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Es ist jetzt etwas über ein Jahr, dass ich für die Teilzeithelden schreibe, und es macht mir eine Menge Spaß. Ich habe eine Menge Informationen erhalten, vor allem über die Rollenspielszene. Was sie ausmacht, wie sie denkt und tickt. Ihre Licht- und Schattenseiten. Und an manchen Stellen eben fehlt mir das Verständnis. Warum sind manche Rollenspiele in meinen Augen so überteuert? Warum gibt es keine ordentliche Übersetzung von diesem und jenem  Quellenbuch? Wieso dauert es so lange, bis  ein Buch endlich im Handel ist? Alles Probleme, die immer wieder den Verlag als Ursache haben. Und um endlich einmal Antworten auf meine Fragen zu bekommen, habe ich mir vorgenommen, einen solchen zu besuchen. Nachdem mich ein Verlag aus Heidelberg immer wieder vertröstete, suchte ich weiter und wurde bei 13Mann fündig. Dort nahm man meine Anfrage nach einem Besuch mit Begeisterung auf.

Der 13Mann Verlag ist vor allem durch die deutschen Übersetzungen zu Rolemaster und Traveller bekannt. Rolemaster ist eines der klassischen Fantasy-Systeme. Das Spiel gibt es seit 1980 und seit 2006 übernahm 13Mann die Übersetzung.  Es ist deswegen so bekannt, weil es viele Rollenspieler abschreckt. Rolemaster gilt als eines der umfangreichsten und detailliertesten Rollenspiele. Scherzhaft wird es auch oft Rulemaster genannt – das Spiel der 1000 Tabellen. Traveller ist noch einen Tick älter. Wie ich kam es im Jahr 1977 in die Welt und gilt damit als eines der ersten Rollenspiele überhaupt. Es ist ein Science-Fiction-Spiel und wird seit 2008 von 13Mann übersetzt und vertrieben. Im Jahr 2011 veröffentlichte der Verlag Aborea, ein hauseigenes regelarmes Fantasy-Rollenspiel, welches sich sehr großer Beliebtheit erfreut und 2012 bereits in der 2. Auflage erschien. Als nächstes vertreibt 13Mann Heredium, ein Rollenspiel, das nach einer Naturkatastrophe spielt, die das Antlitz unserer Welt verändert hat. Zum Verlagsrepertoire gehören darüber hinaus noch einige Romane und Apps.

Schnee am Rheinufer
Schnee am Rheinufer

Voller Vorfreude fuhr ich also quer durch den Pott nach Düsseldorf. Diese Vorfreude wurde auch nicht getrübt durch die wirklich unglaublich schlechten Rahmenbedingungen. Schnee und Berufsverkehr zum Wochenende haben die Fahrt zum Chaos werden lassen. Ich erreichte also mehr oder wenig pünktlich den Verlagssitz, direkt am Rheinufer gelegen. Als ich draußen noch einige Fotos machte, traf auch schon Daria Theisen ein. Sie ist beim 13Mann Verlag beschäftigt und kam gerade vom Bäcker. Nach einer herzlichen Begrüßung stapften wir also in den zweiten Stock. Hier trafen wir dann noch auf Sebastian Witzmann und Christian Klasen. Nachdem auch hier die Begrüßung sehr herzlich war, gingen wir in den Raum wo neben dem Handlager das wertvollste Gut des 13Mann Verlags stand. Die Kaffeemaschine! Wir begannen mit einem netten Plausch bei Kaffee und Brötchen.

Interview

Andy:  Wenn man so durch eure Büroräume stapft, muss man sich fragen, was ihr noch alles macht, außer 13Mann zu sein. Beschäftigt ihr hier noch andere Firmen?

Sebastian Witzmann:  Wir beschäftigen uns im weiteren Sinne mit Unterhaltung – daher entwickeln wir auch andere Spielformen und Unterhaltungsmöglichkeiten, wie beispielsweise Apps.

Andy: Toll, dass ihr auch gleich zu dritt hier seid. um euch meinen Fragen zu stellen. Aber wollt ihr euch nicht kurz unseren Lesern vorstellen? Und auch die, welche grade nicht da sind, aber für den 13Mann Verlag wirklich wichtig sind. Nennt doch bitte  einmal euren Namen, eure Aufgabe im Team, euer aktuelles Lieblingssystem sowie euer aktuelles Lieblingsalbum.

