Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten

29Einen Sci-Fi-Soundtrack für ein Rollenspiel zu machen, ist eine große Aufgabe. Denn man muss Action und Atmosphäre auf einer CD vereinen. X-Score ist dies bis zu einem gewissen Grad gelungen. Die Musik ist bisweilen fetzig und mitreißend, meist atmosphärisch und bedeutungsschwanger. Dabei wurden einmal mehr, wie auch schon im vorherigen Werk Vault Of Oblivion, ungewöhnliche Wege eingeschlagen. Ungewöhnliche Instrumente und Werkzeuge wurden genutzt, um dem Score seinen ganz eigenen Charakter zu verleihen.

Tracks

Infested

Ominöse Synthesizer-Klänge bestimmen als „Spannungsaufbau“-Thema dieses Stück. Zunächst ist ein genretypisches, rhythmisches Klingen zu hören, das später von einer E-Gitarre aufgegriffen wird, was dem Track noch etwas mehr Profil verleiht. Es erinnert dadurch allerdings ein klein wenig an Musik aus Starcraft. Aber, das bleibt wohl bei einem solchen Thema nicht aus. Das Gitarren-Riff und die eingestreuten Geräusche machen den Track jedoch einzigartig. Ich kann ihn mir sehr gut als „Intro-Stück“ vorstellen, den der Spielleiter nutzt, um das Setting zu beschreiben.

Tactical Command

Ein karger, düsterer Besprechungsraum. Offiziere, Soldaten und Techniker hasten umher. Geordnetes Chaos! Ab und an herrscht Ruhe, doch stets liegt Anspannung in der Luft. Die Mission muss ein Erfolg werden! Was mich an diesem Stück fasziniert, ist die Nutzung von Elementen aus der Industrial-Musik. Der blecherne, monoton-rhythmische Bass, der bisweilen durchbricht, das elektronische Drumset, das den Rhythmus aufnimmt und weiterträgt sowie die bisweilen brachialen Synthesizer-Klänge könnten beinah auch in einer Cyberdisco aus den Boxen tönen.

Launch Interceptors

Alarmsirenen schrillen, Piloten hasten zu ihren Fliegern und werden kurz darauf in ihren Maschinen aus den Startbuchten katapultiert. Sofort stürzen sie sich ins Gefecht und fliegen die wildesten Manöver, um dem Feind ein Schnippchen zu schlagen! Von überall hagelt es Feindfeuer, doch die heldenhaften Piloten schaffen es die Bedrohung abzuwenden.Die heulende E-Gitarre, die in höchsten Höhen aufspielt und der treibende Synthie-Rhythmus lassen das Adrenalin durch die Adern pulsieren. Erinnert deutlich und durchaus positiv an einige Anime-Scores.

Urban Impact Site

Schritt für Schritt bewegt sich das Team durch die Ruinen. Immer darauf bedacht, das niemand wirklich weiß, was da eigentlich vor ihnen in dem rauchenden Krater liegt. Die Ungewissheit ist spürbar und die geheimnisvollen Trümmer scheinen Unheil zu verkünden. Eine eindringliche, langsame und klangvolle Piano-Melodie wird umschlungen von kraftvollen Bässen und Gitarren-Rifs. Streicher greifen das Thema auf und sorgen für noch mehr Unbehagen, Synthesizer-Töne deuten unterschwellig auf Bedrohung und Mysterien hin.

Prepare For War

Düster und bedrohlich stehen die Truppen Spalier. Schwere Maschinerie wird in Stellung gebracht, und die Geschütze bereiten sich darauf vor zu feuern. Letzte Befehle werden gebellt, bevor nur noch einer erwartet wird: der Befehl zum Angriff. Ein sehr düsteres Stück, welches sich mit Sicherheit hervorragend eignet, entweder oben beschriebene Szenen zu untermalen oder den „Nachhall“ eines Krieges. Ein frisches Schlachtfeld, auf dem die Gräuel des Krieges nur allzu deutlich zu Tage treten.

