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Eine schöne Sache an der OSR-Szene ist, dass es inzwischen viele kleine Verlage gibt, und sich einige davon am Schreiben von Abenteuern versuchen. So auch Mark Bishop, der seinen Erstling jetzt bei Purple Sorcerer Games veröffentlicht hat. Einem solchen Anfang wohnt für mich oft ein Zauber inne, und deswegen interessieren mich solche Veröffentlichungen besonders. Bei Neuerscheinungen für Dungeon Crawl Classics (DCC) oder andere OSR-Systeme sitzt das Geld bei mir sowieso besonders locker. Genau dieses verschwenderische Verhalten hat bei Nebin Pendlebrook’s Perilous Pantry wieder zugeschlagen…

Inhalt

DCC beschäftigt mich nahezu jede Woche, aber zu einer der schönsten Eigenheiten des Systems komme ich nur selten: dem Funnel. Wenn eine Gruppe von neuen Spielern eine Horde von Stufe-0-Charakteren erstellt und mit ihnen auf Abenteuer auszieht, dann ist das oft wunderbar chaotisch, amüsant und auch für erfahrene Spieler etwas Neues.

Nebin Pendlebrook’s Perilous Pantry ist genau darauf ausgelegt. Beim Ausbauen seines Behausung ist ein Halbling aus Versehen in einen unterirdischen Bereich vorgestoßen. Neugierig hat er sich vorgewagt und ist nicht wiedergekehrt. Auch der örtliche Büttel, der ihn suchen ging, kam nicht wieder. Und jetzt liegt es an einem bunten Haufen Dorfbewohner, sich von der Speisekammer aus in die Tiefe zu kämpfen.Wer will, kann das Erstellen dieser Truppe in der Dorfkneipe ausspielen. Die Details sind liebevoll ausgestaltet, inklusive einer kurzen Story zum Namen der Schänke.

Stufe-0-Charaktere sind ja nicht wirklich robust – und beim Funnel sollen ja auch weniger interessante Figuren ausgesiebt werden. Deswegen tauchen in solchen Einführungsabenteuern der Stufen 0 und 1 eher tödliche Fallen auf, schließlich sind sie für mehr als einen SC pro Spieler ausgelegt. Hierbei entscheidet dann eine Mischung aus Würfelglück und schlauem Vorgehen über die Überlebenschancen des Einzelnen und der Gruppe.

In der ersten Hälfte des Abenteuers überwiegen daher noch kleinere Kämpfe, zu erforschende Mysterien, Geheimgänge und Fallen. Diese sind durchaus klug gestaffelt, lernt man dabei doch auch gleichzeitig die Spielmechanismen gut kennen. Generell sind die beschreibenden Texte stimmungsvoll, und trotz der relativen Geradlinigkeit des Dungeons wirkt es doch vielseitig und interessant. Vor allem aber wird viel Wert auf interessante Fundstücke für die Spieler gelegt. Mit Glück oder gezieltem Ausforschen findet man viel, was den Einstieg in das Business als selbstständiger Abenteurer erleichtert. Dabei erweitern die Gegenstände stellenweise das Machtrepertoire der Stufe-0-SC deutlich, aber nicht übermäßig. So haben einige gefundene Gegenstände zwar gespeicherte Magie, aber diese verpufft auch nach nur einer Handvoll Anwendungen.

Später lauern dann zwei bis drei größere Konfrontationen, wobei dem SL kluge Varianten der Lösung angeboten werden. Verstarben zu viele Möchtegernhelden, so gibt es eine glaubwürdige Möglichkeit, weitere Figuren einzuführen. Eiern die Spieler zu sehr herum, kann der SL die Magie der Umgebung benutzen, um ihnen einzuheizen. Sogar an eine kinoreife Mantel-und-Degen-Aktion bei einem zentralen Kampf wurde gedacht!

Spielbericht

In der alten Zwergenhalle gibt es so einiges zu entdecken!
In der alten Zwergenhalle gibt es so einiges zu entdecken!

Beim Spielen sind mir dann doch mittendrin zwei Sachen aufgefallen. Ich musste mehrfach etwas länger herumblättern und suchen, weil mindestens zwei Beschreibungen für Türen nicht in den Räumen waren, aus denen sie herausführten. Ein Teil der Beschreibung von Raum 1-10 findet sich vor Raum 1-8 und 1-9, weil der angrenzende Gang keine eigene Nummer hat.

