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Monsters by Email ist ein ungewöhnliches Projekt, welches wir schon seit einigen Monaten beobachten. Interessierte können sich In ein Abonnement einschreiben und bekommen dafür monatlich hochauflösende gezeichnete Bilder von phantastischen Kreaturen. Diese können dann in den eigenen Spielrunden benutzt werden. Der Zeichner Nicholas Cloister liefert nicht nur das Artwork, sondern auch Beschreibungen zu Habitat, Verhalten und auch abstrakte Spielwerte.

Dadurch werden die Kreaturen nicht nur in freieren Rollenspielen wie zB FATE benutzbar, sondern lassen sich auch leicht in vorhandene Regelsysteme transferieren. Uns hat dieses Projekt so sehr beeindruckt, dass wir keine Mühen gescheut haben, den schwedischen Artisten zu interviewen.

Die Projekt-URL: http://monstersbyemail.com/

Das Original-Interview in Englisch kann hier als pdf heruntergeladen werden.


Annika Lieber Nicholas, bitte stelle Dich einmal unseren Lesern vor: Wer bist Du? Wo wohnst Du? Wie alt bist Du (usw.)

NicholasCloisterNicholas: Mein Name ist Nicholas Cloister und ich lebe in in einer ländlichen Gegend im Westen Schwedens. Zusammen mit der Frau meines Herzens und unserer Tochter bewohne ich dort ein Haus an dem See Fryken. Ich bin 41 Jahre alt und neben Kunst und Fantasy habe ich auch ein großes Interesse an Mystik, Meditation, Musik und ich liebe es zutiefst durch die Natur zu streifen. Ich bin der typische langhaarige, bärtige Halbintellektuelle mit einer Liebe zu Progressive Metal und Dunkelbier. Ich musste erst 37 werden, bis ich einen Grund fand, den Führerschein zu machen, und ich halte mich immer an die Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Annika: Bitte erzähle uns etwas von dem Projekt „Monsters by email“. Was ist es und wie funktioniert es?

Nicholas:  Das ist der Name des Projekts, in das ich derzeit all meine Energie und Kreativität investiere. Ein Digitalkreaturen-Abo für 2,50$/Monat, welches im Gegensatz zu einem herkömmlichen Bestiarium ausschließlich Profiqualität bietet, hochauflösende Bilder, und originale Kreaturendesigns. Diese gehen einher mit RPG-adaptierten Kreaturenbeschreibungen, systemneutralen Kreaturenwerten und mit Vorschlägen wie die Kreaturen in eure Kampagnen eingebaut werden könnten. Um das Ganze noch weiter auszuarbeiten, habe ich zudem kommentierte Schritt-für-Schritt-Fotos vom ganzen Entwicklungsprozess beigefügt, die als kleine Zeichenlektion für diejenigen dienen kann, die sich auch selbst fürs Kreieren und Zeichnen von Kreaturen interessieren. Darüber hinaus erhalten Abonnenten das nicht-exklusive Recht, einige der Kreaturen (etwa die Hälfte, also 4-6 pro Jahr) die sie von “Monsters by Email” erhalten, weiter zu veröffentlichen. Ich schlage vor, ihr schaut euch die freien Downloads auf monstersbyemail.com an um ein besseres Bild davon zu bekommen, was euch erwartet. Bisher haben sich schon Rollenspieler, Künstler, Herausgeber und Kreaturenfans im Allgemeinen registriert

CronLychma
CronLychma

 Annika:  Wie kamst Du auf die Idee dazu?

Nicholas: Ich schätze, mein Verstand suchte nach einem Weg, wie ich meinen Unterhalt mit dem verdienen könnte, was ich am liebsten tue – und heraus kam diese Idee. Ich glaube sie ist es Wert verfolgt zu werden und das Feedback war bisher sehr gut. Nachdem ich jetzt genug Aufmerksamkeit gesammelt habe, bin ich in der Position, mit den Abonnements wirklich zu starten.

