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von Pas­cal Mohr

Auf einschlägigen Netzwerken, wie dem LarpeR.Ning, kann man in letzter Zeit immer häufiger wundervolle Werke talentierter Bastler bestaunen, welche täuschend echt wirken und dennoch aus Plastik bestehen. Die Rede ist hier von Rüstungen und Props (Requisiten) aus GfK und Worbla’s finest Art (im Folgenden nur Worbla). Doch welche Materialeigenschaften verbergen sich hinter diesen Namen? Woraus bestehen sie genau? Sind sie auch für den Privatmann interessant?

Die Werkstattvariante: GfK

Hinter der Abkürzung “GfK“ (Glasfaserverstärkter Kunststoff) verbirgt sich nichts anderes, als das umgangssprachliche Fiberglas. Durch die Verbindung von Fasern und einem Harz – wie zum Beispiel Epoxidharz – entsteht eine strapazierfähige Oberfläche.

Der Werkstoff ist im LARP nicht unbekannt, wird er doch schon seit Jahren sehr erfolgreich für Kernstäbe im Polster-Waffenbau verwendet. Spätestens Sander Propworx hat allerdings begonnen, dieses Material auch für andere Werkstücke als Waffen zu nutzen. Aus seiner Hand stammt bereits eine große Anzahl von Rüstungen, welche er aus GfK gefertigt hat.

Der Vorteil des Materials liegt ganz klar darin, dass die Grenzen, welche Metall zuweilen setzt, für GfK meist nicht gelten. Beispielsweise ist es wesentlich leichter und ermöglicht so Aufbauten, die aus Metall viel zu schwer wären. Zugleich ist es jedoch stabiler als Schaumstoff mit Latexüberzug. Dies eröffnet eben besonders im Rüstungsbau ganz neue Möglichkeiten.

Chaoshelm aus GfK (Bild3)
Chaoshelm aus GfK.

Der Werkstoff ist allerdings nicht unbedingt Privatbastler-freundlich. Nicht nur benötigt er einiges an Übung, bis man eine schöne Form (siehe Infokasten) erstellt hat, welche man dann in mühevoller Kleinstarbeit nach und nach mit den verschiedenen Verbundschichten auskleiden muss – die Arbeit ist auch nicht ungefährlich. Denn man kommt kaum um ein Schleifen herum. Der Staub, welcher dabei entsteht, ist hochgiftig, weshalb die Arbeit nur mit Atemschutz, Schutzbrille und in einem dafür geeigneten Raum durchgeführt werden sollte. Also leider nichts für das heimische Wohnzimmer, um abends gemütlich vor dem Fernseher zu basteln.

Mit den entsprechenden Möglichkeiten und ein wenig Übung kann man hier aber sehr profinahe Ergebnisse erreichen.

Eine Form herstellen

Das Schwierigste und Aufwändigste beim Bau mit GfK ist eigentlich das Herstellen der Form auf (oder in) welcher man im Folgenden das eigentliche Werkstück produziert. Der Vorteil liegt hier jedoch wiederum darin, dass man eine einmal hergestellte Form sehr oft wiederverwenden kann, weshalb man leicht eine große Anzahl an Stücken reproduzieren kann. Es gibt verschiedene Möglichkeiten eine geeignete Form herzustellen, zwei der gängigsten sind hier genannt:

Grundmodell aus Pepakura

Mittels der sogenannten Pepakura-Technik lässt sich ein 3D-Modell im 1:1 Maßstab produzieren. Beim Pepakura wird mittels eines Programmes jegliche gewünschte Form in einfache Muster aufgebrochen, welche dann mit jedem handelsüblichen Drucker ausgedruckt werden können. Diese müssen dann einfach nur noch zusammengeklebt werden. So erhält man eine dreidimensionale Figur, auf die sich aufbauen lässt.

Grundmodell aus Gips oder Ton

Eine Form aus Gips oder Ton zu modellieren, um auf diese aufzubauen, ist mit am schwersten. Man braucht ein gutes Auge für Proportionen und muss jegliche Details, welche man am fertigen Stück sehen möchte, mit einarbeiten. Zudem ist das Modell, welches man letztlich so erhält, sehr anfällig und kann schnell kaputt gehen.

