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Disney hatte schon häufiger überlegt, Die Schneekönigin von Hans Christian Andersen zu verfilmen. 2010 fiel dann endlich der Entschluss, dieses Projekt in Angriff zu nehmen, da nun die technischen Möglichkeiten dafür bestünden. Neben Regisseur Chris Buck (Tarzan) wurde dafür Jennifer Lee (Ralph Reichts) als Mit-Regisseurin und Drehbuchschreiberin engagiert, um aus dem relativ komplexen Stoff eine auch für Kinder in einem Animationsfilm verständliche Geschichte zu machen.

Was dann genau passierte, kann ich nicht sagen, aber klar ist: Bis auf die Tatsache, dass der Film mit Schnee zu tun hat, einem Schloss aus Eis und der Tatsache, dass Herzen gefroren werden können, ist eigentlich nichts von Andersens Märchen übrig geblieben. Aber gut, das sind wir von Disney nun wirklich nicht anders gewöhnt, und es hat in der Vergangenheit unzählige Male hervorragend funktioniert. Warum also nicht auch hier?

Die Geschichte

Anna und Elsa sind die beiden einzigen Kinder des Königspaares von Arendelle. Die ältere Elsa hat aus nie thematisierten Gründen die Fähigkeit, Eis und Schnee zu erschaffen und zu kontrollieren. In der Kindheit der beiden haben sie auch viel Spaß damit und spielen im Ballsaal des Schlosses herum, bis es zu einem Unfall kommt, bei dem Anna von Elsa mit einem Eisblitz verletzt wird.

Die einzigen, die sie heilen können, sind einige niedliche und freundliche Trolle, die direkt anmerken, dass es gut ist, dass der Kopf verletzt wurde, denn ein vereistes Herz wäre nur schwer zu heilen gewesen. Außerdem prophezeien sie, dass Elsas größter Feind die Angst ist. Dann heilen sie Anna und nehmen ihr all die Erinnerungen an die Kräfte ihrer Schwester.

Anna - die Protagonistin
Anna – die Protagonistin

Die Prophezeiung wird von dem Königspaar so aufgefasst, dass die Leute Angst vor Elsas Kräften haben würden, weshalb sie lernen muss, diese zu unterdrücken und zu verstecken. Auch vor Anna.

Dadurch entsteht eine Kluft zwischen den beiden, die Anna nicht versteht, und sie versucht immer wieder erfolglos, die enge Bindung zu ihrer Schwester wiederherzustellen.

Jahre später kommen dann die Eltern der beiden bei einem Sturm auf See ums Leben, weitere drei Jahre später wird Elsa zur Königin gekrönt. Auf der Krönungsfeier lernt Anna den Adeligen Hans kennen und die beiden stellen fest, dass sie sehr viel gemeinsam haben. Noch am gleichen Abend beschließen sie, zu heiraten. Als Anna dies ihrer Schwester mitteilt und um Erlaubnis für die Hochzeit bittet, wird Elsa wütend, da sie nicht glaubt, dass man in so kurzer Zeit feststellen kann, dass man jemanden wirklich liebt und verweigert ihre Zustimmung. Anna lässt nicht locker, bedrängt ihre Schwester und reißt ihr dabei einen der Handschuhe herunter, die diese stets trägt. Die Wut lässt Elsa die Kontrolle über ihre Kräfte verlieren und alles, was sie mit der nackten Hand berührt, wird zu Eis. Sie sieht die Panik und das Unverständnis auf den Augen der Menschen und flieht. Dabei lässt sie das ganze Königreich von Eis und Schnee überzogen hinter sich zurück.

Anna gibt sich selbst die Schuld an all dem, überlässt ihrem geliebten Hans die Kontrolle über das Reich und reist ihrer Schwester hinterher, um sie dazu zu bringen, das Land wieder aufzutauen.

Auf dieser Reise trifft sie dabei auf den Eisblockverkäufer Kristoff und sein Rentier Sven, etwas später auf den Schneemann Olaf, dessen größter Wunsch es ist, einmal den Sommer zu erleben. Gemeinsam versuchen diese ungleichen Helden das Königreich zu retten und bekommen es dabei mit einem Eisgolem, den Schergen eines Handelspartners des Königreiches und weiteren Komplikationen zu tun, bevor am Ende, wie sollte es bei Disney auch anders sein, alles wieder gut wird. Auch wenn der Weg, wie das erreicht wird, nicht unbedingt das ist, womit man in dem Moment gerechnet haben muss.

Anna, Olaf, Kristoff und Sven - eine illustre Runde
Anna, Olaf, Kristoff und Sven – eine illustre Runde

Optik

Der Film ist komplett digital entstanden und in 3D produziert worden. Ich habe ihn allerdings in 2D gesehen. Mir ist dabei nur eine Szene negativ aufgefallen, bei der die Kameraeinstellung offensichtlich für einen 3D Effekt optimiert wurde.

Positiv wäre zu sagen, dass viele der Figuren von ihrer Form her nicht dem Disneystandard entsprechen. Negativ ist dabei anzumerken, dass von den Hauptfiguren nur Kristoff in diese Gruppe fällt. Sowohl Anna als auch Elsa wurden in die übliche Schablone gegossen, mit der Disney alle seine Prinzessinnen gestaltet. Insbesondere die Ähnlichkeit zwischen Anna und Rapunzel ist frappierend – inklusive einer Haarsträhne in einer anderen Farbe.

