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Manche Spieler können auch den geduldigsten Spielleiter zur Weißglut treiben. Dabei meine ich jetzt nicht Spieler, die mal die Charakterbögen verlieren oder Würfel unter die Couch rollen lassen – nein, es geht um notorische Missetäter, deren einziger Daseinszweck darin zu bestehen scheint, alle anderen möglichst genervt nach Hause gehen zu lassen. Im Folgenden findest Du die schlimmsten davon in handliche (und selbstverständlich überspitze) Kategorien gepackt:

Der Schlächter (rollenspielus aggressivus): Dieser Problemspieler lebt für den Kampf und den Kampf allein. Handlung, Rätsel oder Gespräche mit anderen Spielern sind ihm völlig egal. Oft sitzt er gelangweilt am Spieltisch, döst, daddelt in seinem Handy oder blättert in Regelwerken, bis er die ersten Würfel rollen hört. Dann ist er aber hellwach und zu jeder gespielten Gewalt bereit! Rollenspiel ist für ihn vor allem Taktik mit hübschem Anstrich und je mehr Kämpfe es zu bestreiten gibt, desto besser. Halbwegs vernünftige Exemplare lassen sich durch das Aufzeigen und Ausspielen von Konsequenzen seines Metzelns bremsen. Doch am Ende fühlt er sich im größten Dungeon der Welt am wohlsten, wo eine Spielgruppe, die Freude am Erzählen hat, ihn möglichst schnell abgeben und nie wieder abholen sollte.

Der Besserwisser (rollenspielus schlaubergeriensis): Manche Spieler wissen nicht einmal, wie ihr Charakter heißt, andere hingegen wissen zu viel, so etwa dieser Problemspieler. Er hat das Regelwerk auswendig gelernt und dazu jeden verfügbaren Erweiterungsband gelesen. Hintergrundwelt und Regelsystem kann er im Schlaf aufsagen und hat größtes Vergnügen daran, mit rechtschaffenem Blick und belehrender Stimme den Spielleiter zu unterbrechen und gedruckte Wahrheit zu verkünden. Ist ja klar, ER ist ja der einzige Experte am Tisch! Besonders wichtig fühlt er sich in Welten mit superdetailliertem Hintergrund in denen kaum noch etwas dem Spielleiter überlassen wird. Seine Mitspieler mit abgekauten Ohren können dann nur noch versuchen, ihn mit wechselnden Hausregeln eine Weile lang abzulenken und zu verwirren. Wer nicht das ganze System wechseln will, kann immer noch einen zweiten selbsternannten Experten anheuern, mit dem der Besserwisser dann als Dauerbeschäftigung geflüsterte Fachsimpeleien austauschen kann.

Die Diva (rollenspielus egomanus): Für diesen Spieler zählt nur eins: nämlich er selbst … pardon, sein Charakter natürlich. Der ist nicht nur schöner, besser und wichtiger als alle anderen, sondern selbstverständlich auch der Mittelpunkt der Spielwelt. Wo er langgehen will, geht die Gruppe lang, ansonsten gibt er die Dramaqueen, sabotiert seine Mitspieler oder trennt sich gleich mit einem Seufzer von der Gruppe. Hat er am Ende dann zufällig doch Recht, benutzt er diese Gelegenheit um sich bis zum Sanktnimmerleinstag aufzuspielen. Gefährlich ist es, ihm wichtige Positionen oder Gegenstände zu verleihen mit denen er seine Macht noch weiter ausbauen kann. Anders als bei den restlichen Problemspielern kommt man diesem einfachen Gemüt aber kurzfristig mit roten Heringen bei, wichtig aussehenden Dingen, die am Ende so viel Bedeutung für die Handlung haben wie ein feuchtes Taschentuch.

Der Cheater (rollenspielus unfairus vorteilis): Dieser Problemspieler nimmt die Regeln nicht ganz so genau und das „ganz aus Versehen“ regelmäßig zu seinem eigenen Vorteil. Würfelwürfe werden umgedreht, Punkte auf dem Charakterbogen daheim erhöht und überhaupt, besaß er nicht immer schon einen magischen Zweihänder? Dabei ist es nicht der Vorteil den Anderen gegenüber, welcher diesen Spieltisch-Schurken reizt, sondern oft das Schummeln an sich. Oder aber er protestiert dadurch stumm gegen Regeln, Systeme, Spielleiter, ja sogar Plotwendungen die ihm nicht passen. Viele glauben, das einzige Mittel gegen Cheater wäre Überwachung, doch eingesammelte Charakterbögen und Würfelschalen auf dem Spieltisch machen es für die unehrlichsten Cheatomanen nur umso interessanter. Dieser Problemspieler muss auf frischer Tat ertappt und ermahnt werden, um eine Weile auf den rechten Weg zurückzufinden.

