Die Einsamer-Wolf-Reihe von Joe Dever ist ja bereits seit etwas längerer Zeit unter Lizenz des Mantikore Verlags. Während Band 12 vor kurzer Zeit veröffentlicht wurde, widmet sich diese Rezension dem neunten Band „Die Ruinen von Zaaryx“.
Inhaltsverzeichnis
Erscheinungsbild
Auf knapp unter 350 Seiten finden wir ein spannendes Solo-Abenteuer des Kai-Lords, des letzten Überlebenden seiner Art nach dem Angriff der dunklen Lords. Cover und Papier bestechen durch eine gute Qualität, der Druck ist scharf und gut lesbar.
Mit seiner Seitenanzahl ist das Buch nicht allzu schwer und lässt sich gut abends auch im Bett lesen. Während des Lesens wird man sich angewöhnen, mit zwei Lesezeichen zu arbeiten (und seien es nur die dazwischen geklemmten Finger). Eines für die Stelle, bei welcher man gerade war, eines für die Stelle zu der man springt. Wieso zwei? Weil man immer wieder zu bestimmten Orten zurückkehren kann, wie z.B. dem zentralen Platz eines Dorfes. Leider ist im Buch selbst nicht mal ein Lesezeichen mitgeliefert.
Die Illustrationen im Inneren wissen durch ihren Stil zu überzeugen, seltenst fand ich Bilder, in denen die Proportionen oder die Perspektive nicht stimmten. Auch das vollfarbige Cover besticht durch eine gut in Szene gesetzte, nicht unwichtige Kampfsequenz aus der zweiten Hälfte der Geschichte.
Blättere ich das Buch auf, begrüßt mich eine Karte der Zone, in welcher die Geschichte stattfindet. Das gefällt gut und hilft auch bei der Orientierung während des eigentlichen Spielerlebnisses.
Die harten Fakten:
- Broschiert: 348 Seiten
- Verlag: Mantikore; Auflage: 1 (7. März 2012)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3939212156
- ISBN-13: 978-3939212157
- Preis: 14,95
- Bezugsquelle: Amazon (Klick)
Handlung
Schlüssel zum endgültigen Sieg über den schwarzen Lord, den Erzfeind, sind die sogenannten Weisheitssteine. Drei sind bereits erlangt, nun fehlt der vierte. Den Spuren zufolge verbirgt er sich tief in einer unterirdischen Stadt, dort, wo einst die Vorfahren der Einwohner des heutigen Landes Magnamund lebten.
Doch rücken die Truppen des Feindes immer weiter voran und vernichten alles, was ihnen dabei im Weg steht. Die Ruinen von Zaaryx verbergen sich unter der Stadt Tahou, die direkt auf dem Weg des feindlichen Heeres liegt und erste Späher wurden bereits gesichtet. Die Zeit drängt also.
Auf dem Weg zum Ziel begegnen dem Einsamen Wolf Flüchtlinge, skeptische Soldateneinheiten und andere Bedrohungen. Oft zeigt sich dabei, dass heldentypische Güte nicht immer der sichere Weg ist, aber helfen kann, wichtige Informationen zu bekommen – zu einem gewissen Preis.
Letztendlich angekommen in der Stadt Tahou, beginnt ein schwieriges Unterfangen, denn die Einwohner sind skeptisch gegenüber Neuankömmlingen und die Vorbereitungen für die Schlacht sind in vollem Gange. Möglicherweise könnte der Senat sogar versuchen, den Einsamen Wolf an den Feind auszuliefern – als Unterpfand, um die Stadt nicht zu verlieren.
Eine turbulente Reise beginnt, die über Umwege und NSCs letztendlich unter die Stadt führt. Auch dort gibt es noch Leben, bedrohlich und feindselig oder einfach nur fremdartig und mystisch. Ist der Stein letztendlich geborgen, was sich als verhältnismäßig leicht herausgestellt hatte, beginnt die echte Herausforderung.
Wenn unser Held die Katakomben und Ruinen verlässt und wieder an das Tageslicht kommt, findet er die Stadt brennend und unter Angriff vor. Ab jetzt wird es richtig gefährlich für den Protagonisten.
Solo-Abenteuer jedweder Art sind immer Railroading, schon alleine durch die pure Art des Machwerks. Das liegt in der Natur der Dinge und wirkt sich hier nicht negativ aus, denn die Chancen abzuzweigen waren immer jene, die ich auch gewählt hätte.
Die Möglichkeiten, die einem das Buch bietet, sind vielfältig, ich habe aber nicht jede Abzweigung genommen. Oft habe ich als weiser und gütiger Mönch agiert, am Ende bleiben einem jedoch die richtig harten Kämpfe nicht erspart. Hart deswegen, weil man schneller im Dreck liegt, als gedacht. Ordentlich ausgerüstet sollte man sein und auch die passenden Sonderfertigkeiten haben.
