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Wir hatten vor kurzer Zeit einen Aufruf gestartet, in dem wir Illustratoren in einem Kurzinterview die Möglichkeit geben wollten, sich selbst und ihre Arbeiten zu präsentieren. Erfreulicherweise haben sich auch ein paar Illustratoren gemeldet und die Antworten auf unsere Fragen wollen wir hier nach und nach veröffentlichen.

Den Anfang macht Melanie Philippi, die unter anderem auch schon für Das schwarze Auge [DSA] gezeichnet hat.

MelanieAnnika: Bitte stelle Dich kurz vor: wie ist Dein Name? Wo wohnst Du? Wie alt bist Du?

Melanie:  Ich heiße Melanie Philippi, bin vom guten Jahrgang 1983 und lebe in Düsseldorf. Ursprünglich stamme ich aus einem winzigen Dorf in Rheinland-Pfalz, wo mich aufgrund der äußerst dünn gesäten Angebote für Jugendliche schnell die Liebe zum Rollenspiel packte.

Annika: Wie bist Du zum Zeichnen gekommen?

DSA-Denkerin
DSA: Die Denkerin

Melanie: Angefangen hat es eigentlich schon im Kindergarten. Ich zeichne und male, seit ich denken kann. Diese Leidenschaft hat sich noch vertieft, als ich im Alter von 14 zum ersten mal mit amerikanischen Heldencomics in Berührung kam. Die detailreichen Figuren mit ihren mehr als perfekten Körpern  und überstilisierten Gesichten haben mich sofort fasziniert. Etwas später kam (so ist das wohl in dem Alter) auch eine gewisse Passion für japanische Mangas und Animes hinzu.

Natürlich habe ich immer versucht meinen damaligen Idolen (u.a. Michael Turner und You Higuri) nachzueifern, aber nach einiger Zeit, im Zuge meiner Verbundenheit zum Pen&Paper RPG, stellte ich fest, dass es für mich am Schönsten war, Szenen aus dem Rollenspiel meiner Gruppe, die eigenen Charaktere und die meiner Freunde zu Papier zu bringen.

Es gingen einige Jahre ins Land, bevor ich es gewagt habe, mit meiner Kunst in die Öffentlichkeit zu treten, aber auf Drängen einer guten Freundin, die ebenfalls in meiner RP-Gruppe mitspielt und sogar eine Doktorarbeit zum Thema Rollenspiel schreibt, habe ich mich getraut meine Fähigkeiten mal auf einer kleinen RP-Convention unter dem Motto: „Phantagrafie- dein Charakter auf Papier“ anzubieten. Von diesem Zeitpunkt an lief es fast wie von selbst. „Phantagrafie“ ist ein Kunstwort, zusammen gesetzt aus „Phantasie“ und „Fotografie“, da ich quasi versuche eine Fotografie der Phantasie des Auftraggebers zu machen. :)

Seit der RPC diesen Jahres arbeite ich auch für Verlage, aber auch heute zeichne ich immer noch hauptsächlich Rollenspielchars für Privatleute.

Annika: Hast Du eine zeichnerische Ausbildung (Studium o. ä.) oder bist Du ein „Selfmade Illustrator“?

Melanie:  Ein Studium kann ich nicht vorweisen, aber ich habe meine Fachabitur im Bereich Gestaltung abgeschlossen und habe einige Aktzeichenkurse mitgemacht. Der Rest ist selbst erarbeitet.

Es klingt blöd, aber der Spruch „Übung macht den Meister“ ist einfach wahr!

Annika: Bist Du ein Vollzeit-Illustrator oder ist das eher ein Nebenjob?  Womit verdienst Du sonst Dein Geld?

Melanie: Ich bin Illustratorin im Freiberuf. Von der Kunst allein kann man als ungelernte Zeichnerin nur schlecht leben, deswegen übe ich noch einen Teilzeitjob im Einzelhandel aus. Diese Tätigkeit ist zwar wenig kreativ, aber sie lässt mir genug Freiräume, um mich zeichnerisch zu entfalten und sie zahlt zuverlässig die Lebenserhaltungskosten! :)

Annika: Welchen Tipp würdest Du jemandem geben, der ebenfalls als Illustrator sein Geld verdienen möchte? Welche Stolpersteine gibt es Deiner Meinung nach ?

