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Days of Future Past, so der Originaltitel sowohl der Comics als auch des Films, zählt zu den bekanntesten und besten Geschichten der X-Men. 2001 schaffte sie es sogar auf Platz 25 der beliebtesten Marvel-Comics aller Zeiten. Nun existiert sowohl in der Vergangenheit ein etabliertes Ensemble der X-Männer und -Frauen, als auch in der Gegenwart (auch wenn dieses, bis auf Wolverine, zuletzt 2006 im Kino zu sehen war). Was liegt also näher, als diese ikonische Geschichte zu nutzen, um einen Bogen zwischen den Zeiten zu schlagen?

Story

In der Gegenwart, oder vielleicht eher der nahen Zukunft, denn so wirklich genau wird dieser Teil der Geschichte nie positioniert, sind die X-Men zu Gejagten geworden. Sentinels – Maschinen, die gebaut wurden, um Mutanten zu jagen und zu vernichten, haben den Homo Superior an den Rand des Aussterbens getrieben. Aber damit nicht genug. Nach einiger Zeit verselbständigten sich die Sentinels und griffen auch jene Menschen an, die den Mutanten halfen. Die Welt ist zu einem dystopischen Polizeistaat geworden, die Helden nahezu ausgestorben.

Aber ein paar von ihnen sind noch übrig: Kitty Pride, Colossus, Iceman, Warpath, Bishop, Sunspot und Blink kämpfen immer und immer wieder um ihr Überleben, und schaffen es, zu entkommen und sich ein neues Versteck zu suchen. Ermöglicht wird das durch eine bislang nicht näher erklärte Fähigkeit von Kitty Pride: Sie kann das Bewusstsein von Bishop einige Tage in die Vergangenheit schicken, wo er, dann in seinem eigenen Körper, die anderen warnen kann. Und sobald der Angriff erfolgt, sind sie schon gar nicht mehr da.

Aber auch eine andere Gruppe hat überlebt: Professor Xavier, Magneto, Storm und Wolverine. Wie sie es schaffen, wird nicht gezeigt – es ist aber auch nicht wirklich relevant. Sie suchen und finden die erste Gruppe und überzeugen Kitty davon, dass ihre Fähigkeit ihrer aller Rettung sein könnte. Der eigentliche Plan war, Professor X in die Vergangenheit zu entsenden. Was dabei nicht bedacht worden war, ist die Tatsache, dass das Gehirn bei einer so weiten Reise enormen Schaden nehmen würde und der Professor das unmöglich überleben könnte.

Also wird stattdessen Wolverine geschickt. Er hat die Aufgabe, Professor X und Magneto zu finden und zu überzeugen, dass sie bestimmte Ereignisse verhindern müssen, welche die Sentinels in ihrer aktuellen Form überhaupt erst ermöglichten. Es wird ihm aber auch gleich ganz klar gesagt, dass das nicht einfach werden würde, da beide damals andere Menschen (oder besser Mutanten) gewesen seien.

Wolverine reist in der Zeit zurück und findet den jüngeren Charles F. Xavier.
Wolverine reist in der Zeit zurück und findet den jüngeren Charles F. Xavier.

Ein weiteres Problem ist, dass die Änderungen an der Zeitlinie erst genau dann eintreten werden, wenn Wolverine aus der Vergangenheit zurückkehrt. Und bis dahin müssen sowohl er, als auch Kitty überleben und in Kontakt bleiben. Da die Sentinels das Versteck aber mit Sicherheit irgendwann finden werden, ist Eile geboten.

Also macht Wolverine sich auf und erwacht im Jahr 1973 – in einer Zeit und Situation, an die er dank des Waffe X-Programms keinerlei Erinnerungen mehr besitzt.

Soweit die Prämisse und Grundidee des Films. In welchen schwierigen Situationen sich die Gesuchten befinden, welche Ereignisse es genau sind, die verhindert werden müssen, und welche Wendungen die Helden unterwegs erwarten, wäre an dieser Stelle sicherlich zu viel verraten.

