Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Da wären wir also wieder. Die wunderschönen Landschaften Neuseelands verwandeln sich erneut in Tolkiens fantasievolle Welt Mittelerde. Im ersten Teil der Hobbit-Trilogie wurde eine ungleiche Gemeinschaft geschmiedet. Eine Schar aus 13 Zwergen, angeführt von Thorin Eichenschild, dem bekannten Zauberer Gandalf der Graue sowie dem Hobbit Bilbo Beutlin. Gemeinsam traten sie die gefahrvolle Reise zum Einsamen Berg an. Hier erhob sich einst das Zwergenreich Erebor, ehe der mächtige Drache Smaug die Landschaft in eine Einöde verwandelte und fortan die Hallen voller Gold bewachte.

Das Team um Regisseur Peter Jackson ging das Wagnis ein, aus Tolkiens Kinderbuch „Der Hobbit“ ein Leinwand-Epos zu erschaffen, dass möglichst der vielfach ausgezeichneten „Herr der Ringe“-Trilogie nacheifert. Antrieb war hier aber sicherlich auch, an den weltweiten Kinokassen einen ähnlichen Reichtum wie in Smaugs Drachenhort anzusammeln. Ursprünglich waren zwei Filme geplant, doch Peter Jackson sprach von dem immensen Zusatzmaterial, welches man gerne mit einbauen würde, so lohnenswert sei es. In diesem Sinne muss „Der Hobbit – Smaugs Einöde“ als Zwischenglied der Reihe einen gekonnten Spannungsbogen erzeugen und die Handlungsfäden für das große Finale vorbereiten. Ob und wie das gelingt, erfahrt ihr in den kommenden Zeilen.

In eisigen Bergen ...
In eisigen Bergen …

Story

Thorin und seine Zwergenkameraden haben zusammen mit dem Hobbit Bilbo und dem Zauberer Gandalf den ersten Schritt ihrer Reise zum Einsamen Berg hinter sich gebracht und das Nebelgebirge überwunden. Doch die Orks samt ihrem grausamen Anführer Azog sind der Gemeinschaft dicht auf den Fersen. Auch die zweite Etappe ist gespickt von zahlreichen Gefahren. Der verwunschene Düsterwald, eigensinnige Waldelben, sowie die einfältigen, menschlichen Bewohner der Seestadt Esgaroth, bilden eine dynamische Mischung aus Hindernissen und Unterstützungsmöglichkeiten. Am Ende des Filmes wartet – so viel sei verraten – der mächtige Drache Smaug, der über die Hallen voller Gold des untergegangenen Zwergenreiches wacht.

Die Geschichte verläuft wie in einem klassischen Roadmovie. Die Geradlinigkeit führt rasant über diverse Zwischenstationen bis hin zum krachenden Finale. Überraschung gibt es hierbei kaum. Damit der Leinwandstoff für satte 161 Minuten ausreicht, gibt es diverse Nebenstränge, die in ihrer Bedeutung  – glaubt man den Verantwortlichen – unbedingt ins Kino gehörten und ausschlaggebend für die Ausdehnung auf drei Filme waren.

... und durch wilde Flüsse!
… und durch wilde Flüsse!

Darsteller

Das Darsteller-Ensemble ist dem Kinozuschauer weitestgehend aus dem ersten Teil bekannt. Zu den ohnehin schon zahlreichen Figuren gesellen sich im zweiten Teil u.a. der Pelzwandler Beorn (Mikael Persbrandt), der Seestadtbewohner Bard (Luke Evans) und die Elbin Tauriel (Evangeline Lilly). Zudem gibt es ein Wiedersehen mit Legolas (Orlando Bloom). Bei der Masse an Figuren geht vieles unter. Oberflächlich wird angerissen wie Bilbo (Martin Freeman) dem Ring langsam verfällt und wie Thorin (Richard Armitage) teils rücksichtslos sein Ziel verfolgt.

