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Gale Force Nine, mittlerweile Teil von Battlefront Miniatures (Flames of War), ist zunächst als Hersteller von Tabletop-Zubehör und dann von Dungeons & Dragons-Miniaturen bekannt geworden. Auf der SPIEL 2012 hat GF9 mit dem auf der erfolgreichen gleichnamigen TV-Serie basierenden Spartacus: A Game of Blood and Treachery den ersten Vorstoß ins Reich der Brettspiele in der englischen Version vorgestellt; weitere Projekte wie ein Firefly-Spiel zeichnen sich bereits am Horizont ab. Die deutsche Ausgabe, derer sich der Heidelberger Spieleverlag angenommen hat, hat nun das Licht des Spieltisches erblickt.

Es scheint noch weit verbreitet zu sein, spielerischen Lizenzprodukten zunächst mit naserümpfender Skepsis zu begegnen. In der Tat war (und ist es zum Teil noch immer) üblich, das beim Erwerb einer teuren Lizenz ausgegebene Geld sogleich beim Spieldesign wieder einzusparen. Nicht zuletzt Fantasy Flight Games hat aber in den vergangenen Jahren eindrucksvoll vorgeführt, dass auf dieser Basis ambitionierte Projekte keinesfalls ausgeschlossen sind – auch der erste Eindruck von Spartacus ist vielversprechend.

Die TV-Serie handelt vom Leben des thrakischen Gladiators Spartacus, der nach seinem Aufstieg zu einem der besten Gladiatoren der antiken römischen Stadt Capua schließlich einen Sklavenaufstand gegen die römische Republik führte.

Man hätte sich demnach mit einem Frag-artigen Arena-Kampfspiel begnügen können, doch strebt das Spartacus-Spiel nach höheren Sphären; weniger das harte, aber schlichte Schicksal der Gladiatoren, als vielmehr die manipulativen Machtspiele der die Kämpfe ausrichtenden Gladiatorenschulen stehen in seinem Fokus. Als Domini römischer Häuser ringen die Spieler mittels Gold, Intrigen und spektakulärer Gladiatorenkämpfe um den spielentscheidenden Einfluss in der römischen Stadt Capua. Sowohl Ressourcenmanagement und Auktionen wie auch Lüge und Verrat stehen im Mittel­punkt des Spieles. Hinzu treten Gladiatorenkämpfe als taktisches Miniaturenspiel-im-Spiel, das einerseits sinnvolle Investitionen belohnt und andererseits über Wetten und Einfluss ins übrige Spiel zurückwirkt – sehr unterschiedliche Spielfacetten also, die der abendfüllende Strategietitel Spartacus unter seinem Dach vereinigen will.

Ausstattung

Schon die hervorragend gelungene, sehr stimmungsvolle Gestaltung des Spielmaterials mit vielen Fotos transportiert thematische Nähe zur Serie an den Spieltisch und lädt unmittelbar dazu ein, tief in die Atmosphäre der Antike einzutauchen.

Das Öffnen der Schachtel enthüllt dem geneigten Spieler große Auslagekarten für die einzelnen Häuser, insgesamt 142 Markt- und Intrigenkarten, Marker, 26 sechsseitige Würfel und vier verschiedene, hübsch anzusehende Gladiatorfiguren aus Plastik. Hinzu tritt ein Spielplan der offenbar gebrauchten Arena, ziert deren Mitte doch bereits ein ausladender Blutfleck.

Auch wer Spielen mit größerem Regelumfang eher abgeneigt ist, sollte sich vom 18-seitigen großformatigen Regelheft nicht irritieren lassen. Die Spielanleitung präsentiert die gemessen an Eurogames etwas komplexeren Regeln in augenfreundlicher Schrift und übersichtlichem Layout sowie klaren Worten, die zügig Verständnis für den Ablauf vermitteln. Dabei zeigt sich, dass Spartacus mit einem Minimum an Spezial- und Sonderregeln auskommt und seine Mechanik in eine klare, leicht zugängliche Struktur eingebettet hat, die wir sogleich näher in Augenschein nehmen werden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Heidelberger Spieleverlag/Gale Force Nine
  • Autor: Sean Sweigart
  • Sprache: Deutsch
  • Spieler: 3-4
  • Alter: ab 16 Jahren
  • Dauer: ca 2-3 Std
  • Jahr: 2013
  • EAN: 4015566032620
  • Preis: 39,95 EUR UVP; Amazon 37,82 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon (Klick)

Spielablauf

Spartacus_Cover

Zur Wahl stehen vier verschiedene römische Häuser, die neben unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen vor allem verschiedene Spezialfähigkeiten ins Spiel einbringen. Jedes der Häuser repräsentiert einen anderen Schwerpunkt und legt dementsprechend eine andere Strategie nahe, um mit 12 Einflusspunkten den Sieg davonzutragen. Wo beispielsweise Tullius in besonderem Maße von Sklaven profitiert, setzt Glaber auf Wachen. Haben die Spieler ihre Häuser ausgewählt und die Anfangsausstattung aus Gladiatoren, Sklaven, Gold und Wachen in Empfang genommen, kann das Spiel beginnen.

Jeder der Spielzüge unterteilt sich in vier Phasen, die die Spieler gemeinsam durchlaufen.

Die erste, die Unterhaltsphase, widmet sich der üblichen Spielbürokratie – es werden Wunden geheilt und „erschöpfte“ Karten für den Einsatz in der kommenden Runde wieder bereit gemacht. Insbesondere erfordern die Gladiatoren im Besitz eines Hauses nun Unterhalt; Sklaven andererseits erwirtschaften (neben eventuellen anderen Spezialfähigkeiten) Gold für ihren Eigentümer.

In der Intrigenphase gewinnt das Spiel schnell an Fahrt. Die Karten des Intrigendecks enthalten Machenschaften, Verteidigungsmöglichkeiten, Gold und einiges mehr, was den Wohlstand und Einfluss des eigenen Hauses mehrt oder Widersacher schwächt. Um Karten sinnvoll zu nutzen, wird man sich häufig Verbündete suchen müssen – hier zeigt sich, dass Spartacus ein Spiel voller fragiler, vorübergehender Allianzen ist, die fix mit einem Dolch im Rücken enden. Auch Spieler, die mit der diplomatischen Metaebene von Spielen grundsätzlich wenig anzufangen wissen, sollten dank der Mechanik keine Schwierigkeiten haben, das Konzept innerhalb weniger Züge zu verinnerlichen.

Zudem dient diese Phase dazu, die Kriegskasse für den weiteren Verlauf des Spielzugs zu füllen, repräsentiert Gold doch den zentralen Faktor auf dem Weg zur Macht.

Hier wie auch in den kommenden Phasen darf das liebe Geld übrigens jederzeit und frei den Besitzer wechseln. Gold stellt über den gesamten Spielverlauf hinweg ein zentrales Interaktionsmittel dar, um den Konkurrenten per Bestechung Vorteile abzuringen; die zum Spiel gehörende intrigante Atmosphäre entsteht dabei nahezu von selbst.

Spartacus_Hauskarten
Haus Glaber – Nicht zu unterschätzen!

Mit der folgenden Marktphase verschiebt sich der Spielschwerpunkt. Der Offene Markt bietet den Spielern zunächst Gelegenheit, Ausstattung untereinander frei zu handeln. Danach werden in Auktionen weitere Marktkarten ersteigert, um die eigene Position durch Erwerb von Gladiatoren, Sklaven und Ausrüstung zu verbessern. Mit verdeckten gleichzeitigen Geboten versuchen die Spieler, begehrte Karten möglichst preisgünstig zu erwerben. Es gilt, sich gegenseitig möglichst präzise einzuschätzen, in die Zukunft zu investieren und dabei mit dem Gold sorgsam zu taktieren. In der finalen Bietrunde ringen die Spieler schließlich um die zentrale Rolle des Ausrichters der Kämpfe in der kommenden Arenaphase. Nicht nur garantiert diese Ehre einen Einflusspunkt und bietet einen wichtigen Weg zum Sieg; auch bestimmt der Veranstalter maßgeblich darüber, welche beiden Häuser in der Arena antreten dürfen sowie über Leben und Tod des Verlierers. So findet sich der Ausrichter in der hervorragenden Position wieder, entweder originär eigene Interessen durchsetzen zu können oder sich für seine Gunst von den Mitspielern angemessen entlohnen zu lassen.

In der Arenaphase treten nun die Gladiatoren zweier Häuser mitsamt zur Verfügung stehender Ausrüstung in der aus Hexfeldern bestehenden Arena gegeneinander an. Zuvor können alle Spieler, nicht unerheblich für das Füllen der Schatzkammer, unter verschiedenen Gesichtspunkten auf den Ausgang des Kampfes wetten. In einer weniger gemeinen Welt wären die Spiele wohl stets heroische Duelle gleichwertiger Gegner; bei Spartacus hingegen wird sich auf Grund diverser Manipulationen im Umfeld auch mal ein chancenloser Amateur mit betretener Miene auf dem Sand wiederfinden.

