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Oder auch: Sollte immer nur die SL den Prinzen (manchmal auch Fürst genannt) stellen?

Je mächtiger ein Charakter ist, desto eher kannst du in vielen Vampire Live Gruppen davon ausgehen, dass er von einer SL dargestellt wird. Das gilt insbesondere für Ahnen und Prinzen, die Herrscher über eine Stadt. Sicher spielen auch immer wieder Spielleitungen junge und schwache Charaktere, doch viele SL vergeben die machtvollsten Positionen der World of Darkness nur sehr zögerlich an Spieler.

In vielen Fällen ist diese Entscheidung richtig. Zur Darstellung eines Ahnen gehören sehr viele Informationen, die Spielern nicht bekannt sind. Allerdings heißt das nicht, dass grundsätzlich kein Spieler in der Lage ist, einen so alten und mächtigen Vampir darzustellen. Ein Spieler, der sich der Verantwortung bewusst ist, die mit solch einem Charakter einhergeht, kann mit einer so mächtigen Rolle eine Bereicherung für das Spiel das.

Kann ein Spieler das leisten?

Die Antwort ist ein definitives Jein.

Vielen Spielern ist nicht bewusst, welche Verantwortung von Ahnendarstellern sowohl OT als auch IT getragen werden muss. Ahnen sind bedeutende Figuren im Vampire Live, die sehr viel Einfluss auf das Spiel nehmen. Um sie stimmig darzustellen, ist in der Regel mehr Wissen und Verständnis vom Spiel nötig, als gerade neue Spieler mit erst wenigen Monaten oder Jahren Erfahrung besitzen.

Das heißt nicht, dass ein Spieler niemals in der Lage sein wird, einen Ahnen zu spielen. Aber ehe man seine SL nach einem so mächtigen Charakter fragt, sollte man sich einige Dinge über diese Rolle bewusst machen.

Die Welt auf den Schultern weniger

Vampire Live wird in einer Welt gespielt, die eine gewisse Kontinuität verlangt. Wenn bestimmte Aspekte wegfallen, verpufft schnell die Glaubwürdigkeit des gesamten Spiels: Monatlich wechselnde Prinzen oder pappnasige Ahnen ohne Substanz verderben allen Teilnehmern das Spiel, da durch sie das Grundgefühl der bespielten Welt verschwimmt. Wenn es im schlimmsten Fall darum geht, gegen den aktuellen Prinzen zu putschen und ein neuer Prinz auf den Thron steigt, bis auch dieser nach einem Quartal beseitigt wird, entsteht kaum das Gefühl für eine Vampirgesellschaft, die seit Jahrhunderten langfristige Ränkespiele und Intrigen hervorbringt.

Sicherlich ist eine Bandbreite von Ausnahmen möglich. Manchmal geschieht ein Prinzenwechsel sehr überstürzt oder ein Ahn verpatzt eine wichtige Angelegenheit. Aber das darf nicht überhandnehmen. Dass die bespielte Realität stimmig ist und diese Stimmigkeit nicht verliert, liegt in den Händen aller Spieler, aber gerade Ahnen und Prinzen tragen maßgeblich zum Spielgefühl bei.

Damit geht eine große Verantwortung einher: Da ein Ahn die Vampirgesellschaft formt wie kein anderer, kann der Darsteller dahinter für sehr dichtes und stimmiges Spiel sorgen – oder aber furchtbares Chaos anrichten. Eine mächtige Rolle bedeutet zu einem gewissen Grad immer, dass man ein Stück weit die Freiheit aufgibt, nach Lust und Laune zu spielen. Viele Spieler, die einen Ahnen darstellen wollen, sind zu dieser Konsequenz nicht bereit und langfristig mit einem weniger mächtigen Charakter glücklicher.

Mit großer Macht kommt große Verantwortung – Sowohl OT …

Nicht nur beim Vampire Live, sondern jedem Rollenspiel gilt: Je mehr Einfluss du auf das Spiel anderer Darsteller nehmen kannst, desto größer ist deine Verantwortung, für ein Spiel zu sorgen, an dem (möglichst) alle Spaß haben. Tust du das nicht, kann man hoffen, dass deine Mitspieler die Gelegenheit ergreifen, dich links liegen zu lassen. Auch Vampire Live ist ein Rollenspiel, das gemeinsam in einer Gruppe gespielt wird und auch OT allen Beteiligten Spaß bereiten soll.

Ein Ahn ist selbst ohne Amt eine der machtvollsten Figuren im Gefüge der Vampirgesellschaft. Das Wort eines Ahnen ist quasi Gesetz, und sich gegen ihn zu stellen wird sehr schnell sehr ungesund. Ein Ahn, der angegangen oder ignoriert werden kann, ohne dass Konsequenzen folgen, schadet dem Spielgefühl dahingehend, dass er nicht sehr überzeugend in seiner Rolle als uralter Vampir ist. Dies bedeutet, dass jeder Darsteller eines Ahnen auch den Einfluss bedenken muss, den die Handlungen seines Charakters auf das gesamte Spiel haben.

Es ist Fingerspitzengefühl gefragt, um das richtige Maß an Druck aufzubauen. Einerseits darf ein Ahn kein Kuscheltier sein, dass jedem Charakter seinen Willen lässt. Andererseits muss der Darsteller eines Ahnen ein Gespür dafür entwickeln, welches Maß an Spannung und Zwang anderen Darstellern ein Spiel ermöglicht, ohne ihnen den Spaß am Hobby zu nehmen. Schon aus Eigeninteresse sollte jeder Ahnendarsteller auf das gesunde Mittelmaß achten. Denn wenn man alle potentiellen Opfer vergrault hat, wird es auf den Treffen ziemlich langweilig. Oder um es mit dem Motto der Diebesgilde der Scheibenwelt zu sagen: „Wenn man jemanden zu fest schlägt, kann man ihn nur einmal ausrauben. Schlägt man jedoch gerade fest genug zu, kann man den Betreffenden jede Woche bestehlen.

Das bedeutet, dass es nicht reicht, einfach einen Ahnen zu spielen. Neben seinem eigenen Spiel muss man auch das Spiel der anderen Charaktere in die eigene Handlung mit einbeziehen. Man kann und soll natürlich nicht jeden einzelnen Spieler glücklich machen, aber wenn man nur an seinen eigenen Spielspaß denkt, kann ein Ahn schnell kontraproduktiv fürs Vampire Live werden. Das ist gerade für die Spieler eine große Umstellung, die zuvor jüngere Charaktere gespielt haben, die vollkommen frei tun und lassen konnten, was sie wollten und höchstens durch die mächtigeren Charaktere über ihnen eingeschränkt wurden.

… als auch IT

Es ist nicht damit getan, OT Rücksicht auf die anderen Darsteller zu nehmen. Auch im Spiel selbst trägt ein Ahn große Verantwortung, die nur wenigen wirklich bewusst ist. Kein Ahn kann es sich leisten, sich auf seinem Alter auszuruhen und im Fall von Langeweile ein paar jüngere Vampire herumzuschubsen. Auch, wenn böse Zungen behaupten, dass Ahnen nur genau das tun, umfasst das Aufgabenspektrum Ahnen einiges mehr.

Die Ahnen sind das Rückgrat der modernen Vampirgesellschaft, die ältesten von ihnen können sich sogar noch an eine Zeit vor der Gründung eben dieser Gesellschaft erinnern. Sie durchschauen das ständige Machtspiel auf verschiedenen Ebenen, das über lokale Konflikte hinausreicht, können dank ihrer langen Erfahrung Zusammenhänge erkennen und abschätzen, wie sich manche Ereignisse in der Zukunft entwickeln werden. Sie wissen, dass eine aufflammende Fehde zwischen zwei Fürsten schnell andere Domänen mitreißen kann, und so eine Welle losgetreten wird, die sich nicht mehr kontrollieren lässt und alle schwächt.

Sicherlich greifen sie nicht aus altruistischen Gründen ein, sondern insbesondere aus Eigeninteresse. Sie verdanken ihre Macht dem Konstrukt aus Ämtern und Status der Vampirgesellschaft, und sie werden alles daran setzen, dass diese Gesellschaft weiter Bestand hat. Aber ein Ahn hat immer auch das große Ganze vor Augen, und wird kaum alles für einen kurzfristigen Erfolg riskieren.

Was muss ein Ahnendarsteller leisten?

Egal ob Spieler oder SL: An Ahnen werden hohe Ansprüche gestellt, die über eine schöne Gewandung hinausgehen. SL, die das ganze Spiel gestalten, sind gezwungen sich gerade mit dem Punkt des Spielverständnissen auseinanderzusetzen, während viele Spieler dies nicht so exzessiv betreiben.