Sebastian Witzmann : Im Moment bin ich insbesondere mit der Erstellung von neuen Inhalten beschäftigt. Am liebsten spiele ich tatsächlich ABOREA. Derzeit bin ich in einer regelmäßigen Runde und erlebe ABOREA als Spieler in der Auslegungsform des Spielleiters.  Das ist für mich aus vielen Gründen heraus spannend. In Sachen Musik bin ich sehr variabel – derzeit laufen in meiner Playlist Silbermond, Mumford & Sons, Muse und immer wieder mal Klassik.

Daria Theisen: Produktmanagement & Postausgang. Meine Lieblingssysteme sind Rolemaster und Aborea- ich kann mich nicht entscheiden, welches meine Nummer 1 ist. Es sind beides wundervolle Systeme, aber im Endeffekt kommt es ja auf den Spaß an, den man beim Spielen hat. Ein Lieblingsalbum hab ich nicht, aber es gibt da eine Reihe an Künstlern, die mir gut gefallen: VNV Nation, Finntroll, Punchline, Sonata Arctica, Lana del Rey, The Corrs und noch einige mehr…

Christian Klasen: Leider komm ich sehr selten zum Spielen, wenn dann tauche ich aber in die Welt von Aborea ein. Aber aktuell eher seltener. Bin vor einem Jahr zum Team von 13Mann gestoßen und kümmere mich um neue Produkte, Lizenzen und Märkte. Vor allem aber wie wir unsere Produkte mit digitalen Inhalten ergänzen können, so dass das Spielen noch mehr Spaß macht. In meiner Playliste laufen gerade Nickelback, Daughtry, 30STM und Papa Roach rauf und runter. Aber  das eine oder andere Hörbuch schleicht sich ab und zu in meinen Recorder.

(v.l.n.r.) Daria, Christian, Sebastian und Andreas
(v.l.n.r.) Daria, Christian, Sebastian und Andreas

Andy:  Man hat jetzt nicht unbedingt den Eindruck, dass ihr Arbeitskollegen seid. Ich fühle mich hier eher wie  unter Freunden. Woher kommt die gute Stimmung und das gute Klima?

Sebastian Witzmann: Das ist kein Produkt von Planung, sondern eher von der Einstellung aller zur Sache und dem Umgang untereinander abhängig.

Andy:  Wie kamt ihr überhaupt dazu, mit Rollenspielen Geld zu verdienen? Lag das an eurer persönlichen Rollenspielkarriere?

Sebastian Witzmann: Geld verdienen ist natürlich relativ. Hier spielen auch viele andere Faktoren eine Rolle. Tatsächlich spielt man meistens weniger, wenn man beginnt es beruflich zu betreiben. Das erinnert mich immer an Mark Twains Tom Sawyer, als er den Zaun streichen muss. Am Ende des Kapitels resümiert Mark Twain und erklärt anhand des Bergführers, dass es für die Geführten ein Hobby ist, für den Führer aber ein Beruf. Natürlich versuchen wir uns immer den Spaß des Hobbys zu erhalten. Aber es leidet darunter.

Andy:  Was ist euch persönlich beim Rollenspiel wichtig?

Sebastian Witzmann: Dass es die bisher imposanteste und immer noch verkannteste Spielform überhaupt ist.

Andy: Bei Übersetzungen ist es immer schwierig, eigene Träume einfließen zu lassen. Da du, Sebastian,  aber nun auch ein eigenes Rollenspiel entwickelt hast, worauf hast du besonders geachtet? Was willst du weitergeben?

Sebastian Witzmann: Träume fließen da nicht sonderlich mit ein. Es geht mir vielmehr um die Essenz der Rollenspiele. Diese sind die derzeit schönsten Spiele. Wer erinnert sich noch an sein Backgammon-Spiel von vor drei Jahren? Wer weiß noch, wie die Runde Monopoly abgelaufen ist? Aber jeder kennt noch die Story, schwelgt in schönen Erinnerungen, wenn er an seine Rollenspielrunden zurückdenkt. Das kann nur ein Rollenspiel leisten: Bleibende, gemeinsame Erinnerungen. Wertvolle Zeit. Jede andere Spielform steht hier meines Erachtens zurück. Damit diese Kernfunktion des Spiels auch verstärkt wird, ist es wichtig, so wenig Regeln wie möglich zu haben. Denn diese Momente sollen nicht durch Regel(diskussionen) gehemmt werden. Natürlich sind immer noch Regeln da – aber die dienen der ebenfalls wichtigen Komplexität. Dabei dürfen nicht die Regeln komplex sein, sondern nur das Spiel. Daher war mir wichtig, den Spielern nur die Werkzeuge an die Hand zu geben. Man kann beispielsweise Zauber kombinieren, muss überlegen, wie man taktiert – und das mit einfachsten Mitteln. Ein umfassendes Zauberbuch klingt erst mal verlockend – ui, toll, 2.500 Bilder und Texte… 300 Seiten Magie – aber es nimmt uns auch die eigene Kreativität ein Stück weg. Denn der Autor hat sich für uns schon die Kombinationen ausgedacht. Daher sind einfache Regeln häufig spielkomplexer als umfangreiche Regeln. Die beweisen eigentlich nur, dass man viel auswendig gelernt hat. Keine bemerkenswerte Leistung und kein Garant für wertvolle Spielzeit. Das ist meine ganz subjektive Meinung.