Annika: Woher nimmst Du die Inspirationen für deine wunderbar bedrohlichen und fremden Wesen?

Nicholas: Ich bin nicht sicher woher die Inspiration kommt. Schon mit jungen Jahren fühlte ich mich mehr zu Geschichten von Drachen und Rittern hingezogen als zu solchen, die in der realen Welt spielten. Als Jugendlicher begegnete ich dann den traditionellen RPGs und tauchte schnell in diese Welt ein. Als Spielleiter war ich immer versucht, der Einbildungskraft der Spieler mehr Futter zu geben und begann eigene Zeichnungen der Kreaturen und Charaktere einzubeziehen. Als Künstler finde ich es eine tolle Herausforderung eine fiktive Gestalt ins Leben zu rufen. Der dynamische Prozess von der ideenlos leeren Leinwand hin zu einer neuen Kreatur ist einfach sehr interessant und lohnend. Üblicherweise weiß ich nicht wo es endet – hey, das ist ein Abenteuer in sich, wenn auch nicht ganz so lebensgefährlich wie bei den Abenteuern der Charaktere.

Annika: Mit welchen Softwarelösungen arbeitest Du und warum?

Nicholas: Ich habe es mit verschiedener Software versucht, aber ich bevorzuge Adobe Photoshop und das ist für gewöhnlich alles, was ich benutze. Photoshop ist schneller und in meinen Augen logischer aufgebaut, als seine Konkurrenzprodukte. Mit CS5 und CS6 Photoshop wurde etwas eingeführt, dass man „mixer brushes“ nennt, welche meiner Meinung nach (auch wenn ich sie selten benutze, während ich Kreaturen einfärbe) die Software auf einen neuen Level des digitalen Malens bringt. Wenn ich Innen- und Außenbereiche zeichne, benutze ich manchmal Google Sketch-Up für die Entwürfe, zusätzlich verwende ich auch InDesign und Dreamweaver für Veröffentlichungen. Ich habe es auch schon mit Zbrush versucht, welches ich für ein fantastisches Programm halte, aber ich ziehe Zeichnen dem 3D-Modelling definitiv vor.

NeNundar
NeNundar

Annika: Wie bist Du zum Zeich­nen gekommen?

Nicholas: Ich würde hauptsächlich Fantasy Rollenspiele dafür verantwortlich machen. Ich war auch einige Zeit in den frühen Neunzigern arbeitslos, was mir die Gelegenheit gab, meine Fertigkeiten zu verbessern, so dass ich für Hersteller von Rollenspielen arbeiten konnte – und kurze Zeit später ging ich auf die Kunstschule. Ich habe dann ein Jahrzehnt damit verbracht nicht-figurliche Kunst zu produzieren, bevor es mich wieder in die Gefilde der Fantasie zog.

Annika:  Hast Du eine Ausbildung oder ein Studium im zeichnerischen/grafischen Bereich absolviert oder hast Du Dir alles selber beigebracht?

Nicholas: Ich war vier Jahre auf einer traditionellen Kunstschule und habe dort Malen, Zeichnen und Druck gelernt. Ich hatte schon vorher das Zeichnen einigermaßen beherrscht, aber während dieser Zeit, die mir viel Gelegenheit zum Üben gab, habe ich Malen gelernt. Ich war keine übermäßig begabte Person was Kunst anging und habe mir alles über viele Jahre der Arbeit aneignen müssen – und tue es noch.

Annika: Als Vollzeitillustrator sein Geld zu verdienen ist ja recht schwierig. Ist das Zeichnen bei Dir ein Vollzeitjob oder ein Nebenjob?

Nicholas: Ich hatte und habe genug Angebote, um daraus einen Vollzeitjob zu machen, sollte ich das wollen, aber seit ich in Schweden lebe, habe ich alles abgelehnt, was weniger einbringt als eine durchschnittliche Tätigkeit hierzulande. Gute Angebote sind selten, deshalb habe ich für eine lange Zeit als Kunst- und Medienlehrer gearbeitet und nahm nur Angebote von Buchverlagen, wie auch einigen wenigen Rollenspiel- und Browsergame-Herstellern an, die bereit waren anständig zu bezahlen. In letzter Zeit war ich etwas träge bei der Neukundenakquise, da ich bereits mit meinen eigenen Projekten beschäftigt war. Wenn man in einem Land mit niedrigen Lebenshaltungskosten lebt, kann man als Fantasy-Illustrator dennoch ein gutes Geschäft machen – wenn nicht, muss man erst ganz an der Spitze ankommen, bevor man gut davon leben kann, und damit meine ich wirklich ganz oben. Für einen großen Computerspiele-Hersteller zu arbeiten ist vermutlich der sicherste Weg, mit Fantasy- und Sciencefiction-Kunst ein gutes Einkommen zu haben, aber, wer wie ich keine Lust hat, umzuziehen, für den sind solche Jobs keine echte Option.

Annika: Hast Du ein paar Tipps für unsere Leser, die mit dem Gedanken spielen, ebenfalls Illustrator zu werden? Welche Schwierigkeiten gibt es? Welche Erfahrungen hast Du gemacht?

Nicholas: Dazu könnte man sehr viel sagen und hätte trotzdem nur an der Oberfläche des Themas gekratzt. Zuallererst solltest du dir sicher sein, dass du wirklich Freude am Malen hast, nicht nur für eine Stunde dann und wann, sondern für 40 und mehr Stunden in der Woche, jede Woche. Dann stelle sicher, dass du damit umgehen kannst, den besten Teil deines Werks zu löschen und Dinge hinzuzufügen, von denen du der Ansicht bist, dass sie überhaupt nicht hineinpassen, denn Art Directors sind nicht immer deiner Meinung. Kurz gesagt, arbeite an deinen Fähigkeiten, deinem Durchhaltevermögen und deiner Kommunikationsfähigkeit. Eigne dir ein sehr gutes Englisch an und zaubere eine gute Portion Selbstmotivation und Geduld herbei. Zeichne, zeichne, zeichne… und zeichne noch mehr. Packe dann das Beste deiner Arbeit in so viele Online-Portfolios wie du finden kannst und versende Emails an so viele potentielle Kunden wie möglich, aber passe dein Portfolio jeweils deren Umfeld an. Überhaupt möchte ich ein Video des freiberuflichen Künstlers Clint Cearley mit dem Titel „Breaking into the Art Industry“ empfehlen. Er hat viel mehr freiberuflich gearbeitet, als ich es getan habe, aber ich teile seine Ansichten und viele seiner Erfahrungen in diesen Dingen. (Allerdings empfehle ich sehr, zur Kunstschule zu gehen, denn Kunst auf diese Weise zu erlernen, hilft dir, deinen Geist zu erweitern.)

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Ich selbst hatte meinen ersten Auftritt, indem ich Emails an skandinavische Buchverleger schickte. Einer der großen Verleger in Schweden wollte ein neues Cover für die Übersetzung eines englischen Fantasybuchs und aus irgendwelchen Gründen mochte er mein Portfolio und kontaktierte mich schließlich. Kurz darauf setzte sich Paizo mit mir in Verbindung um Kreaturen zu erarbeiten und Fantasy Flight Games um Karten entwerfen zu lassen. Das war vor einigen Jahren und mittlerweile haben sich meine Fähigkeiten als Künstler und als Freiberufler deutlich verbessert. Also, weshalb sollten diese alteingeführten Spielehersteller einen gänzlich unerfahrenen Freiberufler einstellen, um für sie zu arbeiten? Das wirst du wohl selber herausfinden müssen…

Annika:  An welchen Projekten hast Du neben „Monsters by email“ noch gearbeitet bzw. an welchen Projekten arbeitest Du grade?