Die Wohnzimmervariante: Worbla

Dieser Werkstoff kommt ursprünglich aus dem Cosplay-Bereich und wird hier schon länger eingesetzt, um fantastische und aufwändige Formen zu bilden. Zu den genauen Bestandteilen und der Zusammensetzung schweigt der Hersteller sich aus. Bekannt ist nur, dass es sich um ein Holz-Harz-Gemisch handelt, welches ungifitg verarbeitet und beliebig oft durch Wärme aktiviert werden kann. Mit “Aktivieren“ ist gemeint, dass es ab etwa 90-110 Grad verarbeitbar ist, wobei es keinerlei Dämpfe erzeugt.

Um es auf die Verarbeitungstemperatur zu bringen, reicht es, einen Heißluftföhn zu benutzen oder es in warmes Wasser einzulegen. Selbstverständlich sollte man bei der folgenden Verarbeitung Handschuhe tragen. Im aktivierten Zustand macht sich zudem die selbstklebende Eigenschaft, welche eine Seite des Werkstoffes aufweist, bemerkbar. Mit dieser lassen sich leicht einzelne Stücke miteinander verbinden, allerdings kleben sie ebenso leicht an allem anderen fest. Hier empfiehlt es sich, mit Backpapier als Unterlage zu arbeiten. Nach einigen Minuten des Abkühlens, erreicht das Worbla wieder seinen festen Zustand und muss erneut erwärmt werden.

In seinem kalten Zustand weist Worbla ähnliche Eigenschaften auf wie dünnes Plastik. Es lässt sich knicken und sogar reißen. Verarbeitet man es allerdings wie im Rüstungsbau üblich, erreicht es eine ähnliche Härte wie GfK. Es fühlt sich an wie Kunststoff und kann ebenso durch Schleifen, Bemalen und anderes bearbeitet werden. Wie schon erwähnt, erzeugt es hierbei keinerlei giftigen Nebenprodukte, weshalb es sich hervorragend zum Arbeiten in der Wohnung eignet.

Schritt für Schritt Entstehungsprozeß einer Worbla Torsorüstung.
Schritt für Schritt Entstehungsprozeß einer Worbla Torsorüstung.

Für kleinere Dinge wie Anhänger, Schmuck, Applikationen oder Masken, ist das Material problemlos sofort ohne zusätzliche Verstärkung nutzbar. Möchte man allerdings LARP-taugliche Rüstung mit Worbla bauen, so muss man es mit einer Moosgummi-Schicht und einer weiteren aus Worbla verstärken. Hier können die Materialkosten stark ansteigen, sollte man nicht sparsam genug arbeiten.

Besonders viel Sinn macht Worbla auch im Zusammenspiel mit anderen Materialien als Untergrund, wie zum Beispiel herkömmlichen Metall-Rüstungen. Wenn man Niedrig-Temperatur-Harze verwendet, kann man sogar GfK und Worbla kombinieren. Dies negiert die GfK-Problematik der benötigten Form, da man mit dem Worbla zuerst frei eine Form modellieren kann und diese im Folgenden nur noch mit GfK überziehen muss. Letzteres hält das gesamte Konstrukt wiederum besser zusammen, als die einzelnen Klebeschichten, die beim Worbla entstehen. Zudem benötigt man durch die schon stabile Worbla-Grundschicht weniger GfK.

 

Chaosrüstung aufgebaut aus Worbla auf Plattenrüstung (Bild 3)
Chaosrüstung aufgebaut aus Worbla auf Plattenrüstung.

Eine Ersparnis gegenüber einer Anfertigung ist sicher – egal bei welcher Bearbeitungsmethode – noch immer gegeben, die Frage ist allerdings, ob sich diese Ersparnis lohnt. Denn möglicherweise hätte ein Fachmann das Werkstück nur unwesentlich teurer herstellen können, in diesem Falle vielleicht sogar aus Metall, welches wesentlich haltbarer ist.

Die Kernfrage: Haltbarkeit

Dies führt zu der Frage, was sowohl Rüstungen aus GfK als auch aus Worbla überhaupt im LARP aushalten.

Von Ersteren gibt es bis dato außer den Anfertigungen von Sander Propworx noch nicht viele, diese halten aber offenbar allen Belastungen stand. Bei Worbla-Rüstungen gibt es bisher noch keine dauerhaften Erkenntnisse. Da das Material aktuell noch sehr neu im LARP Bereich ist und bis auf wenige Einzelpersonen noch niemand eine komplette Rüstung dieses Materials seit längerem auf LARP-Cons einsetzt, kann man hier noch nicht absehen, wie gut sie dauerhaften Belastungen in Schlachten standhalten.

