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Zeit der Legenden (ZDL), das ist eine Abenteuer-Conreihe der Wyvern-Orga, welche hintergrundtechnisch mit dem Drachenfest verknüpft, aber dennoch eigenständig ist. Sechs Mal fand sie bereits auf dem Pfadfindergelände Westernohe statt, dem Gelände, das früher schon dem Drachenfest Obdach geboten hatte. Hier konnten sich die Spieler austoben, die Geschichten erleben und Plots lösen wollten. Hier bot sich den Spielern die Möglichkeit, die Hintergründe um die Vergangenheit des Drachenfestes zu erkunden. Und wie jedes Jahr war auch diesmal wieder viel los.

Organisatorisches

Das Zeit der Legenden 2014 fand vom 28.05.-01.06.2014 auf dem Gelände der deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg in Westernohe  statt und lag mit 99-140 EUR für 5 Tage im normalen preislichen Rahmen von Cons in dieser Größe.

Westernohe ist mit Südhessen recht zentral in Deutschland gelegen. Die Anreise mit dem Auto klappt gut, auch wenn kurz vor der Einfahrt zum Gelände vielleicht ein wenig mehr Ausschilderung gut getan hätte. Dafür ist das Gelände ruhig und wunderschön. Wiesen und Wälder, verbunden durch feste Straßen und mit einigen Gebäuden und einer Mehrzweckhalle versehen, bieten unglaublich viele Möglichkeiten zur Nutzung. Lediglich der Hügel und die Auffassung ständig irgendwie bergauf laufen zu müssen trüben ein wenig die Freude auf eine wundervolle Con.

Am Anreisetag für Spieler fanden sich über das Gelände verteilt einige Spielleitungen, die beim Einweisen halfen. Das Einbahnstraßen-Rundweg-Prinzip hatte sich bewährt und wurde erneut eingesetzt. Der Parkplatz, wenn auch weit entfernt, war gut organisiert.  Dank des feuchten Wetters und mehrerer hundert Autos war dessen Auffahrt allerdings recht schnell recht schlammig, wobei durch Ausbesserungen und Ausweichstrecken von Seiten der Orga hier recht kurzfristig nachgearbeitet wurde, um zumindest die schlimmsten Ecken abzufangen. Wer keinen Spaziergang zurück in Kauf nehmen wollte, den erwartete etwa alle 10 Minuten ein Shuttle-Bus. Wenn ich Bus schreibe, dann meine ich auch Bus und keinen kleinen Transporter. Wyvern hatte hier einen Bus der Dortmunder Verkehrs-AG gemietet und rein zum Shuttlen der Spieler zwischen Parkplatz und Spielgelände eingesetzt. Des Weiteren gab es für größere und schwerere Fahrzeuge auch noch einen Schotterparkplatz in der Nähe, welcher genutzt werden durfte.

Die sanitären Anlagen waren sauber und immer mit allem Nötigen befüllt und, dank des Geländes, in fest installierten Häusern überall auf dem Gelände verteilt. 

Aufgrund des Wetters waren die oft benutzten Wege auf den einzelnen Grünflächen schnell sehr schlammig und wurden leider nicht mit Rindenmulch oder Ähnlichem ausgebessert (mit Ausnahmedes kleinen aber feinen Händlerviertels), was so manchem missfallen haben könnte, aber leider nach dem letzten Jahr (Stichwort: „Weltenschlamm“) keine große Überraschung mehr war.  Den Drachen sei Dank wurde das Wetter ab Freitag besser, was zu einer deutlichen Verbesserung der Schlammsituation führte und gleichzeitig die Laune aller Anwesenden nach oben getrieben haben dürfte.

Das neue – DKWDDK und die Vinländischen Regeln

Wyvern versuchte sich mit diesem ZDL an etwas Neuem, zumindest in diesem Maßstab. Es gab, im Gegensatz zu früher, kein komplexes Regelwerk mehr, sondern es wurde nach „Du kannst, was du darstellen kannst“ gespielt und den sogenannten „vinländischen Kampfregeln“ gekämpft, was vielmehr einer Spielphilosophie glich als Regeln. Grob zusammengefasst ging es darum, den LARP-Kampf cineastischer und schöner zu gestalten und vom bisherigen Regel- und Punkte-Gekloppe der vorigen Jahre abzukommen. Außerdem wurde hier der Kopf als zusätzliche Trefferzone implementiert, damit beide Kämpfer mehr Möglichkeiten hatten, ihre Waffen zum Einsatz kommen zu lassen. Bereits im Vorfeld wurde heftigst diskutiert, ob es die richtige Entscheidung sei, so viel Verantwortung in die Hände der Spieler zu legen. Würde es sehr viel härter sein? Würde es zu mehr Verletzungen als üblich kommen?

Wyvern beschloss, dieses Vertrauen in seine Spieler zu setzen. Um sie zu sensibilisieren, bot man Kampftrainings an, damit die Spieler sich an die neuen Kampfregeln gewöhnen konnten. Als zusätzlicher Anreiz hierfür wurde jeder, der Frühanreise gebucht hatte und an einem Kampftraining teilnahm, entweder mit einer Rückerstattung seiner Frühanreisegebühr (20 EUR) oder sogar einem Gutschein bei Wyvern (25 EUR) belohnt.

