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Hier sind wir nun also bei meinem dritten Artikel zu DSA5. Während mein Eindruck beim ersten Durchlesen noch überwiegend positiv war, begann er sich bei dem kürzlich erschienenen Spielbericht etwas einzutrüben. Also habe ich mich nochmals intensiv mit dem Beta-Grundregelwerk auseinandergesetzt. Einerseits werde ich auf die – aus meiner Sicht – größten Schwächen im Regeldesign eingehen. Auf der anderen Seite werde ich beleuchten, inwiefern die neuen Regeln und der Hintergrund sich vertragen.

Das Kampfsystem

Um es vorweg zu nehmen: Ich bin mit dem neuen Kampfsystem eigentlich zufrieden. Es macht die Kämpfe schneller und intuitiver. Das Einzige, was mir sauer aufstößt, ist die neue Berechnung der Attacke- und Parade-Basiswerte, wie ich ja bereits im Spielbericht habe anklingen lassen.

Nach dem bisherigen System wurden zur Berechnung dieser Werte drei Eigenschaftswerte addiert und anschließend durch 5 dividiert, was durchschnittliche Basiswerte von 7 bis 9 zur Folge hatte. Jetzt ist nur noch der Wert in Körperkraft oder Gewandtheit ausschlaggebend, denn zu einem Grundwert von 5 wird jeder Punkt über 10 in der jeweiligen Leiteigenschaft addiert. Bei dieser Methode erzielt man Werte zwischen 5 und 9, mit entsprechenden Vorteilen sogar bis zu 11. Das heißt, wenn ein Charakter nicht von Anfang an auf Kämpfe ausgelegt ist, sprich hohe Werte in den entsprechenden Eigenschaften hat, wird er sich mit selbigen sehr viel schwerer tun als in DSA4.1.

Als nächstes hat sich der Verteilungsschlüssel der Werte der Kampftechniken auf Attacke und Parade geändert. Bisher durfte die Differenz innerhalb einer Kampftechnik höchstens fünf betragen, mittlerweile sind es zwölf.

Die fertig berechneten Kampfwerte werden vor allem dann … skurril, wenn es sich um einen Kämpfer mit Schild und Einhandwaffe handelt. Hat man nämlich zum Beispiel in Schwerter und Schilde einen Wert von 10 und in Körperkraft einen Wert von 14, würde der Kämpfer mit jeweils 19 angreifen und blocken. Das ist bei unmodifizierten Würfen eine Erfolgswahrscheinlichkeit von satten 95 %, und das bei einem Startcharakter und ohne es auf diese Werte anzulegen. Mit etwas „Powergaming“ wären nochmals deutlich höhere Werte möglich, und genau dieses begünstigt die neue Regelung leider enorm.

Zudem sind einige Kampftechniken meiner Ansicht nach der falschen Eigenschaft zugeordnet. Zum Beispiel sind Stangenwaffen momentan Körperkraft zugeordnet, wobei ich in diesem Fall eher Gewandtheit gewählt hätte.

Als Lösungsvorschläge für diese Probleme wäre als erstes wieder eine maximale Differenz von 5 in den Kampftechniken zu nennen. Bei den Basiswerten ist das schon etwas schwieriger, aber ich denke, es wäre möglich, es ähnlich wie bei 4.1 zu berechnen, wenn man die Leiteigenschaften dann jeweils stärker berücksichtigt.

Karmales Wirken

Dass ich mit der Umsetzung der Geweihten nicht zufrieden bin, habe ich ja schon im Spielbericht erwähnt und werde es hier deshalb nicht nochmal breittrampeln.

Stattdessen ist mir etwas anderes aufgefallen, nämlich die neuen Traditionen der Geweihten. Wie bei magischen Charakteren gibt es jetzt, je nach Gottheit, bestimmte „Sonderfertigkeiten“, die man bei der Wahl einer Gottheit erhält.

Eine nette Idee eigentlich, wenn diese Traditionen nicht so extrem unausgewogen wären, wie sie es momentan sind. So haben die in der Beta vorgestellten zwei Traditionen jeweils die Möglichkeit, bei bestimmten Auslösern sofort 1W20 Karmapunkte zu regenerieren. Bei der Rondrageweihten tritt dies ein, wenn sie eine unheilige Kreatur erschlägt, beim Perainegeweihten, wenn er eine Seuche erfolgreich bekämpft. Nun trifft man aber in quasi jedem zweiten Abenteuer auf mindestens eine unheilige Kreatur, was dank der schwammigen Definition so ziemlich alles sein kann. Und jetzt kommt die Preisfrage: Wie oft mussten eure Helden schon Seuchen bekämpfen? Eben!

Dies führt dazu, dass die Rondrageweihten überdurchschnittlich oft diesen „Karmaschub“ erhalten, die Perainegeweihten werden die Anzahl dieser Erlebnisse aber wahrscheinlich am Ende ihres Lebens an einer Hand abzählen können.