Die Schnee- und Eiseffekte sind sehr schön anzusehen, einige Szenen sogar grandios. Die Entstehung des Eisschlosses von Elsa ist wirklich fantastisch gemacht.

Akustik

Die Stimmen der Sprecher sind größtenteils in Ordnung, ohne wirklich gut oder schlecht zu sein. Einzig Hape Kerkeling als Olaf sticht dabei positiv heraus. Sein üblicher Charme passt ganz hervorragend zu dem naiv-dummen Schneemann und seiner Funktion in dem Film (Comic Relief).

Wie schon bei Rapunzel ist dieser Film auch wieder ein Schritt in Richtung alter Disneytraditionen mit vielen, vielen Liedern. In verschiedenen Kritiken hatte ich gelesen, dass diese auch sehr gut sein sollen. Diesen Eindruck hatte ich absolut nicht, weshalb ich mir dann mal die Kritiken genauer angesehen habe: Sie beruhten alle auf dem englischen Originalton. Eine kurze Recherche über Amazon ergab: Stimmt, im Original sind die Lieder schön. Im Deutschen nerven sie leider. Für mich auch unverständlich: Wieso schaffen die Amerikaner es, die Synchronsprecher auch singen zu lassen, wir Deutschen müssen aber immer eine andere Stimme für den Gesang nehmen?

Wollt ihr die Lieder auch mal vergleichen? Ich empfehle dafür Track 5 (Let it Go / Lass jetzt los) – Deutsch/Englisch.

Oft gestaltet sich die Handlung düster und tragisch.
Oft gestaltet sich die Handlung düster und tragisch.

Tragik/Komik

Die Geschichte des Filmes enthält viele Momente, die tragisch sind oder die große Gefahren für die Figuren zeigen. In der Vorstellung, in der ich war, gab es auch immer wieder Kinder, die absolut nicht verstanden haben, was da passiert ist, oder aus Angst die Eltern fragten, ob diese oder jene Person nun tot sei. Für einen Kinderfilm fand ich die Menge solcher Szenen schon recht hoch.

Als Ausgleich dazu gibt es Olaf und Sven, die durch Worte und Taten immer wieder Auflockerung bringen. Insbesondere Olaf brilliert hier, auch wenn er stellenweise ein wenig zu dämlich herüberkommt. Aber auch die niedlichen Trolle sind eine schöne Abwechslung, selbst wenn sie nur in zwei Szenen vorkommen.

Ein Teil der lustigen Szenen ist dabei übrigens eher an die älteren Zuschauer gerichtet, da die Kinder sie vermutlich nicht verstehen können. Generell gibt es einige Szenen, die sehr bewusst mit Klischees spielen, und diese dann eben brechen, was für die ein oder andere Überraschung, gerade bei „erfahreneren“ Zuschauern sorgt.

Ein Schneemann, der sich nach dem Sommer sehnt.
Ein Schneemann, der sich nach dem Sommer sehnt.

Fazit

Die Eiskönigin – Völlig unverfroren (Oh mein Gott, was für ein Titel! Wer hat das schon wieder verbrochen?!) ist ein Film, bei dem ich persönlich auf die DVD/BluRay warten würde, um ihn mir dann im Original anzusehen. Die Optik des Filmes ist durchaus lohnenswert, ein Teil der Charaktere interessant. Aber die deutschen Lieder sind einfach fürchterlich.

Auch ist die Geschichte relativ verworren und konfus konstruiert. Dass die Prinzessinnen optisch dem üblichen Schema entsprechen ist schade, da der Rest der Figuren im Film es entweder gar nicht tut, oder es als Mittel verwendet wird, um entsprechende Klischees zu brechen. Charakterlich sind die Prinzessinnen im Gegensatz zu vergleichbaren Figuren jedoch wohltuend anders. Ein Schritt in die richtige Richtung.

Von der Handlung sollte man nicht zu viel erwarten und auch am besten nicht genauer über sie nachdenken. Die Auflösung ist dabei jedoch erwähnenswert, da sie eine schöne Abwechslung zu anderen Disneyfilmen darstellt.

Die Kenntnis der Schneekönigin von H. C. Andersen ist weder notwendig noch empfehlenswert, da die Gemeinsamkeiten so gering sind, dass man mit falschen Erwartungen an den Film herangehen würde.

Wenn man nicht allergisch gegen deutschen Gesang ist und Kinder hat, ist der Film ein brauchbarer Weihnachtsfilm für die ganze Familie. Wenn man keine Kinder hat und des Englischen mächtig ist, würde ich empfehlen, den Film im Kino zu meiden und lieber auf die DVD/BluRay zu warten oder zu schauen, ob man eine Vorstellung mit Originalton finden kann.

Daumen3maennlich

Artikelbilder:  ©2013 Disney. All Rights Reserved

 

1 Kommentar

  1. „Auch ist die Geschichte rela­tiv ver­wor­ren und kon­fus kon­stru­iert.“ – Wie bitte?!
    „Aber die deut­schen Lie­der sind ein­fach fürchterlich.“ – Stimmt nicht.

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