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Dominion hat vor einigen Jahren eine neue Spielmechanik erfunden und damit eine neue Kategorie von Spielen geschaffen: Deckbuilding-Spiele. Eines der erfolgreichsten Spiele dieser Art war und ist Thunderstone. Nach zwei Grundspielen und einem halben Dutzend Erweiterungen wurden im vergangenen Jahr mit Thunderstone: Advance die Grundkarten und Regeln überarbeitet. Seither sind zwei Erweiterungen erschienen und nun ein weiteres Grundspiel, das aber immer noch kompatibel zu allen bisherigen Karten ist. Im Gegensatz zu den bisherigen Spielen, die in einer eigenen, relativ generischen, Fantasywelt spielten, ist dieses Mal die Welt Numenera (siehe auch die entsprechende Systemvorstellung) von Monte Cook verwendet worden. Bevor wir uns aber anschauen, wie gut oder schlecht die Übertragung auf diese Welt gelungen ist, schauen wir uns erst einmal die Regeln des Spieles an:

Spielablauf

Jeder Spieler beginnt das Spiel mit den gleichen 12 Karten in seinem Deck: Sechs Soldaten, zwei Fackeln, zwei Speere und zwei Donnersteinsplitter. Im Laufe des Spieles verändert sich das Deck aber, wie bei Spielen dieser Art üblich, sehr stark und man versucht oft, die Grundkarten loszuwerden.

Wer an der Reihe ist, hat stets sechs Karten auf der Hand. Damit hat er vier Möglichkeiten:

  1. Erholung: Eine Karte aus dem Spiel entfernen, die restlichen auf den Ablagestapel legen.

  2. Vorbereitung: Beliebig viele seiner Karten auf den eigenen Zugstapel legen, die restlichen auf den Ablagestapel.

  3. Dorf: Alle Karten werden gespielt, dann beliebig viele Dorf-Fähigkeiten der gespielten Karten verwendet. Dann wird die Goldsumme auf den gespielten Karten zusammengerechnet und damit kann dann eine Karte aus dem Dorf gekauft werden und landet so auf dem Ablagestapel. Danach dürfen beliebig viele Helden für vorhandene Erfahrungspunkte gesteigert werden. Dann werden alle Karten auf den Ablagestapel gelegt.

  4. Dungeon: Alle Karten werden gespielt, dann beliebig viele Dungeon-Fähigkeiten der gespielten Karten verwendet und Helden mit Waffen ausgerüstet. Hiernach wird ein Monster aus dem Dungeon ausgewählt, gegen das gekämpft wird. Dessen Kampfeffekte werden ausgeführt, dann wird der Angriffs- und Lichtwert mit den Lebenpunkten des Monsters und der Position im Dungeon verglichen. Reicht der Angriffswert aus, ist das Monster besiegt und landet auf dem Ablagestapel. Zusätzlich bekommt man, je nach Monster, eine Anzahl Erfahrungspunkte. Ist es zu stark, wandert es stattdessen unter das Dungeondeck. Auf jeden Fall werden aber noch die Folgeeffekte des Monsters ausgeführt. Dann rücken die weiter hinten liegenden Monster auf und der Dungeon wird nachgefüllt. Zuletzt werden die gespielten Karten auf den Ablagestapel gelegt.

Egal, welche Möglichkeit gewählt wurde: Danach werden sechs neue Karten gezogen und auf der Hand behalten, bis der Spieler das nächste Mal an der Reihe ist.

Auch darf man jede Runde einen seiner Erfahrungspunkte, die in verschiedenen Farben vorkommen und zufällig gezogen werden, verwenden, um damit einen einmaligen Effekt zu erzielen (Cypher genannt). Dies kann das Ziehen einer weiteren Karte sein, eine Erhöhung des Angriffswertes, des Goldes etc.

Wer mag, kann des Weiteren noch mit einem Schauplatz spielen. Das sind besondere Orte, die das Spiel verändern. Jeder von ihnen hat bestimmte Bedingungen, zu denen dann jeweils ein W20 gewürfelt wird. Je nach Wurf hat das dann gute oder schlechte Auswirkungen für den aktuellen oder für alle Spieler.

Im Dungeondeck befindet sich immer ein Donnersteinträger. Sobald dieser besiegt ist oder die vorderste Position im Dungeon erreicht, endet das Spiel und der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt. Siegpunkte bekommt man in den allermeisten Fällen durch besiegte Monster, wobei es auch ein paar wenige Karten im Dorf zu kaufen gibt, auf denen sich Punkte befinden.

Das klingt jetzt alles nicht gerade spannend, aber der Schein trügt. Wie bei Kartenspielen üblich, sind es nicht die Grundregeln, sondern die Effekte der Karten, die Nervenkitzel verursachen. Gute Kombinationen zu finden oder im richtigen Moment den richtigen Effekt zu benutzen sind die Dinge, die das Spiel interessant machen.

Preis-/Leistungsverhältnis

Für etwa 30 EUR bekommt man ein Spiel, das Spielspaß für viele Stunden bietet und durch die zufällige Auswahl an Dorfkarten und Monstern einen hohen Wiederspielwert hat. Wer Thunderstone noch nicht kennt, kann mit diesem Set gut einsteigen. Für alte Hasen bietet das Set viele neue Karten und mit den Cyphers und Schauplätzen auch zwei neue Mechanismen. Insgesamt auf jeden Fall den Preis wert.

