Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Ein weiteres kleines Schmankerl von Evil Hat ist uns da ins Haus geflattert. Mit Secrets of Cats, dem Fate-Setting über magische Katzen, hatten sie gerade erst mein Herz gewonnen, da gibt es auch schon eine Fate-Version mit einigen Anleihen aus Spelljammer. Die Spieler sind eingeladen, ihre Geschichten um einen Haufen magischer Astronauten zu erzählen, die zwischen den abstrakten Welten mit oft noch abstrakteren Schiffen umherfahren.

Inhalt

Das Setting ist in fünf Kapitel unterteilt und behandelt alle Abschnitte vergleichsweise kurz. Es werden zwei Fraktionen beschrieben, man geht kurz auf die Besonderheiten der Charaktererschaffung ein und man erfährt ein wenig über den Hintergrund des Universums. Wie begann das mit der Raumfahrt, und wohin hat es sich entwickelt? Außerdem widmet sich ein Teil des Heftes der Magie, und wie man sie in diesem Setting definiert hat. Natürlich wird auch der zentrale Punkt von The Aether Sea beleuchtet, und so widmet sich das vorletzte Kapitel der Erschaffung des eigenen Aether-Schiffs. Im letzten Kapitel gibt es dann schließlich ein kurzes Abenteuer der Marke „bring-mir-dies-dann-bekommst-du-das“.

Wie liest sich das Heft?

Das Universum ist durchflutet vom Aether, welchen man allerdings niemals genau definieren kann, er ist ebenso unsichtbar wie tödlich und nur die spezielle Magie eines Aether-Schiffes ist in der Lage ihm zu widerstehen. Der Erfinder des ersten Aether-Schiffes ließ sich seine Idee patentieren und nun gibt es in jedem königlichen Hafen eine Goldstatue mit seinem Abbild. Der Schreibstil des Heftes ist durchgehend witzig und teilweise ein wenig überdreht. Auch kommen darin einige englische umgangssprachliche Begriffe vor, was das Lesen durchaus etwas stockend gestalten kann. Aber ich habe mich während der Lektüre nicht gelangweilt und einige Male bin ich sogar gedanklich etwas abgedriftet, wenn mich ein Satz auf eine Abenteueridee, oder eine spannende Situation gebracht hat. Was man definitiv vermisst, sind atmosphärische Einblicke durch kurze Geschichten, wie sie zum Beispiel bei Secrets of Cats geliefert wurden, oder bei Shadowrun üblich sind. Das macht die Texte im Allgemeinen wieder etwas zu steril und lässt den Leser mit wenig Immersion zurück.

Über die knappen Beschreibungen kann man aber nicht meckern, da es ja ein Setting für FAE ist und das „A“ darin steht immerhin für Accelerated, sprich beschleunigt. Es ist durchaus genug Material, um auch mit wenig Vorbereitung ein schönes Spiel zu beginnen. Wie immer gilt auch hier, dass eine kreative Spielergruppe, die sich Mühe gibt, ihre Geschichte zu gestalten, ohnehin die meiste Vorbereitung überflüssig macht. Aether Sea enthält allerdings auch durchaus einige schöne Neuerungen, die eventuell für einen Fate-Spieler auch in anderen Settings brauchbar wären. Beispielsweise teilen sich Spielercharakter und Schiff einen Aspekt, den sogenannten Schiffsaspekt. Er spiegelt eine Eigenschaft des Charakters wider, der sich auch in dem Aether-Schiff manifestiert. Ein Crewmitglied, das niemals aufgibt und immer wieder aufsteht, wird diese Eigenschaft auch in seinem Schiff wiederfinden. Ob sich ein Charakter nun ein Schiff sucht, dass ihm in dieser Art gleichkommt, oder ob das Schiff seine Persönlichkeit anpasst, sei dahingestellt. In jedem Fall wird das Schiff hier wie ein Charakter behandelt und, wie üblich in Fate („Everthing is a character“), regeltechnisch gleich aufgebaut.

Funktioniert das Magie-Konzept in der Praxis?

Die Magie des Settings hat mir beim Durchlesen recht gut gefallen, es ist allerdings fraglich, ob das Konzept gut funktioniert. Generell kann jeder Charakter, unabhängig von Konzept und Aspekten, Zauberei als Stunt erwerben. Man ist dann eingeschränkt dazu in der Lage, eine der drei existierenden Schulen zu verwenden. Der Zeitaufwand dafür wäre dann mehrere Minuten und es ist damit nur möglich Aspekte zu kreieren und Hindernisse zu überwinden. Im Kampf taugt diese Art der Magie allerdings nicht viel. Fokussiert man sich auf ein Gebiet, so bekommt man zwar alles recht schnell gezaubert, aber das gilt nur für ein eingeschränktes Gebiet. Wenn man ganz sicher gehen möchte, kann man einen auswendiggelernten Spruch nutzen, dieser kostet allerdings zwei Stunts und wird immer in einer festen Art und Weise beschworen. Dafür gelingt er automatisch immer mit +3 (Gut). Zunächst hielt ich das für zu mächtig, selbst für die hohen Kosten, allerdings ist so ein Zauberspruch tatsächlich extrem eingeschränkt (Zielanzahl, festgelegte Zone, festgelegter Erfolgsgrad). Es kommt wahrscheinlich auf einige Spieltests an, ob es funktionieren kann, oder die Spieler mit einem Arsenal immer funktionierender Sprüche umherlaufen, ohne Schwierigkeiten zu haben. Im schlimmsten Fall kann man ja als Meister intervenieren und Beschränkungen auferlegen bzw. das Powerlevel einfach anpassen. Auch interessant ist hier, dass es keine klerikalen Kräfte gibt und von Göttern nur die Rede ist, wenn es um die Elfen geht, die zum Teil Planeten als Götter verehren.

Das letzte Kapitel enthält ein schönes kleines Einführungsabenteuer, das allerdings keine großen Überraschungen parat hat und auch nicht sonderlich komplex gestaltet wurde. Die Spieler werden zu Aether-Kurieren gemacht und müssen Dinge von A nach B transportieren. Natürlich sind die Ware und die Konditionen der Abgabe nicht wie vereinbart, und es gibt entsprechende Komplikationen. Alles in allem ist es aber als Einstieg für das Setting ganz in Ordnung.

Preis-/Leistungsverhältnis

Es handelt sich bei dem 48 Seiten starken Heft um ein Exemplar des „Zahl-was-du-willst“-Modells und es ist daher vom Leser selbst zu bewerten, wie viel er dafür zu zahlen bereit ist. Ich wäre durchaus bereit, die vorgeschlagenen vier USD zu bezahlen.

Erscheinungsbild

Aether Sea FATE CoverDas Setting kommt in einem recht schönen Gewand daher und macht optisch einen guten Eindruck. Die Zeichnungen sind recht hübsch, aber auch nichts Besonderes. Die Bilder bei den Rassenbeschreibungen sind teilweise gewöhnungsbedürftig, da Trolle, Orks und Goblins um einiges von der üblichen Darstellung abweichen. Was nicht zwangsläufig schlecht ist. Der Schriftsatz ist gut lesbar und besondere Informationen sowie Anmerkungen sind in gesonderte, dunkle Textboxen verfasst, um sie hervorzuheben.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Evil Hat
  • Autor(en): Edward Turner
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: Englisch
  • Format: PDF
  • Seitenanzahl: 48
  • ISBN: –
  • Preis: „Zahl-was-du-willst“
  • Bezugsquelle: DriveThruRPG

 

Bonus/Downloadcontent

Nicht verfügbar.

Fazit

The Aether Sea greift ein beliebtes Thema auf und präsentiert eine recht solide Basis für Fate Accelerated Edition, um mit einer draufgängerischen Schiffscrew ins Unbekannte zu starten. Die recht witzige Hintergrundgeschichte und das übertriebene Bürokratiegehabe der Menschen lassen das Setting zeitweise leicht ironisch erscheinen. Da es aber so knapp gehalten ist, kann man seinen eigenen Spielstil sicher problemlos einbringen und entscheiden, ob man alles nun ernst nehmen möchte oder ein wenig Paranoia mit einfließen lässt. Fehlende Kurzgeschichten wie beim vergleichbaren Secrets of Cats mindern die Immersion in das Geschehen leider ein wenig, aber einige abstrakte Ideen, wie beispielsweise einen riesigen hohlen Baum als Raumstation zu verwenden, machen das teilweise wieder wett.

Alles in allem ist das Setting wenig innovativ, aber gut genug aufgebaut, um Spaß zu machen. Letzten Endes kann der Spieler aber selbst entscheiden, was es ihm wert ist, und so kann man es als unentschlossener Kunde erst einmal kostenlos testen, bevor man den Autor belohnt. Ein paar Regelvorschläge und Ideen liefert es allemal und ist definitiv einen Blick wert.

Daumen4Maennlich

Artikelbilder: Evil Hat Productions

 

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