Vor allem anderen ist ein tiefergehendes Spielverständnis Voraussetzung. Wie funktionieren die verschiedenen Clans, welches Clansgefühl ist dort vorherrschend, wie stehen sie zueinander? Welche Rollen übernehmen sie klassischerweise freiwillig und unfreiwillig in der Vampirgesellschaft? Was macht einen Vampir aus, wie verändert er sich im Laufe der Jahrhunderte? Was kann sich ein Ahn oder Prinz alles herausnehmen? Welche Bedeutung haben die Traditionen, und wie funktionieren die verschiedenen Ebenen der Vampirgesellschaft? Ein Ahnendarsteller kennt diese Fragen und beschäftigt sich immer wieder damit. Das Schöne daran: Auch nach Jahren finden sich immer wieder neue Aspekte am Spiel, die einem zuvor niemals aufgefallen sind.

Darüber hinaus sollte ein Ahnendarsteller sich vom Spiel lösen können. Auch wenn er oder sie vielleicht einen Lieblingsclan hat, sollte er in der Lage sein OT eine möglichst objektive Sicht auf das Spiel zu haben, die nicht von der Wahrnehmung des eigenen Charakters verfärbt ist. Wer das Spiel auch OT so betrachtet, wie der eigene Charakter es IT tut, ist kaum in der Lage es in allen Bereichen zu verstehen.

Ebenso wichtig ist das rollenspielerische Können. Jeder Charakter im Vampire Live ist auf seine Art und Weise eine Herausforderung. Aber ein jahrhundertealtes Monster, das kaltblütig Jüngere für übergeordnete Ziele opfert, ist eine ganz eigene Hausnummer. Wichtig dabei: Es geht weniger um die Selbstwahrnehmung des eigenen Rollenspiels als viel eher darum, ob man neben sich selbst auch andere überzeugen kann. Nicht zuletzt muss ein Ahnendarsteller in der Lage sein den Respekt einzufordern, der einem Ahnen zusteht, und darf nicht vor Angst gelähmt sein, wenn er sich einmal ins Rampenlicht stellen und auf den Tisch hauen muss. Ein selbstbewusstes Auftreten, sich von Gegenwind nicht verunsichern und aus der Ruhe bringen lassen und die Fähigkeit, das letzte Wort zu behalten, sind viel Wert.

Ein gewisses Maß an rhetorischer Finesse ist hilfreich, ebenso wie die Fähigkeit schnell abzuschätzen, welche Folgen eine bestimmte Aussage oder Handlung haben wird. Sicherlich ist nicht jeder Ahn ein rhetorisches Ass oder besitzt über die Maße viel Menschenkenntnis, aber ganz ohne Fähigkeiten in diesen Gebieten ist es schwer zu erklären, wie er so alt und mächtig werden konnte. Anders gesagt: Ein Ahn, der sich benimmt wie ein zehnjähriger Vampir, macht es anderen schwer ihn ernst zu nehmen.

Sehr oft unterschätzt werden die Faktoren Zeit und Ziel. Ein Ahn braucht ein Ziel, auf das er hinarbeiten kann. Selbst wenn er es erst in 100 Jahren erreicht, wird er beharrlich dafür arbeiten. Kein Ahn ist „einfach so“ auf einem Treffen. Stattdessen sollte ein Ahn sich einen Hofstaat suchen, Vertraute die in seinem Sinne handeln, und dafür mit seiner Gunst belohnt werden. Solch einen Hofstaat zu beschäftigen kostet aber Zeit, die nicht nur auf den Treffen, sondern in gewissem Maße auch abseits davon aufgewendet werden muss.

Was spricht gegen Spieler als Ahnen?

Wenn man die Ansprüche betrachtet, die an Ahnen gestellt werden, wird deutlich, weshalb viele SL darauf verzichten, diese Rollen von Spielern darstellen zu lassen. Diese Entscheidung ist keine reine SL-Willkür. Mit diesen sehr machtvollen Positionen nimmt ein Darsteller großen Einfluss auf weite Bereiche des Spiels, was neben Verantwortungsgefühl auch ein gutes Verständnis für das Spiel und die bespielte Welt voraussetzt.

Mit das größte Problem ist, dass gerade in einer Chronik zur Darstellung eines Ahnen eine Portion Informationen über Hintergründe und Verknüpfungen nötig ist, die den Spielern aber höchstens in Brocken bekannt sind. Ein Spieler, der bereit ist, diese Informationen anzunehmen, gibt damit auf Jahre den Bonus der Unwissenheit auf, den andere Spieler haben, die sich von vielem überraschen lassen können.

Zu den schlechtesten Voraussetzungen, als Spieler einen Ahnen bekommen zu wollen, gehört die Überzeugung, dies verdient zu haben, da man schon soundso viele Jahre dabei ist oder endlich auch einmal einen mächtigen Charakter spielen zu wollen, weil man sonst gegen bestimmte andere Charaktere nicht ankommt. Beides kommt immer wieder vor und beides ist keine gute Basis für einen Ahnen, der etwas zum Spiel beiträgt.

Fazit

Ahnen sind sehr spannende Charaktere. Durch ihre Rolle als uralte kaltherzige Monster können sie das Spiel sehr bereichern und für unglaublich intensive Stimmung sorgen. Auf der anderen Seite kann ein Ahn, der nicht überzeugend dargestellt ist, dem Spielgefühl einer ganzen Domäne schaden. Damit das Spiel bereichert wird, muss sein Darsteller sich der Verantwortung bewusst sein, die er für das ganze Spiel trägt.

Das notwendige Hintergrundwissen, das zu einer überzeugenden Darstellung gehört, spricht oft eher dagegen, Spielern solche Charaktere zu überlassen.

Artikelbild: ColinBroug auf freeimages.com

 

25 Kommentare

  1. Geht es hier nicht eher um Kontrollverlust und die Angst der Spielleitung davor, nicht alle Fäden in der Hand zu haben? Spieler sind Wildcards und spielen nicht nach Drehbuch. Das muss man als Spielleitung aushalten können. Nach diesem und dem anderen Text bleibt der fahle (und sehr wahrscheinlich bestrittene) Beigeschmack, dass diese Spielleitung das nicht kann. Auch die Homepage Inhalte erwecken den Eindruck das dramatisches und dynamisches Spiel von Spielerseite aus in dieser Domäne nicht erwünscht ist.

    • Wie genau bist du zu diesem Schluss gekommen? Das ist auf jeden Fall nicht der Eindruck, der entstehen sollte.

      Zu einem Teil ist es sicherlich ein gewisser Unwille, die Kontrolle komplett fahren zu lassen, wobei das für mich mit dem Anspruch an ein stimmungsvolles Spiel einhergeht. Wie im Artikel beschrieben ist die Spielwelt des Vampire Live komplex und vielschichtig, was durch undurchdachte Handlungen gestört werden kann. Salopp gesagt: Nicht alles, was ein Spieler für eine tolle Idee hält, entpuppt sich auch als solche. Und da Ahnen zu den einflussreichsten Figuren im Vampire Live gehören, sind pappnasige Aktionen von Ahnen in meinen Augen meist deutlich gravierender für das Spielgefühl aller Beteiligten, als wenn ein Neugeborener sie reißt. Solange ein Wildcart innerhalb der Spielwelt unvorhersehbar reagiert, ist nichts dagegen einzuwenden, sondern ganz im Gegenteil sehr bereichernd. Ich feiere jede solche Spieleraktion und freue mich auf die nächste.

      Ich verfolge lieber den Ansatz, Spielern die verschiedenen Ebenen des Spiels aufzuzeigen und das Gespür dafür zu schärfen, dass jeder Spieler auch Verantwortung für das Spielerlebnis der anderen Spieler hat.

  2. @Frauke: Naja, schau doch einmal auf Eure Homepage. Da gibt es Artikel über „NSC? Die haben wir nicht bei uns im Spiel.“ Oder „Nieder mit der Perfektion“ und „Ahnen: Frei gespielte Charaktere für mehr Spielgefühl“.

    Mit diesen Beiträgen führst Du Deinen Artikel hier ad absurdum und explizit mit diesem Artikel hier beleidigst Du Spieler. :) Mag nicht Deine Intention sein, aber eine Aussenstehende wie mich, lässt das sehr sauer aufstoßen.

    • Ich sehe da zugegeben keinen so krassen Widerspruch zwischen den Texten auf unserer Vampire Live Seite und diesem Artikel. Wir haben in der Katharsis Chronik keine NSC und die Ahnen (die von SL dargestellt werden), agieren als freie Charaktere mit eigenen Zielen. Es gibt keinen Plot, der von der SL vorbereitet und durch die Ahnen und NSC ins Spiel getragen wird.
      Der Artikel „Nieder mit der Perfektion“ bezieht sich darauf, dass man sich trauen soll etwas zu tun, auch wenn das Ergebnis vielleicht nicht perfekt ist, weil es keine Perfektion gibt. Das heißt, auch wenn einem die Stimme zittert und man nicht die ideale Formulierung findet, soll man sich trauen und trotzdem reden, statt darauf zu warten, dass einem die perfekte Rede einfällt. Das hat für mich wenig mit dem Inhalt dieses Artikels zu tun.

      In diesem Artikel habe ich mich darauf konzentriert, dass sehr einflussreiche Rollen wie Ahnen ein anderes Maß an Wissen und Verständnis vom Spiel erfordern, als die deutlich weniger einflussreichen Rollen. Gerade weil ein Ahn einen solchen Einfluss auf das Spiel vieler anderer hat und z.B. einen ganzen Clan an die Wand fahren kann, gehört zur Darstellung einer solchen Rolle sehr viel Wissen und Fingerspitzengefühl.
      Ich wollte keinen Spieler beleidigen, und falls dieser Eindruck aufkam tut mir das ehrlich Leid. Mein Eindruck ist, dass vielen (nicht allen) Spielern dieser Aspekt der Ahnendarstellung nicht bewusst ist, da es für sie bisher nicht relevant war, sich mit diesem Aspekt zu beschäftigen. Wenn der Artikel Diskussionen darüber anstößt freut mich das, denn es hilft allen Diskutierenden, auch andere Aspekte dieses Themas zu sehen und zu durchdenken. 

  3. Es widerspricht sich aber schon, was Du hier schreibst und was auf Eurer Homepage steht. Nur Spielleitungen können Ahnen darstellen, weil sie die Weit- und Einsichten haben steht dem „Nieder mit der Perfektion“ entgegen. Dann ist der Ahn halt nicht aalglatt und kennt alle Hintergründe und kann sich mit vorformulierten Phrasen zurücklehnen, die er seit x-Jahren von sich gibt – mit der entsprechenden Vorarbeit kann man einem Spieler genug Wissen vermitteln, dass er einen Ahn spielen kann.

    Ihr habt keine NSCs in der Katharsis, aber Ahnen sollten von Spielleitungen dargestellt werden! Weil sie einen ganzen Clan an die Wand fahren könnten? Ja geil! Dann fährt halt der ganze Clan an die Wand. Muss man sich halt wieder rausspielen. Z.B. seinen Ahnen stürzen und einen neuen aufbauen. Nennt man Intrige. ;)

    Und nur weil eine Spielleitung meint, sie sei dazu befähigt einen Ahnen zu spielen und Spieler nicht, macht sie noch zu keinem guten Ahnendarsteller. Ich glaube eher, dass es die Angst vor dem Kontrollverlust ist, die Spielleitungen dazu treibt der Meinung zu sein, dass Ahnen nur von Spielleitungen dargestellt werden können. Ein Spieler könnte ja Mist mit seinem Ahnen bauen und damit möglicherweise das Spiel zerstören. Genau diese Angst ist es, die dem Vampire Live unglaublich viel Dynamik und Spannung raubt. Ihr könnt nicht loslassen. Helikopter-Eltern. Euer Spiel muss um jeden Preis beschützt werden.

    Fehlt nur noch, dass Ihr den endgültigen Tod abschafft, um alle Dramatik aus dem Spiel zu verbannen.

    • Sehe ich immer noch anders ;)
      Für meine Aussage im „Nieder mit der Perfektion“ Artikel braucht ein Darsteller keine tiefen Einblicke in die Spielwelt, sondern die Chuzpe sich etwas zu trauen, auch wenn er nicht die perfekte Formulierung parat hat. Das gilt auch für Neuspieler, die das erste Mal in ihrem Leben mit Vampire Live zu tun haben. Es gibt nämlich leider immer wieder Spieler, die sich selbst auf den Füßen stehen und lieber nichts sagen, als den Mund aufzumachen und dann kein perfektes Argument zu haben. Aber das läuft unabhängig vom Hintergrundwissen des jeweiligen Darstellers.
      Für die Darstellung eines Ahnen, der aufgrund seines Einflusses auf große Bereiche des Spiel sehr viel Stimmung aufbauen oder aber zerstören kann, gehört ein tiefes Spielverständnis. Das heißt nicht, dass Spieler das niemals erreichen können oder dass jede SL der ideale Ahnendarsteller ist. Ich schließe absolut nicht kategorisch aus, dass Spieler Ahnen darstellen können. Ich weise nur darauf hin, dass zur Ahnendarstellung eine ganze Menge gehört, was vielen Spielern wahrscheinlich nicht bewusst ist.
      Phrasen vorformulieren kann jeder Charakter, egal ob Ahn, Neonate oder frischgeschaffenes Kind. Damit auf die Nase fallen kann aber auch jeder Charakter ;)

      Klar, es kann jede Menge Spiel bringen, wenn ein Clan sich wieder aufrappeln muss. Ist schon oft vorgekommen und hat viel Spiel gebracht. Ich wollte auch nicht darauf hinaus, dass so etwas niemals vorkommen darf, sondern dass ein Ahnendarsteller sich bewusst sein muss, wieviel Einfluss sein Charakter auf das Spiel vieler anderer Darsteller hat.

      Der Faktor Kontrollverlust ist in etwas anderer Form vorhanden, ja. Das liegt aber weniger daran, dass die SL ihre Macht nicht teilen wollen, sondern daran, dass die Welt des Vampire Live vielschichtig, komplex und schwierig ist. Die meisten Spieler erleben nur einen für sie relevanten Teil dieser Welt und sind dann erschlagen, wenn sie „hinter die Kulissen“ blicken. Ich bin der Meinung, dass zur spielbereichernden Darstellung einer einflussreichen Rolle wie einem Ahnen ein Verständnis für diese Mechanismen und das Wissen im Hintergrund nötig ist, eben damit sich die Rolle stimmig in die aufgebaute Welt einfügt.
      Oder anders gesagt: Die SL legt die Rahmenrichtlinien für das Spiel fest und sorgt dafür, dass diese (zumindest grob) eingehalten werden. Dazu können z.B. ungeschriebene Gesetze zwischen den Ahnen gehören. Damit ein neuer Ahn sich stimmig in die Welt einfügt und nicht das bisherige Spiel ad absurdum führt, musst der Darsteller mit diesem Hintergrundwissen vertraut sein, damit er sich innerhalb der Rahmenlinien des Spiels entfalten kann und nicht (aus Versehen) Dinge über Bord schmeißt, die seit Jahren anders gehandhabt werden. Ich habe bisher keinen überzeugenden Grund gefunden, weshalb es innerhalb der gegebenen Rahmenlinien nicht möglich sein sollte, Dynamiken und Spannungen entstehen zu lassen.
      Ich kann verstehen, dass von außen der Eindruck entstehen kann, dass SL Angst vor Kontrollverlust haben. Ich hoffe, dass ich ein wenig darlegen konnte, dass es bei dieser Sorge nicht um Machtgeilheit geht, sondern um die Verantwortung ein für alle Teilnehmer stimmiges Spiel zu leiten. Und nein, Vernichtungen werden wir nicht abschaffen.

  4. Ihr habt weder Plots noch NPCs. Alles geschieht auf eigenen Antrieb. Wozu braucht es dann noch eine Spielleitung? Würde da nicht eine Orga reichen?

    Und kann man ein tieferes Verständnis nicht auch gemeinschaftlich erschaffen? Es klingt sehr nach Herrschaftswissen, was Du als tiefere Einblicke der Spielleitung verkaufst.
    Wenn Spielleitungen dieses Wissen erlangen können, kann das doch auch jeder Spieler. Man muss es nur wollen.

    Du hälst auf Eurer Seite ein ziemlich flammendes Plädoyer gegen den Charaktertod. Vernichtung ja, aber bitte nicht von Spielerseite aus? Wo bleibt denn da die letzte Konsequenz? Und wie verhält es sich damit, wenn Charaktere sich überlegen einen Ahnen (andere Charaktere) dauerhaft beiseite zu schaffen – und wenn es nur per Pflock und Betongrab ist?

    Allgemein scheinst Du keine besonders hohe Meinung von Spielern und deren Fähigkeiten ein gutes und spannendes Spiel zu generieren zu haben.

    :)

    • Das mag daran liegen, dass alle Pläne „und dann schaffen wir den Ahnen weg“, die ich bisher erlebt oder gehört habe, ziemlich pappnasig waren ;)

      Nein, im Ernst. Ich vertrete einen Mittelweg: Klar ist (fast) alles im Spiel möglich und nicht per se verboten, aber ehe man sich gehen lässt und mal einen anderen Charakter wegmacht, soll man sich bitte fünf Minuten in den anderen Spieler hineinversetzen und über den eigenen Charakter hinausdenken. Vampire Live ist OT immer noch ein miteinander, das alles Beteiligten Spaß machen soll, weshalb jeder Teilnehmer in der Pflicht steht, auch ein wenig auf die anderen zu achten.
      Ich reagiere zugegeben ein wenig allergisch auf „dann hauen wir den Ahnen um“. Das schmeckt immer ein bisschen nach dem Kampf gegen den Endgegner, den man dann auch bitte besiegen möchte. In meinen Augen sollte sich jeder Charakter bewusst sein, dass so eine Tat irgendwann auffliegt und das für ihn ziemlich endgültig enden kann, schon allein weil die anderen Ahnen nicht zulassen können, dass irgendwer damit durchkommen kann, einen Ahnen wegzuhauen (selbst wenn es nur ein Betongrab ist).

