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Mit Der rostige Pfad Gottes (DRPG) ist Anfang des Jahres das erste Abenteuer für Gammaslayers (GS) erschienen. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Zum einen gab es aller Wahrscheinlichkeit schon vorher einen oder mehrere Vault2Go, die per Download verfügbaren Kurzabenteuer. Demgegenüber ist DRPG das erste in gedruckter und tatsächlich nur in gedruckter Form verfügbare Abenteuer (kein PDF). Zum anderen ist DRPG mehr als ein Abenteuer. Es ist in vielerlei Hinsicht ein beinahe umfassender Kampagnenband. Aber eins nach dem anderen.

Zu einer Abenteuerrezension gehört eigentlich auch eigene Erfahrung beim Umsetzen des Abenteuers. Wie ich im folgenden schildere, wäre das allerdings auf vielerlei Weise ein derart großes Unterfangen, dass ich mir das unmöglich zur Vorbereitung auf diese Rezension habe vornehmen können und wollen. Sollte es mir widererwartend in der nächsten Zeit gelingen, DRPG zu leiten, werde ich darüber gerne separat schreiben.

Handlung

Wer das Abenteuer DRPG noch spielen will, sollte diesen Abschnitt überspringen und frühestens bei „Hintergrund“ weiterlesen. Ich werde nicht viel verraten, dennoch kann der folgende Text Andeutungen enthalten, die den Spielspaß beeinträchtigen können. Wer sich die Vorfreude zur Gänze bewahren will, liest am besten nur das Fazit, kauft DRPG und schenkt es seinem Spielleiter.

Der Kern der Geschichte besteht aus der Aufgabe, dass die Spielercharaktere den Auftrag erhalten, mit ihrem Auftraggeber in einen Bunker zu reisen, um dort etwas zu bergen. Die Reise ist potentiell mit einer Vielzahl von interessanten Begegnungen gespickt, und am Ende erkennen die SC, dass der Auftraggeber diese über die wirkliche Aufgabe und seine Motive getäuscht hat.

Die beiden Schwerpunkte der Handlung sind dabei zum einen die Reise und zum anderen das Erkunden des Bunkers D-339. Letzterer ist im Grunde ein ziemlich großer Dungeon mit Monstern, Robotern und Radioaktivität.

Wie schon angedeutet, wird diese kurze Zusammenfassung dem Umfang und Potential von DRPG nicht gerecht, weswegen ich diesen Abschnitt etwas ausführlicher beschreibe.

Hintergrund

Ein wesentliches Element von DRPG ist, dass es eine Menge an Hintergrund für GS schafft. Das Grundregelwerk selbst steht im Grunde ohne Hintergrund da. Neben den im Buch durch die Charaktererschaffung, Critter oder zum Beispiel die Ausrüstungsmöglichkeiten angedeuteten Aspekte des Settings, gibt es lediglich 13 Seiten mit der Beschreibung des Gammazoikums, des vom Autor Stefan Bushuven vorgesehenen, offiziellen Hintergrundes für GS. Der Hintergrund wird dort, alles in allem, also nur angedeutet.

DRPG lebt demgegenüber den Anspruch, eine lebendige und vieldimensionale Umgebung für das eigentliche Abenteuer zu schaffen und baut dementsprechend vor und während der eigentlichen Abenteuerbeschreibung eine solche Welt auf. Das wirkt auf den ersten paar Seiten in der Einleitung allerdings ziemlich schwerfällig. Dort wird in wenigen Absätzen der Ablauf der Ereignisse dargestellt, und dabei fallen eine ganze Reihe von Namen und Bezeichnungen, die dem Leser noch gar nicht geläufig sein können. So wirkt der Einstieg erst mal sehr trocken. Hat man diese Hürde allerdings genommen (und am besten Zettel und Stift nebenbei liegen), fallen all die unbekannten Dinge nach und nach zu einem stimmigen Mosaik ineinander und ergeben einen spannenden Rahmen für die eigentliche Handlung.

Nachdem die Geschichte in einem Ort namens Patina beginnt, reisen die SC an einer ganzen Menge interessanter Orte mit interessanten Personen vorbei und lernen mit den Spielern zusammen diese Region des Gammazoikums kennen – mit religiösen Orden (den Moabitern oder den Chimaera-Pilgern), Mutantenvölkern (die Waldmenschen der Hyve oder die Reptilienmenschen der Raptomaren), neuen Crittern (kannibalistische Gnome oder Monster, die mehr Landschaft als Lebewesen sind) und Geschichte (wie vermutlich die Welt unter ging).

Viele Elemente des Hintergrundes wirken klischeehaft und der Autor lässt keinen Zweifel daran, woher die Inspiration für diese Dinge stammt (auf der letzten Seite des Bandes schreibt er dies zum Beispiel deutlich). Aber das macht den Hintergrund nicht unattraktiv. Ganz im Gegenteil weiß der Autor – wie schon im Grundregelwerk – die bekannten Elemente in einem kreativen Szenario miteinander zu vermischen und so dem Spielleiter mindestens beim Lesen das Wasser im Munde zusammenlaufen zu lassen (bildlich geschrieben).

Kampagnenband

Ist man beim Lesen in Patina angelangt, so wird man ab diesem Moment außerdem schier erschlagen – im guten, nein, besten Sinne – mit Andeutungen und Ideen zu Geschichten und Abenteuern.