Es passieren wirklich viele spannende Dinge, die ganze Welt scheint einem feindlich gesonnen zu sein, an jeder Ecke lauern Bedrohungen und überall muss der Spieler mit Verrat rechnen. Mir gefiel, was ich erlebt habe sehr gut, das kann ich nicht anders sagen.
Anschließend an das Hauptabenteuer gibt es noch einen Exkurs mit dem Dieb Sogh, den man an einer entscheidenden Stelle im Abenteuer trifft. Hier kann man etwas mehr über ihn erfahren.
Regeln
Die Regeln von Einsamer Wolf sind sehr einfach und schnell lernbar gehalten. Der Charakter hat zwei führende Werte. Der eine ist seine Ausdauer, also die Menge an Erschöpfung oder Schaden, die er erleiden kann, der andere ist Kampfstärke. Auf letztere wirken sich Waffen aus.
Kommt es zum Kampf, die einzige Situation, die einen Wertvergleich benötigt, wird auf einer Tabelle der sogenannte Kampfquotient ermittelt. Dieser bestimmt dann mit Hilfe einer ermittelten Zufallszahl von 0 bis 9 den Treffererfolg und auch den Schaden.
Als Kai-Lord beherrscht der Spielercharakter auch einige Spezialfähigkeiten, die sogenannten Disziplinen. Diese helfen im Kampf oder bei anderen Situationen. Das Kampfsystem ist übrigens sehr schnell sehr tödlich. Also überschätzt eure Chancen nicht…
Ausrüstung wird sehr klassisch im Rucksack getragen und ist auf 8 Gegenstände, zwei Waffen und sogenannte Spezialgegenstände beschränkt.
Die Regeln behindern den Spielfluß nicht und wer keinen D10 zur Hand hat, kann eine Zufallstabelle am Ende des Buches nutzen.
Hat man die vorherigen Bücher gespielt, kann man den Charakter weiterführen und bekommt eine neue Disziplin.
Schreibstil
Eines muss ich dem Buch zugestehen. Die Texte sind wirklich gut geschrieben. Sie erzeugen binnen Bruchteilen einer Sekunde bei mir plastische Bilder der Szenen und Umgebungen. Auch die Atmosphäre der unterirdischen Stadt in Ruinen, wie auch die generelle Kriegsatmosphäre, ist sehr gut eingefangen. Hier tut sich eine wahre Stärke der guten Übersetzungen auf.
Anzumäkeln, weil nicht zeitgemäß, sind die Namen von Personen und Orten. Sie klingen ein wenig wie aus den 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Aber: Das ist auch der avisierte Stil der Spielbücher und passt somit ins Konzept. Vermutlich wirkt begünstigend auch die gerade aktive Welle der sogenannten Old-School-Rollenspiele. Begründet sind diese Bezeichungen schlicht in der Zeit, in der die Bücher original entstanden sind.
Die Namen ruinieren die Atmosphäre des Buches nicht, aber ich stolperte immer wieder darüber.
Preis-/Leistungsverhältnis
14,95 EUR kostet das Spielbuch im preisgebundenen deutschen Druckwerkhandel. Dafür war ich einige Stunden beschäftigt und habe nicht jede kleine Chance wahrgenommen. Bedenke ich, dass ich bis zu 60 EUR heutzutage für ein Computerspiel ausgebe, welches ich in 6 Stunden durchgespielt habe, halte ich den Preis für fair.
Natürlich kann man das Buch auch zu zweit spielen – einer liest vor, der/die andere entscheidet, was getan wird.
Bonus/Downloadcontent
In der Downloadkategorie der Seite des Mantikore Verlages kann man den Charakterbogen, wie auch das Aktionsblatt herunterladen. Ebenso findet man dort auch die Karte.
Fazit
So ungewohnt es klingt, ich habe den Schrecken des Krieges und den Abstieg in die Dunkelheit sehr genossen. Ein wenig genervt war ich zwischenzeitlich vom starken Hin– und Herblättern.
Vermutlich hätte man mit dem Vorsatz, die Kapitel so anzuordnen, dass man nicht direkt sieht, was als nächstes passiert, aber auch nicht zu viel blättern muss, noch etwas Komfort gewonnen. Aber wer sich schon einmal mit komplexen geordneten Systemen beschäftigt hat, weiß, wie schwer das ist.
Der Schreibstil ist gut, die Regeln sind schnell lernbar. Gefallen hat es mir auf jeden Fall und genau genommen bin ich schon sehr gespannt, wie es weitergeht. Auf jeden Fall gefiel es mir besser als der Vorgänger.
Artikelbild: Mantikore Verlag