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Der elfte Quellenband des Schwarzen Auges beschäftigt sich intensiv mit den Ausbildungsstätten von Kriegern und Schwertgesellen; zwei der vielleicht beliebtesten Kämpferprofessionen, die bisher allerdings eher stiefmütterlich behandelt wurden. Sämtliche große Kriegerschulen des Kontinents werden vorgestellt und um einige kleinere ergänzt. Ebenso erhalten die Ausbildungsmethoden der bekannten Schwertmeister eine ausführlichere Würdigung.

Bereits dem Vorwort ist zu entnehmen, dass es dabei mitnichten nur um die Darstellung der Schulen gehen soll, sondern dass den Professionen mehr Tiefe und ein einzigartiger Hintergrund verliehen werden soll. Ebenso möchte Redakteur Martin Schmidt die Akademien als Handlungsorte in Abenteuern etablieren und Spielleitern Anregungen für deren Einsatz im Rollenspiel liefern.

Exkurs: Der Krieger im Universum des Schwarzen Auges. Die Profession des Kriegers istso alt wie das Spielsystem selbst. Er war damals die klassische Rollenspiel-Kämpfer-Klasse, mit starken Anleihen beim irdischen Rittertum. Zwar gesellten sich alsbald hühnenhafte Thorwaler (nach dem Vorbild der Wikinger) dazu – und auch der kampfstarke Zwerg hatte seinen Auftritt bereits in der Urfassung – doch der Krieger bewahrte seine Beliebtheit bei der Spielerschaft. In der dritten Edition wurden dann erstmals verschiedene Akademien vorgestellt; gleichzeitig wurden aber auch wirkliche Ritter zum ersten mal erwähnt, und der Krieger bekam langsam ernst zu nehmende Konkurrenz. Aber erst mit der (noch) aktuellen vierten Regelfassung wurde dieser, wie auch die Geweihten der Kriegsgöttin Rondra, wirklich spielbar und um weitere Kampfprofessionen wie den Fähnrich und eben auch den Schwertgesellen ergänzt. Nichtsdestotrotz blieb der Krieger eine beliebte Spielerklasse – nicht zuletzt, weil er regeltechnisch bevorteilt wurde. Wie sich die Sache bei DSA5 verhalten wird, muss die Zukunft zeigen …

Inhalt

Dem Thema des Bandes folgend, gliedert sich Klingentänzer grob in zwei Abschnitte: Der Erste beschäftigt sich mit den Kriegerakademien, der Zweite, etwas kürzere, mit den Schulen für Schwertgesellen. Beiden Teilen wurde eine (zu) knappe allgemeine Betrachtung der Profession vorangestellt. Im Anhang finden sich dann noch Medienhinweise zum Thema.

Die Beschreibungen der über 30 verschiedenen Schulen folgt dabei erfreulicherweise stets demselben Aufbau: Einleitend werden wichtige Daten in einem kleinen Kasten zusammengefasst. Einem kurzen Ingame-Text folgt dann eine Übersicht über die geschichtlichen Eckpunkte der Einrichtung. Und im Leben an der Schule/Akademie wird auf Ausstattung und Ausbildung an der entsprechenden Lehranstalt eingegangen. Hier wird ebenfalls thematisiert, wie sich die Prinzipientreue (ein regeltechnischer Nachteil) der Schüler im Spiel äußert. Des Weiteren werden wichtige Personen charakterisiert und ihre Bedeutung für die Ausbildung beschrieben. Anschließend werden Helden aus der entsprechenden Anstalt genauer beleuchtet und, zu guter Letzt, Vorschläge gegeben die Akademie ins Spiel einzubinden.

Abgerundet werden diese Beschreibungen durch verschiedene Kästen: Zum Einen werden in der (durchaus umstrittenen) Kategorie Was denkt …? verschiedene Ansichten der Abgänger zu anderen Akademien und Gruppen (und umgekehrt) thematisiert. Das ist zwar oft amüsant zu lesen, aber selten wirklich informativ. Zum Anderen werden von jeder Schule Mysterien offenbart, von denen erfreulich viele dem Spielleiter zur freien Verwendung überlassen werden. Je nach Akademie werden zum Teil auch noch andere Themen in einem Kasten behandelt.

Das alles klingt nach mehr, als es tatsächlich ist. Da kaum eine Ausbildungsstätte auf über fünf Seiten beschrieben wird, können die meisten der genannten Punkte lediglich angerissen werden – meiner Meinung nach der größte Kritikpunkt am vorliegenden Band! Dass ich einmal eine DSA-Publikation als zu wenig detailliert kritisieren würde, hätte ich nicht gedacht – Das Schwarze Auge steht ja nicht ganz zu Unrecht in Verdacht der Erfinder der Hartwurstigkeit zu sein. In diesem Fall wäre es aber wohl tatsächlich sinnvoller gewesen, Klingentänzer auf zwei Bücher aufzuspalten, um Krieger und Schwertgesellen unabhängig voneinander ausreichend zu würdigen.