Das schnelle und elegante Gefechts-Subsystem stattet jeden Kämpfer mit drei Eigenschaften aus – Angriff, Verteidigung und Schnelligkeit (Initiative und Bewegungsweite) – die für Würfelanzahlen stehen und zugleich Lebenspunkte darstellen. Um das Ergebnis eines Angriffes zu bestimmen, werden die Augenzahlen der Angriffs- und Verteidigungswürfel miteinander verglichen. Wer Wunden erhält, muss eine entsprechende Anzahl von Würfeln aus seinen Würfelpools entfernen – welche Werte man in der betreffenden Spielsituation reduziert, zählt zu den wichtigsten Entscheidungen des Kampfspiels-im-Spiel.

Das Glückselement bleibt während der Gefechte zwar deutlich spürbar, trägt aber zugleich zur Spannung bei. Die verschiedenen Nah- und Fernkampfwaffen sowie Rüstungen eröffnen etliche taktische Möglichkeiten; Bewegung und Initiative tun ihr übriges, die Duelle abwechslungsreich und interessant zu gestalten

Gladiatorenkampf
Spannende Gladiatorenkämpfe auf blutgetränktem Grund

Mit nur wenig Übung gehen die Kämpfe zügig von der Hand, so dass bei den nicht unmittelbar Beteiligten keine Langeweile aufkommt. Überdies hat sich gezeigt, dass die um ihren Einsatz bangenden Zuschauer das Gefecht häufig fast ebenso gespannt verfolgen wie die Eigentümer der Kämpfer. Dem Sieger winken ein Einflusspunkt und die Gunst der Menge, die bei künftigen Auftritten für zusätzliches Einkommen sorgt und einen gewissen Schutz vor der Exekution bietet, die einem Verlierer droht; nach drei Siegen kann ein Gladiator gar als Champion den Ruhm seines Hauses mehren.

Erreicht ein Spieler am Ende einer beliebigen Phase 12 Einflusspunkte, so endet das Spiel. Im Falle eines Gleichstandes entscheidet ein letztes Turnier über den Sieg.

Spartacus stellt drei Spieltypen vor, die sich in der Anzahl der Einflusspunkte unterscheiden, mit denen die Häuser starten. Das schnelle Spiel (7 Punkte) ist allenfalls für Einführungszwecke geeignet, da der knapp bemessene Rahmen wenig Raum für Entwicklung lässt. Im Standard Spiel startet jeder Spieler mit vier Punkten; die Spieldauer dürfte hier um die drei Stunden herum betragen. Wer das volle Potential des Spieles auskosten will, dem sei trotz der Spielzeit von ungefähr 4 Stunden die lange Version (1 Punkt) ans Herz gelegt, da das Potential der Gladiatoren dabei ausgeschöpft wird. In der Arena eröffnet die volle Ausstattung der Champions mit Waffen, Rüstungen und speziellen Ausrüstungsgegenständen eine Vielzahl taktischer Optionen, die in kürzeren Spielen nur wenig zum Zuge kommen. Die Kooperation beim Ausspielen von Intrigenkarten besitzt zudem in dieser Variante einen deutlich höheren Stellenwert.

Zur idealen Mitspielerzahl lässt sich klar sagen: zwar kann man Spartacus auch zu dritt spielen, es ist aber deutlich erkennbar, dass der Spielmechanismus erst bei vier Spielern zur vollen Entfaltung gelangt.

Nahezu alle Spielfacetten bieten Potential für Erweiterungen; an einer solchen wird in der Tat bereits fleißig gewerkelt. Spartacus: Die Schlange und der Wolf (im englischen Original wohl Mitte Mai erhältlich) wird neben neuen Häusern, Karten und der Erweiterung auf 5/6 Spieler insbesondere einen Team-Modus für Arenakämpfe enthalten, in dem jeweils zwei Gladiatoren im Team gegeneinander antreten können.

Preis-/Leistungsverhältnis

Zwar wird man für einen vergleichbaren Preis Schachteln erhalten können, die rein quantitativ „mehr“ Material enthalten. Angesichts der Abwesenheit der aus manch anderen Spielen vertrauten Markerflut ließe sich einwenden, dass Spiel sei dahingehend spartanisch ausgestattet (möge man mir das müde Wortspiel nachsehen). Abgesehen davon, dass Pappmarkermenge und Spielspaß in keiner besonderen Beziehung stehen dürften, zeugt das aber gerade vom ökonomischen Spielmechanismus, der mit wenig Verwaltungsaufwand auskommt. Zudem bietet Spartacus nicht nur sehr sorgfältig gestaltetes Spielmaterial in stimmiger Serien-Optik, sondern verspricht auch lang anhaltenden Spielspaß.

