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Eigentlich sollte die vierbändige Kampagne „Artefaktjagd“ wohl als Hardcoverbuch erscheinen, woraus jedoch letztlich nichts wurde. Stattdessen erschien die Kampagne ab März 2012 in deutscher Sprache bei Drivethru im PDF-Format.

Erscheinungsbild

Der erste Teil umfasst 55 Seiten, wobei einem zunächst die hohe Auflösung des Deckblatts positiv ins Auge fällt. Dieser erste Eindruck kann durch die weiteren Seiten problemlos gehalten werden. Sowohl die Atmosphäre unterstützende Schwarzweißzeichnungen, die Spielsituationen und Personen grafisch nachbilden, als auch das Kartenmaterial sind von hoher Qualität und sehr gut nutzbar.

Einen Index gibt es nicht, dafür jedoch ein Inhaltsverzeichnis, was durchaus hilfreich ist, um bestimmte Szenen oder NSC rasch noch mal nachzuschlagen.

Die harten Fakten:

  • Format: pdf
  • Seiten: 55
  • Verlag: Catalyst Game Labs / Pegasus Spiele GmbH
  • Sprache: Englisch / Deutsch
  • Preis: 6,45 EUR (englische Version ) oder 12,95 EUR (deutsche Version)
  • Bezugsquelle: DriveThruRPG (engl.: Klick, deu.: Klick)

Inhalt

Artefaktjagd_Teil1_Cover

Wie der Name der Kampagne schon verrät, steht das Finden von alten Artefakten im Mittelpunkt des Ganzen, so auch im ersten Teil, der die Spieler zunächst nach Lagos führt. Zunächst ist es ein einfacher Bodyguard-Job, doch schnell finden sich die Runner nicht nur in der Fremde wieder, sondern inmitten einer viel größeren Sache: Sie sollen den Verfolger aufspüren, während nach einer uralten magischen Karte gesucht wird. Es geht dabei nicht um irgendeine Karte, sondern um eine solch legendäre, dass sie schon Dunkelzahn in seinem Testament erwähnte. Und dieser Weg führt sie durch die verschiedenen Winkel und Situationen in Lagos, bis aus dem eigentlichen Geleitschutz und dem Schutz vor einem Verfolger die Runner selbst zu Verfolgern werden …

Durch die Spielumgebung ergeben sich einige Besonderheiten: Wie problemlos können die Charaktere reisen? Sind sie eigentlich geimpft? Wie sieht es mit ihren Kenntnissen hinsichtlich Geographie oder Sprachen aus? Sicherlich sind all das in der Welt von Shadowrun keine größeren Hürden, doch es sind Fragen, mit denen sich die meisten Charaktere im smogverhangenen Seattle sonst nicht beschäftigen und die von daher in gewisser Weise interessante Optionen bieten. Inwiefern die Gruppe diese thematisieren will oder nicht, ist natürlich ihnen überlassen, doch der Band bietet ein paar Ansätze, um die Antworten beziehungsweise Lösungen zu diesen Fragen zu finden.

Der Aufbau des Abenteuers ist wie üblich: Vorweg gibt es für den Spielleiter einiges an Informationen vorab, einen Überblick über die Handlung mitsamt wichtiger Informationen, Daten und Fakten. Die einzelnen Szenen, von denen manche zwingend gespielt werden müssen und andere optional eingebracht wurden, werden ebenfalls nach verschiedenen Punkten beschrieben. Es gibt auch für Spieler eine Übersicht, stets mit einem kleinen Abschnitt versehen, den der Spielleiter 1:1 vorlesen kann, es werden verschiedene Wege der „Beinarbeit“, des Handelns, des Erreichens von Informationen, beschrieben.

Noch detailliertere Informationen erhält man im „Abspann“ des Bandes, wo sich ausführlichere Informationen zu wichtigen NSC befinden, mit Werten versehen und viele von ihnen durch eine Schwarzweißzeichnung näher dargestellt, es gibt Sachinformationen über die Region, in der man sich befindet, über politische und geographische Gegebenheiten und Informationen, die man einfach als Handout nutzen kann statt sie als Spielleiter anderswie einzubetten oder aufzubereiten.