Daher nur so viel: Die Geschichte ist für eine Comicverfilmung erstaunlich durchdacht und facetten- und wendungsreich. Einzig weshalb Kitty überhaupt über diese sonderbare Zeitreisekraft verfügt, wird nicht einmal thematisiert. Auch warum die Kraft der Person, die es zu retten gilt, diese Auswirkungen hat, ist nicht ganz klar, da die aus ihr gewonnene Kraft von ihr selbst gar nicht beherrscht wird.

Darsteller

Patrick Steward, Iam McKellen, Hale Berry als Altstars treffen auf neuere Hollywoodsterne wie Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Nicholas Hoult und James McAvoy. Und natürlich in beiden Zeitlinien mit dabei: Hugh Jackman, der ewige Wolverine.

Die Schauspielleistungen aller Beteiligten liegen im Rahmen dessen, was man von ihnen erwartet. Mit anderen Worten: Grundsolide und gute Leistungen durch die Bank weg. Einzig Hugh Jackman müsste vielleicht irgendwann einmal ausgetauscht werden gegen eine jüngere Kopie seiner selbst, da er im Gegensatz zu Wolverine in den letzten 14 Jahren doch durchaus gealtert ist.

Der gealterte Magneto - wie er leibt und lebt.
Der gealterte Magneto – wie er leibt und lebt.

Etwas sonderbar mutet indes die Auswahl der Helden in beiden Zeitlinien an: In der „Gegenwart“ sind drei Mutanten neu dabei, die bisher niemand kannte, und die teilweise auch an ganz andere Stellen des X-Men-Universums gehören. Auch werden die Kräfte, die sie haben, niemals im Film erklärt. So bleibt für Leute, die die Comics nicht kennen, ein wenig die Frage, was das für Leute sind, und was sie eigentlich wirklich können.

Auch in der Vergangenheit werden zwar einige der Leute aus Erste Entscheidung kurz gezeigt oder zumindest erwähnt, aber wirklich wichtig für den Film sind nur sehr wenige von ihnen. Stattdessen wird mit Quicksilver noch ein weiterer Charakter eingeführt, den es demnächst in einem ganz anderen Film (Avengers 2: The Age of Ultron), gespielt von einem anderen Schauspieler, und vermutlich mit völlig anderer Erklärung seiner Kräfte, noch einmal geben wird.

Neben diesen Protagonisten sind die Antagonisten weniger Spektakulär: Peter Dinklage als Bolivar Trask liefert zwar eine gute und glaubhafte Leistung, hat aber zu wenige Szenen, um wirklich in Erinnerung zu bleiben. Und die anderen Antagonisten sind per CGI animierte Maschinen, so dass hier von darstellerischer Leistung kaum gesprochen werden kann.

Inszenierung

Apropos CGI: Neben den Sentinels tauchen Leute auf, die sich in Metall verwandeln können, in Feuer, in Eis, in eigentlich alles. Energiewaffen, Blitze, Knochenklauen und einiges mehr. Viele dieser Effekte waren aus vergangenen Produktionen sicherlich noch auf Lager, aber warum gute Dinge nicht wiederverwenden?

Der Film ist mal wieder nachträglich auf 3D aufgeblasen worden, aber glücklicherweise gab es ihn auch in 2D zu sehen, was ich gerne genutzt habe. Bis auf eine Szene fiel mir auch keine auf, die in 3D nun wesentlich besser oder eindrucksvoller hätte sein können.

Bishop ist auch an Board - im Comic ist er das nicht.
Bishop ist auch an Board – im Comic ist er das nicht.

Aber diese eine Szene gehört durchaus zu den optischen Highlights des Filmes: Quicksilver, der, während alles um ihn herum scheinbar nur noch in Zeitlupe passiert, einen kompletten Raum voller Wachen ausschaltet. Das ist die bisher beste Darstellung eines Speedsters, die ich jemals gesehen habe und ich hoffe, dass sich die Serie Flash, die im Herbst dieses Jahres in den USA anläuft, davon gehörig inspirieren lässt.