Der zweite Kritikpunkt, der sich unerfreulich durch den gesamten Band zieht, ist das schlechte Lektorat. Immer wieder finden sich inhaltliche Widersprüche und Rechtschreibfehler. Besonders ärgerlich sind aber die zahlreichen grammatikalischen Fehler, vor denen fast keine Schule verschont blieb. Hier wurde offenbar im Schnellverfahren gearbeitet. Zudem finden sich auch im Satz immer wieder kleinere Ungenauigkeiten.

Noch einmal zurück zu den einleitenden Kurzinfos: In Anbetracht ihrer exponierten Stellung ist der Informationsgehalt doch halbwegs beschränkt und das Lektoratist nicht wesentlich besser als im Rest des Buches. Neben historischen Personen hätte man hier zumindest noch das Gründungsdatum und die aktuelle Leitung niederschreiben können und auch die Angabe der Akademiegröße widerspricht einige Male dem Fließtext. Bei Beziehungen, Finanzkraft und Ausstattung hat man leider auf die bekannte, aber nirgendwo spezifizierte siebenstufige Skala zurückgegriffen, die ich ziemlich nichtssagend und beliebig finde. Hier hätte man gut genauere Hintergrundinformationen geben können, die den einzelnen Schulen sicherlich auch mehr Profil verliehen hätten; bei Einigen wurde dies ja zumindest ansatzweise versucht.

Die Kriegerakademien – same same …

Wirklich ausführlich behandelt werden weder die einzelnen Schulen, noch die Kriegerakademie im Allgemeinen. Vieles ergeht sich in Andeutungen und widerspricht sich gerne auch mal inhaltlich. Nichtsdestotrotz haben sich die zahlreichen Autoren bemüht, Spielern und Meistern die Klasse des Kriegers näherzubringen und den unterschiedlichen, über den Kontinent verteilten, Ausbildungsstätten ein eigenständiges Profil zu verleihen.

Dass dies eine undankbare Aufgabe ist, wird schnell klar: Im Gegensatz zu den Magierakademien gleichen sich die Kriegerschulen natürlich stark. Von regionalem Flair und unterschiedlichen Feindbildern abgesehen, sind die Ausbildungsziele und -inhalte größtenteils doch sehr ähnlich – Unterschiede finden sich demnach auch eher im Fluff. Dem Spieler werden zumindest Anregungen gegeben, seinen Charakter rollenspielerisch zu individualisieren und sich Anekdoten aus seiner Ausbildung zu überlegen.

Was ich mir an dieser Stelle deutlich mehr gewünscht hätte (was bei wenigen Akademien zumindest angedeutet wird), wäre eine stärkere Unterscheidbarkeit verschiedener Abgänger derselben Schulen. Allgemein fühlen sich Krieger – bei allen Unterschiedlichkeiten – vom Crunch her immer ziemlich ähnlich an. Der Grundfehler hierbei liegt aber bereits im Regelwerk begründet: Die Schablone der Profession ist bereits relativ starr und auch die Modifikationen nach Schule gleichen sich oft zu sehr. Hier wäre mehr Mut zur Veränderung angebracht gewesen – die Startwerte des Weidener Kriegers aus Baliho, beispielsweise, wurden ja auch angepasst.

Die Qualität der Beschreibung der unterschiedlichen Schulen ist zudem sehr durchwachsen. Positiv stechen hier eher die Exoten hervor, die natürlich auch prägnanter abgrenzbar sind. Mutter Rondra auf Hylailos sei hier exemplarisch erwähnt, aber auch die Kriegerschule Rommilys und die Akademie der Kriegs- und Lebenskunst zu Vinsalt. Andere sind dafür sehr trist zu lesen und wirken uninspiriert. Ein Negativbeispiel ist die oben erwähnte Balihoer-Akademie (der zudem die Geheimnisse für den Spielleiter fehlen).

Auch sehr schade finde ich, dass den vier neu vorgestellten Schulen (die alle durchaus interessant wirken) so wenig Platz eingeräumt wurde. Eigentlich hätte aber jede Kriegerakademie einige zusätzliche Seiten verdient gehabt, um sie wirklich mit Leben zu erfüllen. Zusammen mit einer ausführlicheren Vorstellung der Profession wäre dies ein – kurzer aber würdiger – eigener Band gewesen.

Die Schwertgesellen-Schulen – … but different

Das meiste oben Gesagtetrifft auch auf die Beschreibung der Schwertmeister zu, lediglich mangelnde Unterscheidbarkeit kann man den insgesamt elf Kampfstilen nicht vorwerfen. Generell scheint dieser zweite Teil des Buches der Interessantere zu sein, möglicherweise aber auch nur, weil der Schwertgeselle die deutlich jüngere Profession ist und weniger verstaubt wirkt (siehe dazu auch obigen Exkurs).

Als sehr schön empfand ich, dass auf unterschiedliche Schlagvarianten und –kombinationen und deren regeltechnische Bedeutung und Umsetzung eingegangen wird. Hier hätte man gerne auch noch mehr ins Detail gehen können. Ebenso wie bei den Kriegern wäre ganz allgemein mehr Platz wünschenswert gewesen. Vor allem das – eigentlich sehr interessante – Kapitel über den maraskanischen Buskur-Stil könnte von einer drastischen Steigerung der Seitenzahl deutlich profitieren.

