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Es ist schon ein dreistes Stück Software, das Crafty Studios da im Juli 2013 ablieferte. Der Name immerhin weckte bei vielen DSA-Fans Interesse, ging es doch um nichts anderes als eine Neuauflage von Die Schicksalsklinge, dem ersten Teil der berühmten Nordlandtrilogie (Schicksalsklinge, Sternenschweif, Schatten über Riva), die zwischen 1992 und 1996 die Blütezeit der ersten Computer-Rollenspiele markierte und zahllose Spieler zum Pen-&-Paper-Rollenspiel brachte.

Doch beim Erscheinen war das Spiel gelinde gesagt unspielbar. Zu den nervigsten Bugs gehörten regelmäßige Spielabbrüche, korrumpierte Speicherstände, zufällig veränderte Heldenportraits und werte sowie ein Fehler in der Hauptstory, der das Lösen der Geschichte unmöglich machte. Ulisses Spiele fürchtete sogar um den Ruf von DSA und distanzierte sich vom Projekt. Fünf Monate später ist Schicksalsklinge nun in der Version „HD Revised“ endlich spielbar. Grund genug einmal zu schauen, wie sich die Rollenspiel-Perle der 90er heutzutage schlägt. 

Die Story

Schicksalsklinge spielt in Thorwal, also im Nordwesten Aventuriens, der Welt des Schwarzen Auges. Dort schreibt man das Jahr 1008 BF. Die Orks sind auf dem Vormarsch und bedrohen die Städte der Menschen am Golf von Prem. Doch Hetmann Tronde Torbenson hat einen Plan: Er will die Orks mit dem magischen Schwert und Orkenspalter „Grimring“ beeindrucken.

Doch dieses muss erst einmal wiedergefunden werden! Denn der ehemalige Besitzer Hyggelik verschwand der Sage nach mit der Waffe auf einer Expedition ins Orkland. Einige Männer sollen aber noch über Kartenstücke verfügen, die das Ziel Hyggeliks und damit den Verbleib von „Grimring“ beschreiben. Und genau hier kommen die Helden der Geschichte ins Spiel.

Die gezeichnete Karte kann sich sehen lassen. Irgendwo hier ist die gesuchte Schicksalsklinge versteckt.
Die gezeichnete Karte kann sich sehen lassen. Irgendwo hier ist die gesuchte Schicksalsklinge versteckt.

Das Gameplay

Schicksalsklinge spielt sich 2014 dabei nicht anders als schon 1992, nämlich als Computeradaption eines klassischen DSA-Abenteuers. Die Heldengruppe wird frei generiert oder aus vorgefertigten Helden ausgesucht, die dann Thorwal bereisen und die Kartenstücke sammeln, um am Ende das Schwert zu finden. Dabei werden Städte erkundet, Kräuter gesucht, Dungeons ausgehoben, wird über Zufallsbegegnungen geflucht und den Göttern geopfert. Große Überraschungen bleiben aus, dafür sind die optionalen Nebenquests – von Goblinhöhlen bis zum Geisterschiff – stimmungsvoll und abwechslungsreich.

Dabei macht Crafty Studios – endlich, nach 25 Patches – gar keinen so schlechten Job, den Flair des Klassikers zu vermitteln und an einigen Stellen das Spielerlebnis zu verbessern. So sind Ortschaften frei begehbar und nicht mehr auf ein Kästchenraster beschränkt und sogar von umherlaufenden NSCs bevölkert. Doch wirklich lebhaft wirken die immer ähnlichen Thorwalerdörfer dadurch nicht. In den Dungeons kann man auch nicht sehen, wann man in Feinde hineinläuft. In den Kämpfen selbst ist solide 2D-Taktik-Kost angesagt. Krieger, Jäger und Firnelfen handeln nach einer festgelegten Initiativreihenfolge und Auseinandersetzungen werden zu Beginn eher durch Zufall als mit Taktik gewonnen. Denn mit den Startwerten ist das häufigste Ergebnis eines Angriffs nun mal „verfehlt“. Das ist zwar nervig, aber so war das damals eben in der dritten Edition.

Richtig schön oder spannend sind die Kämpfe nicht, dafür an einigen Stellen aber gesalzen schwer.
Richtig schön oder spannend sind die Kämpfe nicht, dafür an einigen Stellen aber gesalzen schwer.

Früher war doch alles besser?

Die dritte Edition von DSA, die dem originalen Schicksalsklinge und auch dem Remake als System dient, ist ein Kulturschock für Rollenspieler, die sorglose Action a lá Skyrim gewohnt sind. Crafty Studios bekennt sich hier klar zum Old-School-Rollenspiel, in welchem Charakterwerte ausgewürfelt werden und nur bei Stufenanstiegen und per Probe gesteigert wird. Die so erstellten Charaktere haben zwar hübsche Portraits, aber auch so wenig Dukaten, dass es kaum für ein paar Decken und lausige Waffen reicht. Dazu sind die Startwerte durchschnittlich so niedrig, dass die Helden ständig verletzt, überladen und betrunken sind – denn immerhin spielt man in Thorwal und jeder bärtige Informant will erst mal einen heben. Auch, dass Hexen und Druiden noch immer nett, aber nur wenig brauchbar sind und exotische Gruppenzusammenstellungen kaum Chancen haben, ist dem System geschuldet.