We Have Strange Readings

Seltsames passiert dort draußen. Etwas, das die Instrumente nicht wirklich erfassen können. Ist die Technologie des Feindes tatsächlich so dermaßen überlegen? Oder handelt es sich um einen Nebeneffekt oder gar ein bisher unentdecktes, natürliches Phänomen? Eine Soundkulisse aus dröhnenden Subbass-Frequenzen, metallischem Kreischen und verzerrten Klängen, die dem Hörer Gänsehaut verpasst. Es scheppert träge und dröhnt gewaltig, fast schon organisch, aber auch wieder nicht. Hervorragend geeignet, um Unheil anzukünden!

Asian District Pursuit

Bei diesem Stück muss ich tatsächlich sagen, dass es mir persönlich nicht „hektisch“ genug ist. Zwar ist es durch das Einstreuen von einzelnen Shamizen– und Shakuhachi-Noten etwas asiatisch angehaucht, doch überwiegt der Techo-Sci-Fi-Sound. Für eine Verfolgungsjagd (engl. „pursuit“) würde ich mir etwas Schnelleres wünschen. Gut, man kann eine Verfolgung auch langsam angehen lassen. Zu Fuß oder sie eher als die Suche nach Hinweisen betrachten. Und Asian District kann man auch durchaus so auslegen, dass die Spieler sich durch eine an Bladerunner angelehnte Stadt bewegen, in der asiatische Einflüsse zwar sichtbar sind, doch nicht das Straßenbild bestimmen. Das Stück ist nicht schlecht, mich verwirrt lediglich der Titel.

Two Against The Swarm

Statisches Rauschen aus einem Funkgerät erklingt, dann setzt eine melancholische, mittelschnelle Piano-Melodie ein, die von leisen Synthesizer-Geräuschen und Klängen untermalt ist. Sanfte Streicher werden hörbar und eine Gitarre setzt eine Kontermelodie. Langsam baut sich das Stück zu heroischen Höhen auf, um in einem Crescendo zu gipfeln, nur um dann leise zu verklingen. Wieder ein schönes Stück, aber unter einem solchen Titel hätte ich treibende „Action“ erwartet. Jedoch eignet es sich sicherlich dazu, die Erzählung einer Legende zu untermalen. Um ein Beispiel zu setzen, dem die Spielergruppe folgen kann. Irgendwann einmal standen zwei tapfere Soldaten einem Schwarm allein gegenüber und wurden so zu Helden.

One Man Army (Byron’s Theme)

Ich habe keine Ahnung, wer „Byron“ im CONTACT-Setting ist, aber er muss ein ziemlicher „Badass“-NSC sein. Hier sind die Hektik und die Action, die ich in vorigen Stücken etwas vermisst habe. Heldenhaft schlägt sich ein einzelner Kämpfer zu seinem Ziel durch! Untermalt von den wuchtigen Bässen und treibenden Rhythmen, dezenten Chören und wummernden Trommeln, steht dem Sieg nichts mehr im Wege. Und wenn ein Spieler die Rolle des Byron übernehmen möchte, so kann der Spielleiter hier sehr schön ein heldenhaftes Action-Highlight untermalen. Aber nur, wenn der Charakter vorher einen passend markigen Spruch von sich gegeben hat.

The Last F***ing Soldiers

Der Titel weist bereits darauf hin. Die Gruppe steckt bis zum Hals in Alien-Exkrementen. Ein eher ruhiges Stück, das jedoch durch den geschickten Einsatz von Trompete, Vocals und treibenden Grundrhythmen eine sehr gute und vor allem heroische Stimmung erzeugt. Wirklich überrascht hat mich der kurze Einsatz des Hackbretts, welches das Hauptthema kurz anspielt, bevor es von anderen Instrumenten und dem Synthesizer übernommen wird. In einem Sci-Fi-Setting ein solch archaisches Instrument zu hören, ist für mich ein Novum. Diese Musik lässt sich, so denke ich, hervorragend einsetzen, wenn die Gruppe einer sehr großen Herausforderung gegenübersteht und sich berät, wie weiter zu verfahren ist.