Akustisch macht der Film eine Menge her. Und auch hier wurde eine Menge wiederverwertet, was aber nicht schlecht ist und den Wiedererkennungswert innerhalb der Filme steigert.

Der Soundtrack ist weitestgehend unspektakulär aber solide, hat aber auch einige herausragende Sequenzen. Besonders die Sequenzen in der Gegenwart werden durch wundervoll kraftvolle und bedrohliche Stücke gut inszeniert.

Trailer

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Fazit

Nachdem mit X3: Der letzte Widerstand die Dark Phoenix-Saga (Platz 3 der weiter oben erwähnten Liste von 2001) komplett verhunzt worden war, und auch Wolverine – Der Weg des Kriegers sehr enttäuschend war, hatte ich zwar Hoffnung, aber auch viele Zweifel.

Glücklicherweise stellte sich dieses Mal meine pessimistische Weltsicht (die wirklich Vorteile hat, denn man wird entweder positiv überrascht oder hat Recht) als falsch heraus. Die Story aus den Comics ist gut umgesetzt und es gelingt, einen Bogen zu schlagen zwischen den alten und den neuen X-Men-Filmen. Dabei hat die Geschichte die eine oder andere Wendung, die man nicht unbedingt vorher kommen sehen muss.

Handwerklich ist mit dem Film auch alles beim besten. Sowohl die Schauspielleistungen wie auch optische und akustische Effekte lassen nichts zu wünschen übrig.

Wäre dieses Jahr mit Winter Soldier nicht bereits einer der besten Superheldenfilme der letzten Jahre herausgekommen, würde ich X-Men: Zukunft ist Vergangenheit vermutlich sogar noch besser finden.

Peter Dinklage aka Tyrion Lannister aka Bollivar Trask - leider zu wenig Leinwandzeit.
Peter Dinklage aka Tyrion Lannister aka Bollivar Trask – leider zu wenig Leinwandzeit.

So bleibt ihm derzeit nur ein sehr guter zweiter Platz in diesem Jahr. Was keinesfalls heißt, dass er schlecht wäre, sondern einfach nur, dass Captain America noch ein wenig besser war.

Einer der besten Punkte an dem Film ist dabei aber tatsächlich einer, der gar nicht so richtig im Film selbst besteht: Dadurch, dass es sich um eine Zeitreise handelte, die die Vergangenheit verändert, könnte es durchaus sein, dass der ein oder andere Fehler, den die Macher der älteren X-Men-Filme damals gemacht hatten, nicht mehr länger ein Problem darstellt.

Ob und wie stark sich die Zeitlinie verändert hat, werden wir sicherlich in den kommenden Filmen zu sehen bekommen. Zum Beispiel 2016 in X-Men: Apocalypse.

Ach ja: Wie bei vielen Superheldenfilmen gilt auch hier: Ihr solltet ein wenig Geduld haben und den Abspann über euch ergehen lassen, denn danach folgt noch eine Szene, die andeutet, wie es in der Geschichte weitergehen wird.

Daumen5maennlich

Artikelbilder: 20th Century Fox

 

 

