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Als sich letzten Sonntag die Türen der Kölner Messe hinter mir schlossen, verließ ich die diesjährige Role Play Convention mit gemischten Gefühlen im Herz und einer vollen Einkaufstüte in der Hand. Schön war es schon, sagte ich mir, als ich nach fast exakt 12 Stunden wieder meine Wohnung betrat, doch irgendetwas fehlte, war suboptimal. Woran genau das lag, das konnte ich zu diesem Zeitpunkt beim besten Willen nicht mehr eruieren. Acht Stunden Messe mit an Schlangen anstehen, Klamotten anprobieren, viel Herumgelaufe und reden, reden und nochmals reden forderten ihren Tribut; an diesem Abend tat ich gar nichts mehr. Wenn ich mir jedoch jetzt dezidiert Gedanken mache, finde ich vielleicht heraus, woran es lag. Folgt mir also auf meinem Erinnerungsrundgang durch die Hallen der Kölner Messe über die RPC 2014.

Hier beginnt es

Der Eingang war, wie beim letzten Jahr auch, im Congresszentrum Messe Ost zu finden und dank guter Ausschilderung und einer ganzen Wanderung von pilgernden Rollenspielfans auch nicht wirklich schwer zu finden. Der Einlass verlief gut, für LARPer und Cosplayer allerdings neu war eine Waffenkontrolle. Leicht schmunzelnd musste ich an Waffenchecks von LARP-Cons denken, doch so weit ging das Ganze nicht. Im Gegenteil wurden LARP-Waffen ohne Beanstandung durchgewunken, wirkliche Waffen abgenommen und kontrollierte und für „sicher“ befundene Gegenstände mit einem Aufkleber als Markierung versehen. Aufmerksame und äußerst nette Sicherheitsleute kontrollierten stichprobenweise diese Aufkleber beziehungsweise „Waffen“, bei denen sie keine sahen. Hierbei fühlte sich der Besucher stets zuvorkommend und in keinster Weise abwertend behandelt; ein wertvoller Pluspunkt für die Messe Köln in der doch immer noch recht scheuen Rollenspielszene.

Fantasy

Überraschend war für mich der große Stand des DLRV , der direkt beim Eingang in einer der zwei Hallen die Besucher mit großen, offenen, begehbaren Zelten und Menschen in angenehm zurückhaltender Gewandung empfang. Hier konnte man sich über LARP im Allgemeinen informieren, mit LARPern reden oder einfach nur die schönen Gewandungen genießen. Direkt am Eingang zur Halle hatte der DLRV dieses Jahr hiermit auch einen verdammt guten Standort. Sie wurden von jedem gesehen, konnten sich gut präsentieren und waren so ein angenehmer und offener Anlaufpunkt für jeden, der seine Berührungsängste mit dem Themengebiet LARP abbauen wollte. Insgesamt gab es im Fantasy-Bereich allerdings wenig Überraschendes zu sehen. Lediglich zwei Sachen fielen mir auf, die ich nicht erwartet hatte.

Zum einen das Fehlen von Live-Adventure mit seinem „Little Mythodea“, das ansonsten mit Schwarzem Eis- oder Untotem Fleisch-Aufläufen genug Werbung für die LA-Cons gemacht hat. Zum anderen der Stand von Narsilion, welche ich bisher nur auf der Spielemesse bewundern konnte. Narsilion bietet hochqualitative Gewandung in allen möglichen Stoffvarianten an und ist immer wieder einen Besuch wert. Scheinbar wollen sie im deutschen Markt Fuß fassen, bieten sie mit der RPC jetzt doch gleich zweimal im Jahr den deutschen LARPern direkt ihre Waren an. Zusätzlich kann man auch einen (erst einmal) kleinen Teil ihres Programmes über Mytholon beziehen, welche mit verschiedenen, neuen Programmen wie als Vertriebspartner von eben Narsilion oder dem Hamburger Waffenbauer Freyhand ihren Marktanteil über den Niedrigpreis-Sektor hinaus erweitern wollen.

Über die gesamten zwei Hallen sowie dem Außengelände verteilt, fand man ansonsten die großen und kleinen Bekannten des Fantasy-Larp-Marktes: Das oben bereits erwähnte Mytholon direkt neben Wyvern Crafts, welche etwas ungünstig hinter den Hauptbühnen in Halle 5 platziert wurden und so die komplette Musikbeschallung mitbekommen durften, Ars Sica, Dowhnhole Artworx, DunkelArt, der Nordländer, Metwabe, der Erlkönig, Leuengold und wie sie alle hießen, sie waren alle vertreten.

So hatte man auf der Messe also genug Auswahl, wenn auch gefühlt weniger als im Vorjahr, um sich neue Gewandung oder aber ein neues Schwert oder einen Magierstab auszusuchen.

Endzeit und Co.

Weiter führte mich mein Weg an großen Wagen vorbei, die mich an „Mad Max“ oder „Fallout“ erinnerten. Ich war in der Endzeit-Lounge angekommen, in der Wasteland-Warriors und die Lost-Ideas-Orga die Schönheit des Drecks zelebrierten. Samstags sogar mit Auftritten der härtesten Band des Ödlands, Megabosch, sah man hier Dreck und Rost in allen Schattierungen. Wer sich mit der Endzeit noch nicht so auskannte, konnte hier in Erfahrungen bringen, was man zu beachten hatte und sogar einmal in einem der postapokalypischen Fahrzeuge probesitzen.