Daneben gibt es das typische Fantasyallerlei: die Orkschergen sind möglichst hässlich anzuschauen, die Elben unnahbar und über alles erhaben, die Zwerge zuweilen komisch und die Menschen ringen mit ihrer Einfachheit und dem glanzlosen Alltag. Zauberer wie Gandalf (Ian McKellen) und der Nekromant bekämpfen sich in visueller Klarheit: Weiß gegen Schwarz; Gut gegen Böse. In Peter Jacksons rasantem Zwischenspiel bleibt kein Platz für die „graue“ Zurschaustellung interessanter Charakterzüge. Hierbei mag Tolkien nicht ganz unschuldig sein, bei einer absichtlichen Ausdehnung der Filme wäre hier aber durchaus Platz gewesen. Als eine der zahlreichen Änderungen zur Buchvorlage gesellt sich trotzdem oder gerade deswegen auch die Figur der Elbin Tauriel. Ob die weiblichen Kinozuschauer unbedingt eine zweite „Arwen“ in der Gestalt einer wunderhübschen, unbezwingbaren Kriegerin als Identifikationsfigur gebraucht haben, ist fraglich.

Der Film erfährt durch die Figur und die angeschnittene Liebesidee nämlich keinerlei Mehrwert. Die Charaktere verkommen zu einem beliebigen anonymen Detail der strahlenden Mittelerde-Visualisierung. Bezeichnend ist dabei, dass Zwergenanführer Thorin, der zum Ende des Vorgängers erste Sympathiepunkte sammelte, an diese im zweiten Teil einfach nicht anknüpfen kann. Passenderweise schafft es in diesem Zusammenhang die CGI-Gestalt des Drachen Smaug zum interessantesten Charakter des Films.

Smaugs Hort
Smaugs Hort

Inszenierung

Der Hobbit mutet nach nunmehr zwei von drei Teilen wie eine Neuauflage der Herr der Ringe-Trilogie an. Damit das Mittelstück des zum Epos erhobenen Kinderbuches unterhaltsam bleibt, werden passend zu jeder Station der Reisegemeinschaft antreibende Actionsequenzen eingebaut.  Detailreichtum gibt es in jedem Bild und visuell hat der Hobbit eine ganze Menge zu bieten. Jeder Schauplatz wirkt stimmig und geradezu perfekt. Auch wenn der zweite Teil düsterer als der Vorgänger ist, bleiben Bild und vor allem Action stets ein auf Hochglanz poliertes Erlebnis.

Die rasanten Actionsequenzen sind fulminant inszeniert und unterhaltsam. Schier grenzenlos wird hier jede Choreographie zelebriert. Dies findet seinen Höhepunkt, als die Zwerge in Holzfässern einen Fluss hinab rasen, während gleichzeitig das Elbenduo mit atemberaubender Akrobatik unzählige Orks zur Strecke bringt. In einem Videospiel hätte man sich dafür alle zehn Finger für sämtliche Tastenkombinationen brechen müssen.

Vom gewohnt soliden Soundtrack unterstrichen erlebt der Kinozuschauer also ein optisches Highlight nach dem anderen und sei es noch so bedeutungslos für die Geschichte. Passenderweise mündet dann auch die Darstellung des Drachen Smaug in einem beeindruckenden Finale. Dynamisch und  überheblich führt die Bestie bis zum Schluss einen Monolog zur Unterstreichung seines unbezwingbaren Wesens. Was folgt ist ein donnerndes Filmende mit optischem Hochgenuss, samt riesigem Cliffhanger.

Technisch kommt der neue Hobbit Film wie auch schon der Vorgänger gleich in 3 Versionen ins Kino: 2D, 3D und HFR 3D. Das gewöhnungsbedürftige Bild der HFR-Technik gelingt im zweiten Teil deutlich besser. Offenbar hat das Team die ein oder andere Kinderkrankheit in den Griff bekommen.

Unnahbare Elben.
Unnahbare Elben.