Ausstattung

Thunderstone Numenera CoverDas Artwork ist entsprechend des Settings eine Mischung aus Science-Fiction und Fantasy, die Schachtel bietet genug Platz für alle Komponenten, für Würfel und Schauplatzkarten sind extra Vertiefungen vorgesehen. Leider ist die Schachtel nicht dafür gedacht, auch noch die Karten der anderen Erweiterungen unterzubringen, und die Schauplatzkarten sind so groß, dass sie auch nicht sauber in eine der alten Kisten passen. Es scheint fast, als sei Numenera zwar mechanisch kompatibel zu den anderen Sets, aber nicht dazu gedacht, mit diesen zusammen gespielt zu werden.

Die Karten bestehen aus dem üblichen festen Karton und sind griffig. Ich sehe keinen Grund anzunehmen, dass die Haltbarkeit dieser Karten schlechter wäre als die bei Thunderstone übliche, und da haben meine Karten nun etwa 70-80 Spiele hinter sich und sind immer noch gut nutzbar.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor(en): Mike Elliot
  • Erscheinungsjahr: 2013
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Box
  • ISBN/EAN: B00F46DA7K
  • Preis: ca. 30 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Unterschiede zum bisherigen Thunderstone (Advance)

Neben der Tatsache, dass es natürlich wieder neue Karteneffekte gibt, sind die größten Unterschiede zu Thunderstone Advance:

  • Die Vertrauten kommen in diesem Spiel nicht vor, was ich persönlich nicht besonders tragisch finde, da sie dem Spiel nie viel gebracht haben.

  • Dafür kann man über die Cypher-Effekte nun eine Menge mehr mit seinen Erfahrungspunkten anfangen als vorher.

  • Die Schauplätze sind neu, bereichern aber nach meiner bisherigen Erfahrung das Spiel kaum, da sie dafür zu selten einen merkbaren Effekt haben.

  • Die Flüche wurden ersetzt durch eine Krankheit, die nun immer den gleichen Effekt hat.

  • Es gibt das neue Wort „anwesend“ auf vielen Karten, das sich meist auf Monster bezieht, aber dann nicht die meint, die im Dungeon sind, sondern die, welche man auf der Hand hat. Das hat uns bei den ersten paar Partien sehr verwundert und wir müssen uns immer noch daran erinnern, dass etwas anderes gemeint ist, als man denken würde.

  • Statt Lauerern gibt es Verhängnisvolle als Monster, auf die sich ein paar Karten beziehen. Hierfür wurde dummerweise die gleiche Symbolik gewählt wie für Lauerer, so dass es beim Mischen der Karten zu Verwechslungen kommen kann.

  • Ein weiterer neuer Mechanismus ist die „Reaktion“, die es erlaubt, bestimmte Karteneffekte auch dann zu benutzen, wenn man gar nicht an der Reihe ist.

Einbinden des Settings

Die Mischung aus Fantasy und Science-Fiction sorgt für einige befremdliche Momente. So sind zum Beispiel Strahlenkanonen als Zaubersprüche definiert und der Aufseher ist ein Gegenstand, da es sich um einen Roboterhund handelt. Auch die Benennung der Helden ist etwas gewöhnungsbedürftig (Intelligente, Starke, Flinke etc. klingt nicht gerade spannend).

Bei den Dorfkarten sind ein paar dabei, deren Namen nicht wirklich Sinn ergeben (Dörflicher Jack) wenn man das Setting nicht kennt, oder die einfach nur komisch klingen (Vergeltungsnodulus, Schocknodulus).

Gut gelungen finde ich die Cyphers, die ja auch im Rollenspiel Numenera kleine gefundene Dinge mit einmaligem Effekt sind. Schade ist dabei, dass weder die deutsche noch die englische Regel klar sagen, dass man die Erfahrungspunkte dabei abgeben muss. Auch schade: In der englischen Version sind die Erfahrungspunkte Plastikchips, in der deutschen sind sie lediglich aus Pappe.

Fazit

Wer Thunderstone noch nicht kennt und an Spielen wie Dominion Spaß hat, der hat mit der vorliegenden Box eine gute Chance, sich das Ganze einmal anzusehen. Wirklich empfehlen würde ich das aber nur, wenn die Welt von Numenera dem Spieler bekannt ist und von diesem gemocht wird. Ansonsten würde ich Anfängern eher zu Thunderstone Advance: Türme des Verderbens raten, dem ursprünglichen Basisspiel der Advance-Variante.

Wer die Türme und die anderen Erweiterungen schon hat, der findet in Numenera aber sicherlich einige interessante neue Karten und Effekte, die Thunderstone wieder etwas spannender machen, nachdem man die alten Karten alle lange genug gespielt hat.

Insgesamt wäre Numenera eine solide Thunderstone Advance-Erweiterung gewesen. Für ein neues Grundspiel kommt sie aber zu kurz nach den Türmen des Verderbens und bietet im Vergleich nicht genug Neuerungen.

Daumen3maennlich

Artikelbild: Pegasus Spiele

 

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