8 Kommentare

  1. Ich fand den neuen X-Men bis auf ein paar Logikfehler sehr gelungen!
    *Vorsicht Spoiler!!!*

    Nach der Storyline, hätte Mystique in X-Men 1-3 gar nicht auftauchen dürfen … und Professor hätte in der „zukünftigen Zeitlinie“ anders aussehen müssen… allerdings hat man den „Fehler“ schon im Cliffhänger von Wolverine 2 gemacht.
    Letztlich ist allerdings jammern auf sehr hohem Niveau … Alles in allem war es ein schöner Bogen zwischen der „First Class“-Timeline und den gegenwärtigen X-Men. Mit am amüsantesten fand ich den Auftritt von Quicksilver in der Küche. :D Genial!!
    Warum Scarletwitch (eigentlich seine Zwillingsschwester) allerdings als wesentlich jünger dargestellt wird, habe ich nicht ganz verstanden.
    Mir macht es immer Freude Hugh Jackman als Wolverine zu sehen und ich hoffe das werde ich noch oft. Immerhin der einzige Darsteller/Charackter der in allen X-Men Filmen auftaucht. Michael Fassbender hat mich ebenfalls überzeugt. Nachdem man sie in x-Men 3 unnötigerweise in den Vordergrund gerückt hat, war Halle Berry aka Storm (zum Glück) kaum zu sehen. Tut mir leid, aber die Oscarpreisträgerin schafft es mMn nicht dem doch sehr interessanten Charakter von Storm leben einzuhauchen.
    der Cliffhänger ist sehr interessant und ich freu mich schon auf den nächsten Teil. :)

  2. Also ich fand die Abspannszene ja ziemlich schlecht: Sie hatte nichts mit der Geschichte, mit dem Film zu tun, den man gerade gesehen hat, sondern war nur ein Peak auf den nächsten Film. Sowas gehört dann in einen Trailer (zum nächsten Film). Vor allem wird der Bösewicht Apocalypse im kommenden Film sowieso ganz anders aussehen als hier gezeigt, von daher ist das gleich doppelt sinnlos – das Aussehen des Schurken zu Zeiten der ägyptischen Hochkultur sollte dann mittels Rückblende eher in den eigentlichen Film eingebaut werden. Was hatte das hier in „Days of Future Past“ zu suchen? ò.O

    • naja, die Abspannszene in Wolverine zwei hatte auch nix mit dem Film zu tun, sondern war die Vorschau auf X-Men. Ist ja häufiger so dass es ein Blick auf zukünftige Ereignisse ist und nicht zwangsläufig auf den gerade gesehenen Film Bezug nimmt.

  3. @Noisy: Ja, ein paar grobe Fehler waren drin. Die Theorie im Netz ist, dass es sich doch nicht um das Universum von X-Men 1-3 handelte, sondern ein paralleles, in dem nur viele Dinge ähnlich verlaufen waren.
    Was Scarlet Witch angeht: Da hat Bryan Singer bestätigt, dass sie das nicht war. Es gab sogar eine Szene, die das klarstellen sollte, aber die hat es dann nicht in den Film geschafft. Das junge Mädchen ist dann also vermutlich seine jüngere Halbschwester Polaris gewesen.

    @Meisterperson: Das ist bei den Szenen im/nach dem Abspann doch mittlerweile völlig normal. Die haben selten wirklich etwas mit dem Film zu tun und sind in den meisten Fällen reines foreshadowing.

  4. Ein paralleles Universum würde einige mehr oder weniger grobe Schnitzer der Filmserie erklären (Verhältnis von Sabretooth und Wolverine in X-Men 1, Verhältnis Prov. Xavier und Juggernaut (laut Comic Stiefbrüder) , warum die jeweils ältere Version von Xavier und Magneto gemeinsam zu Jean Greys Elternhaus „gelaufen“ sind, etc. )
    Was dagegen spricht, dass es sich bei dem jüngeren Mädchen um Polaris handelt, sie, Wanda und Pietro haben den selben Vater (Magneto) warum sollte die Mutter der Zwillinge eine Tochter ihres „Ex“ und einer anderen Frau aufnehmen? Mal abgesehen davon das Polaris wesentlich älter sein müßte, etwa das Alter ihres Partners Havok (Alex Summers) . Allerdings hat man es mit der Altersfrage in den Filmen ja nie so genau genommen (siehe Bobby Drake und Warren Waringthon III)
    Ich hoffe ja auf eine Extended Version der DVD, den angeblich gibt es noch eine 10min Sequenz mit Rouge.
    Manchmal sind bessere Comickenntnisse auch ein Fluch, weil man es halt nicht 1:1 ins Kino übertragen kann. ;)

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