Während jedoch die Lost-Ideas-Orga mit ihren Spielern eine reine LARP-Veranstaltung darstellten, waren die Wasteland-Warriors ein buchbarer Show-Act, der hierdurch natürlich andere Schwerpunkte in der Darstellung hatte. Der Laie konnte beide allerdings nicht wirklich auseinanderhalten, was dann auch ab und an dazu führte, dass beides vermischt wurde. So wurden im Nachhinein durchaus auch ab und an Diskussionen laut über die Kleidungswahl mancher Damen in der Endzeit (Stichwort: Messe-Babes/Showact). Nichtsdestotrotz werden sie definitiv in Erinnerung geblieben sein und waren was fürs Auge.

Doch auch wenn die Wasteland Warriors und Lost-Ideas die wohl aufsehenerregendsten Vertreter der Endzeit waren, waren sie nicht die Einzigen. Auch die Fraktal-Orga hatte einen Stand aufgebaut und bot so eine Anlaufstelle für diejenigen, die sich für die Endzeit abseits der buntdreckigen FATE-Welt interessierten.

Und auch hier konnte man den Überschuss in seinem Geldbeutel loswerden, wenn man wollte. Sowohl Blasterparts als auch Bankcroft boten eine große Auswahl an Dartblastern sowie Modding-Utensilien an. Das ist zwar im Vergleich zum Fantasy-Bereich deutlich weniger, allerdings ist die Endzeit auch deutlich kleiner und vor allem deutlich durch mehr Eigeninitiative geprägt, was Basteln und Modden von Gewandungen angeht.

Workshops und der Rest

Wer sich einmal abseits der ausgetretenen Pfade des LARPs bewegen wollte, konnte ebenso einiges Interessantes entdecken. Wer sich etwas theoretisch weiterbilden wollte, besuchte einen der reichhaltigen Workshops, die auch für LARPer interessante Themen boten. Sei es das Arbeiten mit Metall oder Thermoplaststoffen (Cobracast/Worbla) oder der Umgang mit Diebesspiel sowie der Einsatz von Rohstoffen als Spielinhalte im LARP. Es gab also genug Möglichkeiten der Weiterbildung und so kamen Teilnehmer auch gleich mit Gleichgesinnten in Kontakt, mit denen sie während oder auch nach dem Workshop angeregt diskutieren konnte.

Besonders charmant war das Reenactment-Camp der Deutschen Tolkien Gesellschaft e.V., das ganztätig ein Picknick in Mittelerde veranstaltete und mit Zauberern, Zwergen und drei Meter hohen Ents eine Handvoll der liebevollsten Kostüme der Convention präsentierte.

Als letztes sei noch der kleine Stand von FOLLOW erwähnt. Leider nur am Rande und mit einem Schild, das darauf hinwies, dass sie kein LARP seien, konnte man sich dort über die „Fellowship oft he lords of the lands of wonder“ informieren. FOLLOW ist ein Verein, den es schon seit Jahrzehnten gibt und der genaugenommen die Vorarbeit für Rollenspiel überhaupt und Liverollenspiel im Besonderen geleistet hat. Umso betrübter machte es mich, dort nur einen kleinen Stand ausmachen zu können, der sich auch noch aktiv von LARP distanzierte. Haben die Kinder dort die Vorväter überholt? Schade eigentlich.

Fazit

Eigentlich bot die RPC alles, was ich mir wünschen konnte. Ich traf viele Freunde und Bekannte, konnte mir tolle Kostüme aus den unterschiedlichsten Kategorien von Cosplay, Messe-Babes bis hin zu LARP-Gewandungen der verschiedensten Genres anschauen. Ich hatte mehr Möglichkeiten Geld auszugeben als ich Geld hatte und es gab gute Workshops mit spannenden Themen. Warum also war ich nicht wirklich zufrieden?

Es lag an der Organisation. In früheren Jahren hatte man eindeutige, thematische Trennungen der einzelnen Teilgebiete. Tischrollenspiel und LARP in der einen Halle, Videospiele in der anderen. Dieses Mal war vieles vermischt und aufgrund von ungünstiger Platzierung sahen die Hallen oftmals halb leer aus. Ich fand mich fast nie zurecht und irrte dann doch wieder durch beide Hallen, bis ich gefunden hatte, was ich suchte. Am Inhalt konnte man also nicht wirklich etwas aussetzen, egal, welche Art von LARP man präferierte, man bekam etwas geboten.

In der Hallenorganisation gab es allerdings noch einige Mängel, die mich eher verwirrten und Kraft kosteten als zu einem runden Gesamtergebnis beizutragen. Vielleicht war das auch, neben dem verregneten Samstag, ein Grund, warum die Messe mir so leer vorkam. Vielleicht verkläre ich in meiner Erinnerung einiges, aber schienen mir die Besucherzahlen insgesamt doch rückläufig zu sein. Hoffen wir also auf das nächste Jahr. Denn trotz all der kleinen Mängel ist eines gewiss: Wenn die RPC 2015 ihre Tore öffnet, werde ich wieder vor ihnen stehen.

Artikelbild: André M. Hünseler | thinkingpixels.com

3 Kommentare

  1. Hallo zusammen,

    2013 war ich das erste Mal auf der RPC und fand es grandios.
    2014 war auch ganz nett aber leider nicht zu vergleichen mit dem Jahr zuvor.
    Demnach kann ich das Fazit so unterschreiben. Ich hoffe, dass es im nächsten Jahr besser gemacht wird – eigentlich einfach nur wieder wie 2013!
    Gruß
    Floyd

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