Woran die Redaktion an dieser Stelle wahrscheinlich auch nicht gedacht hat, ist die Tatsache, dass dies gewisse Teile des Hintergrundes etwas unlogisch erscheinen lässt. Um ein kleines, etwas überspitztes, Beispiel zu geben, sei die Dämonenbrache nahe Gareth genannt, ein Landstrich, der von eben jenen unheiligen Kreaturen verseucht ist.

Man nehme 50 Geweihte der Rondra und setze sie dort aus. Das Ergebnis dieser Aktion wäre eine von unheiliger Präsenz gereinigte, für die Neubesiedlung bereite Dämonenbrache … denn bei einer solchen Dichte an karmaspendendem Schwertfutter dürfte ihnen der Saft eigentlich quasi nie ausgehen.

Ich hoffe, ihr versteht, was ich damit meine: Nämlich, dass man durch unbedachtes Regeldesign den Hintergrund schon beinahe ins Lächerliche ziehen kann.

Das Magiesystem

In der fünften Edition wurde ja ein neues System eingeführt, das alle magischen Rituale einheitlich abdecken soll. Während der Ansatz eigentlich gar nicht schlecht ist, funktioniert dieses System stellenweise einfach überhaupt nicht, vor allem in zwei konkreten Punkten.

Zum einen bei den Objektritualen, von denen jede magische Tradition andere hat und die im jeweiligen Ritualgegenstand verankert werden, zum Beispiel beim Magierstab.

Denn während eben diese bei DSA4.1 noch reguläre Sonderfertigkeiten waren, werden sie jetzt wie normale Talente behandelt, wobei sie sogar noch teurer zu aktivieren sind.

Das ist meiner Ansicht nach blanker Unsinn, sind diese ja nur für einen bestimmten, eng eingegrenzten Zweck verwendbar, was die hohen Kosten keineswegs rechtfertigt.

Hier sind zwei Lösungen möglich. Erstens könnte man das Ganze so regeln wie die Zaubertricks. Das heißt, ein Wert in Ritualkunde (Stabzauber) und der Zukauf der einzelnen Rituale als Sonderfertigkeiten. Oder aber man macht wieder reguläre Sonderfertigkeiten daraus.

Das zweite, große Manko sehe ich im Bereich der Beschwörungen, vor allem wieder in Verbindung mit dem bestehenden Hintergrund.

Während bis jetzt reguläre Zaubersprüche dafür verwendet wurden, funktioniert jetzt sowohl die Beschwörung von Elementaren als auch von Dämonen über ein Stufensystem, bestehend aus vier einzelnen Ritualen. Man muss einen Wert von mindestens 12 im niedrigeren Ritual haben, um das höhere überhaupt aktivieren zu dürfen. Da man bei einem erfahrenen Charakter allerdings höchstens einen Wert von 10 in einem Talent haben darf, sind Magier mit einem Schwerpunkt auf Beschwörungen quasi nicht mehr darstellbar.

Und speziell bei den Elementaren ist mir wieder eine Kollision mit dem aventurischen Hintergrund aufgefallen. Das Ritual der zweiten Stufe ist der Elementare Diener.

Dieser ist allerdings erst seit der „Wiederentdeckung“ Drakonias vor einigen Jahren der Allgemeinheit der Magier bekannt, in den Tulamidenlanden generell erst seit diesem Ereignis. Und gerade diese gelten ja als Hochburg der Dschinnenbeschwörung, also der Stufe nach dem Elementaren Diener. Was nun im Umkehrschluss bedeutet, dass sie das eigentlich gar nicht sein dürften, weil ihnen ja das grundlegende Ritual erst seit kurzem bekannt ist.

Als Lösung wäre hier die Senkung der „Schwellenwerte“, vielleicht auf einen Wert von 7.

Dies ermöglicht es dann nämlich Beschwörer auch als Startcharaktere zu spielen, so wie es bis jetzt auch war.

Fazit

DSA5 meint es gut, ist aber an den oben genannten Stellen deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Vereinfachungen in einem Rollenspielsystem sind immer gut, vorausgesetzt, sie sind durchdacht, auch im Bezug auf das bespielte Setting.

Dass das der Redaktion in den oben genannten Fällen nicht gelungen ist, dürfte nun jedem klar sein.

Ich muss es an dieser Stelle nochmals betonen: DSA5 macht meiner Meinung nach vieles richtig und hat gute Ansätze. Allerdings wurde an manchen Stellen einfach übertrieben oder nicht richtig nachgedacht. Bleibt zu hoffen, dass das jetzt nachgeholt wird.

Hier findet ihr unseren Ersteindruck von DSA5

Arti­kel­bil­der: Ulis­ses Spiele GmbH

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