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In unserem nächsten Teil der Serie „Kampagnenmanagementsysteme im Netz“ haben wir uns auf Anregung unseres Lesers Tarin http://www.campaignwiki.org angesehen. Bei diesem System handelt es sich um eine von Alex Schröder aufgesetzte Wiki-Umgebung, die er der Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung stellt. Er betreibt neben einer Mailing-Liste auch eine Google+-Seite.

Was ist Campaign Wiki ?

Bei Campaign Wiki handelt es sich um eine von Alex Schröder entwickelte Wiki-Umgebung, genannt Oddmuse. Er verwendet Campaign Wiki zur Verwaltung seiner Kampagnen und stellt die Installation solange der ganzen Welt zur Verfügung. Man kann ohne Anlage eines Nutzeraccounts einen eigenen Unterbereich eröffnen, den man mit eigenen Inhalten füllen kann.

Wir sprechen hier von einem klassischen Wiki, es existieren also keine Nutzergruppen, spezielle Inhaltstypen, XP-Tracker, Journale oder Sonstiges. Jede Kampagne muss für sich selbst aufgebaut werden und dafür existieren keine strikten Vorgaben. Dafür dürfen beliebig viele Kampagnen geführt werden. Über die Übersicht kann man sich sämtliche vorhandenen Kampagnen ansehen und auch beliebig einsehen.

Was kann Campaign Wiki ?

Die Software ist eine klassische Wiki-Installation ohne großartige Schnörkel. Auf der Info-Seite wird die grundlegende Bearbeitung der einzelnen Seiten erläutert. Die typische Wiki-Markup-Sprache hat sich hierbei durchgesetzt. Diese entspricht den gängigen Konventionen und ist praktisch selbsterklärend.

Mit diesem Handwerkszeug ausgerüstet kann auch der Laie sich direkt in die Webseitenerstellung stürzen. Ein kleiner Tipp am Rande: Wenn ihr eine neue Seite erstellt, tut dies in bereits erstellten Seiten, damit ihr immer mindestens einen Link zum Thema habt. Ansonsten findet ihr eure Seiten nur unter Letzte Änderungen wieder und auch da sind sie schnell vergessen.

Daher folgender Ratschlag: Legt eure Kampagnen-Homepage als Portal an, das außer einem Einleitungssatz nur Links zu weiteren Seiten enthält. Anders als die anderen Produkte verfügt man über keine Auflistung vorhandener Seiten und auch einen WYSIWYG-Editor sucht man vergeblich. Immerhin kann man seine Inhalte auch in eine Datei laden und von dort direkt importieren.

Ein weiterer sehr angenehmer Punkt ist die Tatsache, dass man Bilder direkt im Wiki als Seite hochladen und in den Artikeln referenzieren kann. Diese Möglichkeit gibt es bei Epic Words und Obsidian Portal zwar auch, aber nur mit ganz wenig Speicherplatz oder eben gleich in der Bezahlversion.

Tipps für Fortgeschrittene

Hat man sich mit den ersten Hürden von Campaign Wiki angefreundet, kann man beginnen, die fortgeschrittenen Editiermethoden für sich zu nutzen. Hier taucht man tiefer in Weiterentwicklung des Systems ein und kann dieses an entscheidenden Stellen verändern. Das populärste Beispiel ist hier wahrscheinlich die Anpassung der Optik. Der Benutzer darf eigene CSS-Dateien verwenden um das eigene Design aufzuhübschen. Diese Option wird zum Beispiel von den Kampagnen Hellebarde und Helme und Aachen in den Schatten verwendet.

Die Anpassungsmöglichkeiten sind eher spartanisch und Bilder sind nach wie vor das Mittel der Wahl, aber immerhin kann man so dem schwarz-auf-grünen Flair entfliehen, sollte es den Mitspielern nicht zusagen. Grundsätzlich sorgen die fortgeschrittenen Funktionen für sinnvolle Erweiterungen.

Da wäre zum Beispiel das Journal: Erstellt man neue Beiträge mittels der „Neu“-Funktion oder des Kalenders, werden die letzten 10 Beiträge angezeigt. Ein Abenteuerlog also. Wichtig dabei: Der Titel der Seite muss einem Datum entsprechen um als Journal erkannt zu werden. Erstelle ich mittels „Neu“ einen neuen Artikel und benenne diesen um erscheint dieser leider nicht im Journal.

Parameter wie „future“ oder „past“ sind hier ganz nett, jedoch zählen diese immer vom jeweiligen Datum an, daher werden die Logs am einfachsten nach realem Datum geführt. Die Kalendereinträge sind übrigens auch einfache Wiki-Seiten, eine besondere Logik ist hier nicht vorgesehen.

Passwortschutz für Seiten

Interessant ist die Anlage passwortgeschützter Seiten. Ich habe die Möglichkeit, durch die Eingabe eines Passworts in der ersten Zeile einer neuen Seite diese zu sperren. Das ist praktisch, wenn man die darauf angegebenen Inhalte nicht für jeden zugänglich machen möchte.