      Insgesamt bin ich überzeugt, dass auch ohne Charaktertode spannendes Spiel möglich ist, gerade weil man dann andere Möglichkeiten auslotet, einen anderen Charakter klein zu kriegen. Das führt meistens zu mehr und intensiverem Spiel, als wenn ein Charakter einfach weggepflöckt wird.

      Sicher, grundlegendes Wissen kann und sollte kein ausschließliches SL-Gut sein. Wir stehen unseren Spielern immer zur Verfügung, wenn sie Fragen zu Spielmechanismen haben, und bringen immer wieder von uns aus Themen in Gesprächsrunden. Meistens beim entspannten Brunch nach dem Spiel.
      Das ist aber nicht die einzige Aufgabe einer SL. Wissen, das über das Spielverständnis hinausgeht, würde ich nur ungern komplett an alle Spieler rausgeben. Das beinhaltet Charakterhintergründe, Verknüpfungen, dreckige Geheimnisse etc. Man fährt ja auch nicht auf einen LARP Con und verlangt im Vorfeld das Plotbuch der SL ;)

  5. Welche Spielmotivation hat man denn bei Euch, wenn Du Deinen Spielern sagst: Ihr könnt das nicht, weil Ihr es nicht versteht und nicht so tief involviert seid.

    Man kann doch einen Spieler alle nötigen Hintergründe und Fremdcharakterinformationen an die Hand geben, die er oder sie zum spielen braucht.

    Selbst in ein lange laufendes Spiel lassen sich neue Figuren, auch mit mehr Macht und Alter, einbauen. Du musst es nur nachspielen. Vampire sind keine linearen Wesen. Deren Vergangenheit ist doch nicht für jedes einzelne Jahr/Jahrzehnt/Jahrhundert festgelegt.

    In der Katharsis gibt es doch auch neue Domänen die eine möglicherweise jahrtausendealte Geschichte haben. Dürfen deren Spielleitungen keine Ahnen spielen, weil sie nicht die tiefere Einsicht haben? Und wenn sie es dürfen, warum darf es dann ein Spieler nicht?

    • Zum ersten Punkt: Ich weiß nicht, ob ein Spieler, der mir erzählt, er hätte nur Motivation zu spielen, wenn er einen Ahnen darstellen darf, bei uns wirklich gut aufgehoben wäre. Ein Spieler, der Ambitionen hat aufzusteigen und das kommuniziert, kriegt von uns Antworten und kann seine Fragepunkte ausführlich mit uns diskutieren. Wir sitzen auf dem Spielverständnis nicht wie Smaug auf seinem Schatz – wir teilen. ;)
      Davon ab steht es jedem Spieler frei sich im Spiel seine eigene Nische zu suchen. Wer will und es schafft, kann seinen Clan hinter sich einen und eine wirklich große Nummer werden, sich bei einem (oder mehreren) Ahnen und/ oder Fürsten verdingt machen und so an Macht und Einfluss gewinnen, persönliche Konflikte suchen, den eigenen Charakter in dem Umfeld erleben, das wir spielen… Die Bandbreite an Spielmöglichkeiten ist verdammt groß, auch wenn man keinen Ahnen spielt ;)

      Ein Charakter erhält bei der Entstehung das nötige Wissen über andere Charaktere, das sein Charakter hat. Das ist unabhängig vom Status. Tauchen später neue Charaktere oder Domänen auf, werden diese auch nachträglich eingefügt. Ebenfalls unabhängig vom Status.
      Neue Domänen dürfen natürlich ihre eigenen Ahnen haben. Da gibt es dann viele Gespräche um sicherzustellen, dass man sich im gleichen Mindset bewegt, und die neuen Ahnen werden nach Möglichkeit mit bestehenden Charakteren verknüpft, um sie gut einzubinden.
      Wenn eine SL in ihrer Domäne entscheidet, einen Ahnen von einem Spieler darstellen zu lassen, kann sie das tun. Wenn sie sich dagegen entscheidet, entscheidet sie sich dagegen. Die Gründe, die für oder gegen Spieler in so mächtigen Rollen sprechen, haben wir hier ja schon zur Genüge hin- und hergewälzt. Die gelten ja auch für neue Domänen.

      Vielleicht reden wir auch aneinander vorbei. Ich sage nicht, dass Spieler keine Ahnen spielen dürfen oder es nicht können. Ich sage, dass zur Darstellung eines Ahnen sehr viel gehört, was vielen Spielern sehr wahrscheinlich nicht bewusst ist. Wenn man einen Spieler hat, dem man diese Rolle zutraut, soll er doch einen Ahnen spielen. Das muss letztendlich immer die jeweilige SL entscheiden.

  6. Bei Punkt 1 missverstehst Du mich tatsächlich. Ich denke nur, dass Du in einigen Punkten nicht gut kommunizierst. Tiefere Einsichten, besseres Verständnis des Spiels, etc. pp. Ich finde sowas aus Spielersicht unmotivierend. Das wirkt nicht partnerschaftlich.

    Mag sein, dass ich da was missverstehe, aber ein (Spieler)Charakter kann sich nur bei Ahnen und Fürsten verdingt machen, aber selbst nicht Ahn oder Fürst werden? Selbst wenn er sich noch so anstrengt?

    Ich muss Dich mal zitieren: „Das not­wen­dige Hin­ter­grund­wis­sen, das zu einer über­zeu­gen­den Dar­stel­lung gehört, spricht oft eher dage­gen, Spie­lern sol­che Cha­rak­tere zu überlassen.“ und „Wenn man einen Spie­ler hat, dem man diese Rolle zutraut, soll er doch einen Ahnen spie­len. Das muss letzt­end­lich immer die jewei­lige SL entscheiden.“

    Du würdest also eher keinem Spieler eine Ahnenrolle geben?

    Ich empfinde Spieler als mündige Wesen und durchaus dazu fähig Ansprüche an eine solche Rolle zu verstehen. Meine Intention Dir auf diesen Beitrag zu antworten war, dass Du den Spieler in diesem entmündigst und nur in Richtung von „Was muss ein Ahn leisten“ und „Warum sind Spieler ungeeignet“ abzielt. Du vergisst das Positive. Du sagst nur, warum Spieler ungeeignet sind. Das finde ich falsch. Spieler können alles, auch ohne Allmighty-SL-Know-hiw. Man muss sie nur lassen und nicht bevormunden. Sie sollten motiviert werden. Und das schaffst Du nicht, indem Du ihnen sagst, was sie möglicherweise alles nicht können.

    • In dem Punkt haben wir tatsächlich unterschiedliche Sichtweisen. Verständlich, ist schließlich auch ein Thema, das aus verschiedenen Punkten betrachtet werden kann.

      Ich weiß nicht genau, was daran nicht partnerschaftlich ist. Ein Ahn ist eine sehr mächtige Rolle in der WoD, die sehr viel Einfluss auf das Spiel vieler anderer Spieler nimmt. Wer einen Ahnen spielt, trägt damit eine sehr große Verantwortung, die in meinen Augen nur mit ausreichendem Spielverständnis getragen werden kann. Ein Darsteller, der keine Lust hat, sich mit Spielmechanismen und den verschiedenen Ebenen des Spiels zu beschäftigen, scheidet für mich als Ahnendarsteller raus, egal ob er Spieler oder SL ist.
      Auf mich wirkt der Anspruch, einen Ahnen zu spielen, aber nicht motiviert zu sein sich mit dem Hinterbau zu beschäftigen, leider schnell so, als wenn jemand auf die Punkte scharf ist, und nicht auf das Spielerlebnis eines Ahnen abseits der Disziplinen. Das möchte ich anderen Spielern gegenüber nicht verantworten oder rechtfertigen müssen. Damit mag ich falsch liegen, aber dieser Eindruck drängt sich mir dann eben schnell auf.

      Wenn ein Spielercharakter sich anstrengt und arbeitet, kann er Ahn und/ oder Prinz werden. Beides ist schon vorgekommen, war aber jeweils eine seltene Ausnahme. Klar, es verbietet dir niemand, im Spiel Macht anzuhäufen. Nur zu, das bringt Spiel für alle Beteiligten.
      Was mir immer ein wenig sauer aufstößt ist, wenn sich jemand so sehr daran aufhängt, dass sein Charakter wahrscheinlich niemals Prinz werden wird oder er nicht mit einem Ahnen ins Spiel starten kann. Es gibt eine unendliche Bandbreite von Spielmöglichkeiten, die bei der Fokussierung auf die wenigen Rollen, die man (wahrscheinlich) nicht bekommt, ignoriert werden. Man muss keinen Ahnen spielen, um intensives Rollenspiel zu haben, und kann auch als Neonate, Ancilla oder Kind dramatisches und spannendes Spiel haben und produzieren.