Neben Aufhängern und einer Standardablaufbeschreibung bieten die einzelnen Szenen noch Möglichkeiten, Nebenhandlungen der Geschichte breiter anzulegen oder das Geschehen durch Erleichterungen und „Daumenschrauben“, entsprechende Erschwernisse, zu modifizieren. Gerade unerfahrene Spielleiter profitieren sicherlich von dem „Keine Panik“-Bereich, der Anregungen enthält, wie man eine Szene, die einem zu entgleiten droht, wieder ans Laufen bekommt und die Spieler wieder mehr in den vorgesehenen Szenenverlauf.

Hinzuweisen wäre noch darauf, dass der erste Teil der Kampagne in sich abgeschlossen ist. Es ist problemlos möglich, an den zweiten Band anzuknüpfen, ebenso kann man Runs ganz anderer Art zwischen den einzelnen Bänden spielen oder es sogar bei dem einen Band belassen und die Artefaktjagd somit als Standalone spielen.

Um das Abenteuer zu spielen, benötigt man eigentlich nur das Grundregelwerk, auch wenn Kenntnis oder Besitz weiterer Quellenbücher hilfreich und sinnvoll sind.

Preis-/Leistungsverhältnis

Für ein PDF und vor dem Hintergrund, dass es sich um eine vierbändige Kampagne handelt, die im Ganzen mehr als fünfzig Euro kostet, kann man die Kosten für diese Kampagne eigentlich nicht anders als unverschämt bezeichnen. Die Tatsache, dass das englischsprachige Original günstiger ist, derzeit durch ein zeitlich unbegrenztes Angebot um etwa die Hälfte, macht es nicht gerade besser. Hier wäre eine  generelle Preisreduktion oder zumindest ein deutlich günstigeres Bundle aller vier Bände mehr als angebracht.

Fazit

Abgesehen von den Kosten ist der erste Teil der Artefaktkampagne lohnenswert und überzeugend.

Ungeübte Spielleiter finden hier unheimlich viel Unterstützung für alle möglichen Eventualitäten, die Railroading-Aspekte halten sich dennoch im Rahmen. Zwar ist die Kampagne nicht unbedingt für Anfänger(charaktere) ausgewiesen, aber man merkt schon recht schnell, dass man sich gerade an diesen orientiert hat. Durch die vorgenannten Möglichkeiten wie „Daumenschrauben“ lässt sich das Abenteuer aber rasch an andere Gegebenheiten anpassen. 

Wer gerne mal woanders als in Seattle spielen möchte, sogar an einem wirklich ungewöhnlichen Shadowrun-Spielort wie eben Lagos, wer Interesse an Artefakten, an Magie und – im Hintergrund –  an dem Konkurrenzkampf unterschiedlicher Organisationen, die teils ein wenig abseits der üblichen Megakons liegen hat, ist mit diesem Buch gut beraten. Und am Ende des ersten Bandes wird bereits angedeutet, dass diese Kampagne nicht nur weltumspannend ist, sondern in Bezug auf die eine oder andere auftauchende Person sozusagen zeitumspannend … lasst euch überraschen!

Daumen4weiblich

 Artikelbild: © Pegasus Spiele

4 Kommentare

  1. Ich habe diesen Teil in den letzten Sessions zum ersten Mal durchgespielt und ich war sehr enttäuscht.
    Mir kam es nach massives Railroading über die ganze Storyline vor. Die Story wurde primär nur durch gescriptete Ereignisse getrieben auf die wir Spieler keinen Einfluss hatten (egal was bisher passiert ist, das passiert jetzt und vorher kommt man nicht über diesen Punkt der Story rüber). Ganz oft hatte ich das Gefühl ich nehme mir Popkorn setze mich in die Ecke und lasse einfach nur die Geschichte über mich ergehen.
    Weiterhin sind die Motivationslagen und die (in diesem Fall nicht eingesetzten Resourcen) der beteiligten Parteien hanebüschend. Wenn das worum es ging so wichtig ist (und dabei würde schon die uns offenbarten Summen reichen, ohne den „Mysischen Askpekt“), stehen den beteiligten Parteien ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung. Auch die Darstellung von Lagos war fragwürdig, bei einem sehr stark etablierten Waffenmarkt gibt es in der Stadt nur zwei Infrastrukturlevel, entweder Luxus (mega teuer) oder Slum … obwohl es bei genug Akteuren (Besuchern) auf diesem Markt genug bedarf dazwischen gibt.
    Alles in allem ist meine Motivation in der Kampagne fortzufahren sehr gedämpft worden.

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