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1954 – die filmische Geburtsstunde einer einzigartigen Kreatur, die auf der Kinoleinwand in jüngster Zeit in Vergessenheit geraten ist und doch ganz nach oben auf den Monsterthron gehört: Godzilla. Das gewaltige Urwesen vereint als mutierte Riesenechse mythologische Inhalte und Metaphern wie keine zweites Wesen dieser Größenordnung. Für die japanischen Urheber bot die Erfindung von Godzilla damals eine Möglichkeit, das tief sitzende Atombomben-Trauma und die folgenden gesellschaftliche Veränderungen filmisch zu verarbeiten.

Godzilla wandelte sich als Kreatur in zahlreichen (überwiegend japanischen) Produktionen. Die Spannweite reichte vom Vernichter der Menschheit bis zum Retter vor weiteren aggressiven Kaiju (japanisch für „seltsames Wesen“). Gemeinhin scheint Godzilla hier als Einzelgänger vorwiegend auf das ökologische Gleichgewicht bedacht – auch wenn hierbei unter Garantie irgendwas (meist Städte) ordentlich umgewälzt wird.

Die Urbestie wurde nach dem letzten Godzilla-Verriss von Roland Emmerich nun einem kräftigen Remake unterzogen. Wir waren gespannt, ob es dem Filmteam gelungen ist, wieder an alte Wurzeln anzuknüpfen oder ob es sich bei dem Streifen nur um eine weitere CGI-Bombast-Orgie handeln würde.

Story

Mehrere Jahre vor der Haupthandlung machen Minenarbeiter auf den Philippinen einen seltsamen Fund. Irgendetwas Großes scheint hier die Insellandschaft ordentlich umgepflügt zu haben. Nur kurze Zeit später wird ein japanisches Atomkraftwerk dem Erdboden gleichgemacht. Bei diesem Unglück kommt unter anderem Sandra Brody, die Frau des für Erdbebensicherheit des Kraftwerks zuständigen Joe Brody, ums Leben.

Jahre später ist ihr gemeinsamer Sohn Ford Brody erwachsen. Als Soldat der US-Armee und glücklicher Familienvater scheint seine Welt in Ordnung. Jedoch holt ihn die Vergangenheit wieder ein. Sein Vater lebt weiterhin in Japan und glaubt nach wie vor, dass es sich beim damaligen Unglück um mehr als eine Naturkatastrophe gehandelt hat.

Die ehemalige Heimat der beiden ist mittlerweile Sperrgebiet, was sie nicht davon abhält, nach dem wahren Verursacher des Unglückes zu suchen. Vater und Sohn werden schnell fündig. Sie werden Zeuge, wie der Urheber der damaligen Katastrophe – in Form der Kreatur Muto – erneut erwacht.

Dieses Ereignis lässt ein weiteres Wesen aus den Untiefen auftauchen – Godzilla! Ein gigantischer Kampf steht bevor. Die US-amerikanischen Vertreter der Menschheit scheinen nicht bereit, tatenlos zuzusehen, wie die Zeugnisse ihrer Zivilisation vernichtet werden. So entwickeln sie einen Plan zur Bekämpfung der gewaltigen Monster.

Sally Hawkins als Dr Vivienne Graham.
Sally Hawkins als Dr Vivienne Graham.

Erzählstil

Die Einführung im Stile geheimer Militäraufzeichnungen macht schnell klar, dass die zahlreichen Atombombentests im Pazifik in „Wirklichkeit“ etwas mit einer riesigen Kreatur zu tun hatten. Der Film startet mit einem Rückblick. Packend wird das Drama der Familie Brody erzählt, die das Unglück am japanischen Atommeiler hautnah miterlebt. Die eigentliche Handlung setzt 15 Jahre später ein. Der mittlerweile vereinsamte Familienvater Joe Brody schlägt hierbei lediglich die erzählerische Brücke von seinem nun erwachsenen Sohn Ford Brody zur gemeinsamen Vergangenheit.

Ford steht fortan an im Mittelpunkt und gerät schnell in die Auseinandersetzung der gewaltigen Kreaturen. Ausreichend Motivation findet der junge Brody im Bestreben, seine eigene Familie zu beschützen, die, ähnlich wie er einst selbst, im Zerstörungsbereich der Monster wohnt. Darum herum entspinnt sich die Geschichte der typischen US-Militärs, welche verzweifelt versuchen, die Kontrolle über die Ereignisse zu erlangen. Godzilla selbst agiert dabei geradlinig und folgt zielstrebig seinem Urinstinkt, wobei unweigerlich einige Landstriche verändert werden.

Wo Godzilla hergehen will, da geht er auch her.
Wo Godzilla hergehen will, da geht er auch her.

Inszenierung

Regisseur Gareth Edwards scheint im Vorfeld zahlreiche Godzilla-Verfilmungen gesichtet zu haben. Schnell merkt der Zuschauer, dass sich hier eher an den Wurzeln der Urzeitechse orientiert wurde, statt plumpes Blockbuster-Kino zu präsentieren.

