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Die Legenden von Harkuna Reihe ist die neue Übersetzung der Fabled Lands Solospielbuchreihe, die auch in Deutschland unter dem Titel Sagaland, damals beim Ravensburger Verlag erschien. Mit dem Reich des Goldes besprechen wir heute Band 2.

Erscheinungsbild

In meiner Hand ruht ein 369seitiges Buch nach solider Machart. Der Buchrücken macht einen stabilen Eindruck, das Papier ist griffig und hat eine angenehme Haptik. Insgesamt finde ich über 750 Spielabschnitte, die wild über die Seiten verteilt sind.

Auf dem Cover sieht man einen, in üppigen Roben gekleideten, Magiebegabten mit vor Energie leuchtendem Stab, der erwartungsvoll einer großen befestigten Stadt entgegen sieht.

Die harten Fakten:

  • Broschiert: 369 Seiten
  • Verlag: Mantikore; Auflage: 1 (27. April 2012)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3939212105
  • ISBN-13: 978-3939212102
  • Originaltitel: Fabled Lands – Cities of Gold & Glory
  • Preis: 14,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon (Klick)

Handlung

Harkuna_02_Cover_neu

Die Handlung zeigt bereits den großen Unterschied zu einem klassischen Solospielbuch. Während man in diesen Spielbüchern mehr oder minder linear am Handlungsstrang entlanggeführt wird, wirft einen das Buch auf einen Kontinent, man legt an Land an und folgt den Erzählungen des eigenen Vater und hat nun die freie Wahl, wohin man sich orientiert.

Gehe ich hoch zu dem verlassenen Fort oder gehe ich zur nächsten Stadt, um mich auszurüsten? Ein Tipp: Zwei der Türen unten im Fort sind tödlich, eine verbirgt etwas recht nützliches. Gehe ich danach in die Stadt, kann ich mich nach Gerüchten umhören, rasten, oder einen Tempel aufsuchen. Im Gegensatz zu meinem üblichen Spielverhalten habe ich beschlossen, mich einfach etwas umzusehen und keine weiteren Orte anzulaufen, als ich die Stadt verließ.

Verloren in Sagaland, das ist das Fazit. Ich lief herum, traf hier und da mal den einen oder anderen interessanten NSC, aber grob gesagt, geschah nichts. Der vielen Wanderei überdrüssig hielt ich zu auf das nächste Schloss und schon war ich mitten im Abenteuer. Will man etwas erleben in Harkuna, muss man die HotSpots anlaufen oder sich auf eine lange und ruhige Zeit einstellen.

Genau diese Nichtlinearität ist der große Unterschied. Ich kann mich während des Spielens frei bewegen in der Welt von Harkuna. Man sollte erstaunt sein, wie viele Abenteuer auf den Abschnitten untergebracht werden können. Ich habe mich oft direkt ins Abenteuer gestürzt, bin dann zurück in die Stadt, habe mich ausgeruht, nur um danach einen bisherig nicht erkundeten Abschnitt zu spielen oder dem Auftrag weiter nachzugehen.

Natürlich kann es bei dieser Spielart passieren, dass man mehrfach auf einen bestimmten Auftrag oder ein Geheimnis stößt. Dieses wird vom Spielbuch sehr gekonnt verhindert. An bestimmten Schlüsselszenen gibt es Stichworte. Diese notiert man sich. Hat man bereits eines dieser Worte in der stetig größer werdenden Sammlung, verläuft die Geschichte anders. Das kann ein „Lies weiter bei XXX“ sein oder auch die Veränderung der Welt steuern.

Ein Beispiel hierzu: Hat man eine alte Legende gehört, gibt es das Passwort BESONNEN. Kommt man nun an einen Ort, der mit der Legende zusammenhängt und hat das Passwort, geht das Spielbuch davon aus, dass man bestimmtes Wissen hat und eröffnet neue Abschnitte. Der Anfangsbuchstabe des Passwortes sagt uns auch gleich, aus welchem Buch das Wort kommt. A ist das erste Buch, B das zweite und so weiter.

Letztendlich bewegt man sich auf einer riesigen freien Welt und kann im beschränkten Maße machen wonach einem gerade der Kopf ist. Und genau da kommt ein Manko hoch. Jedes Buch steht für einen Landstrich. Es ist durchaus möglich, dass man an eine Stelle kommt, in der es heißt, man solle in dem und dem Buch, an der und der Stelle weiterlesen. Besitzt man das Buch dann nicht oder ist es gar noch nicht übersetzt, muss man umkehren. Diese Stellen sind jedoch eher gering.

Das muss voraussetzen, dass die Bücher als Gesamtkonzept erdacht worden. Eine gesamte Welt mit all ihren Handlungssträngen zu erbauen, ist schon ein Meisterwerk, daraus jedoch eine mehrteilige Buchserie zu erzeugen, in der dann die Abschnitte auch noch so wild durcheinander geworfen sind, dass sie dennoch nicht viel Aufwand zum Blättern geben, ist genial. Ich ziehe meinen Hut vor den Machern.

