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Auswurfschock. Dieser Begriff wurde von Roger schon letztes Jahr für den Zustand verwendet, in dem ich mich nach dem Jenseits der Siegel befand, und er war damals so richtig wie heute. Denn so richtig angekommen bin ich in dieser Welt noch nicht wieder. Aber das ist genau der richtige Zustand, um von meinen Erlebnissen zu berichten und sie so aus dem Kopf, durch die Finger, auf euch einfließen zu lassen.

Auch drei meiner Kollegen, Henning, Alexander J und Sebastian M. Vielleicht schreibt ja einer von ihnen auch noch ein paar Zeilen.

Setting

Wem der Titel der Veranstaltung nichts sagt, dem empfehle ich einen Blick in den Bericht vom letzten Jahr, da habe ich kurz angerissen, wo sie einzuordnen ist.

Dieses Jahr war der Spielort nicht Porto Habana wie in den vergangenen beiden Jahren, sondern Holzbrück, ein kürzlich gegründetes Dorf etwas weiter im Landesinneren. Ausrichter war das Nördliche Siegel. Dieses hatte eingeladen zu einem Konzil der Elemente, es gab einen Jahrmarkt für alle, militärische Manöver für die kriegerischen Charaktere, Besprechungen für die Gelehrten und Interessierten, und natürlich wurde die Gelegenheit auch für allerlei Rituale benutzt, die so nicht auf dem Feldzug im Sommer (Conquest genannt) stattfinden müssen.

Gelände

Anders als in den letzten beiden Jahren fand das Jenseits der Siegel dieses Mal nicht auf Burg Lohra statt sondern auf einem Pfadfindergelände in Immenhausen (15 km vom Kassel entfernt). Es gab drei große Wiesen, auf denen gelagert wurde, dazwischen ein paar Steingebäude, sowie eine weitere Wiese, die für Manöver und Rituale Verwendung fand. Dazu dann noch einen großen Wald, der aber, da es sich um ein Naturschutzgebiet handelt, nicht für größere Aktionen genutzt werden durfte und somit zur plotfreien Zone erklärt wurde.

Das Gelände, so schön es auch war, ist auch einer der ganz wenigen echten Kritikpunkte, die ich anzubringen habe:

  1. Zeitweilig waren nahezu alle Toiletten für Herren verstopft und es kam dadurch zu einer unschönen Überbelastung der übrigen Toiletten. Ein paar mehr Container oder Dixies hätten dieses Risiko von vornherein minimiert. Auch die Lage der Toiletten war nicht besonders gut, da sie alle um den Jahrmarkt zentriert waren, was durch den zweiten Kritikpunkt mehr Relevanz bekommt:
  2. Das Wetter war durchwachsen. Da kann niemand etwas für, das kreide ich niemandem an. ABER: Es war im Vorfeld nach den Wetterberichten klar, dass das passieren würde, dennoch wurde nicht in ausreichendem Maße für die Begehbarkeit der Wege gesorgt. An ein paar wenigen Stellen waren Strohmatten ausgelegt worden. Eine Orga/SL erklärte mir auf Nachfrage, dass der Besitzer des Platzes nicht wollte, dass Stroh ausgestreut wurde, weshalb der Rest der Wege innerhalb des Jahrmarktes irgendwann so verschlammt war, dass man bis zu den Knöcheln darin versank. Ich habe einige Male, gerade in der letzten Nacht, Personen beobachtet, die unfreiwillig am Schlammrutschwettbewerb der Wuwus teilgenommen haben.

Was Geschah

Wie schon im letzten Jahr, so gilt auch dieses Mal wieder, dass ich mich recht kurz fassen werde, und die spielrelevanten Informationen auf ein Minimum reduzieren werde. Wenn die Nachfrage groß genug ist (was ihr uns gerne in den Kommentaren mitteilen dürft), gibt es vielleicht eine Sonderausgabe des Siegelstätter Boten, die dann auf einem IT erklärbaren Weg diese Informationen zu euch bringen wird.

