwas in die Richtung geschrieben, nicht?

    Ich denke, hier geht es stark um plastische Bilder. Natürlich ist „körperlos“ auf der einen Seite und „Berührung“ auf der anderen Seite ziemlich sinnbefreit. Aber hat nicht auch Lovecraft solche Bilder erschaffen? Ich muss gestehen, dass ich seine Ausdrucksart für derartige Beschreibungen etwas annektiert habe.

    In meinen Runden funktionieren sie, trotz der inneren Widersprüchlichkeit. Vielleicht hört man mir aber nur nicht genau zu? ;)

    Ich berichte ja von meinen Erfahrungen und frage nach Euren, daher bedanke ich mich für deine Anmerkung, denn sie ist durchaus wert- und sinnvoll.

  5. Das Grundproblem, das ich sehe, ist: Dir steigen die Zuhörer aus. Deine… Konstruktionen sorgen dafür, daß sie sich anstrengen müssen, sie zu verstehen, Sinn daraus zu ziehen. Das bricht die Immersion, und um die gehts Dir doch?

  6. Es ist ja nun nicht so, als würde ich diese Wortkonstrukte inflationär einsetzen. Ich glaube, sowas passiert bei mir 2-4 Mal je Abend. Noch ist mir keiner ausgestiegen, aber ich werde verstärkt mal drauf achten.

  7. Sehr schöner Artikel. Da waren einige gute Tipps dabei :)

    Wobei ich bei der „körperlosen Finsternis“ auch eher bei Shadow bin…meiner Erfahrung nach sind in solchen Situationen am besten solche Beschreibungen, die sofort ein Bild vermitteln und ganz simpel gehalten sind. Wenn man erst im Kopf die Formulierung in ein Bild „umarbeiten“ muss, ist das oft ein eher verwirrender Prozess.

    Eine Sache noch, die mir dazu einfällt: Wenn nur Spieler in der Runde sind, die sich in so einer Szene ganz automatisch in die Stimmung reinfallen lassen, wunderbar. Ansonsten hilft es sehr, wenn man, bevor man den Spannungsaufbau beginnt, nochmal drauf hinweist, dass jetzt bitte mal alle Blödeleien und Flachwitze unterlassen werden sollen und auch alles in der Art gnadenlos abwürgt, bis alle Leute wirklich „drin“ sind in der Situation. Ist vor allem wichtig, wenn die vorherige Szene eher locker-lustig war. Und: Gruselige Spannung aufrechterhalten funktioniert nur eine bestimmte Zeit lang und nicht über Stunden hinweg. Da muss zwischendurch mal irgendwann ein Moment zum Durchatmen kommen (wie das oben genannte Beispiel mit der Katze), sonst geht das irgendwann nach hinten los.

    Die Spannung bezogen auf Handlungsbögen find ich sehr interessant. Das ist wohl fast noch schwerer zu handhaben als die Stimmung in einzelnen Szenen. Aber da waren auch ein paar sehr gute Tipps bei. Danke ;)

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