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Der Mantikore Verlag hatte eine gute Idee, denn er veröffentlicht nun die sogenannten Mikromodule. Dabei handelt es sich um kurze Regelwerke mit einem Abenteuer im DIN A6 Format, ideal für die Hosentasche und gut geeignet für die spontane Runde mit Freunden oder dem Happening auf einer Convention.

Erscheinungsbild

Das kleine Heftlein im Softcover ist aus etwas stabilerem Papier gefertigt und hat mit 39 Seiten exklusive Umschlag natürlich ein sehr niedriges Gewicht. Der gesamte Druck ist vollfarbig, das Papier hat einen minimalen Seidenglanz, der aber nicht durch etwaige Reflektionen stört.

Bei dem Mikromodul „Der Banküberfall“ handelt es sich um ein Westernsetting und so zieren drei typische Vertreter des Genres das Cover, natürlich mit gezogenen Revolvern. Besonders gut finde ich, dass trotz der Kürze ein Inhaltsverzeichnis gegeben ist.

Insgesamt spricht mich das Layout durchaus an, ist es doch passend zum staubigen Wilden Westen in Beige- und Brauntönen gehalten. 

Die harten Fakten:

  • Broschiert: 36 Seiten
  • Verlag: Mantikore Verlag; Auflage: 1 (26. September 2012)
  • Autor: Nicolai Bonczyk
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3939212210
  • ISBN-13: 978-3939212218
  • Preis: 5,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon (Klick)

Die Spielwelt

Mantikore_Banküberfall_Cover

Besagtes Mikromodul beinhaltet als Setting die Ortschaft Waterhole, gelegen in Arizona, USA und spielt im Jahr 1878. Zentraler Ort des Geschehens ist die Bank, die natürlich überfallen werden soll. Sowohl von Bank wie auch dem gesamten Ort gibt es eine Karte und was mir besonders gut gefällt, ist, dass der Mantikore Verlag natürlich sowohl das Dorf, wie auch dessen Einwohner mit deren möglichen Motivationen beschreibt.

Wichtig wird das jedoch erst, wenn die Spielgruppe sich dazu entscheidet, weiter in Waterhole zu spielen. Und damit komme ich zu dem Abenteuer, das sich als recht einfach in der Beschreibung gestaltet, aber in meinen Augen viel Spielspaß generieren wird.

Eine Bank, eine große Geldmenge, zwei Banden. Was, zwei? Exakt. Das Abenteuer beginnt damit, dass zwei konkurrierenden Banden von gegenüberliegenden Seiten in das Dorf einreiten. Beide Banden werden von Spielercharakteren dargestellt und beide haben den Anspruch, das Geld in der Bank ihr Eigen zu nennen. Der Rest ist Improvisation. Damit das Ganze noch eine Prise Würze erhält, gibt es einen Twist in beiden Banden, den ich so hier nicht verraten möchte.

Bei der Ausgestaltung des Abenteuers helfen viele historische Informationen über das Szenario, angefangen von einer Timeline der USA, über Beschreibungen von Waffen wie auch die bereits genannte Beschreibung des Dorfes und seiner Einwohner.

Die Regeln

Die kurzen und prägnanten Regeln basieren auf Würfen mit dem W10. Kennzeichnend für einen Charakter sind Werte von 1 bis 9. Geprobt wird gegen das eigene Attribut. Ist man unter oder gleich des Attributes, ist der Wurf erfolgreich. Die Differenz zwischen Würfelwurf und Attribut zuzüglich 1 ist der Grad des Erfolges.

Zu den Attributen gesellen sich Fertigkeiten, die auf das Attribut aufgeschlagen werden, wenn es um das Erreichen eines Würfelzieles geht. Muss man auf eine Fertigkeit proben, die man nicht hat, wird ein Malus von -1 auf das Attribut aufgeschlagen.

Die Initiative errechnet sich durch das Attribut Geschick und erlaubt bei hoher Ausprägung mehrere Aktionen in der Runde.

In einem Setting, welches darauf ausgelegt ist, die andere Bande möglichst über den Haufen zu ballern, ohne selbst ins Gras zu beißen, dürfen natürlich Regeln für bestimmte Schussmanöver nicht fehlen. Davon finden sich einige in den sogenannten Expertenregeln, die meisten sind jedoch einfach nur darauf ausgerichtet, mehr Schaden in kürzerer Zeit zu erzielen. Unter dem Anspruch eines Mikromoduls erwarte ich auch genau das und nicht ausgefeilt komplexe Feuerstoßregeln. Gefällt!