Kommen wir erst einmal zu den Dingen, die auf dem Jahrmarkt oder auch der kleinen Stadt zu finden waren:

  • Dieses Jahr gab es zwei Zeitungen in der Stadt, wie schon letztes Jahr die Bild der Stadt, die mein Charakter gezielt ignoriert hat, da sie seinen Ansprüchen an eine Zeitung nicht genügt. Wenn ich OT aber mal einen Blick hineingeworfen habe, war ich durchaus angetan von dem Humor der Schreiber. Daneben gab es noch den Freien Boten, der, wie der Siegelstätter Bote, eher versucht hat, seriöse Informationen zu drucken, was ihnen auch gut gelungen ist. Ich freue mich schon, auf dem Feldzug mit ihnen zusammen zu arbeiten.
  • Dieses Jahr neu dabei war die Advokatengilde, die sich im letzten Jahr gegründet hatte, und die auch mit diversen Anklagen beschäftigt wurde.
  • Auch die Magiergilde war wieder mit von der Partie und hatte einige Attraktionen zu bieten, von einem Kuriositätenkabinett über Vorlesungen bis hin zu magischen Dienstleistungen konnte man alles bei ihnen bekommen.
  • Neu war, dass es zu der bereits letztes Jahr vorhandenen Arena eine explizite Gladiatorenschule gab, die auch regelmäßig Kämpfe zeigte. Die wenigen davon, die ich miterleben konnte, waren sehr unterhaltsam anzusehen, und auch die Trainingseinheiten am Mittag waren eine schöne Kulisse beim Essen
  • Natürlich durften aber auch Stände, die für das leibliche Wohl sorgten, nicht fehlen. Es gab eine Taverne, ein Badehaus, sowie drei Stände, die feste Nahrung anboten (Kartoffelspalten, Reibekuchen, gebratenes Gemüse, Crêpes, Würstchen, Schweinesteaks vom Grill, Frikadellen, sowie allerlei sehr leckeren Süßkram)

Davon abgesehen gab es einen Ort, an dem sich das Meiste des vorhandenen Plots konzentrierte, und den man auch nur erreichen konnte, wenn man durch den Jahrmarkt ging (siehe Kritikpunkt 2 oben). Der Plot drehte sich um die Zusammenarbeit zweier unterschiedlicher philosophischer Denkrichtungen in Mythodea, der Eisernen und der Silbernen. Diese beiden Gruppen haben in der Vergangenheit immer Probleme gehabt, zu kooperieren, und hier gab es die Chance, es einmal gemeinsam zu versuchen, denn alleine konnte keine der beiden Gruppierungen die gestellten Aufgaben lösen. So konnte jede Seite von der anderen Lernen und auch lernen, wo die Gemeinsamkeiten sind, von denen es mehr gibt, als viele sich eingestehen wollen. Die Hardliner der jeweiligen Richtungen konnten so freilich nicht erreicht werden, aber dennoch denke ich, dass es ein guter Versuch war, die Kommunikation und Kooperation unter den Spielern zu verbessern.

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Es gab also für eigentlich jeden Charaktertyp etwas zu erleben. Ich selbst sehe mich als Gelehrten, finde aber die Gespräche in zu großer Runde meist eher anstrengend als produktiv, und habe mich daher von diesen meist fern gehalten.

Es gab auch noch genug andere Dinge zu tun. Ein großes Ritual überwachen (das Ende davon findet ihr unter den Highlights unten), ein paar Sphärenreisen machen, lehren, lernen, Met und Cidre trinken (abends und in Maßen natürlich), und insgesamt einfach die Atmosphäre genießen. Insgesamt habe ich die Veranstaltung wohl am ehesten dafür genutzt, weitere Kontakte zu knüpfen, beziehungsweise Dinge zu erledigen, für die sonst einfach die Zeit fehlte. Also genau das, was der eigentliche Zweck der Veranstaltung war.

Und wie schon im letzten Jahr habe ich einen großen Fehler gemacht: Es war Samstag, früher Nachmittag, wir saßen gerade mit ein paar Leuten an einem Tisch und überlegten uns, was noch wichtiges zu tun wäre. Und wir kamen zu dem Schluss: Eigentlich nichts mehr! Wir waren also fertig, die Langeweile konnte Einzug halten. Und keine zehn Minuten später traf eine Nachricht ein, die alle Langeweile hinwegfegte. Bis zum Ende der Veranstaltung kam auch keine mehr auf. Perfektes Timing von der SL!

Ein wenig befremdlich mag wirken, dass auf dieser kleinen Veranstaltung anteilig mehr relativ prominente und wichtige Personen gestorben sind als auf den meisten anderen, die ich erlebt habe. Da sage noch einer, Krieg sei gefährlicher als Diplomatie…

Persönliche Highlights

Natürlich gab es auch dieses Jahr wieder bessere und schlechtere Situationen (rein aus OT Sicht). Die einzig nachhaltige schlechtere fand erst nach der Veranstaltung statt und ist auch noch nicht bestätigt, weshalb sie hier auch keinen Platz hat. Meine liebsten findet ihr hier (ohne Gewichtung der Reihenfolge)

  • Nach einer Sphärenreise in die Sphäre der Magie mit ein paar der Wuwus war der mitgereiste Schamane so unglaublich anrührend traurig, dass ich diese Szene so schnell nicht vergessen werde. Ich habe selten so gutes Spiel in kleiner Gruppe gesehen. Ich hatte wirkliches Mitleid mit dem armen Kerl und die Fürsorge seines Stammes war einfach nur hinreißend.
  • Das oben erwähnte große Ritual endete damit, dass einer der Ritualteilnehmer einen anderen mit einem Schwert durchbohrte. Das kam für nahezu alle Anwesenden unglaublich überraschend und erzeugte einen der seltenen Momente absoluter Stille, bis alle verstanden hatten, was gerade passiert war. Dann eilten einige, so auch ich, hin, um den Schwerstverwundeten ins Leben zurück zu holen. Eine dabei dazukommende Person fragte, was passiert sei und erhielt als Antwort, der Mann habe sich „an seinem Schwert geschnitten“. Ich konnte ein „Belassen wir es bei der Version“ nicht unterdrücken…
  • Ein Charakter war kurz davor, sich selbst zu verlieren, da er zu viel Macht gekostet hatte, danach auf Entzug war, und andere Spieler die Zeichen falsch gedeutet und ihn wieder mit Macht vollgepumpt hatten. Glücklicherweise wurde aber doch noch der richtige Weg gefunden, ihn zurückzuholen, nämlich sein Sohn, IT wie OT, der dazu geholt wurde und es schaffte, seinen Vater zu erreichen. Das Spiel aller an dieser Szene beteiligten war einfach nur schön und sie gehört zu den intensivsten Szenen, die ich in den letzten Jahren erleben durfte.
  • Auf der Hinfahrt hat eine der mitfahrenden Personen mit ihrem Lebensweg alle Schubladen im Kopf des Fahrers gesprengt. Das war herrlich mit anzuhören. Und wir haben ein neues Verb entdeckt: uffeln. Wir wissen noch nicht, was es genau ist, aber man kann es mit Burgen machen und mit Badesalz…
  • Auf der Rückfahrt, als ich meine Mitfahrer fragte, wie es ihnen gefallen hat, kam ein einfaches „Super“ von hinten, sowie ein „Ich habe mich auf die Fresse gelegt“ vom Fahrer. Stimmt!