Möglicher Vermarktungstrick oder nicht, mich hat die Büchergrenze schon gestört, denn das Spielen macht einfach Freude. Ich hätte gerne gewusst, wie es z.B. hinter der Brücke mit dem eingefallenen Überweg weitergeht. (Nur ein Beispiel, ich will nichts verraten)

Um dem Leser ein Gefühl für die Welt zu geben, dürfen wir diesen Kladdentext lesen:

Im Lande Golnir liegt das Gold auf der Straße, so heißt es. Ungeahnte Schätze liegen im Wald der Verlassenen verborgen, im Schürferstädtchen Goldfall regnet es regelrecht Gold vom Himmel und die zahlreichen Handelsstädte versprechen dem gerissenen Kaufmann Reichtum jenseits seiner Vorstellungskraft. Als Krieger, Magier, Barde, Wanderer, Priester oder Schurke kannst du in den Dienst der Baroness von Ravayne treten und zu ihrem Paladin aufsteigen oder du suchst selbst nach deinem Glück. Die Schätze Golnirs warten auf dich. Entdecke die riesige und offene Fantasywelt von Harkuna, in der du nach Belieben zwischen den Büchern dieser einzigartigen Spielbuch-Reihe hin und her reisen kannst. Erlebe grenzenlose Abenteuer, schaffe dir mächtige Freunde und Feinde und steige zum Helden auf.“

Regeln

Damit sich der Leser nicht lange mit einem Regelwerk und Erschaffung eines Charakters aufhalten muss, sind die Regeln einfach gehalten. Entweder nimmt er direkt einen von sechs fertigen Charakteren oder erschafft sich selbst in Windeseile einen Charakter.

Wir unterscheiden zwischen den Fertigkeiten Charisma, Kampfkraft, Zauberkraft, Heiligkeit, Naturwissen und Diebeskunst. Zusätzlich wirken die Berufe auf den Charakter ein. Dieses sind: Priester, Magier, Schurke, Barde, Krieger und Wanderer. Viel an Charaktererschaffung gibt es nicht zu tun, genau genommen minimiert es sich auf das Eintragen eines Namens, der Skills und dem Errechnen weniger Werte.

Proben werden mit 2W6 abgelegt, der addierte Wert wird auf die Fähigkeit aufgeschlagen und das Endergebnis muss höher sein als der vorgegebene Wert aus der Geschichte.

Schreibstil

Nennt mich antiquiert, aber ich mag den recht einfachen und eingängigen Sprachstil, der verwendet wurde. Die Stimmung wird gut transportiert, wenn auch das Manko aller bisherig von mir gelesenen Solobücher hier wieder aufkommt. Alles wirkt irgendwie etwas altbacken, als wäre es direkt aus einem D&D Quellenbuch der Endachtziger gesprungen. Bedenkt man, dass die Fabled Lands Bücher Anfang der 90er erschienen und es sich hier um eine Übersetzung handelt, löst sich dieses Rätsel schnell auf.

Und gleichzeitig ist es genau dieser Old School Charme, der einen immer wieder weiterlesen lässt. Die Erzählgeschwindigkeit diktiert man letztendlich selbst, damit kann man sich schon mal selbst die Spannung bei der Erkundung eines dunklen Waldes nehmen. Ich empfehle im Übrigen dringend die Nutzung eines Lesezeichens, vielleicht gar zwei, denn oft kehrt man in einer Stadt zu einem Startpunkt zurück, von dem alle anderen Orte erreichbar sind.

Tippfehler oder generell nicht herauslektorierte sprachliche Probleme fielen mir keine auf.

Preis-/Leistungsverhältnis

Für 14,95 EUR kann ich hier, je nach Lesegeschwindigkeit, über 20 Stunden verbringen. Vergleiche ich dieses Verhältnis von Kosten zu Unterhaltung mit einem Solo-Computer-RPG, kann ich diese Leistung nur erreichen, wenn ich mich an Budgetspielen bediene. Daher gibt es von mir eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für Freunde des Genres.

Bonus/Downloadcontent

Wie gewohnt beim Mantikore Verlag finden sich einige Goodies im Downloadbereich der Website des Verlages: Klick

Hier finden sich eine Weltkarte von Harkuna, eine Karte von Sokara, das Aktionsblatt und auch ein Schiffsladeverzeichnis. Ja, man kann sich auch ein Schiff kaufen.

Fazit

Wie bereits oben geschrieben, begeistert mich die Sandbox als Soloabenteuer. Ich habe fast alle Möglichkeiten, mich bremst nur der Tod meines Charakters. Entgegen den klassischen Spielbüchern wie z.B. aus der Einsamer Wolf Reihe habe ich hier nicht ein Quasi-Railroad, sondern tatsächlich eine mehr oder minder offene Welt, in der ich einige Abenteuer erleben kann. Die Grenzen sind meine Zeit und das Geld, das ich zum Erwerb der Bücher ausgeben will. Würde ich alle Bücher der Reihe besitzen, möchte ich mir gar nicht ausmalen, wie viele freudvolle Stunden ich beim Durchwandern der Spielwelt verbringen kann. Ich kann nur noch mal meinen Hut vor dieser konzeptionellen Meisterleistung ziehen.

Die Aufspaltung auf mehrere Bücher ist auch gleichzeitig leider das Manko – natürlich, man kann Harkuna II ohne weiteres spielen, darf eben nur nicht den Landstrich verlassen, irgendwie unbefriedigend.

Daumen4Maennlich 

 Artikelbilder: Mantikore Verlag

 

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