Colours of Destiny
Colours of Destiny

Melanie: Ich weiß nicht, ob ich jemandem Ratschläge dazu erteilen kann, aber ich persönlich halte es für wichtig, sich nicht absolut auf die Kunst zu verlassen. Solange man das nicht studiert hat und direkt als Grafiker in den Job einsteigt, sollte man sich nicht kopfüber in das Freelancertum stürzen.

Man lebt von der Auftragslage und die kann eben schwanken! Ein gutes Händchen fürs Netzwerken ist ebenfalls ganz nützlich, also ein Blog oder eine Online-Galerie, wo man seine Werke ausstellt fördert immer die Möglichkeit, Aufträge zu bekommen. Der größte Stolperstein war für mich Angst vor der eigenen Courage. Es gehört schon einiges an Mut dazu, sich mit seiner Arbeit dem Publikum zugänglich zu machen, denn die Zeichnerei ist etwas sehr intimes.  Jeder Künstler legt immer ein Stück von sich in sein Werk und setzt dieses (und auch somit sich selbst) der Kritik und ggf. dem Wohlwollen des Publikums aus. Als Künstler ist man eigentlich nur sehr schwer zufrieden mit sich, und im Grunde ist das auch gut so, um sich weiter entwickeln zu können, aber dieser Perfektionswille macht es einem auch sehr schwer, sich selbst für „gut genug“ zu befinden.

Annika: An welchen Projekten hast Du bisher gearbeitet (gerne welche mit Rollenspielbezug)? Welches hat Dir am meisten Spaß gemacht und wieso?

Melanie: Bis heute habe ich wirklich sehr, sehr viele Rollenspielcharaktere zu Papier gebracht und ich freue mich jedes Mal aufs neue, wenn ein Spieler mir seine, mit Herzblut geschaffene, Figur in die Hände gibt um ihr ein Gesicht zu verleihen. Zudem habe ich an einigen inoffiziellen Fanprojekten mitgewirkt, wie dem DSA-Hörspiel „Das Unwissbare“ dem ich zur ersten CD ein Cover zeichnete, oder dem Blog von Golarions Chronisten, zu deren kostenlos downloadbaren Abenteuern ich einige Archetypen beigesteuert habe.

An „Offiziellem“ ist bisher vieles noch nicht erschienen, aber unter dem Topic „Das schwarze Auge“ von Ulisses, konnte der geneigte Spieler bisher einen Krokodilkrieger („Maru“ genannt) im neuen Abenteuer „An fremden Gestaden“ betrachten. Darüber bin ich selbst ganz aus dem Häuschen, denn ich bin seit vielen Jahren DSAlerin und finde es großartig meinen Teil zur Gestaltung Aventuriens beitragen zu können. Einige Grafiken sind noch in Petto und werden wahrscheinlich demnächst ihren Weg in offizielle DSA Produkte finden.

Eine weitere Zusammenarbeit hat sich mit dem Buchverlag Oldib ergeben. Dort habe ich ein paar Illustrationen zu einem bald erscheinenden, wissenschaftlichen Titel beigetragen. In dem Buch geht es um Tolkiens Zahlenmystik.

Charakter Art Lennard
Charakter Art: Lennard

Annika: An welchen Projekten arbeitest Du grade? Was hast Du für die Zukunft geplant?

Melanie: Im Augenblick arbeite ich, wie schon erwähnt, an weiteren Grafiken für DSA, und hoffe auch in Zukunft noch viel zu meinem Lieblingsrollenspiel beitragen zu können. Ein (noch nicht online gegangenes) Kickstarter Projekt ist meine nächste Baustelle. Für eine neue Spiel-Engine entwerfe ich gezeichnete Grafiken, die dann hoffentlich bald vom Programmierer der Software zum Leben erweckt werden. Ansonsten bin ich damit beschäftigt, Figuren für ein Brettspiel zu zeichnen. Ein ambitionierter Hobbyist hat ein schachähnliches Spiel entworfen, mit dessen Prototyp er voraussichtlich auf der Spielemesse in Essen 2013 zugegen sein wird.