Bonus/Downloadcontent

Spielregel: KLICK

Zum Grundspiel sind mittlerweile fünf Promo-Karten (kompetente Gladiatoren) erschienen, die in Heidelberger Flagship Stores erhältlich sind.

Fazit

Spartacus gelingt es, in einem ebenso spannungsreichen wie klar strukturierten Spielmechanismus sehr unterschiedliche Spielfacetten zu vereinigen. Die klare Trennung der mittels Gold und Einfluss verbundenen Spielebenen in der übersichtlichen, eingängigen Phasenabfolge hält das Spiel verständlich und zugänglich. Die verschiedenen Ebenen des Spiels fließen harmonisch ineinander und ergänzen sich gegenseitig zu einem mitreißenden Ganzen, dessen hinterhältige Atmosphäre von der Mechanik sehr schön gestützt wird.

Im Komplexitätsgrad bleibt Spartacus hinter den abendfüllenden Fantasy Flight Strategiespielen zurück, wird aber dank seiner eleganten, entschlackten Regeln zu einem zugänglichen Spielerlebnis, dessen Spielfluss nicht von Detailfülle gehemmt wird.

Schweigsam-grüblerische Freunde des gediegenen Aufbauspieles mit allenfalls indirekter Interaktion werden mit Spartacus allerdings nicht viel anfangen können, dürften aber durch die Stichworte Blut und Verrat ohnehin abgeschreckt sein.

Zwar muss ich zugeben, nur wenige Spartacus-Folgen – exzessive Gewalt und Sex in 300-Ästethik – bei intakter geistiger Gesundheit überstanden zu haben, also kein großer Freund der Serie zu sein. Aus erster Hand kann ich aber insofern glaubhaft bestätigen, dass das keineswegs nötig ist, um ihren rundum gelungenen Weg an den Spieltisch zu genießen. Umgekehrt würde ich mir wünschen, dass die Serie mehr vom Charme und der Abgründigkeit des Brettspieles besäße – demnächst werde ich ihr noch einmal eine Chance geben.

Daumen5maennlich

 

Artikelbild: Heidelberger Spieleverlag

 

3 Kommentare

  1. Sperma… hahaha…. wie lustig -.-‚

    Das Spiel ist sehr gut für Leute geeignet, die eine feine Linie zwischen Spiel und Reallife ziehen können, nicht nachtragend zu sein ist verdammt wichtig, aber ab und an nicht machbar.
    Ich habe das Spiel nun seit zwei Wochen und habe es dreimal gespielt mit unterschiedlichen Gruppen und unterschiedlichen Ausgängen, dabei geht es im Spiel nicht mal so sehr darum zu gewinnen, jedenfalls mir nicht, es bringt einfach viel mehr Spaß die Spieler die auf Teufel komm raus gewinnen wollen, kurz vor der Ziellinie ein Bein zu stellen. ^^

    Leider ist das Intrigenspiel nicht für alle geeignet, Pärchen, die sich gegenseitig unterstützen und eine fortwährende Allianz bilden, sind echt Spielspaß hemmend, muss es jedoch nicht. Mein aller erstes Spiel war mit zwei Pärchen, ein Fünf Personenspiel, mit Erweiterung also. Während ein Pärchen kaum eine Gelegenheit ausließ, jedem in den Rücke zu stechen, war ein Pärchen darauf bedacht zu gewinnen und sei es nur einer von Beiden. Dementsprechend war es auch so, das der Herr am Tisch Brav bei 5-6 Einfluss verblieb und die Dame relativ zügig 10-11 Einfluss erhielt. Es wurden sogar bessere Angebote ausgeschlagen, um die holde Dame zu unterstützen. Tja… soviel zu nachtragend ^^

    Wie man merkt, ich mag das Spiel, es ist eines der seltenen Spiele, das es schafft, das man Tage nachher noch drüber spricht und andere damit anfixt. Und eines der, bei dem nach Manöverkritik gefragt wird. Nicht zu komplex, nicht zu langatmig und Kampf, obwohl es den größtenteil des Platzes einnimmt, der Arena wegen, ist nicht_der_ zentrale Weg zum Sieg. Dafür ist das Spiel viel zu fies ;)

    Von mir klare Kaufempfehlung, aber dann auch nur mit Erweiterung! :)

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