Ich kann sogar mehrere Passworte angeben. Dadurch kann ich jedem Mitspieler ein eigenes Passwort verpassen und die Seiten entsprechend mit Passworten bestücken, damit jeder nur seine Informationen sehen kann. Feingranulare Informationen an einer Seite sind dadurch zwar nicht möglich, aber immerhin sind eigene Seiten für persönliche Seiten für jeden Spieler denkbar, ohne den Spielleiter durch den Verwaltungsaufwand wahnsinnig werden zu lassen.

Durch die Möglichkeit, Seiten in andere Seiten zu inkludieren kann ich sogar eine Seite mit allgemeinen Informationen erstellen und eine Spielleiterseite, die passwortgeschützt ist, anhängen. Die Spieler sehen zwar „Ah, da ist noch mehr Information!“, diese ist ihnen aber nicht zugänglich. Die Seitentitel sind aber jederzeit sichtbar, daher können findige Spieler zumindest schon mal anhand der Namen absehen, welche Schauplätze oder Charaktere bereits vorbereitet sind.

Ach ja – jeder muss sein Passwort übrigens selbst im Administrationsmenü angeben, dafür ist dann automatisch jede Seite mit eigenem Passwort direkt nach Eingabe entsperrt.

Eine grundsätzliche Gefahr von Wiki-Systemen ist, dass jede Seite geändert werden kann, auch von Fremden. Zwar hat man über die Versionierung die Möglichkeit, alte Stände wieder herzustellen, hinterher aufzuräumen ist aber immer schwieriger als im Vorfeld einen Riegel vorzuschieben.

Alternativ kann jede Seite mit Passwort gesichert werden. Dadurch muss aber jeder, der Seiten editiert, das Passwort aller anderen Nutzer nicht nur kennen sondern auch einfügen, weswegen diese Rolle wahrscheinlich wieder dem Spielleiter obliegen wird. Immerhin darf jeder mit einem technischen Background alle Daten seiner Kampagne zu jeder Zeit herunterladen.

Für wen ist Campaign Wiki geeignet?

Dieses System verlangt nach Aufmerksamkeit. Anders als bei der Konkurrenz erhält man keinen gesteckten Rahmen, in dem man seiner Kreativität freien Lauf lassen kann. Campaign Wiki verlangt nach Struktur und dem Willen, diese zu pflegen.

Zu Beginn sollte sich die Gruppe also darauf verständigen, welche Grundregeln es gibt und wie diese eingehalten werden sollen. Jeder Einzelne ist für die Ordnung im System verantwortlich und fügt man seine Seiten nicht ordentlich in die Struktur ein, besteht die Gefahr, dass diese Seiten nicht gelesen werden.

Das System glänzt nicht durch Benutzerfreundlichkeit. Man muss sich zwangsläufig mit Wiki-Markup auseinandersetzen und sollte die oben verlinkten Anleitungen gelesen und verstanden haben.

Daher ist Campaign Wiki  eine Low-Budget Lösung für alle Gruppen, die zwar ihre Errungenschaften aufzeichnen wollen, aber auf Schnickschnack wie XP-Tracker, geheime Informationen oder ein besonders strukturiertes Abenteuerjournal verzichten können.

Fazit

Campaign Wiki ist die deutsche Light-Version zu Epic Words und Obsidian Portal. Der Funktionsumfang ist im Vergleich zu der Konkurrenz sehr spartanisch. Dafür verfügt man über die absolute Freiheit eines Wikis. Die Einstiegshürde, solange man seine Seiten nicht sperrt, ist gering: Jede Seite ist über einen einfachen Link aufzurufen und kann so problemlos in Foren oder Facebook-Gruppen referenziert werden.

Wer sich auf das Wiki einlässt, den belohnt es mit der relativ einfachen Erstellung neuer Inhalte, dem vollständig kostenfreien Funktionsumfang und der Freiheit, seine Inhalte gemäß der eigenen Vorstellungen zu erstellen.

Auf der negativen Seite fehlen zahlreiche Funktionen bzw. sind nur rudimentär umgesetzt: Jeder Nutzer ist dafür verantwortlich die eigene Kampagne ordentlich zu halten und sinnvoll zu strukturieren – sonst verschwinden Seiten schnell im Nirwana. Die Journal-Funktion ist zwar nett gemeint, aber in der Praxis ist eine eigene Lösung wahrscheinlich besser.

Insgesamt schlägt sich das Privatprojekt wacker – für die meisten Kampagnen reicht der Funktionsumfang vollkommen aus und wem es in erster Linie um das Festhalten der kampagnenrelevanten Informationen geht, der findet in dieser kostenfreien Variante, was er sucht.

Artikelbild: Alex Schröder, Flickr

 

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