Interessant ist der Kompromiss des Remakes, die angezeigten Zauber im Zauberbaum der Helden zu reduzieren (alles mit -19 wird einfach gestrichen) und Detailverbesserungen vorzunehmen. So existieren etwa nicht mehr unzählige Versionen des „Attributo“-Zaubers, wie noch in der Vorlage von 1992. Diese unbequeme Komplexität, in der man sich sowohl ‚verskillen‘ als auch ‚verspielen‘ kann, nur um nach 30 Stunden Spielzeit eine neue Heldengruppe zu starten, ist für manche Spieler sicher genau das, was sie mit Schicksalsklinge HD erwartet und gesucht haben. Dem Vergleich mit modernen Rollenspielen wie Demonicon oder Blackguards hält das Spiel bei allem Old-School-Charme aber nicht stand. So dürften ahnungslose Spieler, die nicht genau wissen, worauf sie sich einlassen, eine böse Überraschung erleben.

Grafik

Die 3D-Optik leistet im Bereich Gelände und Umgebung solide Dienste, hängt aber der Grafik eines Drakensang um ein Jahrzehnt hinterher. So sehen die Nichtspielercharaktere in den Handelsmenüs und Städten wenig überzeugend aus. Besonders die klobigen Polygonmodelle der Helden und Feinde auf den Kampfkarten sind nur schwer zu ertragen.

Besser als 1992 ist die Grafik allemal, aber eine Schönheit ist Schicksalsklinge HD dadurch noch lange nicht. Besonders ärgerlich: Die Grafikengine sorgt auf schwächeren Rechnern für Perfomanceeinbrüche in größeren Städten.

Schöner als damals ist die neue Grafik natürlich schon. Dafür fehlt der gezeichnete Look des Originals.
Schöner als damals ist die neue Grafik natürlich schon. Dafür fehlt der gezeichnete Look des Originals.

Sound

Viele Sounddateien wurden aus dem Originalspiel übernommen und das ist gut so. Insgesamt ist damit die Soundkulisse von Thorwal gelungen. Die in einem der letzten Patches neu beigefügten Musikstücke sind etwas epischer und lassen sich gut hören, für Nordland-Veteranen aber auch abschalten.

Die harten Fakten:

  • Entwickler: Crafty Studio
  • Erscheinungsjahr: 2013
  • Sprache: Englisch
  • Plattformen: Windows PC, Playstation 3, Xbox 360
  • Preis: 19,99 EUR
  • Bezugsquelle: Steam, Amazon

 

Vorsicht – Fehler!

Diese Fehler traten bei unseren Testspielen auf und wurden noch nicht behoben:

  • Spielabsturz nach Tab zum Desktop
  • Falsche Grafik von einigen Waffen im Kampf
  • KI-Aussetzer von Charakteren im Kampf (kann man aber überspringen)
  • Kampfarenen passen manchmal nicht zum Hintergrund
  • Es ist kaum zu erkennen, welche Bodenplatten von Gelände blockiert sind
  • Einige falsche Anzeige- und Hilfetexte
  • Seltsamer Dauerregen in einigen Städten
  • Lebens- und Schadensanzeigen verschwinden ab und zu

 

Fazit

DungeonDie Motivation der DSA-Fans in der „Taverne zum fälligen Patch“ der Entwicklerforen hat geholfen. Schicksalsklinge HD ist endlich das, was es immer sein wollte: Eine originalgetreue Neuauflage des Rollenspiel-Klassikers.

Diese kommt zwar grafisch aufgehübscht, aber so sperrig wie 1992 daher, samt frustrierenden Sackgassen und knackigem Schwierigkeitsgrad. Nostalgiker, die sich nach den Regeln der dritten DSA-Edition sehnen, kleinere Fehler verschmerzen können und jüngeren Kollegen mal zeigen wollen, wie man „damals gespielt hat“, dürften Schicksalsklinge HD interessant finden. In der aktuellen Version spürt man immerhin den Charme von damals.

Dass das kleine Entwicklerstudio als Buße neue Dungeons eingefügt hat und weiterhin an Patches arbeitet ist löblich – auch wenn dahinter wohl der Wunsch steht, den eigenen Ruf zu verbessern und Teil zwei und drei der Nordlandtrilogie finanziert zu bekommen. Schicksalsklinge HD Revised ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

Daumen3maennlich

Artikelbilder: Crafty Studios

 

3 Kommentare

    • Die Zeit geht halt nicht spurlos am Spielerherz vorbei. Heutzugage spielt man Blackguards oder Dragon Age. Aber ich find es trotzdem gut, dass es solche Old-School Titel gibt. Vielleicht schau ich es mir an in ein oder zwei Patches.

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