Teilzeithelden.de wird Worbla in einem zukünftigen Artikel in Form einer Bastelstrecke einem Praxistest unterziehen.

Fazit

Hauptsächlich werden GfK und Worbla wohl im Rüstungsbau einen festen Platz im LARP finden. Da sie leichter als herkömmliche Metallrüstungen sind, dürften sie auch nicht zuletzt eine interessante Alternative für Kämpfer darstellen, welche aus gesundheitlichen Gründen keine Platten- oder Kettenrüstung mehr tragen dürfen.

Auch High-Fantasy-Konzepte, welche nur mit viel Aufwand und demzufolge auch Geld mit herkömmlichen Materialien umsetzbar wären, dürften durch die Kunststoff-Varianten eine interessante Alternative erhalten.

Generell sollte man diese neuen Werkstoffe nicht als Universallösung verherrlichen, sondern sich individuell Gedanken machen, ob nicht die bisher übliche Herstellung aus natürlichen Werkstoffen vielleicht sinnvoller wäre.

Artikelbilder: Sander Propworx, Warsmith Gryndal, Lena Taulien, Christian Tiessen

 

Über den Autor

Pas­cal Mohr ist neuer freier Redak­teur für LARP bei teilzeithelden.de. Moti­viert und mit fri­schen Gedan­ken wird er wei­tere Facet­ten des Liverol­len­spiels beleuch­ten. Der Twen spielt LARP seit 2011 und ist schon seit Kind­heits­ta­gen von Phan­tas­tik fas­zi­niert.  Neben dem Tum­meln auf Feld, Wald und Wiese beschäf­tigt sich der Elfen­freund mit Lea­gue of Legends.

10 Kommentare

  1. Mit Worbla habe ich letztens auch angefangen zu basteln, allerdings zu Cosplay-Zwecken. Mit Heißluftföhn geht das wirklich leicht von der Hand. Auch ein relativ belastbares Material aus dem Cosplay-Bereich mit dem ich allerdings noch keinerlei Erfahrung habe ist Wonderflex. Vielleicht ist das auch für LARP interessant? :)

  2. Worbla und Wonderflex würde ich aufgrund von Cosplay-Erfahrungen für das Larp ausschließen, außer vllt wenn man Details arbeiten möchte oder etwas sehr spezielles macht. Ich bezweifle das beides wirklich gut Kämpfe übersteht, außerdem ist es wirklich teuer daraus eine komplette Rüstung zu erstellen.

    Alternativ gäbe es aber Hobby Color. Es steht im Allgemeinen in jedem Baumarkt eine 1m x 1m Platte für knapp 10-15 €(gibt auch größere Platten). Es ist ebenfalls Thermoplastisch verformbar, allerdings nur in eine Richtung und es hat auch keine Klebeeigenschaften. Dafür ist es schon generell wesentlich dicker und robuster, lässt sich aber in der Regell mit einem handelsüblichen Cutter zurechtschneiden.

  3. Eure Information das Worbla ursprünglich aus der Cosplayszene kommt ist falsch. Das Material wird von dem Hersteller RHENOFLEX aus Ludwigshafen unter dem Namen RX5050 für die Schuhindustrie hergstellt. Boris von Cast4Art hat dies dann angefangen unter dem Namen Worbla und natürlich mit einem sehr guten Preisaufschlag an die Cosplayer zu verkaufen.

    • Hallo Zoe,

      da hast Du natürlich recht und gut aufgepasst :)

      eigentlich hätte da besser stehen sollen, dass es als (Bastel-)Material zum Bau von Rüstungen und Waffen aus dem Cosplay-Bereich kommt ;) 2014 war Cosplay bei uns auch noch kein so relevantes Thema wie heute, so dass der Artikel sich klar an LARPer richtete und Basisinformationen über alternative Werkstoffe geben sollte. Die industriellen Hintergründe hätten da nicht unbedingt reingepasst – die Information, dass es als Bastelmaterial aus der Cosplay-Szene stammt dürfte da eher eine Info gewesen sein, die den anvisierten Leser interessiert, während tiefer gehende Details den Rahmen gesprengt hätten. Was natürlich nichts daran ändert, dass man es an der Stelle besser hätte formulieren können und dein Hinweis daher berechtigt ist.

      Grüße, Michael von den Teilzeithelden

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