Der Zuckerbäcker (rollenspielus nixplottus): Während andere Spieler mit ihren Charakteren hoch und weit hinaus wollen, kümmert dies den Zuckerbäcker wenig. Er ist gar nicht hier um Abenteuer zu erleben, Konzernzentralen zu stürmen oder Drachen zu erschlagen. Er will nur das Ambiente genießen und über Sinnloses plaudern, heimelig sicher für seinen Charakter. Gäbe man ihm eine Bäckerei, würde er bis zum Ende der Kampagne zufrieden Zuckerkuchen backen. Doch so funktionieren die meisten Rollenspiele halt nicht, darum ist dieser scheinbar harmlose Problemspieler vielen Gruppen beim unvermeidlichen Weltretten ein Klotz am Bein. Auch ein Wink mit dem Zaunpfahl hilft da wenig, etwa das Zerstören der Zuckerbäckerei durch einen Brandanschlag-Erdbeben-Meteoritenhagel-Orküberfall. Nur mit zwingenden Gründen, geerbter Ausrüstung und ständiger Motivation durch seine Mitspieler tapert er etwas schneller dem Plot nach.

Der Munchkin (rollenspielus absurdus charakterii): Der weitverbreitetste Problemspieler ist unter vielen gefürchteten Namen bekannt: Etwa Regelfuchser, Powergamer oder PG-Wicht. Rollenspiel ist für ihn bloß ein System aus Zahlen und Regeln, ein System, das er sich geschworen hat zu brechen. Sein mathematischer Verstand ist darauf trainiert selbst kleinste Regellücken zu finden und gnadenlos für seinen eigenen Vorteil zu missbrauchen. Dabei spielt die Sinnhaftigkeit seines Charakters oder seiner Spielentscheidungen natürlich keine Rolle. Wenn ein Munchkin plus zwei auf irgendetwas für‘s Orkknutschen bekommt, tut er das, selbst wenn er als Klasse adliger Hochelf gewählt hat (wegen des Charismabonus natürlich). Für anspruchsvolle Spielgruppen die stimmige Erzählungen mögen, ist der Munchkin der personifizierte Teufel, der sie dauernd daran erinnert, dass „alles nur ein Spiel“ ist. Besser man schickt ihn ein Zimmer weiter zu den benachbarten Tabletoppern. Dort wird seine Findigkeit gefeiert und er levelt bald auf zum Anführerwicht.

„Gut, dass wir darüber geredet haben …“

Hast Du dich sich wiedererkannt? Wenn nicht, umso besser, denn diese Spielertypen sind für viele Rollenspielgruppen ein echtes Problem. Es an Spielerfahrung festzumachen ist dabei übrigens nicht fair, auch langjährige Rollenspiel-Veteranen können die Tendenz zu Diven, Besserwisser oder Slayern aufweisen. Und Verallgemeinerungen, so ulkig sie auch sind, helfen auf Dauer nicht weiter. Das erfahrungsgemäß beste Mittel ist zugleich das einfachste: das ehrliche Gespräch. In manchen Fällen ist Spielern nämlich gar nicht bewusst, dass ihr Spielstil für andere ein Problem darstellt. In einer festen Spielrunde und mit guten Argumenten im Namen des allgemeinen „Spielspaßes“ lassen sich selbst notorische Problemspieler davon überzeugen, ihre Haltung zu überdenken. Immerhin machen sie sich ja die Mühe, jeden Spielabend anwesend zu sein, statt daheim Videospiele zu zocken.

Besser noch: Diese Sachen vor einer Kampagne abklären. Wer als Spielleiter weiß, welche Erwartungshaltung seine Spieler haben, kann sein Abenteuer danach gestalten und im Vorfeld verhindern, dass aus genervten Spielern Problemspieler werden. Doch wenn alles nichts hilft und keine Besserung in Sicht ist, bleibt als letzte Lösung nur die Trennung. Man muss nicht mit jedem seiner Freunde jedes Hobby teilen. Das ist immer noch besser, als wenn eine ganze Spielgruppe an einem Einzelnen zerbricht.

Artikelbild: Mit Genehmigung von Stefanie Blum 

 

9 Kommentare

  1. Ich habe auf der letzten Con den Passiven Zuhörer entdeckt. Er sitzt da, tut nichts, sagt nicht (nicht mal Zuckerkuchen backen) und nimmt nur Platz am Tisch und für einen anderen Spieler weg. Was in der heimischen Runde unter Freunden ein Zuhörer ist, ist auf der Con eben doch jemand, der den Platz für einen anderen, vielleicht begeisterteren Spieler weg nimmt und außer einem Namen nichts zum vorbereiteten Charakter beiträgt.

  2. Meeh..mag ich nicht. Mir fehlt der rollenspielus hohes Ross, oder auch der Kategorisierer genannt.. Ich habe in jeder meiner Runden Leute, die ich in die eine oder andere Kategorie einordnen könnte (und mich selbst natürlich gleich in mehrere), aber genau das macht doch das Rollenspiel aus. Alle davon können Spaß am Spieltisch haben und man kann auch alle davon zusammen bringen. Inwiefern bringt es mich weiter, diese Leute (diese..nicht wir selbst…sondern die da hinten..die anderen) in Kategorieren zu packen ? .

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