DRPG will eigentlich ein Abenteuer für SC ab Stufe 4 sein. Gleich zu der Beschreibung von Patina wird zusammen mit kleinen Abenteuerszenarien ein durchaus lohnenswerter Vorschlag gemacht: Die SC möge man nach der Erschaffung in die Geschichten rund um Patina verwickeln und so den Boden für DRPG bereiten, das sozusagen auf die Helden wartet, sobald diese die 4. Stufe erreicht haben.

Und in etwa diesem Stil geht es weiter. Die Karte für den eigentlichen Handlungsablauf bietet weit mehr, als nur die potentiellen Ereignisse auf der Reise von A nach Z. In der ganzen Region warten Abenteuer, deren Basis im Grunde nicht mehr als ein kleiner Absatz ist, dessen Zauber sich zumindest beim Lesen in Kombination mit all den anderen kreativen Leckerbissen aber zu einer Ideenexplosion verbindet. Ich bin beim Lesen noch gar nicht bei Bunker D-339 angelangt und denke schon darüber nach, ob die SC nicht auf dem Weg dahin über die 8. Stufe hinaus sein könnten – der vom Autor avisierten Erfahrungsobergrenze für DRPG. Vielleicht übertreibe ich etwas, aber mit Beginn der Reise zum Bunker hat der Spielleiter alle Möglichkeiten an der Hand, aus der im Grunde ziemlich geradlinigen Geschichte eine lange Kampagne zu stricken.

Besonders fällt hier die Beschreibung des Unwaldes und der Waldmenschen ins Auge, die sich selber Hyve nennen. Die SC werden ihnen begegnen, sich im Normalfall ihrer Hilfe bedienen müssen und haben dabei die Möglichkeit, eine neue Kultur kennen zu lernen. Die Lebensweise der Hyve oder zumindest des Stammes, mit dem es die SC zu tun bekommen ist dabei auf eine kompakte aber ausführliche Art und Weise beschrieben.

Preis-/Leistungsverhältnis

Für 14,95 EUR ist DRPG zu haben. Das ist ein im Grunde üblicher Preis für einen Abenteuerband. Dafür bekommt man aber eben nicht nur ein komplettes Abenteuer mit Geschichte, Hintergrund und NSC, sondern auch eine ganze Menge weiterer Abenteuerideen, die sich mit dem im Band vorgestellten Hintergrund spielen lassen, was den Preis doppelt rechtfertigt.

Erscheinungsbild

Rostiger Pfad GottesDRPG ist im für GS (und DS) typischen DIN-A5-Format erhältlich und umfasst 128 Seiten mit Softcover. Während der Einband farbig ist, ist das Innere durchgehend in Graustufen bebildert. Die Bilder entsprechen dabei dem schon im Grundregelwerk bekannten Stil und sind zwar stilistisch passend, technisch-künstlerisch aber eher durchwachsen. Der Autor, dessen eigene Zeichnungen das Buch zieren, ist sicherlich ein besserer Schreiber als Zeichner, in Letzterem aber dennoch nicht völlig untalentiert.

Es gibt vorne ein Inhaltsverzeichnis und, wie im Grundbuch auch, an der rechten Seite einen Kapitelführer. Der Text ist sauber zweispaltig gesetzt und wird regelmäßig augenfreundlich von Bildern und Tabellen unterbrochen.

Bedenkt man, dass GS eigentlich ein Rollenspiel rund um klassisches Dungeoncrawling sein will, fallen die Karten ziemlich klein aus. Wer diese im Spiel nutzen will, wird nicht umhin kommen, diese um mehrere hundert Prozent vergrößert zu kopieren.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Uhrwerk-Verlag
  • Autor: Stefan Bushuven
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: Deutsch
  • Format: DIN-A5
  • Seitenanzahl: 128
  • ISBN: 978-3-942012-80-5
  • Preis: 14,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, Sphärenmeister

 

Bonus/Downloadcontent

Das macht die Kritik um die viel zu kleinen Karten in DRPG wieder wett: Es gibt Karten und auch Handouts aus dem Abenteuerband auch als Download. Ein spannender Ansatz ist dabei, dass das Dokument passwortgeschützt ist und das den Inhalt freigebende Passwort auf dem Abenteuerband gesucht werden muss.

Fazit

Für eine Investition, die nicht weh tut, erhält der potentielle GS-Spielleiter mit Der rostige Pfad Gottes ein Paket, dessen Masse man ihm von außen gar nicht ansieht. Unter dem Titel „Abenteuerband“ verbirgt sich ein zwar schlicht konstruiertes Abenteuer, das allerdings mit so viel Details und Beiwerk versehen wurde, dass es im Grunde eine ganze GS-Kampagne von allein mit Leben füllen kann. Spielercharakteren wird dabei mit Patina eine ebenso schmutzige wie sympathische Heimat gegeben und dazu eine lebendige Umwelt, die uns das Grundregelwerk im Grunde schuldig geblieben ist. DRPG steht demnach für monatelanges Spielvergnügen und wer Gammaslayers mag, sollte sich das nicht entgehen lassen!

Selbst wenn das Abenteuer längst bespielt ist, bietet DRPG aufgrund der Beschreibungen der Gegend um Patina, Kassel und dem Unwald die Qualitäten eines kleinen Kampagnenbandes.

Daumen5maennlich

Artikelbilder: Uhrwerk Verlag

 

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