Nicholas: Ich habe einen Blog, der sich “RPG-Creatures” nennt. Dabei handelt es sich um ein kostenloses Online Bestiarium aus über 40 Kreaturen mit Eigenschaften und Beschreibungen. (http://rpg-creatures.blogspot.com) Über diese Arbeit habe ich auch ein PDF Bestiarium als eBook herausgebracht, welches weitere neun buch-exklusive Kreaturen enthält. Du findest es über das Blog. An dem RPG-Creatures Blog zu arbeiten hat viel Spaß gemacht und ich habe dabei viel gelernt. Das Bestiarium wird von Rollenspielern auf der ganzen Welt verwendet und ich bin wirklich dankbar zu wissen, dass meine Kreaturen in allen möglichen Kampagnen und überall verwendet werden. Mittlerweile verwende ich das Blog als Informationskanal für mein MonstersByEmail-Projekt, aber all die originalen Kreaturen sind weiter dort. Also bitte, verwendet sie und freut euch über sie.

Annika: Hast Du ein Online-Portfolio, wo man sich Deine Werke angucken kann?

Nicholas: Mein offizielles Portfolio ist  http://cloister.se aber mehr von meinen Arbeiten findet ihr auf http://cloister.deviantart.com.

Neverenn
Neverenn

Annika: Arbeitest Du alleine an dem Projekt „Monster by email“ oder hast Du Unterstützung?

Nicholas: Ja, es ist ein Solo-Projekt und ich hoffe, auch weiterhin meine volle Aufmerksamkeit darauf verwenden zu können. Wenn es gut läuft, arbeite ich in der Zukunft vielleicht mit Übersetzern und dem einen oder anderen Gast zusammen, aber fürs Erste halte ich alle Schwerter selbst in der Hand. Einen Großteil derer, die ihr Interesse mit einem Abonnement gezeigt haben, trugen dazu bei, die Kunde über MonstersByEmail auf unterschiedlichste Arten weiterzutragen. Dafür bin ich sehr dankbar, denn selbst mit einem guten Produkt ist es sehr schwierig, alleine eine große Zahl von Interessenten zu erreichen. Ich möchte mich daher für die Einladung zu diesem Interview bedanken.

Annika: Wieviele Anfragen hast Du durchschnittlich für Deine Monster per mail?

Nicholas: Ich kann hier nicht ins Detail gehen, aber hunderte von Leuten haben sich dafür angemeldet und es sieht danach aus, dass es bald starten wird. Ich bewerbe das Projekt, in dem ich Beispiele auf Deviant Art, Facebook und einigen anderen Foren poste. Außerdem lasse ich einige wenige Anzeigen dann und wann laufen, aber ich habe ein sehr begrenztes Budget, deshalb ist jede Hilfe willkommen.

Vielen Dank!

Annika: Wir haben zu danken, Nicholas und wünschen deinem Projekt den verdienten Erfolg!

 

 

 

6 Kommentare

  1. Ich finde das ein ziemlich cooles Projekt. Man hat schicke Monster mit Hintergrund, die man in jedem RSP verwenden kann. Habe da auch auch mitgemacht und hoffe, dass es bald losgeht und dass noch so viele Leute mitmachen, dass ich meine Monster umsonst bekomme :)

  2. Kleiner, aber entscheidender, Übersetzungsfehler ;)

    „Dar­über hin­aus erhal­ten Abon­nen­ten das nicht-exklusive Recht, einige der Krea­tu­ren (etwa die Hälfte, also 4–6 pro Jahr) die sie von “Mons­ters by Email” erhal­ten, wei­ter zu ver­öf­fent­li­chen.“

    Eigentlich sind es 4-6 pro Monat, also ca. 48-72 pro Jahr, wovon die Hälfte benutzt werden darf. Im englischen Original ist auch von 4-6 pro Monat die Rede ;)

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