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Jedes Spielsystem verfügt über namhafte Charaktere, Personen oder Monster aus dem Hintergrund der Welt. Manche von diesen haben auch historischen Charakter, befinden sich zeitlich, vom offiziellen aktuellen Zeitrahmen des Spiels aus gesehen, also in der Vergangenheit. Manche Systeme verfügen gar nur über benannte Charaktere, insbesondere Scharmützler wie Freebooter´s Fate, Bushido oder Eden verfahren öfters derart.

Solche Charaktere sind tief mit der Welt verwoben in der man spielt, nicht selten hatten diese sogar einen formativen Einfluss auf die Geschichte des jeweiligen Universums. Dies übt natürlich eine Faszination und einen Zug auf die Spieler aus. Unabhängig davon, ob man nun eine der historischen Schlachten nachspielt oder nicht, eine so berühmte Person in der Armee zu haben ist toll.

Manch einer baut auch seine Armee auf der Idee auf, von einem bestimmten Helden angeführt zu werden, einfach, weil einem das Konzept oder der Hintergrund des Modells gefällt. Andersherum ist aber eben dieses Weiterschreiben der Geschichte eben der Grund für viele Spieler, die Charaktere zu spielen. Es schadet natürlich nicht, dass solche Modelle dazu tendieren, extrem starke Spielwerte zu haben, um ihre Einzigartigkeit zu betonen. Auch dies ist natürlich ein legitimer Grund sie spielen zu wollen. Manche Systeme schaffen hier eine bessere Gratwanderung als andere, was die Spielbalance solcher Modelle beträgt.

: Nicht zu vergessen, dass es auch die Spieler gibt, die sich überhaupt nicht den Kopf über irgendeinen der Punkte in diesem Artikel zerbrechen. Was auch völlig in Ordnung ist, schließlich geht es hier darum, Spaß in seiner Freizeit zu haben ?
Ngwane Lightning Claws, schon der Name spricht Bände.
Ngwane Lightning Claws, schon der Name spricht Bände.

Gründe, eine namhaftes Modell zu spielen, gibt es also viele, was spricht aber dagegen?

Für manche Spieler ist „Realismus“ ein Argument gegen den Einsatz solcher Modelle. Der oberste Heerführer eines Königreiches wird nicht jedes kleine Scharmützel seiner Armeen anführen. In einer weltinternen Logik ist dies ein logisches Argument und stört sowie hindert manche Spieler am Einsatz solcher Modelle.

Die mächtigen Regeln schrecken auch den Einen oder Anderen ab. Die Befürchtung, das Spiel unfair zu gestalten, weil man die Regeln für zu übermächtig hält, ist nicht zu unterschätzen und verhindert regelmäßig den Einsatz mancher Modelle.

Schreibe deine eigene Geschichte. Wie erwähnt, sind die benannten Charaktere zumeist große Helden oder Schurken aus dem jeweiligen Universum. Neben all dem Reiz wirkt dies aber auch einschränkend, es ist halt die Geschichte dieser Person, die man mit jeder Schlacht weiterschreibt. Eigene Modelle zu nehmen erlaubt es einem, selber die Geschichte zu schreiben und ein Modell, dass vielleicht drei Schlachten überlebt und dabei niemals auch nur einen Gegner ausschaltet, erzählt eine ganz eigene Geschichte.

Es gibt auch den Fall, dass man ein Modell einfach nicht mag. Der Hintergrund sagt einem vielleicht total zu, aber das Modell geht dermaßen gegen den eigenen Geschmack, dass man es einfach nicht übers Herz bringt, es einzusetzen. Gerade hier kommt „proxen“, also das Nutzen eines anderen Modells, ins Spiel.

Was für Varianten finden sich nun dort?

Etikettenschwindel?

Hierbei verwendet man einfach das Modell des bekannten Charakters, gibt ihm aber einen anderen Namen. Wenn man ein Modell mag, aber nicht einen spezifischen Charakter spielen möchte (oder kann, vielleicht aufgrund von Kampagneneinschränkungen o.ä.), ist dies die einfachste Lösung. Manche Spiele haben sogar explizite Regeln für solche Situationen. Bei Warmachine z. B. wird jede Armee immer von einem namhaften Charakter angeführt. Wenn nun zwei Armeen, die von Allister Caine angeführt werden, aufeinander treffen, wie auf einem Turnier, dann wird einer der beiden offiziell zum Hochstapler deklariert, der nur so tut, als wäre er Allister Caine.

Allister Caine
Allister Caine

Natürlich kann man auch einfach so das Modell verwenden, ohne ihm einen Namen zu geben, oder als das besondere Modell zu nutzen.

Alternativmodelle

Wenn man einen Charakter mag, aber das Modell nicht ausstehen kann, besteht die simpelste Lösung darin, einfach ein anderes Modell zu verwenden. Man muss nur dem Gegner mitteilen, welches Modell was darstellt. Manche Spieler haben Probleme damit, weil sie nicht auf den ersten Blick erkennen können, wer was ist. Gerade auf Turnieren kann man hier in Schwierigkeiten geraten. Beim Spielen im Freundeskreis wird es generell aber wenig Probleme geben.

Gerade bei Spielen, in denen effektiv jedes Modell einen eigenen Namen besitzt, mag es einem auch missfallen, immer die Charaktere ins Feld zu führen, die auch in den Büchern beschrieben werden. In den Büchern dieser Spiele verfügt jedes Modell zumeist über eine, mehr oder minder lange, eigene Geschichte und in diese Geschichte einzugreifen oder eigenmächtig fortzuschreiben, ist nicht jedermanns Sache.