Erzählstil

Wie schon angesprochen ist die Geschichte ein klassischer Roadmovie. Zwar steht zum Anfang von Der Hobbit – Smaugs Einöde eine bedächtige Inszenierung mit einem Rückblick auf die Ereignisse vor dem ersten Teil, doch danach geht es im Eiltempo voran. Die bunte Reisegemeinschaft besucht einen Schauplatz nach dem anderen. Der lineare Erzählstil wird von zusätzlichen Handlungssträngen begleitet. Die folgenreichste Szene ist hierbei ohne Zweifel Gandalfs Suche nach dem mysteriösen Nekromanten, der in den Ruinen Dol Guldurs haust.

Fazit

Der Hobbit – Smaugs Einöde ist ein rasanter zweiter Teil. Mit gewaltiger Bildkraft werden fantasievolle Schauplätze und atemberaubende Schlagabtäusche visuell ausgereizt. Doch neben der wunderschönen Optik bleibt kaum Platz für die zahlreichen Figuren der Erzählung. Oberflächlich werden unterschiedliche Themen angesprochen, bleiben letztendlich aber ohne Mehrwert.

Die Abenteuerreise der ungleichen Gemeinschaft aus 13 Zwergen, einem Hobbit und einem Zauberer wird von diversen Nebensträngen durchzogen. Diese sollten eigentlich die Ausdehnung auf 3 epische Filmteile rechtfertigen. Der Spagat gelingt jedoch nicht und der zweite Teil der Hobbit-Trilogie ist nicht viel mehr als ein visuell aufgeblähtes Zwischenstück voller fulminanter Actionsequenzen im polierten Mittelerde-Look. Wenn man die Buchvorlage schon ihren Wurzeln enthebt, dann darf man als Kinozuschauer auch mehr erwarten als einen Popcorn-Blockbuster in Michael Bay Manier.

Unterhaltsam ist das Treiben allemal, doch es bleibt die Erkenntnis, dass sich das Kinderbuch „Der Hobbit“ eben nicht so einfach in eine Neuauflage des Epos „Der Herr der Ringe“ umwandeln lässt. Es ist zu hoffen, dass uns nächstes Jahr ein umso würdigeres Finale erwartet.

Daumen3maennlich

 Artikelbilder: Metro-Goldwyn-Mayer 

 

2 Kommentare

  1. Ich höre inzwischen von vielen Leuten, dass sie den Film im Prinzip mögen und ihn auf jeden Fall imposant fanden, aber dennoch einige Dinge auszusetzen haben. Mir ging es nicht anders.
    Generell finde ich es nicht schlimm, dass Peter Jackson einige Handlungsstränge in den Hobbit aufgenommen hat, die nicht im Buch enthalten sind, da so ein runderer Bogen zum Herrn der Ringe geschlagen wird. Gänzlich erfunden sind die ja nicht, sondenr nur mit der Hobbitgeschichte kombiniert. Und, das darf man nicht vergessen, wir sollten alle froh sein, dass Jackson seine Filme nicht so dreht, wie Tolkien geschrieben hat, da wir ansonsten alle nach 10 Minuten im Kino eingeschlafen wären. So begnadet Tolkien auch bei der Erschaffung von Mittelerde war – spannend schreiben konnte der Mann nicht ;)

    Dass Thorin keine Sympathiepunkte sammelt fand ich gar nicht mal so schlimm, sondern viel eher passend. Im ersten Teil war er ein wenig der Außenseiterzwerg, der auf der gerechten Quest ist, seine verlorene Heimat zurückzuerobern. Der klassische Held, mit dem sich jeder identifizieren kann. Im zweiten Teil kommt jetzt aber zunehmend der Wahn und die Besessenheit durch und es zeichnet sich ab, dass Thorin derselben Schwäche erliegen wird, die auch sein Großvater in den Ruin getrieben hat. Das passt natürlich nicht zu einem Helden, mit dem man sich identifizieren möchte, da man sich nicht mit jemandem identifizieren will, der versagt.

    Ehe ich jetzt noch weiter aushole höre ich lieber auf ;)
    Ich fand Eure Rezension auf jedenfall spannend zu lesen, ich bin immer neugierig wie andere Leute den Film fanden.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein