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Sowas wie Magic… aber ohne die hohen Kosten und den Glücksfaktor beim Sammeln. Und mit Spielbrett… und nicht so kompliziert…

So in etwa das Fazit, das sich in meinem Kopf bildete, nachdem ich zufällig über Werbung für das Spiel Summoner Wars gestolpert und mich ein wenig informiert hatte. Grund genug, mir das Ganze mal genauer anzusehen.

Vorweg erst einmal Grundlegende Informationen: Summoner Wars ist ein Kartenspiel, das sich stark wie ein Sammelkartenspiel anfühlt, aber keines ist. Alle Karten werden in fester Zusammensetzung verkauft, so dass man immer genau weiß, was man zu welchem Preis bekommt. Auf Englisch ist das Spiel bei Plaid Hat Games erschienen und hat es bis jetzt auf 16 verschiedenen Factions (Fraktionen, so etwas wie die „Farben“ bei Magic) gebracht. Zu jeder davon gibt es sowohl ein bereits spielfertiges Deck zu kaufen als auch ein paar zusätzliche Karten, mit denen man sein Deck den eigenen Wünschen entsprechend anpassen kann.

Auf Deutsch hat sich der Uhrwerk Verlag dem Spiel angenommen. Bisher gibt es zwei Grundboxen, die jeweils zwei dieser Fraktionen enthalten. Auf der Spiel 2012, die bei Erscheinen des Artikels gerade läuft, werden zwei neue Fraktionen erscheinen. Dazu gibt es noch eine Reihe Promokarten, die man nicht direkt kaufen kann sondern als Bonus für den Kauf der eigentlichen Decks bekommt.

Wenn die Verkaufszahlen weiterhin stimmen, ist also davon auszugehen, dass es noch eine ganze Menge weiterer Karten geben wird. Und wenn nicht, dann kann man immer noch auf die englischen zurückgreifen.

Ausstattung

Die beiden aktuell erhältlichen Boxen enthalten jeweils zwei komplett spielfertige Decks mit jeweils 34 Karten plus einer Übersichtskarte, eine Spielmatte, 5 Würfel und 20 zweiseitige Wundmarker. Dazu natürlich noch das obligatorische Regelheft. Verpackt ist das Ganze in einer netten kleinen Pappschachtel.

Die Spielmaterialien sind zweckmäßig, aber Qualitativ allenfalls mittelmäßig. Die Karten an sich wirken etwas dünn, wenn man also lange Spaß an dem Spiel haben möchte, so empfehlen sich auf jeden Fall die üblichen Kartenhüllen. Der Spielplan ist aus gefaltetem Hochglanzpapier und erfüllt zwar absolut seinen Zweck, ist jedoch so stark geknickt, dass man Schwierigkeiten hat, die Karten darauf zu platzieren, es sei denn, man knickt ihn vor dem Spielen gegen. Und zwar jedes Mal, da er ja in der Schachtel wieder stark geknickt gelagert wird. Wie lange das Papier das mitmachen wird, ist fraglich.

Die Würfel sind aus einfachem, weißem Plastik und tragen statt der üblichen Vertiefungen mit Farbe einfach Löcher auf den Seiten um die Augenzahlen anzuzeigen. Kann man machen, aber eine gleichmäßige Gewichtsverteilung kann dabei nur schwerlich entstehen, so dass die Würfel wohl keine saubere Wahrscheinlichkeitsverteilung haben dürften.

Zu den Wundmarkern kann man eigentlich nur sagen, dass es halt Marker sind. Sie sind aus der üblichen Pappe, die man von diversen Brettspielen kennt und erfüllen ihren Zweck völlig.

Die Anleitung umfasst 17 vollfarbige Seiten und besteht aus dem gleichen Material wie der Spielplan. Da es aber nicht so geknickt werden muss, hat es nicht die gleichen Probleme.

Artwork und Fluff sind vorhanden und sind mir weder positiv noch negativ aufgefallen. Aber auf diese Dinge lege ich persönlich bei Kartenspielen auch wenig Wert.

Die Spieleranzahl wird mit 2-4 angegeben, aber eigentlich ist es ein zwei Parteien Spiel. Man hat die Wahl, eine oder beide der Parteien von zwei Spielern spielen zu lassen (wofür man dann insgesamt vier Decks braucht, auch bei drei Spielern), aber es bleibt ein Spiel bei dem zwei Parteien gegeneinander kämpfen.

Erschienen sind beide Grundboxen im Jahr 2011 beim Uhrwerk-Verlag und man kann sie zu Beispiel in deren Onlineshop für je 25 EUR erwerben, was den Vorteil hat, dass man Promokarten dazu bekommt, oder bei den üblichen Verdächtigen, wo man weniger zahlt (18,99 EUR), dafür aber auch keine Promos bekommt.

Die harten Fakten

  • Phoenixelfen & Tundraorks 
  • Verlag: Uhrwerk Verlag; Auflage: 1., Aufl. (Oktober 2011)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3942012324
  • Preis: 18,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon (Klick)
 
  • Gildenzwerge & Höhlengoblins
  • Verlag: Uhrwerk Verlag; Auflage: 1., Aufl. (Oktober 2011)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3942012316
  • Preis: 18,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon (Klick)

Spielablauf

Nachdem sich jeder Spieler für eine Fraktion entschieden hat, werden die Starteinheiten, wie auf der Übersichtskarte angegeben, auf dem Spielplan platziert. Man startet das Spiel immer mit seinem Beschwörer, einigen gewöhnlichen Einheiten, und einer Mauer.

Der Beschwörer ist die wichtigste eigene Figur, denn sobald man diesen verliert, hat man auch das Spiel verloren. Gewöhnliche Einheiten sind genau das, was der Name sagt – sie stellen den Großteil der eigenen Armee dar und sind relativ günstig, aber auch entsprechend schwach. Mauern sind so etwas wie Portale, aus denen man neue Einheiten beschwören kann. Und, wie man es von Mauern erwartet, sind sie auch relativ robust und man kann sich recht gut hinter ihnen verstecken.

Neben den Karten der Startaufstellung gibt es noch zwei weitere Kartentypen: Champions und Ereigniskarten. Champions stellen dabei die mächtigen Vertreter der eigenen Fraktion dar und haben meist recht hohe Kosten, dafür aber auch entsprechend mächtige Fähigkeiten. Ereigniskarten stellen Zauber, besondere Angriffe oder Ähnliches dar und können entweder die eigene Situation verbessern (z.B. Einheiten Boni geben, das Deck nach bestimmten Karten durchsuchen, Einheiten kostenlos beschwören) oder dem Gegner schaden (z.B. Einheiten Schaden zufügen oder anderweitig schaden) oder beides (z.B. Magie stehlen).

Das Spiel wird in Runden gespielt, jede davon unterteilt in 6 Phasen. Wenn ein Spieler mit den Phasen durch ist, ist der nächste an der Reihe und so weiter.

Die einzelnen Phasen sind:

  1. Karten ziehen: Man zieht so lange Karten, bis man 5 auf der Hand hat
  2. Beschwören: Mit der Magie, die man hat, kann man aus seiner Hand Einheiten beschwören, also neben eigenen Mauern auf dem Spielplan platzieren
  3. Ereigniskarten spielen: Man kann beliebig viele Ereigniskarten spielen und Mauern aufs Feld bringen
  4. Bewegung: Bis zu drei eigene Einheiten dürfen sich jeweils bis zu zwei Felder bewegen
  5. Angriff: Bis zu drei eigene Einheiten dürfen Angreifen oder Spezialfähigkeiten verwenden, die als Angriffe zählen
  6. Magie aufbauen: Man kann beliebig viele Karten von seiner Hand auf den Magiestapel legen um so mehr Energie für die nächste(n) Runde(n) zur Verfügung zu haben

Die meisten dieser Phasen sind so einfach, wie sie klingen. Dadurch, dass jede Aktion vollständig abgehandelt wird, bevor die nächste begonnen wird und dass der oder die Gegner keine Karten in der eigenen Runde spielen können, entstehen kein der teilweise recht komplizierten „Stacks“, also Abfolgen von Effekten, wie man sie von Magic kennt. Das verhindert zwar viele Optionen, die man in anderen Kartenspielen hat, aber es sorgt auch für ein wesentlich zugänglicheres Spiel.

