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Die Partnerschaft zwischen dem Tabletop-Onlinehändler Wayland Games und der News- und Gerüchteseite Beasts of War (BoW) ist beendet. Das haben Beasts of War auf ihrer Website  bekanntgegeben. Die Trennung geschieht Aussage von BoW aufgrund der derzeitigen Vertragssituation zwischen Games Workshop (GW) und Wayland Games

In ihrer Bekanntmachung bedauern die BoW-Betreiber, dass dieser Schritt notwendig sei, um ihre Interessen und ihr Geschäft zu schützen, da sie Beasts of War als Plattform, die über das Tabletop-Hobby berichtet, nicht aufgeben wollen. Es sei „nicht sinnvoll“, nicht über GW als den größten Hersteller in der Industrie zu berichten.

Beteiligte und Vorgeschichte

Games Workshop braucht als weltweit größter Hersteller von Tabletopminiaturen eigentlich nicht vorgestellt zu werden. Mit ihren Produktlinien, inklusive Lizenzvergaben, erwirtschaftet die Firma einen jährlichen Gewinn im zweistelligen Millionenbereich (Jahresbericht 2013). GW ist mit großem Abstand der größte Produzent und Arbeitgeber in der Tabletopbranche. 

Wayland Games ist einer der weltweit größten Onlinehändler für Tabletopminiaturen. Mit günstigen Preisen, insbesondere für GW-Produkte, und Versandoptionen in den Großteil der Welt, greifen viele Käufer auf den englischen Händler zurück.

Beasts of War ist eine Newsplattform, die über Neuigkeiten und Entwicklungen in der Tabletopbranche berichtet. Durch stets aktuelle Berichterstattung über Neuheiten, kommende Veröffentlichungen sowie umfangreiche Videos zur Vorstellung von Spielen oder Spielberichten, hat BoW einen großen Bekanntheitsgrad erreicht.

Seit 2011 arbeiteten Wayland Games und BoW unter dem Dach der Tabletopnation eng zusammen. Die Tabletopnation ist ein Veranstaltungszentrum, in welchem Turniere und andere auf das Hobby bezogene Events ausgerichtet werden, welche sich großen Zulaufs erfreuen. Im November 2012 verlegte BoW sein Studio sogar in die Räumlichkeiten der Tabletopnation. Neben den Örtlichkeiten teilten sich Wayland Games und BoW auch Mitarbeiter.   

Derzeitige Situation

An diesem Punkt erlangen die neuen Vertragsbedingungen seitens GW an Bedeutsamkeit.

Entsprechend der neuen Handelsvereinbarungen (die im Juni diese Jahres von GW veröffentlicht wurden), kann Wayland Games zum Ziel von Repressionen seitens GW werden, wenn BoW Informationen zu kommenden Produkten von GW vor der Veröffentlichung durch GW selber verbreitet. Entsprechend der derzeitigen Politik der Geheimhaltung von Neuerscheinungen bis zum Vorbestellungstermin gewährleistet GW durch diese Handelsvereinbarungen, dass kein Händler die von ihnen erhaltenen Informationen vor diesem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit trägt.

Nach §9.4 des derzeit gültigen Vertragswerkes für Händler von GW kann jede Veröffentlichung von Informationen über Neuerscheinungen durch andere Parteien, also außer GW selber, mit einer 30-tägigen Lieferverzögerung aller Neuheiten geahndet werden. Diese Verzögerung gilt auch für alle weiteren Erscheinungen in der kommenden Zeit  bis zu sechs Monaten.

(If any Affiliates of the Trade Account disseminate or otherwise make available to the public any information in respect of new release Products prior to any Advance Order Date in respect of such Products, then, for a period of 6 months, GW shall not despatch new release Products to that Trade Account until 30 days following the Global Release Date for such Products.)

Aufgrund des großen Handelsvolumens, das GW-Produkte für Händler ausmachen, bedeutet eine sechsmonatige Lieferverzögerung enorme Einnahmeneinbußen. Kleinere Händler könnte dies sogar das Geschäft kosten.

BoW fragte nach eigener Aussage nach, was laut GW unter Affiliates zu verstehen sei. Die Antwort war: Firmen, welche zur selben Firmengruppe gehören und jegliche Individuen, die mittels gemeinsamer Eigentümerrechte, Kontrollmöglichkeiten, als Teile des Management oder als Kernangestellte mit solchen Firmen verbunden sind.

(Companies belonging to the same group of companies, and any individuals affiliated by way of shared ownership, control, management or key employees.)

Diese Definition umfasst offensichtlich auch die Natur der Zusammenarbeit von BoW und Wayland Games. Durch die Zusammenarbeit der beiden ist Wayland Games, entsprechend der Vertragsbedingungen, die sie unterzeichnet haben, ein legitimes Ziel für Sanktionen dieser Art, wenn BoW Informationen vor dem offiziellen, von GW sanktionierten, Termin verbreitet. Daher wäre GW rechtlich befugt, Wayland Games bei solchen Vertragsbrüchen durch BoW zu sanktionieren.