      Für mich sind Spieler nicht nur mündig, sondern voll mitverantwortlich für das Spiel. Aber ich werde ihnen deswegen nicht automatisch Ahnen geben (wobei es wie immer auf die Situation und den Spieler ankommt). Ich widerspreche allerdings der Aussage, dass Spieler alles können. Das können auch SL nicht und sonst irgendwer. Neben dem Können ist es aber insbesondere ein Wollen: Will der Spieler eine so einflussreiche Rolle spielen und die dazugehörige Verantwortung wirklich tragen? Wenn ein Spieler dies wirklich will und seine SL ihm das zutraut kann das eine große Bereicherung für das Spiel sein. Wenn ein Darsteller (egal ob Spieler oder SL) bloß einen mächtigen Charakter spielen will, der andere herumkommandieren kann, tendiere ich eher dazu von einem Ahnen abzuraten ;)

      Insgesamt bleibe ich bei meiner Aussage: Ich schließe absolut nicht aus, dass ein Spieler einen überzeugenden Ahnen darstellen kann. Aber dazu gehört sehr viel, was vielen Spielern wahrscheinlich nicht bewusst ist. Wer keine Lust hat, dieses „extra“ zu lernen, scheidet für mich als Ahnendarsteller aus. Ähnlich wie mit dem Führerschein: Mit einem Rollerschein darfst du dich im Straßenverkehr bewegen, aber du darfst damit keinen LKW fahren, nur weil du keine Lust hast, einen LKW Führerschein zu machen ;)

  7. Wir haben da wirklich sehr verschiedene Ansichten. Ich sehe Vampire als Spiel mit allen Möglichkeiten. Und das es bei Euch bisher kaum Spieler geschafft haben, Ahn oder Fürst zu werden, lässt tief blicken. Wirklich frei ist Euer Spiel dann nämlich sehr wahrscheinlich nicht. Das „Mehr Wissen“ Eurer Spielleitungen bevorteilt vermutlich deren Charaktere, gepaart mit der Freiheit sich einfach Figuren nach Bedarf schreiben zu können und der Ansicht, dass Spieler sich allgmein nicht über die Verantwortung und den Anspruch an eine Ahnenrolle bewußt sind und dazu neigen Mist zu bauen, den sie nicht überblicken können.

    Ich glaube, Ihr habt da ein großes Problem in Eurer Spielstruktur, über das Ihr mal nachdenken solltet.

    Btw.: Es geht mir auch nicht darum, dass jetzt jeder einen Ahnen oder Fürsten spielen soll. Es geht mir um die Freiheit es mit Willen schaffen zu können. Es geht mir um eine positive Motivationskultur. Und die vermittelst Du mir mit Deinem Artikel und Antworten leider nicht. Dein Schreibstil ist sehr technokratisch und lehrerhaft. Du vermittelst mir nicht das Gefühl, die Stimmung und eben die Motivation, die ein so tolles Hobby wie Vampire Live mit sich bringen sollte.

    • Du vermischst da zwei Sachen. „Freies Spiel“ bedeutet, dass es keine NSC gibt, die bloße Plotmarionetten sind, sondern auch SL Charaktere vollwertige Charaktere sind, die ihren eigenen Zielen und Motivationen folgen. „Freies Spiel“ bedeutet nicht, dass jeder den supermächtigen Charakter bekommt, den er gerne hätte.
      Was das Wissen angeht, sind es wieder zwei Bereiche. Das Spielverständnis ist in meinen Augen auf Seiten der SL oft (nicht immer, oft) höher, da sie sich notgedrungen intensiv mit den verschiedenen Ebenen des Spiels befassen. Dieses Spielverständnis ist aber kein Alleingut der SL, sondern kann und sollte jedem Spieler nahegebracht werden. Dafür ist aber auch auf Seiten der Spieler die nötige Motivation dafür nötig, von der du oben schriebst, dass sie nur bedingt vorhanden ist.
      Hintergrundwissen (Charakterhintergründe, Geschichten der Domänen, aus dem Verborgenen heraus operierende Sabbatianer und wer weiß was) sind nichts, was in Spielerhände gehört, wenn diese sich das Wissen nicht im Spiel mit ihrem Charakter erarbeitet haben. Dieses Wissen ist in Gänze keine Voraussetzung, um einen Ahnen darzustellen, und wird von SL auch nicht benutzt, um ihren eigenen Charakter zu bevorteilen (außer der Charakter hat dieses Wissen).

      Wie ich oben schrieb ist es möglich und auch schon vorgekommen, dass Spieler Ahnen oder Fürsten wurden. Dazu gehört halt nur Anstrengung im Spiel, was bei SL Charakteren, die diese Schritte erst im Spiel gehen, aber genauso ist.

      Ich denke, es ist ein falscher Ansatz, nur den „Vorteil“ im Blick zu haben, den mächtige Charaktere im Spiel haben. Damit verschließt man die Augen vor den großartigen Spielmöglichkeiten, die junge oder weniger mächtige Charaktere bieten. Wir fokussieren uns beim VL auf das Erleben eines Charakters mit seinen Höhen, Tiefen, Stärken, Schwächen, Zielen und Wünschen – und das hat jeder Charakter, egal ob frischgeschaffenes Kind oder Ahn.
      Die positive Motivationskultur findest du darin, dass jeder intensives Rollenspiel erleben kann und dass jeder selbst die Verantwortung dafür trägt, wie sehr er sich im Spiel reinhängt, um die Stellung seines Charakters zu verbessern. Es gibt sehr viele Charaktere, die durch dauerhafte Einbringung und Enthusiasmus wirklich viel erreicht haben und dafür von vielen anderen beneidet werden. Es zeigt sich da immer wieder, dass jemand, der aktiv dabei ist verdammt weit kommen kann. Dazu kommt, dass viele Charaktere (noch) gar nicht das Ziel haben, Ahn oder Fürst zu werden, sondern genug mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind. Es gibt ja neben der politischen Ebene noch viele weitere Aspekte im Vampire Live (z.B. die persönlich-emotionale), die ebenso viel Spaß machen können.
      Wie gesagt, jemand der nicht motiviert ist zu spielen, wenn er keinen Ahnen spielen darf, wird bei uns wahrscheinlich nicht glücklich werden. Aber dafür gibt es ja verschiedene Gruppen und Chroniken mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

  8. Ich finde, dass man Spielern ruhig eine Menge Hintergründe an die Hand geben kann. Gerade auch Hintergründe die sich auf andere Charaktere und eine Domäne beziehen. Viel besser ist es sogar, Spielercharaktere zu einem erlebten Teil dieser Geschichte zu machen. Ich schrieb weiter oben, dass Vampire keine linearen Wesen sind und man in all den dunklen Jahren ihrer Existenz Platz für gespielte Verknüpfungen hat. Warum immer im hier und jetzt spielen und nicht einfach zwischen den Epochen springen und Spielercharaktere zu einem echten Teil der Spielwelt machen?
    Verknüpfungen die erlebt wurden, erspielt wurden, sind doch viel intensiver. Das macht Höhen und Tiefen echter und nicht nur zu etwas, was auf einem Stück Papier festgelegt wurde.

    Hier geht es ja um Ahnen und um Deine These, dass Spieler sich der Ansprüche an eine solche Rolle nicht bewusst sind und nicht die nötigen Einblicke besitzen, um einen Ahnen vernünftig darzustellen.

    Jeder hat seine eigenen Ansprüche ans Spiel und kann seine Nische dort finden wenn er will. Mir geht es hier aber um Spieler, die ein Spiel um Macht und Einfluss spielen wollen. Denen verweigerst Du aber konsequent das Anrecht darauf, dieses Spiel zu spielen. Du musst einfach nur diese Möglichkeiten schaffen, um dieses Spiel zu spielen. Wäre es nicht auch für Dich als Spielleitung spannender, einen echten Gegner zu haben? Einen, den Du nicht schon seit 5? Jahren kennst? Einer der sich durch die Scheisse der Camarilla Politik nach oben gearbeitet hat und keine fingierten und abgesprochenen Feinde und Verbündete hat. Wäre das nicht eine Motivation Spielern die Möglichkeit zu geben, die einfach dieses Spiel um Macht und Einfluss wollen, so zu spielen, Dein Spiel als Ahn zu bereichern. Vielleicht nicht so perfekt, aber dafür echt? Dafür braucht es nicht viel, nur WOLLEN.

