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Wer ist der violette Verrückte eigentlich, der ganze Welten auslöscht und auf einen ewig hungernden Feldzug gegen alles Lebendige ist? Thanos, der Wahnsinnige vom Titan, erhielt mit Thanos Rising in den USA eine fünfteilige Kurzserie, die seine Herkunft beleuchtet. Woher er kommt, wie er aufwuchs und was ihn in seinen alles vernichtenden Kreuzzug getrieben hat – das alles erfahren Leser des neuen Sammelbandes, der 2014 beim Panini Verlag erschien. Werfen wir gemeinsam einen Blick in Marvel Exklusiv #108.

Handlung

Alles beginnt mit elterlicher Ablehnung – Thanos wird mit einem genetischen Defekt auf dem Saturnmond Titan geboren, der seine Haut violett hat werden lassen. Auch sein Gesicht ist im Vergleich zu der elfenhaften Schönheit seiner Eltern eine Beleidigung ihrer Hoffnungen auf ein weiteres wunderbares Kind. Während seine Mutter darüber den Verstand verliert, hält der Vater am Funken der Zuversicht fest und bemüht sich, ihm ein normales Leben mit Besuch der Schule zu ermöglichen. Dort findet er nach anfänglichen Problemen als Außenseiter letztlich aber doch Freunde.

Allerdings wird auch eine morbide Ader geweckt, wie an einer von ihm angefertigten Skizze eines verrotteten Sauriers in einem Panel zu sehen ist. Und, es könnte widersprüchlicher nicht sein, er entdeckt die Liebe als reines, aber auch sehr obsessives Gefühl. Als ob dessen nicht genug wäre, drängt sich eine Frage in seinen Geist – die Frage nach der Herkunft von Leben und Tod, aber auch nach dem Grund seiner eigenen Andersartigkeit.

Der sehr intelligente Sohn eines angesehenen Wissenschaftlers der Eternals widmet sich also den einfachen Lebewesen wie Echsen und anderen. Er schneidet sie auf und untersucht sie – doch es soll auf mittelfristige Sicht nicht bei den einfachen Wesen bleiben. Und während seine Taten skrupelloser und wütender werden – er findet einfach keine Antwort auf seine Fragen – begleitet ihn immer ein junges Mädchen, das er in der Schule kennengelernt hat. Schließlich lernt er sie zu lieben und ihr verzweifelt jeden Wunsch zu erfüllen.

Und damit beginnt der Absturz in die Fänge des Wahnsinns. Thanos verlässt den Titan, immer an der Seite seiner Begleiterin und beginnt eine Karriere als Raumpirat. Zuerst verabscheut er sogar Gewalt, doch nach und nach brechen seine inneren Widerstände zusammen.

Schließlich schreckt er nicht einmal mehr vor den größten Verbrechen zurück und beginnt sich immer mehr in ein wütendes Gespinst aus Liebe, Irrsinn, Krieg, Gewalt und Tod zu verfangen. Er ist lange nicht mehr der, der er einst war und wird zu Thanos, dem Zerstörer.

Jason Aaron erzählt hier eine packende Geschichte von verwirrten Gefühlen, kosmischen Agenden und der verzweifelten Suche nach sich selbst – und der Bereitschaft, dabei jeden Preis zu zahlen.

Charaktere

Thanos wird transparent – nun ja, nicht ganz, denn nach wie vor bleiben Verhaltensmuster irrational und unterliegen einer zerstörerischen Ader. In meinen Augen war sein Geburtsfehler nicht nur physiologischer, sondern auch psychologischer Natur.

Als Leser hat man die Chance, tief in seine Gedanken- und Gefühlswelt einzutauchen. Seine verzweifelte Suche nach seiner wahren Bestimmung ist packend und intensiv zugleich inszeniert. Stets ist er auf der Suche nach Liebe und Erfüllung und zeugt dabei Unmengen von Kindern in der Galaxis.

Die zweite Hauptrolle, die ich jedoch aus Spannungsbogen-Gründen nicht offenbaren möchte, wird erst nach und nach als solche erkenntlich. Wirkt sie zuerst wie ein kleinerer Sidekick, der einfach nur Spaß hat, an dem, was Thanos tut, wird im Laufe der Erzählung erkenntlich, welch perfide und morbide Agenda da langsam vorangetrieben wird.

Zeichenstil

Simone Bianchis Stil ist eindringlich und klar, zu jedem Zeitpunkt kann der Leser jedes Details eines Panels erkennen. Wichtige Elemente sind hervorgehoben, stechen deutlich hervor und dominieren das Bild.

Gerade Gesichter und Mimiken liegen dem Italiener sehr, weiß er doch, das Spiel der Gefühle auf der Gesichtsmuskulatur gekonnt darzustellen. Bei der tragischen Erzählung punktet er vor allem dadurch.

Preis-/Leistungsverhältnis

Für 14,99 EUR bekommt man einen Sammelband, der im Original aus fünf Ausgaben besteht. Die Geschichte ist eindringlich genug, dass ich sie nicht einfach auf die Schnelle nebenbei lesen kann. Auch besteht ein Wiederlesewert – denn die Bezugnahmen auf frühere Szenen und inkludierte Zeitsprünge wollen nochmal erfasst werden. Ich habe mich gut amüsiert gefühlt und empfinde den Preis als angemessen.

Erscheinungsbild

Thanos CoverDer von schwarzen Nullzonen umkreiste Thanos auf dem Frontcover ist direkt ein erster Blickfang, aber auch das Innere kann sich sehen lassen. Farbintensität, Qualität des Papiers und allgemeine Haptik machen einen sehr guten Gesamteindruck. Das verstärkte Softcover ist resistent und hat auch ohne Probleme diverse Transporte im Rucksack überstanden.

 Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor(en): Jason Aaron
  • Zeichner(in): Simone Bianchi
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 124
  • Preis: 14,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Auf den letzten Seiten des Bandes finden sich die einzelnen Cover der fünf Ausgaben von Thanos Rising inklusive Varianten.

Fazit

Ich begann, den Band um halb zwölf abends zu lesen mit dem Vorsatz, nur einige Seiten zu lesen und dann dem Bett „Hallo“ zu sagen. Das gelang mir nicht. Die tragische Erzählung des von Liebe ausgelösten Abstiegs in den Wahnsinn fesselte mich derart, dass ich den Comic nicht weglegen konnte, bevor ich ihn durchgelesen hatte.

Ständig fieberte ich mit, ob Thanos nun endlich seine Antworten bekommen würde und als offenbart wurde, wer die junge Dame ist, die ihn ständig begleitete, war ich baff. Ohne zu übertreiben, kann ich sagen, dass der Band die Floskel von der „Faszination von dem Bösen“ absolut nachvollziehbar an den Leser überträgt. Fast hörte ich mich flüstern „Sei doch nicht so dumm, denk doch mal nach!“ – doch natürlich hörten mich die gezeichneten Figuren nicht.

Die gekonnte, zeichnerische Umsetzung von Simone Bianchi unterstützt die mitreißende Geschichte mehr als nur gut und ich bin sehr gespannt, was die After Credits-Szene aus dem Film Avengers weiter für das Marvel Cinematic Universe bringen wird. Nun weiß ich, wer Thanos ist – und verstehe, weswegen Welten vor ihm erbeben!

Daumen5maennlich

Artikelbilder: Panini Comics

 

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