Zu guter Letzt nehme ich natürlich immer gerne Aufträge von Rollenspielern entgegen, die ich neben den anderen Projekten auf jeden Fall weiterhin zu Papier bringen werde. Mit diesem Angebot habe ich angefangen zu illustrieren, und das wird sich so bald auch nicht ändern! :)

Annika: Hast Du eine Internetseite oder ein Online-Portfolio, wo man sich Deine Werke angucken kann?

Melanie:  In meiner Galerie der Künstlerseite „Deviantart“ stelle ich in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder neue Werke aus und veröffentliche  auch Skizzen oder Linearts:

http://phantagrafie.deviantart.com/

Dem geschriebenen Wort widme ich mich auf meinem Blog, wo man hauptsächlich Berichte von Veranstaltungen findet, auf denen ich gezeichnet habe:

Annika: Du als Superheld – wie sähe das aus? Bitte eine kurze Zeichnung und ein cooler Name.

Melanie: Das wäre Nerdia! (Anklicken für größere Version)

 

 

Die Teilzeithelden sagen Danke für dieses nette und aufschlußreiche Interview.

Artikelbilder: © Melanie Philippi

7 Kommentare

  1. Hey Melanie!
    Schönes Interview. Wirklich interessant mal ein bisschen mehr über Kollegen zu erfahren :D

    Ist auch witzig das wir uns dann in mancher Hinsicht doch stark unterscheiden, also zB. Traditioneller Schwerpunkt / Digitaler Schwerpunkt.

    Und das du mit 14 rum Heldencomics und wohl auch die Liebe zum Rollenspiel gefunden hast. Da waren wir ziemlich zeitgleich! ^^

    Ich drück dir auf jedenfall die Daumen das du weiterhin Erfolg hast und der Teilzeitjob irgendwann überflüssig wird! :D

    LG
    Tony

  2. Interessantes Interview – ich find die Zeichnung des Superhelden cool :) Ich finds interessant zu lesen, wie es denn „hinter den Kulissen“ so ausschaut und einfach mal einen Einblick kriegt. Ich bin gespannt auf das nächste Interview.

  3. Ein wirklich schönes Interview.

    Wie meine Vorschreiberin, Marina, schon meinte, ist es klasse, auch mal „hinter die Kulissen“ zu schauen.

    Ich finde das teilweise viel viel interessanter, als das Werk selber oder gefakete „Making ofs“ von Künstlern bzw. Projekten, die bereits „Ruhm und Reichtum“ erlangt haben…

    Dafür ein Danke an Annika und die Macher dieses Magazins.

    Nun zu Melanie:

    Ich finde ihre Einstellung zu ihrem Schaffen und ihren Werken absolut professionell und muß echt meinen „Freibeuteltierhut“ – auch Narrenkappe genannt – vor ihr ziehen.

    Man merkt den Werken an, daß sie nicht einfach dahingemalt worden sind, sondern mit sehr viel Einfühlungsvermögen in den Gesamtkontext und Liebe zum Detail entstanden sind.

    Auch wenn das oben angesprochene Spiel erst Mitte nächsten Jahres als Prototyp bzw. als „Nullte Auflage“ vorgestellt werden wird, ist es bereits jetzt nicht mehr ohne ihre Illustrationen vorstellbar.

    Mit ihrer Umsetzung meines „Kopfkinos“ gelingt es ihr wirkliche Unikate zu schaffen, wie sie kein studierter Künstler hätte zeichnen können.

    Auch wenn sie es in ihrer bescheidenen Art vielleicht nicht gerne hört, aber sie hat den Stil der Illustration des Spiels bestimmt… und das ist gut so!

    Dafür Melanie,
    ein riesen Danke und daß Dir auch in Zukunft niemals die Freude am Zeichnen ausgehen mag – auch wenn es manchmal an Anerkennung fehlt…

    Bleib wie DU bist, nimm Dir die Zeit, Deinen Stil weiterzuentwickeln und auszubauen und vergiss niemals, die Zeit Deiner ersten Erfolge…

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