    • Tut mir Leid, da bin ich anderer Ansicht. In meinen Augen sollte ein Spieler nur die Information über andere Charakterhintergründe besitzen, die auch sein Charakter hat. Sicher, das wird ab dem zweiten Charakter schwer umzusetzen, sollte aber trotzdem so gut wie möglich eingehalten werden. Der Grund dafür ist einfach: Es kann niemand vollkommen zwischen OT Wissen und IT Wissen trennen. Wenn ich OT weiß, dass ein Charakter extrem empfindlich auf ein Thema reagiert, wird das immer mein eigenes Spiel einfärben. Ich spreche aus Erfahrung.
      Ich sehe keinen Grund, weshalb ein Spieler mehr Informationen über andere Charakterhintergründe haben sollte, als sein Charakter hat. Schließlich geht es im Vampire Live ja darum den Charakter mit seinem (Nicht)Wissen zu spielen, nicht den Darsteller eines Vampirs, der mehr weiß als sein Charakter. Das mag hochnäsig klingen, aber viele SL beneiden Spieler um diese Unwissenheit ;)

      Ich glaube aber, im Grunde widersprechen wir uns gar nicht, allerdings verschließt du dich in meinen Augen einem eklatanten Faktor: Das Spiel um Macht und Einfluss ist doch nicht auf Ahnen beschränkt. Jeder einzelne Kainit, egal ob frischgeschaffenes Kind, Neonate, Ancilla oder 500 jähriger Ahn kämpft um Macht und Einfluss. Die Aussage, dass man dies nicht könnte, wenn man keinen Ahnen spielt, klingt für mich leider sehr kurz gedacht.
      Worin wir uns einig sind ist, dass es auf jeden Fall spannend ist ebenbürtige Gegner zu haben, die sich wie man selbst auch durch dem Camarillamorast hochgekämpft haben. Das ist aber ebenfalls nicht an den Ahnenstatus gebunden.

      Die Ahnen, die bei uns ins Spiel gehen, haben keine fingierten Verbündeten und Feinde. Die wichtigen und prägenden Momente ihrer Existenz, die Verknüpfungen zu anderen Charakteren (Ahnen wie nicht-Ahnen) werden in Präludien ausgespielt, ehe der Charakter ins Spiel geht. Dadurch entstehen echte, gelebte Charaktere, die sich ihre Machtposition auch erkämpfen und erhalten müssen.

  9. Ein Charakter/Spieler sollte so viele Informationen haben, wie er sich erspielt hat. Ich glaube aber, dass Vampire durch ein nicht-lineares Spiel, in dem immer mal wieder vergangene Ereignisse neu eingespielt werden (sei es durch neue Charaktere oder Verknüpfungen), Spieler und Charaktere besser ins Spiel eingebunden werden. Feindschaften, Freundschaften, Liebschaften, etc.pp. erlebt und nicht festgelegt werden. Das ergebnisoffen gespielt wird. Nur gespielte Hintergründe und Erlebnisse sind „real“. Alles andere kann bei Bedarf neu erspielt werden.

    Wir schreiben hier ja über Ahnen und Spieler. Der Titel dieses Beitrags ist ja auch: „Ahnen im Vampire Live: Macht in der Hand von Spielern?“ Das Du auf jeder Ebene politisches Spiel finden kannst, steht ja nicht zur Debatte. Ich hänge mich nur daran auf, dass Du eher Spielleitungen in der Fähigkeit siehst Ahnen zu spielen und ich Spieler diese Fähigkeit genauso zu spreche. Deine Gegenargumente gegen meine These, ist ja eigentlich nur die recht schwammige Aussage von Dir, dass Spielleitungen die tieferen Einsichten und die stärkere Beschäftigung mit der Materie haben.

    Ich bin der Ansicht, dass man das spielen kann. Aus meiner Erfahrung heraus sind Mitspieler einfach motivierter und mit mehr Leidenschaft dabei, wenn ihnen alle Optionen in einem Spiel offen stehen. Und gerade auch weil dieser Beitrag eine gewisse Öffentlichkeit erreicht, halte ich seine mögliche Wirkung für schädlich. Vampire Live krankt seit Jahren/Jahrzehnten daran, und das höre ich immer wieder bei Gesprächen heraus, dass Spielleitungen und deren Ahnen bei Spielern als sakrosankt gelten. Da kann man noch so oft beteuern und sagen, dass dem nicht so ist, wenn es nicht gelebt wird. Und nach dem, was Du hier schreibst, glaube ich auch nicht daran, dass Ihr das in Eurem Spiel wirklich lebt.

    Spieler an die Macht und Spielleitungen auf Organisatoren zurückstufen. Wenn alles erspielt wird, braucht es keine Spielleitung. Wenn der Rahmen gesetzt ist und ergebnisoffen gespielt wird, was muss dann geleitet werden? Dann organisiert man einfach nur noch Spiele und spielt. Damit kannst Du Dir dann auch den Wunsch nach Unwissenheit erfüllen. Du musst einfach nicht alles wissen, weil eben nur gespielt wird und Du spielen kannst. Natürlich gibt man damit Kontrolle auf. Aber niemand spielt doch Vampire Live, um immer das gleiche, wie bei World of Warcraft zu erleben. Es ist doch gerade der Reiz des Unbekannten. Die Paranoia, die Angst und der Zorn, die man erleben möchte. Warum man ein Spiel um persönlichen Horror doch am Ende spielt.

    Vielleicht könnt Ihr das auch nicht. Verlustängste und Kontrollzwänge sind ja gerade bei Spielleitungen recht weit verbreitet. ;)

    • Mit dem ersten Absatz stimmst du mir genau zu. Freut mich, dass wir langsam den gemeinsamen Nenner finden 
      Wie ich bereits mehrmals schrieb bin ich dafür, dass ein Spieler nur die Informationen über andere Charaktere hat, die auch sein Charakter hat. So beschreibst du ja auch deine Wunschsituation. Was die gelebten Beziehungen angeht: Ebenfalls genau das, was ich schon mehrfach schrieb. Das bezeichnet bei uns das freie Spiel: Dass auch Ahnen ihre Beziehungen frei erspielen müssen, und kein vorgefertigtes Nest bekommen. Du hast ja schon auf der Bremer Vampire Seite gelesen und bist dabei sicherlich über den Artikel zum Thema Präludien gestolpert. Mit genau diesen Szenen füllen wir den Hintergrund aller Charaktere mit erlebten, „echten“, Momenten, wodurch wirkliche Beziehungen entstehen, die so nicht auf dem Papier geplant werden können. Wenn später neue Charaktere in Spiel kommen, zu denen eine Verknüpfung passt, werden natürlich Szenen nachgeschoben.

      Dem Rest stimme ich so nicht zu, aber das hatten wir ja schon zur Genüge. Wo genau meine Argumente schwammig waren ist mir nicht bewusst, wobei ich im Gegenzug sagen muss, dass deine Argumente für mich nicht sehr schlüssig waren, bzw. ich sie widerlegt oder Irrtümer aufgeklärt habe (z.B. deine frühere Aussage, dass wir Spielern das politische Spiel verwehren, wenn sie keine Ahnen spielen dürfen; oder dass Wissen für alle verfügbar sein soll, aber es dich als Spieler nicht motiviert, dieses Wissen zu erarbeiten).
      Ich weiß jetzt nicht, in welchen Gruppen du Erfahrungen im Vampire Live gesammelt hast. Kann sein, dass wir da unterschiedlich vorgeprägt sind. Ich habe (nicht mehr in den letzten drei, vier Jahren, aber davor) die Erfahrung gemacht, dass die sakrosanten SL-Charaktere meist eher eine Ausrede waren, gar nichts tun zu müssen. Das klingt im ersten Moment wie eine Verallgemeinerung, aber wenn auch normale 08/15 Neonaten, die von SL dargestellt werden, nicht angegangen werden, weil man ja gar nichts gegen SL-Charaktere machen kann, macht das irgendwann misstrauisch.
      Insgesamt habe ich das Argument, dass man gegen SL Charaktere ja nichts machen könne, in den letzten 11 Jahren nur von sehr wenigen Spielern gehört. In den letzten Jahren hat sich bei uns gezeigt, dass gerade durch die freigespielten Ahnen, die sich ihre Position selbst erkämpfen und erhalten müssen, den meisten Spielern bewusst geworden ist, welche Macht sie mit ihrem Charakter ausüben können. Denn wenn ein Ahn nicht mehr automatisch an der Spitze steht, sondern sich auf einmal gegen andere Ahnen behaupten muss und seine eigenen Ziele nur durch eigenes Spiel umsetzen kann, werden alle (möglichen) Verbündeten auf einmal schlagartig bedeutsamer. Wem das immer noch zu viel Mühe ist, sich Macht zu erarbeiten, der wäre wahrscheinlich auch mit einem Ahnen nicht glücklich geworden.

      Und, wie ich auch bereits mehrfach sagte, stehen den Spielern alle Möglichkeiten offen. Es gab bereits Spielerahnen und –fürsten. Aber sich so eine Position zu erarbeiten kostet Mühe (sowohl für Spieler als auch SL). Davon ab wollen die meisten Charaktere (noch) nicht Ahn oder Fürst werden, sondern haben genug andere Dinge, um die sie sich kümmern wollen.