Diese Lösung kann man auch gut mit dem Etikettenschwindel verbinden. Benennt man das Modell um, so hat man auch eine Erklärung, warum es anders aussieht. Es ist halt ein anderer Charakter mit vergleichbaren Fähigkeiten.

Einige Beispiele für dieses Verhalten kann ich mit meinen Freebooter-Miniaturen bieten. Für meine Armada z. B. benutze ich das Modell der Tänzerin anstatt das der Comtessa.

Für den Dottore der Bruderschaft wiederum nutze ich eine Variante der guten Sarah.

Da die Bruderschaft aber Masken trägt, muss ein wenig umgebaut werden, um dies zu erreichen, hier ein Blick auf meine Bastelecke.

Sarah, auf dem Weg, ein Dottore zu werden.
Sarah, auf dem Weg, ein Dottore zu werden.

Bei der Gelegenheit kann man auch an der Geschichte drehen. Dies ist ein Bild von Izzat Beg, einem Syndikatsführer aus den Reihen des Haqqislam bei Infinity.

Izzat Beg
Izzat Beg

Ich finde ihn als Person, seiner Beschreibung nach, nicht sehr sympathisch, und das Modell würde ich nur unter der Androhung von Gewalt in meinen Besitz bringen (sehr persönliche Ansicht!), aber die Regeln sind cool und Bikes sind wirklich spaßig. Daher erdachte ich einfach einen anderen Syndikatsboss. Dies ist Isara Mar.

Isara Mar
Isara Mar

Sie führt auch ein Syndikat an, aber eins, welches von gewissen Praktiken Abstand hält und mir daher viel sympathischer ist (insoweit Syndikate einem sympathisch sein können). Zudem sieht sie extrem cool aus. Um Isara zu erschaffen, habe ich einfach das Modell von Penthisilea genommen, die Waffe ausgetauscht und eine Bemalung gewählt, die zu meiner Armee passt. Fertig ist das eigene Charaktermodell.

Penthisilea
Penthisilea

Als letzter Punkt sei hier noch erwähnt, dass man manchmal einfach ein anderes Modell benutzt, um einen namhaften Charakter darzustellen, einfach, weil man das richtige Modell nicht besitzt. Viele Spieler wollen ein Modell erst ausprobieren, bevor sie das Geld in deren Anschaffung investieren. Die oftmals höheren Preise besonderer Modelle, im Vergleich zu einfachen Fußsoldaten, machen dies zu einem gern beschrittenen Weg.

Fazit

Ob man nun mit einem besonderen Modell aus dem Hintergrund der Spielwelt aufs Feld ziehen möchte oder nicht, ist letztlich jedem selbst überlassen – mit Ausnahme der wenigen Situationen, wo ein Szenario es vorschreiben mag, aber auch hier kann man andere Modelle verwenden.

Wege, ein Modell zu umgehen, dass man nicht mag, gibt es viele. Der Reiz, die Geschichte der Spielwelt durch und mit dem Charakter zu erleben sowie weiterzuschreiben, ist groß. Eigene Geschichten zu schreiben, ist aber auch sehr spannend und zu sehen, wie die selbstgeschriebenen Charaktere über viele Spiele hinweg ihre Geschichte schreiben, ist großartig. Ich kann es jedem nur empfehlen auszuprobieren. Nicht zuletzt bietet es auch eine Ausrede für ein eigenes Umbauprojekt. Der eigenen Kreativität ab und an mal wieder Lauf zu lassen, kann wohl kaum falsch sein, oder?

Artikelbild: Relief, Wikipedia
Abgebildete Miniaturen: Corvus Belli, Freebooters Miniatures, Privateer Press

 

6 Kommentare

  1. Nach vielen, vielen Jahren mittlerweile eher gegen den Einsatz von Proxies, sonst kann man im Prinzip auch einfach mit leeren Bases spielen.
    Ausnahme: Figuren sind vergriffen/waren limitiert, oder man ist sich unsicher und will einfach mal was austesten.
    Bei einem sehr passenden und liebevollen Umbau/Eigenbau kann man auch ein Auge zudrücken:
    Das ganze Feeling darf einfach auf Dauer nicht gestört sein.

  2. Sehe ich auch so. Wobei das mMn. FÜR den normalen, d.h. vernünftigen Einsatz von Proxys spricht, denn das sind genau die Fälle, für die man sie eigentlich verwendet:

    -Austesten vor dem Kauf (dann ist das vorher abgesprochen und das Spiel findet ja genau dafür statt);
    -Um-/Eigenbau. Und die sind eigentlich immer liebevoll und gut, solange es kein Versuch ist, diese „Regel“ auszunutzen.
    -ggf. vergessene Anwendung. „Count-as-X“ fällt für mich noch in eine etwas andere Kategorie und hat andere Vor- und Nachteile.

    Wo Proxies NICHT hingehören: Kampagnen, Ligaspiele und Turniere, in denen man einfach mehr und anderes haben möchte und auf Kosten der Transparenz und Immersion aus Bequemlichkeit oder Opportunismus Vorteile haben möchte. „Die Kronkorken sind Skarabäenschwärme, ok?“…

    P.s.: In dem Artikel geht es ja letztendlich fast ausschließlich um Umbauten. Und er spricht ja noch was an, was ich auch kenne: Das Original-Modell sieht einfach sch**** aus. In dem Fall sollte natürlich gelten, dass man den Umbau aus Fairnes so gestaltet, dass es dem Original möglichst ähnlich ist.

    P.p.s.: Ist ja nicht schlimm, zumal heute kaum noch User zu wissen scheinen, was Großbuchstaben sind, aber für einen publizierten Artikel ruhig nochmal jemanden drüberlesen lassen, bevor es online geht… Ansonsten sympathisch. :)

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