Und das Vertrauen von Wyvern wurde belohnt. Lief der Anfang noch zögerlich, wurden die Kämpfer schnell mit den neuen Regeln warm und lernten die Vorteile des Systems zu nutzen und schönes Spiel zu generieren. Egal wen ich in diesen Tagen fragte, sie waren überzeugt von den vinländischen Regeln. (IT-)Verletzungen, Tode, Schmerzensschreie und Pfeilsalven: All das war zu sehen und zu bestaunen. Zeitgleich mussten Spielleitungen viel weniger auf die Sicherheit achten, da die Spieler selbst sich insgesamt zurückhielten. Natürlich gab es Verletzungen, aber nicht mehr, als auch sonst bei LARP-Kämpfen üblich und zumindest die, die ich mitbekam, haben auch direkt gesagt, dass ihre Verletzungen nichts mit den Kampfregeln zu tun hatten. Es zeigt sich also, dass es sich für LARP-Orgas durchaus lohnt, mehr Vertrauen in die Spieler zu haben.

Doch bestand DKWDDK ja nicht nur aus Kampf, auch wenn das wohl der spektakulärste und am kritischsten erwartete Aspekt auf der Con war. Die Orga kündigte auch mehr Freiheiten an, Plots zu lösen. Hierdurch wurde eine Erwartungshaltung bei den Spielern ausgelöst, die Wyvern nicht einhalten konnte.  Hier muss man allerdings anmerken, dass in der Plot-Orga zwei neue Gesichter aufgetreten waren, die zwar äußerst engagiert, aber noch relativ unerfahren waren und daher erst noch lernen müssen, das DKWDDK-Plots anders strukturiert und aufgebaut sein müssen, als die bisherigen. Es muss und wird viel mehr Verantwortung in die Spielerhände gelegt bei diesem Spielsystem im Vertrauen, dass sie etwas Schönes hieraus machen. 

Plot und Spiel

Und doch, trotz der manchmal recht eng gefassten Plot-Lösungen und dem ab und an fehlendem Antrieb der Spieler, die Informationen (mit denen sie teilweise überschüttet wurden), qualitativ zu nutzen, kam am Ende eine wunderbare Geschichte heraus. Eine Geschichte, die mit der Zerstörung Weltenwachts endete. Eine Geschichte, erdacht von der Orga und inszeniert von Spielern und NSC um das Schicksal von Weltenwacht.

Sicherlich nicht für jeden geeignet war das Hauptthema dieses Jahr, der Untertitel „Im Netz der Macht“ lässt es vermuten, Spinnen. Der Gott der unstillbaren Gier war erwacht und schickte sich an alles zu verschlingen,  dessen er nur habhaft werden konnte. Mit seinen Spinnendienern brachte er Angst in die Herzen der Bewohner Weltenwachts, und so mancher von ihnen kehrte nicht zurück. Die Spieler wurden von Beginn an massivst unter Druck gesetzt. Sei es die Eröffnungszeremonie, bei denen Hohepriesterinnen die Bäuche aufgerissen wurden oder die ständigen Angriffe von Spinnenwesen. Am ersten Morgen vollbrachte Wyvern es sogar, ganz Weltenwacht mit Spinnenweben einzuweben, sodass die Spieler, als sie ihre Zelte verließen, sich ernsthaft fragen mussten, was geschehen war. Tief getroffen haben dürfte viele auch der Tod von alten Bekannten. So starben gleich 4-5 wohlbekannte und jahrelang bespielte NSC auf dieser Con, unter ihnen sogar die Kaiserin von Weltenwacht selbst. Charaktere mussten von Freunden Abschied nehmen, denen sie eigentlich helfen wollten, ihre Welt zu beschützen. Das alles sorgte oftmals für viele sehr intensive Spielmomente. Für Verbitterung, Trauer, Wahnsinn, Hass…

Der Dungeon, aufgebaut in der bereits oben erwähnten Mehrzweckhalle, war wieder einmal Glanzstück der Con. Seit Jahren ist es Tradition, hier eine Probe für die Nerven derer zu erstellen, die sich trauen, dort hineinzugehen. Die Warnungen sind nicht umsonst und waren auch dieses Mal nicht. Sei es der Anblick von Leuten die durch die Decke weggezogen wurden, eines riesigen Spinnennetzes über den eigenen Köpfen oder mehrerer monströsen Spinnenwesen, die durch die Gänge schlichen. Nicht selten sah ich Leute, die, total fertig nach nur einem Dungeon-Aufenthalt, direkt noch einmal hineinwollten.

Das Ende

Und doch, trotz allen Anstrengungen, ist Weltenwacht gefallen. Vor zwei Jahren bereits einmal dem Chaos anheimgefallen ist es nun nicht nur überrannt, es ist zerstört, abgekapselt vom Rest der Welt, die Kaiserin tot, alle Hoffnung verloren. Die SC haben verloren, haben Weltenwacht nicht halten und die Kaiserin nicht retten, den Gott nicht besiegen können. Doch die Spieler haben gewonnen, denn sie hatten Spaß, haben gelacht, geweint und so viel erlebt. Wenn sie am Ende der Orga zujubeln für ein tolles Erlebnis, dann haben sie definitiv gewonnen.  Das ZDL 2014 hatte seine Mängel, aber im Großen und Ganzen kann die Orga mit sich zufrieden sein und für die Zukunft aus ihren Fehlern lernen.

Mit Weltenwacht geht auch Westernohe, zumindest für das ZDL. Dies war das letzte Mal, dass diese Con hier stattgefunden hat. Im nächsten Jahr, so die Orga, findet der Kampf um die erste Drachenwelt auf dem Utopion-Gelände im Saarland statt. Ein schönes Gelände, aber etwas weit abseits. Man wird sehen, ob und wie die Conreihe sich dort unten halten wird, ich werde sie auf jeden Fall weiterhin besuchen. 

Artikelbilder: Wyvern e.K., Nabil Hanano (c) 2013

 

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