Um solche Sanktionen zu vermeiden, gehen Wayland Games und BoW nun in Zukunft getrennte Wege. Auf diese Weise kann BoW jegliche Art von Berichterstattung über GW-Produkte veröffentlichen, ohne das Geschäft von Wayland Games zu gefährden. Die bisher unter einem Dach operierenden Geschäfte haben sich mit der Auslagerung des Studios von BoW zudem auch rein örtlich getrennt.

Von Seiten Games Workshop war weder telefonisch noch per Email keinerlei Stellungnahme zu den Vorgängen zu erlangen. Allerdings ist es generelle Firmenpolitik von GW, keine Stellungnahmen zu geben. Daher war dies zu erwarten.

Ob diese Angelegenheit weitere Auswirkungen auf die Beteiligten hat, bleibt abzuwarten. Wir werden euch auf dem Laufenden halten.

Worte des Chefredakteurs

Es bleibt mir unverständlich, warum Games Workshop Ltd. offenkundliche Werbung für kommende Produkte unterbindet. Die Streuung von Informationen über zu erwartende Miniaturen und Bücher schürt den Hunger der spielenden Fangesellschaft.

Beasts of War ist eine der dominanten Plattformen für alle Hobbyisten und wird tagtäglich von vielen tausend Lesern besucht. Zu einem (Web-)Magazin gehört auch Berichterstattung über kommende Veröffentlichungen.

Der verloren gegangene Werbe-Effekt und die damit verloren gegangenen Einnahmen scheinen jedoch für GW nicht von Bedeutung zu sein. Immerhin wird die gesamte Werbungspalette vollkommen auf das hauseigene Magazin White Dwarf verschoben. Dass diese Werbung aber den faden Beigeschmack des Selbstlobes hat, ist offenkundig.

Neutrale Berichterstattung oder auch Rezensionen sind wichtig. Wichtig für den Kunden, wichtig für ein offen und transparent auftretendes modernes Unternehmen. Wir bei teilzeithelden.de bauen seit wenigen Monaten das neue Ressort Tabletop auf und haben entschieden, GW nicht in unsere Berichterstattung mit aufzunehmen.

Das ist zu Teilen Boykott aus Sympathie zur Tabletopnation, aber auch Selbstschutz. Undenkbar, was passiert, wenn ein derart großes Unternehmen ein noch kleines Webzine wie uns verklagt – nur weil die Ergebnisse einer Rezension dem Konzern nicht gefallen.

Roger Lewin, Chefredakteur teilzeithelden.de

Artikelbild:  © Spectral-Design – Fotolia.com

2 Kommentare

  1. GW läßt sich ungern in die Töpfe schauen! Wer den Deckel anhebt bekommt eine mit dem Kochlöffel drüber *PUNKT*
    Wie sinnvoll, so etwas ist… wie sehr sich das durchführen läßt.. steht auf einem anderen Blatt.
    Ich habe selber früher für GW gearbeitet und zu der Zeit hat man als Mitarbeiter teilweise 9-10 Monate Infos zu den Neuheiten bekommen. Jetzt wissen regelmäßige Forenleser meistens vor den Mitarbeitern was Neues rauskommt. Wie die Jungs und Mädels in Rot so als kompetentes Fachpersonal rüberkommen sollen verstehe ich nicht.
    Versteht mich nicht falsch, ich habe sehr gern für die Firma gearbeitet und es hat mir meistens Spaß gemacht, auch sind meine ersten Kontakte mit dem Hobby über GW gelaufen (bin über die 2.nd Edition Blood Bowl zum Hobby gekommen (Astrogranite FTW ;) )
    Aber seither hat sich die Firma oft gewandelt und nicht immer zum Besseren.
    Ich spar mir hier mal eine Diskussion zur Preispolitik loszutreten, davon gibt es schon zu viele. Was ich mit am bedauerlichsten finde ist die Entwicklung des WD. Aus einem sehr genialen Hobbymagazin hat sich ein überteuerter Hochglanzkatalog entwickelt. Aspekte des Hobbys die mir am wichtigsten sind, wie Geländebau, Modellumbauten und Hintergrund-Fluff sucht man vergeblich. An deren Stelle sind (sehr einseitige) Produktrezensionen getreten, mit seitenweise Bildern von Gussrahmen.
    Eure Entscheidung nicht über GW und deren Produkte zu berichten kann ich nur befürworten. Gerade seit durch den Kickstart-Boom der letzten Jahre gibt es genug andere Firmen (und deren Publikationen) über die es lesenswertes zu berichten gibt. Ich habe seit den frühen 90ern immer über den GW-Tellerrand geschaut und es hat sich gelohnt.
    Das Tabletophobby ist so viel größer als uns eine Firma aus Nottingham glauben läßt… wer immer nur GW als Maß aller Dinge nimmt, dem entgeht so einiges ;)

  2. Im Großen und Ganzen muss ich mich da Noisy anschließen, auch wenn mir die persönliche Erfahrung mit GW fehlt. Gerade wenn ich ab und an durch diverse Kickstarter Projekte blättere sehe ich da wirklich viel Potential. Der Blick über den Tellerrand lohnt also ziemlich sicher. Tatsächlich würde ich den einen oder anderen Bericht über diese Projekte mehr schätzen als Produktvorstellungen für GW, damit mir auch ja kein AHA! Moment entgeht.

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