      Du fragst, warum noch geleitet werden muss, wenn doch einfach alle nur spielen könnten. Die Antwort darauf ist simpel: Weil das binnen kürzester Zeit ein Chaos gäbe. Du erlebst in jeder Gruppe von Menschen, egal ob Hobby oder Beruf, dass die Meinungen teilweise stark auseinandergehen. Ab einer gewissen Gruppengröße koordiniert sich das nicht mehr von selbst, sondern es braucht jemanden, der die Gruppe anleitet und innerhalb bestimmter Rahmenlinien entlang führt.

      Ich muss gestehen, dass ich die These sehr kurz gedacht finde, dass Vampire Live langweilig wird, wenn man keinen Ahnen spielen darf. Der Vergleich zu WoW ist in meinen Augen unpassend. Davon ab, dass man sich den Status erarbeiten kann, lebt Vampire Live von den persönlichen Konflikten. Diese entstehen aber automatisch, wenn man vielschichtige Charaktere hat, weil diese automatisch immer unterschiedliche Dinge wollen, aber niemals jeder sein Ziel erreichen kann. Wenn kein Konflikt aufkommt, wenn mehrere Kainiten aufeinander treffen, liegt das Problem wahrscheinlich eher in den Charakteren und nicht daran, dass kein Spielerahn dabei ist.

      Der Vorwurf mit den Verlustängsten und dem Kontrollzwang ist auch eher unangebracht. Ich könnte im Gegenzug sagen, dass es bei Spielern üblich ist, dass sie Ausreden suchen, im Spiel nichts tun zu müssen, und die mächtigen Charaktere gleich zu Spielstart bekommen wollen, weil sie keine Lust haben sich im Spiel anzustrengen. Aber ich denke wir verbleiben einfach dabei, dass diese beiden Aussagen beide nicht zutreffen, ok? ;)

  10. Ich glaub, wir sind schon über den Punkt hinaus, bei dem wir auf einen Nenner hätten kommen können.

    Vielleicht solltest Du für die Zukunft Deine Artikel ein wenig mehr als Katharsis-Gedankengut kennzeichnen. Und sei nicht so sachlich. In einem Firmenblog ist das passend, aber nicht fürs Rollenspiel. Du könntest eine ganze Portion mehr Leidenschaft gebrauchen. Das wäre ganz süß. ;)

    Danke für die Einblicke in Euer Spiel. Es deckt sich mit dem, was ich schon aus anderen Quellen gehört habe. :)

    • „Viel­leicht soll­test Du für die Zukunft Deine Arti­kel ein wenig mehr als Katharsis-Gedankengut kenn­zeich­nen. Und sei nicht so sach­lich. In einem Fir­men­blog ist das pas­send, aber nicht fürs Rol­len­spiel. Du könn­test eine ganze Por­tion mehr Lei­den­schaft gebrau­chen. Das wäre ganz süß.“

      Ähm ja? Geht’s noch? Fraukes Artikel war super. Und du machst dich hier gerade im Internet zum Affen, Süße.

  11. Ohne jetzt die teilweise sehr kritischen Kommentare in Gänze gelesen zu haben, muss ich einmal eine Lanze für die Autorin brechen. Ich habe selbst viele Jahre in der Chronik Katharsis gespielt und glaube zu wissen, wo hier der eigentliche Hase im Pfeffer liegt.

    Die Katharsis betreibt ein sehr niveauvolles, versachlichtes, kommunikationslastiges und kompromissloses Spiel, das sehr große Qualitätsanforderungen an das spielende Individuum stellt. Das Ahnenbild ist geprägt von jahrhundertealten Urgewalten, die – aus der Zeit gefallen – ihre Macht zu erhalten und erweitern versuchen. Ahnen fordern unbedingten Respekt von Jüngeren ein; diese werden nicht selten zwischen den unterschiedlichen Interessen zerrieben. Die Gegenwart, rund um gesellschaftliche Entwicklungen, sterbliche Macht und Machtfülle, Geld, Besitz und Einfluss auf die sterbliche Welt sind für diese erhabenen Gestalten irrelevant; sie sind allenfalls Mittel zum Zweck.

    Frauke führt aus, dass jeder Ahn ein (politisches) Ziel verfolgt, teilweise über Jahrhunderte hinweg und dass die Ambitionen und Absichten dieser Alten äußerst selten durchschaut werden können. Es ist von „seit Jahrhunderten währenden Ränkespielen und Intrigen“ die Rede und dass ein Thronwechsel aus Gründen der Glaubwürdigkeit nicht quartalsweise erfolgen sollte. Mit dieser Argumentation stützt sie das Bild eines archetypischen Katharsis-Ahnen, der durch seine reine Inplay-Macht eine ähnliche Machtfülle erhält wie ein SL im P&P.
    Denn ein Ahn kann – bis zu einem bestimmten Punkt – die Spielwelt entscheidend beeinflussen, ohne dass ein SL-induzierter Plot diesem Treiben Nahrung geben oder Einhalt gebieten kann.
    Eine solche „Rolle“ erfordert deutlich mehr Verantwortung und Informationen, um ihr gerecht zu werden. Nicht zuletzt um das Spiel glaubwürdig und nachvollziehbar zu gestalten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine SL für eine solche Rolle geeigneter ist, als ein Spieler; einfach weil die Spielleitung weitreichendere Einblicke in das Gesamtgefüge einer Spielwelt hat.

    Dieser Grundsatz gilt aber wie gesagt nur so lange, wie man die „katharsianische Interpretation“ der Vampir-Ältesten zu Grunde legt.
    Und hier kommen wir zum eigentlichen Konflikt, der mehr oder weniger auf einem Missverständnis zwischen kritischen Kommentatoren und Autorin basiert. Nähert man sich vom P&P-Standpunkt, dann verkörpert der SL die Kulisse, sowie alle Darsteller und Nebenrollen, inkl. Plots der Spielwelt.
    Im LIVE hingegen verkörpern ALLE Spieler die Welt des Spiels; die SLs sind in ihrer Machtfülle (die sie im P&P besäßen) deutlich eingeschränkter. Nimmt man zudem die Masquerade-Vorlage, dann stellen wir rasch fest, dass sich das Ahnenbild, wie es in der Katharsis vorherrscht, im offiziellen Hintergrund nur bedingt wiederfindet. Selbst jahrtausendealte Vampire (nehmen wir nur mal Helena oder Menele) handeln überraschend impulsiv, emotional und widersinnig. Sie stolpern geradezu durch die Welt und leisten sich immer wieder Eskapaden, die rasch historisch relevante Ausmaße, beispielsweise in Form von Kriegen, annehmen. In der Katharsis hatte ich als meinen Ahnen-Archetypus immer Tywin Lannister, (genial verkörpert durch Charles Dance) vor Augen: Kühl, vorausschauend, berechnend, autoritär, kontrolliert, eine Aura der Macht verströmend. Kurzum: Die Katharsis-Ahnen sind aristokratische Macht- und Einflusssammelbecken. Schlicht und ergreifend Machtzentren, egal ob wir von physischer, psychischer, sozialer oder ökonomischer Macht reden.

    Dies ist aber – abseits der Katharsis – nur ein (!) möglicher Archetypus. Ja, es gibt jahrhundertealte Intrigen und Vorbereitungen auf Aktionen und Handlungen. „Survival of the fittest“ muss aber eben nicht heißen, dass man jahrhundertelang Pläne schmiedet, oder möglichst viel Macht anhäuft, sondern auch, dass man unberechenbar oder zurückhaltend oder auch übertrieben emotional reagiert. Es reicht eben nicht zu sagen, dass Ahn X oder Ahnin Y so oder so lange überlebt hat und daher irgendwas richtig machen muss. Auch sehe ich einen Widerspruch in der Argumentation, dass es unglaubwürdig sei, wenn PLÖTZLICH, nach Jahrzehnten der Ruhe, quartalsweise der Fürst wechselt. Da möchte ich entschieden widersprechen: Zunächst mal basiert der ganze Hintergrund von Game of Thrones (A song of ice and fire) auf einem solchen Throngemetzel, was an langjährigen Intrigen und Ränkeschmieden ja in Güte und Qualität kaum zu überbieten ist. Und der erwartete EInwand, es handele sich um Menschen, lasse ich nur teilweise gelten: Auch das Masquerade-Setting verfügt über ähnliche Plotlines. Nehmen wir nur mal Chicago oder New Orleans. Nein, unglaubwürdiger wird der Hintergrund nicht, wenn sich die Ahnen die Köpfe abreißen. Nur rasanter, spannender und gefährlicher. Es ging hundert Jahre lang gut, jetzt fliegen die Fetzen. Na und? Nicht zuletzt der offizielle Hintergrund ist doch voll von kaputten, widersprüchlichen, vagabundierenden oder auch furchtbar ängstlichen Individueen, die in feinster Film Noir-Manier durch die Nacht ziehen. Da sitzt der jahrhundertealte Ahnherr auch mal nachts im Strip Club oder spielt Poker im Hinterzimmer. Die Grundstimmung, die Masquerade definiert, war und ist: „Gothic Punk“.