Alexander J sagt

Nach 3 Jahren wieder auf dem Jenseits der Siegel und es fühlte sich an, als wäre ich nie weg gewesen. Es war eine wirklich schöne Ambiente-Veranstaltung und die Entscheidung der Orga, selbst keinen Plot anzubieten sondern sich vor allem auf Spielerplots zu konzentrieren, kann ich nur unterstützen. Es bot ein angenehmes Gegengewicht für mich zum, vom Plot quasi überschwappendem, Conquest of Mythodea. Ich genoss einen Urlaub, hatte wunderschöne Szenen, durfte meinen Priester Terras seine erste Vermählung durchführen lassen, hatte aber auch viel Zeit, um einfach nichts zu tun. Rundum: ich war zufrieden. Als einzige Kritikpunkte möchte ich hier auch das Wetter anführen, sowie die Organisation beim Abbau, welche nicht wirklich optimal war. Keine wirkliche Einweisung, wo man herfahren sollte und lange Schlangen führten nicht selten zu Verwirrung und nassgeregnetem Gepäck, bevor man es ins rettende Auto packen konnte.

Persönliche Highlights:

  • Meine Erste IT-Hochzeit, die ich selbst durchführen durfte und alles was damit zusammen hing. Man weiß doch erst, was Priesterspiel alles sein kann, wenn man jemandem die Beichte abgenommen hat, versucht hat Leuten ihr Seelenheil zu bringen und zwei Menschen vermählt hat.
  • Der zum Leben erwachte Waldgeist/Wolpertinger der Magiergilde, welcher in die Natur  ausbüchste und mir so den Wald zeigte und ein unvergleichlich magisches Gefühl der Naturverbundenheit hinterließ. Selten hatte ich das Gefühl, solch ein Schauspiel bewundern zu dürfen, wie aus einem Märchen entsprungen.
  • Die Damen vom Haus Fóno (selbstverständlich). Lila und Amelie, bildhübsch und äußerst angenehme Gesellschaft (wenn man sie denn mal für sich hatte).

 

Wart ihr auch da? Habt ihr gar Fotos gemacht? Wollt ihr eine Sonderausgabe des Siegelstätter Boten mit den Ereignissen aus Charaktersicht? Sagt es uns in den Kommentaren.

Artikelbilder: Mandowar, Mai 2013

 

10 Kommentare

  1. Ich bin voll für eine Siegelstätter-Bote-Sonderausgabe. Auch wenn es nicht sooo unglaublich viel Plot gab, man hat ja trotzdem nicht alles mitgekriegt…

  2. Aye, es war ganz wunderbar!
    Es war mein erstes längeres Con als Spieler und wenn ich gewollt hätte, hätte ich wesentlich mehr Plotten können, als ich es getan hab! Zu den Zeitungen muss ich auch sagen, dass ich großer Fan von ihnen bin, da man so auch die Sachen mitkriegt, bei denen man nicht involviert war und es passiert ja immer so viel!!! Ich habe sie auch meiner Crew treulich verlesen.
    Jipp und zum Auswurfschock kann ich nur sagen, bei uns heißt das Con-Kater und der ist natürlich seeeeeehr heftig *g*. Vielen lieben Dank an die SL und an alle Spieler die ich kennen lernen durfte!!

    • Hallo Grüß Dich,

      Mein Mann und ich hatten Dich (wenn Du jetzt doch nicht die richtige Person bist) in Regensburg am dem Mittelalter arkt angesprochen, weil ich für. Ein Con vom 04.09.14 bis 07.09.14 jemanden suche, der Lust hat eine Stundenweise Kinderbetreuung zu organisieren.

      Ich würde mich freuen, wenn wir das Thema spätestens im Januar angehen könnten und wir darüber. Ich einmal ins Gespräch kommen.

      Hier ist der Link zum Con: http://www.der-Basar-larp.de

      Viele Grüße
      Beatrice

  3. Jörn, DU brauchst nen IT Bericht? Kannst du da nicht einfach mal bei deinen SL Kollegen nachfragen? Oder wissen die auch nicht, was so passiert ist? DAS würde einiges erklären ;)

  4. Doch, die kann ich schon fragen…aber ich musst damit später arbeiten was und wie es bei den Spielern angekommen ist… Und die Spieler erzählen was passiert ist bei weitem interessanter … :)

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