Bedeutsam ist hierbei zunächst die behutsame Einführung der Figuren, ehe die gewaltigen Kreaturen ihr Zerstörungswerk vollführen. Edwards knüpft an seinen Überraschungserfolg Monsters an und nimmt sich dankenswerterweise ausreichend Zeit, statt sofort das visuelle Gaspedal durchzutreten. In Zeiten optischer Reizüberflutung ist es eine Wohltat, dass Drehbuch und Regie einen spürbaren Spannungsbogen aufbauen wollen. Erinnerungen an packende Inszenierungen wie Jurassic Park oder Alien werden wach, auch wenn die Neuverfilmung von Godzilla diese nicht übertrumpfen kann.

Der über weite Teile bedachte Einsatz visueller CGI-Pracht zeigt sich auch im Schlagabtausch der gewaltigen Monster. Zwar geht immer wieder herrlich was kaputt und man möchte zu keiner Zeit in die Rolle der umherlaufenden Menschen wechseln, aber tatsächlich wird hier nur viel angedeutet und via Ausblendungen die Spannung gehalten. Entladen darf sich das monströse Ringen, in urbaner Szenerie, schlussendlich aber dann doch bildgewaltig. Wuchtig in Inszenierung, massig in Statur und majestätisch im Gebrüll – Godzilla darf in der Neuauflage alle visuellen Trümpfe ausspielen.

Der Schlagabtausch zwischen den monströsen Gegenspielern ist abwechslungsreich gestaltet und lässt sogar den winzig wirkenden Vertretern der Menschheit Raum zur Entfaltung. Hervorzuheben sind die wuchtigen Soundeffekte. Die Kombination aus großen Monstern in Kinoatmosphäre macht hier richtig Spaß.

Abzüge bekommt der Plot dennoch. Nach gelungener Einführung der Charaktere wird die Figur  Joe Brody zu schnell durch den Sohn ersetzt. Es folgt der uninspirierte Aufguss der Vater-Mutter-Kind Konstellation samt Drama für die Haupthandlung. Zwar bleibt das Drehbuch hier über weite Teile schlüssig, degradiert jedoch mit fortlaufender Monsterhatz die menschlichen Darsteller immer mehr zum Beiwerk.

Das Militär geht koordiniert vor.
Das Militär geht koordiniert vor.

Darsteller

Hervorzuheben ist Bryan Cranston als Atomphysiker Joe Brody. Im Rückblick zu Beginn des Filmes bekommt dieser Zeit, das Familiendrama der Brodys für die Zuschauer greifbar zu machen. Das Drehbuch räumt ihm zwar im Anschluss auch bei der Haupthandlung ein paar passende Szenen ein, trennt sich aber leider zu schnell vom Charakter. In die Fußstapfen des Vaters tritt der Sohn (Aaron Taylor-Johnson). Warum man nach gelungener Einführung den stärkeren Charakter und erfahreneren Schauspieler mit einem jungen Spross ersetzt, ist fraglich und bleibt eine der größten Schwachstellen des Filmes.

Taylor-Johnsons Rolle leidet nicht nur am unmittelbaren Vater-Sohn-Vergleich, sondern auch an der Tatsache, dass nach den dramatischen Ereignissen zu Beginn des Filmes er nun zur zentralen Figur im eigenen Abklatsch des Familiendramas wird.

Ken Watanabe dient im Film als japanischer Fachmann, der nicht nur seinen unnachahmlichen Blick beisteuert, sondern dem westlichen Publikum auch gleich etwas Fremdsprache beibringt: „Wir nennen ihn…Gojira“. Der restliche Cast ist ebenfalls solide besetzt, bleibt aber während der Monsterrangelei weitestgehend unauffällig.

Trailer

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Fazit

Regisseur Gareth Edwards und sein Filmteam greifen in ihrem Godzilla-Remake allerhand Thematiken auf. Weniger wäre an einigen Stellen mehr gewesen. Eine gelungene Hommage an die guten alten japanischen Vorlagen, in denen ein Kostüm in Pappstädten wütete, bietet die 2014-Version der Riesenechse dennoch. Die Neuauflage bleibt über weite Strecken stimmig. Großer Pluspunkt ist der Versuch einer bedachten Inszenierung im Blockbuster-Alltag. Edwards ist bemüht, einen Spannungsbogen zu erzeugen. Die großen Vorbilder des Monster-Kinos werden zwar nicht erreicht, verstecken braucht sich der neue Godzilla jedoch nicht.

Optisch ist die Urechse zwar sehr originalgetreu gestaltet, erstrahlt aber im Glanz aktueller CGI-Effekte. Wenn sich die Spannung entlädt, dann kracht es gewaltig. Das Treiben der Kreaturen ist angenehm dynamisch gestaltet und wird von wuchtigen Soundeffekten brillant unterstützt. Die Schauspieler sind weitestgehend solide gewählt. Insbesondere Bryan Cranston überzeugt als gebeutelter Familienvater. Leider fällt seine Rolle zu schnell dem Drehbuch zum Opfer. Die eigentliche Hauptrolle Aaron Taylor-Johnson bleibt dagegen blass. Somit stiehlt letztendlich niemand den Monstern die Show. Ob man dem Schlagabtausch solcher Urgewalten etwas abgewinnen kann, muss jeder für sich selbst entscheiden. Fans des Genres dürfen aber in jedem Fall ins Kino gehen!

 Daumen4Maennlich

Impressionen

 

Artikelbilder: © 2014 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. & LEGENDARY PICTURES PRODUCTIONS LLC

 

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