    Und dieser Gothic Punk, dieses „Only Lovers left alive“-, „The Originals“- und ja, „Masquerade“-Feeling wird von der Katharsis kaum bis gar nicht praktiziert, geschweige denn angestrebt. (Wenngleich mir auf Anhieb zwei krasse Ausnahmen einfallen, die aber ironischerweise von Spielern, nicht von SLs verkörpert wurden.)
    Ein Katharsis-SL drückte es mir gegenüber mal so aus: „Wir wollen kein „I am darker than thou!“ oder die üblichen Grufti- oder Independent-Klischees in der Chronik.“
    Für MICH ist das jedoch essentieller Bestandteil von Vampire: Masquerade. Ich käme ja auch nicht auf die Idee, die Orks, Elfen und Zwerge aus dem DSA-Aventurien zu entfernen, weil ich ne andere Stimmung erzeugen möchte. Natürlich KANN man das machen, man entfernt sich dann aber vom allgemein anerkannten Kanon. Masquerade WAR und IST Gothic Punk. (Die Erläuterungen zu diesem Begriff auf S. 13 f. der V20-Edition empfehle ich in diesem Zusammenhang ausdrücklich.)
    Aber – und hier schließt sich der Kreis des Missverständnisses – Katharsis ist eben NICHT Masquerade und verzichtet (bewusst) seit Jahren zunehmend auf Gesätzmäßigkeiten und Hintergründe der ursprünglichen Vorlage.
    Diese Entwicklung war für mich der Hauptgrund die Chronik zu verlassen und eine eigene, kleinere Chronik auf Basis der 20th Anniversary Editon zu gründen.

    Aber Frauke hat – von ihrem Standpunkt aus – durchaus Recht: Ahnen in Spielerhänden sind schwierig, sofern man sie als machtvolle, wissende, vernetzte, kontrollierende und planende Urgewalten interpretiert und implementiert und den Spielenden de facto nur minimalen Bewegungsspielraum lässt, um von diesem Idealbild nicht allzu weit abzurücken. Ein weiteres Dilemma wurde ja schon erwähnt: Dieser Charakter, den du im Jahr 2015 spielst, hat schon Jahrhunderte vor deiner Geburt gelebt und gewirkt. Hier trifft der innerweltliche Realismus auf den Anspruch des Spielers, seine Rolle gefälligst selbst gestalten zu dürfen. Ein Dilemma, das immer wieder auftritt, vor allem, da beide Konfliktparteien irgendwo Recht haben.

    Allerdings kann ich EINE der kritischen Grundsatzfragen nachvollziehen: Wenn Spieler eine Rolle (aus welchen Gründen auch immer) nicht spielen sollten bzw. nur mit Auflagen, warum gibt es diese Rolle überhaupt? Und wozu braucht man dann eigentlich Spieler? Letztendlich sind die Ahnen (in der Katharsis) die Pole, um die sich alles dreht. (Mein Wissenstand ist 2013…)
    Dadurch dass es keinen SL-induzierten Plot gibt, sind die Ahnen nunmal die Lampen, die von Minions umschwirrt werden. Im Pen & Paper könnte eine SL den mächtigen Ahnenspielern bewusst Herausforderungen in den Weg schieben. Andere Ahnen, beispielsweise. Noch ältere womöglich. Einen gemeinsamen Feind, dem sich Ältere und Jüngere gemeinsam widmen müssen. Oder man lässt eine Liebe aus den Kükentagen des Vampirs auftreten. Oder, oder, oder. Doch dies funktioniert nicht, wenn das Spiel allein von den Spielenden ausgeht, wie in Fraukes Chronik.
    Denn dann werden – wie bereits gesagt – die Ahnen zu Quasi-SLs, da sie nicht nur Kulisse, sondern integraler Bestandteil der Spielwelt sind. Und ja, dann sollten das tatsächlich auch SLs diesen „Job“ übernehmen, sofern sie mit der Verantwortung umzugehen wissen. Dass dies immer ein Spagat ist, liegt in der Natur der Sache.

    Wichtig ist, sich von Beginn an darüber im Klaren zu sein, was man als Spielender möchte und was nicht. Und es ist Aufgabe einer Chronik und da schaue ich nun doch mal kritisch zur Katharsis, ganz klipp und klar zu kommunizieren, wo man sich wie und vor allem warum von der offiziellen Masquerade-Vorlage abhebt. Das hat auch Frauke in ihrem Artikel versäumt. Der Titel ist allgemein gefasst: „Ahnen im Vampire Live.“ Manchmal vergisst die größte deutsche Chronik, dass es noch viele andere, kleinere Chroniken gibt. ;) Und die sind mitunter viel näher an der offiziellen Vorlage, als die Chronik der Autorin. Es gilt also, sich auf Abweichungen einzulassen.

    Ich habe mich viele Jahre mit Begeisterung darauf eingelassen; doch letztlich waren es vor allem die hier thematisierten Ahnen, die ab 2011/2012 verstärkt ins Spiel eingefügt wurden, die sich zu weit von meinem Masquerade-Ahnenbild entfernten und das Spiel für mich unattraktiv machten.
    Vorher hielten sich die Ahnen im Hintergrund. Allenfalls ließ sich mal ein Fürst blicken und sprach Recht. Debatten wie jene, um die sich der Beitrag der Autorin dreht, gab es im Jahr 2009/2010 fast nicht, da annähernd alle Spieler Neonaten und/oder Ancillae verkörpert haben. Aus meiner Perspektive ist die Frage „Wer darf Ahnen/Fürsten spielen?“ erst aufgekommen, als es mehrere bespielte Ahnen im Spiel gab, die auch mal zu Domänentreffen erschienen sind und ein zuvor abwechslungsreiches, handlungsorientiertes Spiel zu einem kommunikationsorientierten philosophischen „Sit in“ machten, das es kreativen und handlungsorientierten Spielern schwerer und rhetorisch begabten Spielern deutlich leichter machte. Insofern sollte man an der Ursache forschen und nicht am Umgang mit einer Situation, die man sich selbst herbeigezaubert hat.
    Um es kurz zu machen: Ich halte Ahnen – aus den bereits beschriebenen Gründen – im P&P für spielbar und gewinnbringend. Im LIVE schwanken sie stets auf der dünnen Linie zwischen Plotgenerator und Chroniktod.

    Dem äußerst interessanten Text von Frauke ist am Ende nur eines vorzuwerfen: Dass sie nicht von Beginn an klar gemacht hat, dass die von ihr besprochene Problematik ihrer eigenen Chronik zuzuschreiben ist und so bzw. so ähnlich nicht auf andere LIVE-Runden zutreffen muss, da diese mitunter ein anderes Ahnenbild bzw. ein gänzlich anderes Selbstverständnis verfolgen.

    Hier jedoch generelles Katharsis-Bashing zu betreiben finde ich absolut daneben. Vor allem wenn es von Leuten kommt, die vom Hörensagen irgendwelche Urteile abzugeben meinen. Wer diese Art von Spiel bevorzugt, wird hierzulande nichts besseres finden. Und das sage ich sogar als unzufriedener Ex-Katharsianer. ;)

    Raphael Brack

    Spielbegleiter (SL) der V20-Chronik „Schattenspiele Jena“
    und Redakteur von Rakshazar – Das Riesland

    • „Hier jedoch gene­rel­les Katharsis-Bashing zu betrei­ben finde ich abso­lut dane­ben. Vor allem wenn es von Leu­ten kommt, die vom Hören­sa­gen irgend­wel­che Urteile abzu­ge­ben mei­nen.“

      Richtig so. Danke für den guten Kommentar und eine spannende Perspektive.

    • Hui, eine grßartige Antwort und fast ein eigener Artikel. Danke dir für die sachliche Beleuchtung des Themas aus einer anderen Richtung.

      Ich gebe dir Recht, es fehlt der Hinweis, dass dieser Artikel geprägt von der Katharsis ist. Wobei „von der Katharsis geprägt“ auch schon wieder schwierig ist, da es sicherlich genug Themen gibt, über die auch innerhalb der Chronik die Meinungen weit auseinander gehen. Ist ja auch gut so, beständige Reibungen sorgen für Weiterentwicklung. Wären sich immer alle einig würde nichts Neues mehr kommen.

      Auf jeden Fall: Danke für die großartige und ausführliche Antwort :)

    • Susannex: Auch dir danke für deine Antworten :)
      Ich finde es spannend, wie verschieden die Meinungen zu diesem Hobby sind. So wird es auf jeden Fall nie langweilig :)

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