Charaktererschaffung

Die Erschaffung kann nach zwei Gesichtspunkten geschehen. Entweder erwürfelt man die vier Attribute Kraft, Geschick, Wissen und Persönlichkeit mit einem W10 und bestimmt aus einer Tabelle die tatsächliche Höhe des Attributes oder verteilt 20 Punkte mit einer Werteskala von 3 bis 7 auf die Werte.

Darauf bauen Berufe auf, die Modifikatoren auf die Attribute geben. Hier gibt es die Wahl aus 12 Ausprägungen, zu denen die Klassiker wie Soldat, Bardame oder Revolverheld gehören. Einige weitere Werte können nun errechnet werden. Als vorletzten Schritt wählt man Fertigkeiten. Dazu erhält man einen vom Attribut Wissen abhängigen Pool und kann die Punkte verteilen. Die Liste der Fertigkeiten ist groß, aber alle erscheinen mir anwendbar in diesem Setting. Das ist wichtig, denn nichts ist schlimmer, als Fertigkeiten, mit denen man nichts in einem OneShot anfangen kann.

Abschließend gibt es noch Ausrüstung wie Waffen etc. zu kaufen. Ein Pferd, nebst Sattel und Tasche bekommt jeder Charakter geschenkt. Gehört ja wohl auch zwingend dazu, möchte ich meinen!

Spielbarkeit aus Spielleitersicht

In den Augen einer Spielleitung punkten hier vor allem zwei Merkmale: a) Regeln und das Setting sind leicht und kurz, ich kann also alles im Kopf behalten – und b) es wird einen Heidenspaß machen, dabei zuzusehen, wie die beiden Spielerbanden sich versuchen gegenseitig davon abzuhalten, zuerst an das Geld der Bank zu kommen und sich dabei auf diverse Arten über den Haufen schießen.

Das Setting ist gut genug beschrieben, dass ich mich als SL sattelsicher fühle. Einzig und allein die benötigten acht Spieler sind nicht immer zu finden. Zusätzlich benötige ich zwei räumlich getrennte Tische und muss immer hin und her wechseln. Aber der Aufwand ist es mir wert. Das Modul schlägt dafür Lösungen vor, damit alle auf ihre Kosten kommen

Ich werde mir ein paar Freunde einladen, zwei Flaschen Whiskey auf den Tisch stellen, etwas Tumbleweed hereinrollen, einen der großen Western mit Ihnen zusammen im TV schauen und dann das Modul spielen. Ich gehe fest davon aus, dass wir alle viel Spaß haben werden!

Spielbarkeit aus Spielersicht

Eines darf ich hier nicht. Trauern, wenn mein Charakter einem anderen vor die Flinte läuft und das Zeitliche segnet. Geschieht das recht früh im Verlauf des Bankraubs, laufe ich Gefahr, mich als Spieler zu langweilen. Hierfür gibt es keine Lösung im Setting. Ich schlage vor, den anderen schlicht zuzuhören und daraus den Spaß zu generieren.

Die Regeln sind leicht durchschaubar, lediglich am Anfang in der Charaktererschaffung scheinen die verschiedenen abgeleiteten Werte etwas wirr zu sein und benötigen zweifaches Lesen. Also – W10 auf den Tisch, das Glas Whiskey gut gefüllt und den Revolver durchgeladen!

Preis-/Leistungsverhältnis

Knapp unter 6 EUR, voll farbig, durchdacht, gut erweiterbar und sinnvoll für acht Spieler, die es aber dann auch nur einmal spielen können. Wieso nur einmal? Weil der Twist, auf den ich nicht weiter eingehen möchte, durchaus einschneidende Wirkung haben wird. Andererseits verändert sich dieser Twist bei jedem Spiel. Also ziehe ich diesen Kritikpunkt zurück.

Steht man auf Western und liebt spontane Runden mit viel Action, ist man hier goldrichtig.

Bonus/Downloadcontent

Auf der Website des Mantikore Verlags finden sich die wichtigsten Tabellen und Karten des Moduls in einem pdf zum Download: Klick

Fazit

Ein kleiner schneller Western, der unkompliziert zwei Banden gegeneinander hetzt. Die Idee ist wirklich gut. Frische spontane Spielrunden auf Conventions sind vor allem nachts sehr beliebt und wie oft habe ich Spieler getroffen, die gern etwas geleitet oder gespielt hätten, aber nur Runden fanden, die schon voll waren oder zu komplexe Regeln beinhaltet hätten. Hier versammeln sich ganze acht Spieler für gute vier Stunden und erleben actionreiche und witzige Momente.

Dazu noch der Informationsgehalt, die Darbietung und der Preis? Alles richtig gemacht, Mantikore. Bitte demnächst ein Science-Fiction Setting, das erobert mein Herz dann noch stärker.

Daumen4Maennlich

Artikelbild: Mantikore Verlag 

 

 

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