Charaktererschaffung habe ich durch den Charaktergenerator von Purple Sorcerer Games ersetzt. Einfach vier Charaktere pro Seite ausdrucken, auseinanderschneiden, mischen und verdeckt verteilen. Manche der altertümlichen Lehrberufe führten mal wieder zu einigem Nachfragen und kurzer Internetrecherche. Nichtmenschliche Charaktere entstehen durch die Tabellenverteilung sowieso immer sehr selten.

Einige Charaktere werden nur dadurch interessant, dass die Spieler kein Interesse an ihrer Weiterverwendung haben. Also probiert man schon mal gewagtere Aktionen, und wunderbar chaotische Ergebnisse sind die Folge. Es wurde viel experimentiert, und aufgrund der magischen Gegenstände des Abenteuers auch auf Stufe 0 Magie gewirkt und Untote vertrieben.

Weil wir diesmal mit abwischbarer Matte gespielt haben, wurde uns zum ersten Mal das unsägliche Gedränge bei einem Funnel bewusst. 15 Figuren in einem schmalen Gang? Wirkte selbst mit farbigen Spielsteinen unwillkürlich komisch. Das Abenteuer ist übrigens für 16 bis 24 Figuren bestimmt.

Zu besonderen Ehren kam ein unbedeutender magischer Gegenstand – ein Ast, auf den Magischer Mund gewirkt wurde. Der Zauberer lag im Sterben, und sein letzter Hilferuf erklang noch lange nach seinem Tod. Eigentlich ein nutzloses Ding, außer für einen kurzen Stimmungsmoment vielleicht. Aber die Spieler tauften ihn „Stecki“ und probierten solange damit herum, bis ein NSC tatsächlich die Stimme erkannte. Sehr beharrlich.

Zwei Kämpfe waren mir hierbei für 15 Anfangscharaktere zu stark gewesen, und ich habe sie jeweils leicht abgeschwächt. In die finale Konfrontation schafften es 8 der 15 Bauernsöhne und drei NSC-Verbündete. Es überlebten letztlich 6 SC und 2 NSC. Reich zogen sie davon. Vor allem erlebten wir viele jener genialen Momente, für die DCC immer wieder gut ist. Es gibt in diesem Abenteuer viel herauszufinden und viel auszuprobieren, was gerne auch in Klamauk ausartet.

Preis-/Leistungsverhältnis

Angesichts der Qualität des Inhalts und der guten Optik, sind 4,49 USD definitiv in Ordnung für dieses Modul. Die Seitenzahl wurde auch nicht künstlich aufgebläht.

Erscheinungsbild

dcc-Nebin Pendlebrook's Perilous Pantry-coverJenseits des Titels und der Rückseite ist das PDF in Grautönen gehalten, was übrigens sehr stilvoll aussieht. Die Textmenge pro Seite und Schriftgröße empfand ich als sehr angenehm, und hilft vor allem beim Lesen im elektronischen Format.

Die Illustrationen sind gut, viele davon sind im verniedlichenden Stil anderer Purple-Sorcerer-Produkte gehalten. Es sind genug vorhanden, um den Text aufzulockern. Das Titelbild gefällt mir besonders in seiner schlichten Art. Die handgezeichnete Karte ist in einer ansprechenden Schrägansicht gestaltet.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Purple Sorcerer Games
  • Autor(en): Mark Bishop
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: englisch
  • Format: PDF
  • Seitenanzahl: 42
  • Preis: 4,49 USD
  • Bezugsquelle: DriveThruRPG.com (PDF)

 

Bonus/Downloadcontent

Battlemaps und Faltaufsteller gibt es als Extra-PDF beim Kauf zusätzlich. Auch das Artwork ist nochmal in größerer Auflösung zum Ausdrucken beigegeben.

Fazit

Ich habe das Abenteuer in einem Zug gelesen und war sehr angetan. Es ist übersichtlich aufbereitet und auch optisch ansprechend – Karte und Handout sind besonders ansehnlich. Von der Gestaltung zentraler NSC bis zu den einzelnen Räumen wirkt das Modul liebevoll gemacht, ohne sich in unnötigen Details zu verlieren. Auch am Tisch wusste es zu überzeugen.

Purple Sorcerer Games hat ja bisher nur John Marr’s eigene Abenteuer veröffentlicht, aber mit Mark Bishop hat sich ein Weiterer gefunden, der sich zu veröffentlichen lohnt. Hut ab vor diesem Erstling!

Daumen4Maennlich

Artikelbild: Purple Sorcerer Games

 

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