Ebenfalls sehr gut gefallen hat mir der Abschnitt über die Brillantzwergischen Schwertgesellen. Hier wurden Funfacts und Hardfacts sehr unterhaltsam verwoben. Das gesamte Schwertgesellen-Kapitel ist voll dieser kleinen Schrulligkeiten, die ich am Schwarzen Auge so sehr schätze. Gerade deshalb hätte auch dieser Teil des Buches eigentlich eine eigene Veröffentlichung verdient gehabt. Dann wäre auch genug Platz gewesen, die Abenteueraufhänger genauer auszuarbeiten.

Den Schulen nachgeordnet wurden zwei Kapitel, die sich mit den Karrieremöglichkeiten frischgebackener Schwertgesellen beschäftigen: zum einen Der Weg zur Schwertmeisterschaft, zum anderen Die Gründung einer eigenen Schwertgesellenschule. Das sind schöne Anregungen, vor allem Letzteres bleibt mir aber dann doch zu vage. Auch hier wäre mehr Inhalt wünschenswert gewesen.

Preis-/Leistungsverhältnis

Für 30 EUR bekommt man hier 184 Druckseiten geboten. Das ist, gerade in Anbetracht der vielen Fehler, ein ziemlich stolzer Preis. Dafür wurden die Texte und Zeichnungen aber zumindest neu angefertigt und nicht einfach nur aus anderen Publikationen kopiert. Dennoch erscheint mir der Preis – summa summarum – doch überzogen.

Erscheinungsbild

Klingentänzer DSA CoverDas Titelbild von Klingentänzer ist zwar hübsch, will das Thema des Bandes jedoch nicht so recht verraten. Das Hardcover ist wie üblich qualitativ hochwertig eingeschlagen und größtenteils ordentlich gesetzt. Auch ein sehr umfassender Index ist vorhanden. Die digitale Version entspricht der gedruckten, mit eingepflegten Lesezeichen.

Bei über 50 Zeichnungen findet sich auf mindestens jeder zweiten Doppelseite eine schöne Illustration. Besonders Elif Nele Siebenpfeiffers Illustrationen möchte ich hier hervorheben. Auch die Wappen und Siegel der Schulen sind grafisch gut umgesetzt, auch wenn jenes der Akademie von Garethnicht mit der Beschreibung übereinstimmt. Gebäudekarten sind keine vorhanden, was zwar schade ist, aber auch nicht zwingend.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ulisses Medien & Spiel Distribution GmbH
  • Autor(en): Martin Schmidt, Alex Spohr (Redaktion) u.a.
  • Erscheinungsjahr: 2013
  • Sprache: deutsch
  • Format: DIN A4 Hardcover, PDF
  • Seitenanzahl: 184
  • ISBN: 978-3-86889-263-5
  • Preis: 30 EUR (Druck), 14,99 EUR (PDF)
  • Bezugsquelle: Amazon (Druck), Sphärenmeisters Spiele (Druck), Ulisses-Ebooks (PDF)

 

Bonus/Downloadcontent

Keiner.

Fazit

Klingentänzer ist eine nette Veröffentlichung für Liebhaber von Schwertgesellen und Kriegern, aber auch für diese definitiv kein Must-have. Der Mehrwert dieses Buches hält sich stark in Grenzen. Spielern und Spielleitern bietet der Band schöne Anregungen, mehr aber auch nicht. Mich hat dieses Buch nie wirklich vom Hocker gerissen, da können auch die vielen, ansehnlichen Zeichnungen das Ruder nicht mehr herumreißen. Ärgerlich sind zudem die zahlreichen (Flüchtigkeits-)Fehler.

Das ist schade, denn das Thema hätte eine ordentliche Publikation verdient gehabt! Eine deutlich detailliertere Betrachtung der Professionen, bei gleichzeitig stärkerer Abgrenzung untereinander, wäre wünschenswert gewesen. Dafür wäre ich dann auch gerne bereit gewesen mein Geld in zwei Bücher zu investieren (mindestens aber das für mich interessante auszuwählen). So aber kann Klingentänzer wohl niemanden so recht zufrieden stellen; es ist weder Fisch noch Fleisch.

Daumen3maennlich

Über den Autor

tim_schweizer_small_profileTim, ein wasch­ech­ter Ber­li­ner, spielt seit 20 Jah­ren bereits DSA. Er hat immer mal wie­der in andere Sys­teme hin­ein­ge­schnup­pert, kehrte aber letzt­end­lich zu sei­nem alten Ste­cken­pferd zurück. In sei­ner Frei­zeit wid­met er sich außer DSA noch dem Bema­len von Minia­tu­ren und dem Ver­fas­sen von Lyrik und Prosa. Tim unter­stützt teilzeithelden.de als freier Redak­teur im Bereich DSA.   

 

 

 

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Arti­kel­bil­der: Ulis­ses Spiele GmbH

 

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