Lost In Darkness

Regen plätschert, Donner hallt über den Ruinen wider, das dumpfe Dröhnen ferner Maschinen ist zu hören. Aus dem Funk dringt nur Statik. Wir sitzen wirklich in der Sch****. Sanfte Piano-Klänge unterlegt mit düsteren Cellos, Geigen und Posaunen. Heldentum und Verzweiflung liegen manchmal nah beieinander. Die Gruppe ist auf sich allein gestellt, jeglicher Kontakt zu Kameraden und Vorgesetzten ist abgebrochen. Eine Entscheidung muss getroffen werden. Kämpfen oder sterben?

Protect The Barn

Ein Banjo, eine Maultrommel, eine Mundharmonika, eine Trompete, Akustik- und E-Gitarre, Löffel, die den Takt klappern und elektronische Klänge. Und wenn mich meine Ohren nicht täuschen, wird auch auf Stahlfässern herumgehauen. Hillbilly-Feeling mit Sci-Fi-Elementen. Originell und etwas seltsam. Soll in einer Runde ein wenig Klischee-Wild-West-Gefühl aufkommen, dann kann dieses Stück sicher gut genutzt werden.

Mission Accomplished

Ein bisschen Pathos muss sein, wenn man eine militärische Heldengeschichte erzählen will. Und das liefert dieses Stück. Posaunen, Trommeln, Klarinette und elektronische Klänge, unterstützt von Streichern, streben einem kräftigen Finale entgegen. Zu dieser Melodie verleiht ein General Orden oder strebt die Gruppe den Weiten des Alls entgegen. Ganz nach Helden-Manier.

Those We Left Behind

Und trotz allem Heldentums und obwohl der Sieg schwer errungen wurde, sind doch immer Opfer zu beklagen. Kein Sieg ohne hohe Kosten. Melancholische Streicher und epische Trommeln sowie Posaunen erinnern an die Gefallenen.

Maiden Flight

Ein neues Schiff für die Spielergruppe, der erste Flug durch das Sonnensystem. Grandios untermalt von diesem tollen Synthie-Track. Er erinnert mich von den Klangfolgen her ein wenig an die Arbeiten von J.M. Jarre, Vangelis oder Giorgio Moroder. Meiner Meinung nach der beste Track auf dem Album.

Odyssey Of Secrets

Eine Akustik-Gitarre unterstützt von einem Cello und dem Hackbrett, leise Vocals im Hintergrund unterstützen die Atmosphäre. Die Melodie schlägt um und wird etwas schneller, als eine E-Gitarre die Melodie übernimmt. Dieses Stück ist für mich ein Aufbruch zu neuen Ufern oder ein Rückblick auf Vergangenes. Bestens geeignet, um die Geschehnisse einer spannenden Kampagne zu rekapitulieren oder, um die Charaktere auf das nächste Kapitel in den Weiten des Alls vorzubereiten.

Reinforcements (Bonus)

Durch die Einspielung von Soundbites, Sprachfetzen und durch seine Gitarrenlastigkeit erinnert dieses Stück ein wenig an gewisse Tracks aus den Star Craft-Spielen. Eine coole Rock-Hymne, die vielleicht nicht unbedingt in einer Rollenspielrunde verwendbar ist, aber gut zu hören.

Emotionalität

Bei einem Sci-Fi-Album tue ich mich etwas schwer, von „Emotionalität“ zu reden. Keines der Stücke hat mich in irgendeiner Form berührt oder eine starke Emotion in mir hervorgerufen, wie es bei klassischen Stücken öfter der Fall ist. Aber sie erzeugen natürlich, je nach Setting, eine gewisse Dringlichkeit oder Stimmung, die ein guter Spielleiter geschickt ausnutzen kann. Maiden Flight bildet hier die Ausnahme. Erschafft es doch Bilder eines majestätisch an Planeten vorbeiziehenden Raumschiffes vor meinem geistigen Auge. Durch die Verwendung von extrem tiefen Bass-Frequenzen sticht auch We Have Strange Readings hervor. Es stellen sich die Nackenhaare auf und ein Schauer läuft über den Rücken.

Verwendbarkeit

Rundweg sind alle Tracks mit Sicherheit hervorragend für Sci-Fi-Spiele jeder Art geeignet. Obwohl sie natürlich mit dem CONTACT-Setting im Kopf verfasst wurden, können sie auch andere Spiele dieser Richtung begleiten. In einer CONTACT-Runde liegt natürlich der Vorteil dabei, dass die Musik auf das Spiel abgestimmt wurde, da die Macher eng zusammenarbeiteten. Ich kann mir jedenfalls sehr gut vorstellen, dass diese Untermalung durchaus als spielfördernd aufgenommen wird.