Den Tisch voll mit Arbeit...
Den Tisch voll mit Arbeit…

Andy:  Wie sind die weiteren Pläne von 13Mann? Es gibt vermehrt Romane. Was wird es noch geben? Brettspiele, Kartenspiele?

Sebastian Witzmann: Wir planen in alle Richtungen. Und wir schließen nichts aus. In der Tat haben wir sogar seit vielen Jahren ein sehr reifes Brettspiel in der Schublade zum Beispiel liegen. Vielleicht…

Andy:  Es gibt einige, die erwarten sehnsüchtig die deutsche Übersetzung von Fallen Reich. Magst du mal kurz anreißen, worum es da geht, und wann wir damit rechnen können?

Sebastian Witzmann: Hier fällt es schwer, die Gratwanderung hinzubekommen, denn der große Reiz ist die Spielwelt und wenn man hier zu viel berichtet, dann verliert sie zugleich an Überraschung. So viel aber kann man erzählen: Man spielt einen Charakter, der Teil einer Spezialeinheit einer geheimen britischen Organisation zur Zeit des Dritten Reiches ist. Dabei kann man Archäologe, Krankenschwester, Händler oder sonst jemand sein. Man wird hinter der Front und überall auf der Welt eingesetzt. Allerdings sollte man nicht den Titel einfach als gefallenes Reich interpretieren – hier geht es um viel mehr und nicht um Nazis. Man ist auf der Spur von Okkultem und Unerklärlichem. Eine spieltechnische Besonderheit ist, neben den sehr griffigen Regeln, die Charaktererstellung mittels Brettspiels. Fallen Reich soll so schnell wie möglich erscheinen, aber es gibt immer noch Bedenken auf Grund der Symboliken im Spiel und es läuft noch eine Unbedenklichkeitsprüfung.

Andy:  Ihr habt ja nun ein breites Spektrum an Genres im Rollenspiel. Warum dann noch ein Spiel, angelehnt an Traveller, in Form von Invasion 2071?

Sebastian Witzmann: Für Traveller kann man nicht genug Hintergründe haben! Spaß beiseite: Rouven und Tobias haben da einen umfassenden Kampagnenhintergrund liebevoll geschaffen. Wir finden ihn sehr spielenswert.

Andy:  Die Aktion Abenteuer gegen Buch habt ihr ja bei Traveller begonnen. Werdet ihr sie bei den anderen Systemen fortsetzen? Böse Stimmen sagen: „Billiger bekommen die kein Material“.

Sebastian Witzmann: Das muss man die Kirche im Dorf lassen. Alle Kenner der Branche wissen, dass das nicht billiger, sondern sogar teurer ist. Es sind Mini-Abenteuer, die im Zweifel groß belohnt werden . Unsere Intention ist die Förderung der Kreativität und des Spiels.

Daria im Telefonstreß
Daria im Telefonstress

Andy: Es wird ja oft geschimpft, dass einige Produkte sehr teuer sind. Deswegen werden sie auch sehr gern kopiert und im Netz von Filesharing Plattformen gezogen. Ich sehe nun natürlich, wie kostenintensiv so etwas sein kann. Wie setzen sich Kosten für ein Rollenspielprodukt eigentlich zusammen? Wie bemüht ihr euch, die Preise zu kalkulieren und möglichst interessant zu halten? Grad an Aborea dürftet ihr doch eigentlich kaum etwas verdienen?

Sebastian Witzmann: Wir wollen Rollenspiele wieder und mehr bekannt machen. Zu diesem Zweck investieren wir. Irgendwann kann sich das lohnen. Man hat eine Menge an verschiedenen Aufwandspositionen, die gerne schnell übersehen werden. Eine nicht abschließende Liste wären: Konzeption, Text, Fachlektorat, Sprachlektorat, Layout, Illustration, Projektmanagement, Kontrolle, Druck, Lieferungen, Verpackungen, Distribution, Finanzierung, Lagerung, Kundendienst, Marketing & Vertrieb und und und… Wenn man ein Buch erstellt, dann mag man da noch eine Menge unter den Tisch fallen lassen können. Aber wenn man zig Publikationen pro Jahr hat, dann sieht die Welt anders aus. Ein Buch nimmt man mal schnell mit zur Messe und stellt es auf einen Klapptisch. Das geht bei uns schon lange nicht mehr und wir haben einen riesigen logistischen Aufwand. Mal eben was aus der Lagerhalle holen, geht auch nicht – mein Wagen hat mehr als einmal schon aufgesetzt . Wir arbeiten schon immer am Limit des Möglichen. Jeder Kostenpunkt wird ständig überprüft und versucht zu reduzieren. Aber auf der anderen Seite wollen wir auch eine möglichst hohe Qualität. Das beides zusammen nicht geht, sollte jedem klar sein. Unsere Bilanzen – wie die jedes Verlages –  sind im Web einsehbar. Da kann man auch gut ablesen, dass wir wirklich investieren.

Andy: Nachdem ihr mir meine Fragen nun beantwortet habt, habe ich noch einige Fragen unserer Leser mitgebracht. Es wäre toll, wenn ihr ihnen auch Rede und Antwort stehen könntet. Unser Leser Tony S. würde gerne wissen wie es denn mit T5 aussieht, also der nächsten Version von Traveller. Ihn würde auch interessieren, ob es ein Ringbuch geben wird oder ob es auf 2 Hardcover aufgeteilt wird.

Sebastian Witzmann: Im 13Mann-Forum gibt es dazu bereits eine Diskussion. Entschieden ist da noch nichts. T5 läuft bei uns parallel zum sogenannten MGT (Mongoose Traveller). Wir planen unsere Spielmaterialien dann direkt für beide Systeme immer auszuarbeiten.

Andy: Daniel G. interessiert es, wie es denn mit Rolemaster weiter geht. Es soll in Amerika eine neue Version erscheinen. Werdet ihr sie ebenfalls übersetzen und damit die nun aktuelle  Version ablösen?

Sebastian Witzmann: Wir verfolgen die Entwicklung mit großem Interesse und stehen auch in regem Kontakt. In Produktion sind derzeit nur Bücher und Abenteuer für die aktuelle Version. Es existieren auch noch keine konkreten Pläne zu der anderen Version.

Andy: Zuletzt würde gern Mero W. Wissen, wieso ihr in Aborea die Zauber so aufgeteilt habt, wie sie nun vorhanden sind. Er hat den Eindruck gewonnen, dass sie zufällig aus dem Hut gezogen wurden und eben nach diesem Prinzip verteilt wurden.

Sebastian Witzmann: Die Zauberlisten haben eine sehr lange Entstehungsgeschichte aufzuweisen. Die einzelnen Formungen stehen nicht ohne Grund auf den Listen. Die Motive sind dabei im Hintergrund zu suchen (also welche Art der Magie wird hier weiterentwickelt), ungenannte Einflüsse (Schulen, Zirkel und andere Einflüsse) und in der Spielbarkeit (Balance und Herausforderung). Die Zauber bergen eine Menge Potential – wenn man sich mit ihnen beschäftigt. Viel Spaß beim Experimentieren!

Fazit

Ich habe meinen Besuch bei 13Mann sehr genossen und mich pudelwohl gefühlt. Natürlich kann man über die Produkte streiten, und das tun wir ja in den Foren immer sehr gerne. Aus meiner Sicht stimmt die ganze Philosophie des Verlags einfach.

Nach dem informativen Gespräch verabschiedete ich mich  und fuhr wieder nach Hause, nachdem ich noch einem Überfall durch den Parkhaus-Automaten über mich ergehen lassen musste. Mit diesen zahlreichen Informationen und Impressionen wurde mir sehr geholfen und ich sehe einige Dinge nun etwas anders. Trotzdem  möchte ich noch  andere Verlage besuchen. Vielleicht meldet sich ja einer bei mir.

 

 

4 Kommentare

  1. Schön, die Leute von 13Mann auch mal „kennenzulernen“ und einen Blick in ihr Allerheiligstes zu werfen :) Die machen einen netten Eindruck, so von dem, was ich gelesen habe hier. Auch die Infos sind sehr interessant, das verfolge ich mal weiter. Danke Andy.

  2. Hallo Jens,
    ja, der Besuch war für mich auch ein echter Gewinn. Zum einen die Leute als Rollenspieler in meinen „Bekanntenkreis“ integrieren zu können, und auch das Verlagswesen einmal bestaunen zu dürfen.
    Ich bin sehr gespannt dann auf den nächsten Verlagsbesuch den ich machen werde.
    Andy

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