Kernstück des Spiels sind hierbei die Bewegungen auf dem Spielplan und die Angriffe. Durch die relativ geringen Bewegungsweiten und die Begrenzung der Bewegungen und Angriffe, hat das Spiel eine spürbare strategische Komponente, auch wenn die meisten Einheiten relativ schnell sterben.

Aber auch der Glücksfaktor, der sowohl beim Ziehen der Karten als auch bei Angriffen eine große Rolle spielt, ist alles andere als gering.

Sehr gelungen finde ich die Mechanismen, mit denen Magie aufgebaut wird. So kann man zum Einen Karten, die man gerade nicht brauchen kann, am Ende des Zuges in Magie verwandeln, zum Anderen werden zerstörte Einheiten und Mauern auf den Magiestapel des Spielers gelegt, der sie zerstört hat. Damit kann es unter Umständen sogar Sinn ergeben, eigene Einheiten zu zerstören bevor der Gegner es tut.

Die Grundmechaniken des Spiels werden im kurzen Regelheft absolut verständlich und hinreichend erklärt. Wie bei Kartenspielen üblich gilt aber auch hier, dass Kartentext über Regelwerk geht und eine exaktere Erläuterung der Karten fehlt leider. Insbesondere die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Fähigkeiten hätte man betrachten können.

Interessehalber habe ich mir das aktuelle englische Regelwerk angesehen, ebenso die englischen Kartentexte und konnte alle Fragen, die sich bei der Lektüre der deutschen Regeln und Karten ergeben hatten, sofort und eindeutig klären.

Beispiel gefällig?

Karte Oldin, Beschwörer der Gildenzwerge. Besondere Eigenschaft: Steinwerdung – Wenn sich Oldin in Nachbarschaft zu einer Mauerkarte befindet und angegriffen wird, so erhält er nur Wundmarker bei Angriffswürfen von 4 oder mehr.

Englischer Text: Stone Melding – When an opponent rolls to attack Oldin, if Oldin is adjacent to a Wall Card, he only receives Wound Markers from die results of 4 or higher during that attack.

Klingt erst einmal nicht groß unterschiedlich, aber wenn man bedenkt, dass es die Fähigkeit „Präzise“ gibt, die dafür sorgt, dass man gar nicht würfelt, sondern jeder Würfel automatisch eine Wunde ist, so hat man beim deutschen Text das Problem, entscheiden zu müssen, welche der beiden Fähigkeiten nun mehr wiegt. Im englischen Kartentext steht ein eindeutiges „When an opponent rolls to attack“, also exakt NICHT, wenn der Angreifer die Eigenschaft „Präzise“ besitzt.

Zu den vier bisher vorhandenen deutschen Fraktionen lässt sich feststellen, dass diese stark unterschiedlich in ihren Fähigkeiten und damit ihrer Spielweise sind:

Die Phönixelfen haben eine höhere Fernkampfreichweite und diverse Einheiten und Ereigniskarten, die das Glück beim Würfeln abschalten und einfach direkt Schaden verursachen. Ihr Beschwörer ist relativ leicht zu töten, hat aber auch eine starke Angriffsfähigkeit, die er auch von hinter einer Mauer oder anderen Einheit ausführen kann (was die allermeisten Einheiten nicht können).

Die Tundraorks haben eher schwache Fernkämpfer, dafür aber relativ robuste Einheiten. Viele ihrer Fähigkeiten funktionieren nicht immer, sondern erfordern einen Würfelwurf um ihre Wirkung zu entfalten. Auch haben sie Einheiten, die nur dann treffen, wenn alle gewürfelten Würfel einen Erfolg zeigen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Fraktionen haben sie eine Ereigniskarte, die als Mauer zählt und können damit mehr Mauern auf den Plan bringen als die anderen Fraktionen. Ihr Beschwörer ist der robusteste bisher.

Die Gildenzwerge sind gut darin, Mauern einzureißen und haben eine Fernkampfeinheit, die im Nahkampf besser ist als im Fernkampf. Mit einer Ereigniskarte können sie eine Einheit kurzzeitig kräftiger im Angriff machen, ihr Beschwörer ist, solange er an einer Mauer steht, recht schwer kleinzubekommen.

Die Höhlengoblins haben als einzige Fraktion Einheiten, die 0 Magie kosten. Außerdem haben sie die Fähigkeit, mit bis zu 5 Einheiten anzugreifen und Ereigniskarten, die zusätzliche Bewegungen und doppelte Angriffe für die kostenlosen Einheiten ermöglichen. Insgesamt eher schwache Einheiten, die allerdings durch die schiere Masse den Gegner überrennen können.

In den Testspielen erschien keine der Fraktionen wesentlich stärker oder schwächer als die anderen. Die Statistik war auch recht ausgeglichen, unabhängig davon, ob man in Paarungen gespielt hat, die durch die Boxen vorgegeben waren, oder bei Mischungen.

Es zeigte sich in einigen der Partien, dass nicht nur die Kenntnis der eigenen Karten wichtig ist, sondern man sich auch ansehen sollte, was der Gegner kann. Diese Möglichkeiten einschätzen zu lernen und das eigene Spiel darauf abzustimmen, was man selbst hat und was der Gegner hat und haben könnte, stellt eine Herausforderung dar, die man wohl erst nach einigen weiteren Partien wird meistern können.

Die Startaufstellung ist zwar nicht variabel, nicht einmal durch die Veränderung des eigenen Decks, aber durch die unterschiedlichen Paarungen der Decks sowie den vorhandenen Glücksfaktor wird kaum eine Partie der anderen gleichen. Sobald mehr Decks erschienen sind, wird sich das noch potenzieren, so dass man lange Spaß an dem Spiel haben kann.

Die Variante mit mehr als 2 Spielern haben wir nicht getestet. Da es aber weiterhin ein Kampf zwischen zwei Parteien ist, sollte es sich nicht sonderlich vom Spiel zu zweit unterscheiden.

Preis-/Leistungsverhältnis

Der UVP von 24,95 ist für das Material, was man erhält, sicherlich eine harte Nuss. Für den Preis hätte ich eigentlich etwas hochwertigeres Material erwartet. Aber alles erfüllt seinen Zweck und das Spiel an sich verspricht viele spannende Partien. Teuer, ja, aber nicht unbedingt zu teuer.

Der Preis von 18,99 EUR bei Amazon ist da schon erheblich angemessener.

Bonus/Downloadcontent

Echten Downloadcontent gibt es nicht, aber wenn man auf die Webseite des amerikanischen Verlages schaut, kann man sich all die schönen Karten, die irgendwann auf Deutsch erscheinen werden (zumindest hoffe ich das), schon einmal ansehen und so feststellen, dass noch eine Menge Material kommen wird, das frischen Wind in dieses Spiel bringt.

Als Promokarten gibt es bisher die Beschwörer der Fraktionen mit alternativem Artwork sowie ein paar Söldner, die man in die vorhandenen Decks einbauen kann.

Fazit

Wer Kartenspiele mag, aber weder das Geld noch den Elan hat, sich in ein so hochkomplexes Ökosystem wie Magic einzuarbeiten und statt dessen ein Spiel sucht, das man auch mit kurzer Erklärung mit anderen spielen kann, der ist bei Summoner Wars gut aufgehoben. Die Möglichkeiten, das eigene Deck zu verändern, sind zwar eingeschränkt, und das nicht nur durch die fehlende Verfügbarkeit der Erweiterungen, die entsprechende Karten enthalten, aber sie ist dennoch gegeben und lädt dazu ein, das eigene Deck ein wenig seinen Vorstellungen anzupassen.

Das Spiel hat eine gute Balance zwischen Glück und Strategie und ist somit für eine breite Masse an Spielern geeignet.

Daumen4Maennlich

Artikelbilder: Uhrwerk Verlag 

 

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