Preis-/Leistungsverhältnis

17,95 EUR – ich für meinen Teil empfinde das Preis-/Leistungsverhältnis in diesem Fall als absolut angemessen.Wie erhalten eine CD randvoll mit sehr gelungener, stimmungsvoller Musik für das CONTACT-Sci-Fi-Setting. Sie kann aber natürlich auch in jedem anderen Setting benutzt werden und wird sich nicht selbst vernichten, wenn sie zum Beispiel für Shadowrun, oder Star Wars genutzt wird.

Erscheinungsbild Cover/Verpackung

X-Score  Contact AlbumDas Cover ziert die Nahaufnahme eines Alien-Auges, in welchem sich einige fliegende Untertassen spiegeln. Das Spiel-Logo von CONTACT sitzt im rechten oberen Rand im Bild und der Titel am linken unteren. Das Ganze ist in Grau- und Violett-Tönen gehalten.

Die harten Fakten:

  • Komponist: X-Score (Jan Haak und Kosta Kazantzis) und Ralf Kurtsiefer
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Format: CD
  • Spieldauer: knapp 53 Minuten
  • ASIN: 9783942012997
  • Preis: 17,95 EUR
  • Bezugsquelle: Uhrwerk Verlag Shop

 

Bonus/Downloadcontent

Das erste, nicht-kommerzielle Album Imaginations kann auf der Website von X-Score kostenlos heruntergeladen werden.

Fazit

Ein schönes, rundes Stück Arbeit für ein Sci-Fi-Setting. Die Stücke des Albums sind allesamt gut verwendbar, und auch als schlichte Hintergrundbegleitung kann es überzeugen. Die atmosphärische Dichte der Stücke ist bisweilen sehr hoch, jedoch konnten mich nicht alle Tracks wirklich überzeugen. Ich persönlich hätte mir etwas mehr Action gewünscht. Viele der Stücke sind in verschiedenen Situationen nutzbar, aber nur ein wirklicher Action-Track ist etwas wenig. Ein Sci-Fi-Spiel lebt zu großen Teilen von Action. Da immer ein, zwei Stücke rauf und runter zu dudeln, wird schnell langweilig. Ein Feature des Ganzen ist ja, dass es auf CONTACT maßgeschneidert wurde. Was bezüglich dieses Spiels sicherlich von Vorteil ist.

Jedoch könnte dieser Umstand auch manchen Interessenten vom Kauf abhalten. Dem möchte ich hier jedoch entgegenwirken. Dank der teils seltsamen und einzigartigen Klangmischung und dem geschickten Einsatz ungewöhnlicher Sounds und Instrumente, kann dieses Werk mit Sicherheit auch, wie oben schon erwähnt, in anderen Sci-Fi-Settings eingesetzt werden. Zum Beispiel könnte ein Sith-NSC von den düsteren Klängen des Tracks Lost In Darkness begleitet seinen Auftritt haben. Oder eine Truppe Browncoats verteidigt in einem Firefly-Setting, zu den Klängen von Protect The Barn, eine Ranch, irgendwo draußen im Verse, gegen Reaver. Die Einsatzmöglichkeiten sind beinah unendlich.

Einige Titel sind manchmal etwas verwirrend gewählt und können somit ungehört für Enttäuschung am Spieltisch sorgen, wenn man etwas anderes erwartet, als dann letztendlich aus den Boxen schallt. Wenn sich der Spielleiter jedoch die Mühe macht, und das Album vor Nutzung ein, zwei Mal in Ruhe durchhört, kann man sicherlich hervorragende Ergebnisse erzielen. Der Militär-Sound mancher Stücke sorgt für eine gewisse Grundstimmung, auf der man als Spielleiter aufbauen und auf die man sich als Spieler einlassen kann.

Wer also eine „Menschheit im Kampf gegen Aliens“-Runde plant, ist mit diesem Album gut beraten.

Daumen4Maennlich

Artikelbilder: X-Score

 

1 Kommentar

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein