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Mit dem Gruppenabenteuer Schleierfall ist ein weiterer Teil der Splitterdämmerung-Kampagne erschienen, der sich mit dem Schicksal der noch verbliebenen Heptarchen Ost-Aventuriens auseinandersetzt. Während die Abenteuer der Splitterdämmerung-Kampagne nicht zwingend aufeinander aufbauen, handelt sich bei dieser Publikation um eine direkte Fortsetzung des Abenteuers Schleiertanz.

Wie schon beim Vorgänger, befinden sich die SC in Aranien bzw. Oron und werden mit den dunklen verführerischen Machenschaften Dimionas und deren Handlangern konfrontiert. Die gesamte Handlung ist modular aufgebaut, was ich persönlich gut finde, denn so lässt sich das Abenteuer in der Vorbereitung sehr passgenau auf die Heldengruppe zuschneiden. Das bedeutet aber natürlich auch eine sehr zeitintensive Vorbereitung der Inhalte von Schleierfall.

Inhalt

Damit sind wir auch schon mittendrin im Abenteuerband, der sich in neun handlungsbezogene Kapitel unterteilt, ergänzt um die Einleitung und die Anhänge. Beim Lesen des Inhaltsverzeichnisses gerate ich ins Stocken. Denn es drängt sich mir bereits jetzt die Frage auf, warum das Abenteuer 65 (!) Einleitungs- und Anhang-Seiten benötigt, um 100 Seiten Abenteuer vorzubereiten. Eine Antwort darauf gebe ich euch etwas später.

Zunächst zum eigentlichen Einstieg in die Handlung –  ab Seite 24,  nach einem sehr ausführlichen Präludium. Das Abenteuer ergibt nur für Spieler und Charaktere Sinn, die bereits den Vorgänger Schleiertanz gespielt haben. Ansonsten wird der Spielleiter nur sehr schwer einen Weg finden, den ersten Schleier für die Gruppe in Zorgan fallen zu lassen. Dort beginnt das Abenteuer für die Helden in einer Szene, die zwar nicht zwingend nahtlos an Schleiertanz anknüpft, aber darauf definitiv aufbaut.

Die Charaktere werden Zeugen eines Attentats auf einen Bekannten (aus Schleiertanz) und müssen bald feststellen, dass neben Fürstin Sybia sie selbst auch auf der Liste der Meuchler stehen.

Im zweiten Kapitel macht sich die Heldengruppe auf, die Hintergründe der Attentate zu ergründen. Mehrere Spuren führen nach Palmyramis. Dort finden die Charaktere heraus, dass die Wesira (und ihre Tochter) der dortigen Sultanin die Meuchlergruppe der Beni Asharan angeheuert hat. Diese haben in einem Kloster Quartier bezogen. Hier bringen die SC den Namen des eigentlichen Auftraggebers in Erfahrung und folgen dessen Spur, wobei sie zufällig der augenscheinlichen Herrscherin Araniens in einer misslichen Situation begegnen.

In Elburum fällt der vierte Schleier um eine Prophezeiung und ein dämonisches Ritual, der fünfte offenbart weitere verschwörerische Machenschaften. Es gelingt ein erster Initiativschlag gegen den oronischen Bösewicht, um im Folgekapitel Schlimmeres bei der Rückkehr nach Zorgan gerade noch zu verhindern.

Jetzt erst mal Luft holen. Wir sind auf Seite 98 und haben damit das 7. Kapitel erreicht.

Hinter uns liegen bislang gut 15 bis 20 Begegnungen mit angriffslustigen Gegnern und die dazu zugehörigen Übersichtdaten (AT/ PA, etc.). Dazu mehr als zwölf Tabellen und noch einmal genauso viele knappe Beschreibungen zu Gerüchten, Hinweisen und so weiter. Die Entwicklung der Geschichte schwankt bislang zwischen motivierend/raffiniert und detailliert/geradlinig.

Könnt ihr mir noch folgen? Dann schauen wir uns die nächsten Kapitel an, die zu den stärkeren gehören und die Charaktere auf der Suche nach einem Artefakt in die Fänge weiterer Kultisten in Llanka treiben. Dass die Heldengruppe dabei auf der Suche nach einem weiteren Artefakt fast im Vorbeigehen noch Anchopal gegen Sultan Hasrabals Heerscharen hilft, möchte ich nicht unerwähnt lassen.

Wir erreichen ein durchaus fulminantes Finale, das die Helden als Retter von ganz Aranien aus dem Abenteuer führt. Im Kloster von Keshal Taref treffen sie Dimiona und Ihren Mitverschwörer bei einer Belkelel-Beschwörung an und ein erbitterter Kampf entbrennt.

Preis-/Leistungsverhältnis

Annähernd 30 EUR sind schon recht viel Geld, ich denke aber, dass im Verhältnis zur Anzahl der Spielabende das Abenteuer seinen Preis wert ist.

Erscheinungsbild

DSA Abenteuer Schleierfall CoverDas Cover ist sicherlich insbesondere bei der Farbwahl Geschmackssache, die Innenillustrationen finde ich sehr stimmungsvoll und gelungen. Auffällig ist die Dopplung der Kartenwerke, die sowohl jeweils in den passenden Kapiteln, als auch im Anhang abgedruckt sind. Und leider fehlen bei einer Umgebungskarte wichtige Grenzmarkierungen, die für die Wegstrecken wichtig gewesen wären.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ulisses Spiele
  • Autor: Alex Spohr
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: Deutsch
  • Format: DIN A4, Hardcover
  • Seitenanzahl: 178
  • ISBN: 978-3-95752-716-5
  • Preis: 29,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon (Druck), Ulisses Ebooks (PDF), Sphärenmeisters Spiele (Druck)

 

Fazit

So sehr ich Alex Spohrs Genauigkeit und Detailreichtum schätze, für das dunkle und sinnliche Setting von Schleierfall war er leider keine gute Wahl. Handwerklich ist das Abenteuer mehr als top und hat einen üppigen Umfang. Aber in Hinblick auf Dramaturgie und Atmosphäre wird der Spielleiter vom Autor einfach zu oft allein im aranischen Regen stehen gelassen.

Natürlich erkennt man an der Struktur des Abenteuers die große DSA-Kenntnis des Autors. Man spürt jedoch auch, dass dieser bislang vorrangig an Regelwerken oder Spielhilfen beteiligt war und mehrheitlich Kurzabenteuer schreibt.

Daraus entstand eine kleine Kampagne-in-der-Kampagne-der-Kampagne aus Kurzszenarien, die von einem roten Faden oder mehreren „seidenen Schleiern“ zusammengeführt und mit Zufallsbegegnungen bombardiert werden. Das erinnert in groben Zügen an Abenteuer wie Die Herren von Chorop oder Spur der Verheißung. Im Vergleich zum letzteren ist Schleierfall sogar deutlich besser gelungen.

Alex Spohr beherrscht sein Handwerk und lässt nichts vermissen, der Autor liefert den perfekten Werkzeugkasten für den Spielleiter.

Wenn man jedoch bereits gut drei Seiten aufwendet, um zwei abenteuerspezifische Zusatzregeln (teilweise schon in Schleiertanz vorhanden) einzuführen, sollte man sich als Autor fragen, ob sich das pragmatisch in einen Spielabend einflechten lässt, ohne die Atmosphäre der Regellast zu opfern.

Allein bei über 20 (!) Tabellen mit Zufallsbegegnungen entsteht für mich der Eindruck, als wenn Axel Spohr die Atmosphäre erstickt, weil er nichts dem Zufall oder der Improvisationskunst des Spielleiters überlassen wollte. Dabei entsteht noch ein weiterer, kontraproduktiver Nebeneffekt: Aus einem ursprünglich modular geplanten Abenteuer wird bei der Umsetzung zwangsweise ein lineares, um als Spielleiter bei der Informationsflut auch nur annähernd die Übersicht zu behalten.

Dieser übervolle Werkzeugkasten tötet dabei die Atmosphäre, und das verleiht dem Abenteuer trotz eines durchaus dunkel-sinnlichen Grundtenors einen klinischen Anstrich und nimmt dem Spielabend Dynamik.

Ich empfehle also wirklich nur erfahrenen Spielleitern, die sehr viel Vorarbeit investieren wollen, dieses Abenteuer in Angriff zu nehmen und mit Leben zu füllen.

Leider muss ich den Daumen für die fehlende atmosphärische Dichte und auch für die Tabellenfriedhöfe etwas senken.

Daumen3maennlich

Artikelbild: Ulisses Spiele

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Über den Autor

Lars ZeschkeLars Zeschke ist freier Redakteur bei teilzeithelden.de und verstärkt das DSA-Team.  Er ist seit vielen Jahren treuer, aber kritischer Fan des Rollenspiels. Der seit 2011 freiberufliche Marketing-Berater nennt Hamburg seine Heimat und hat das Motto „Ich packe mit an!“

 

 

 

 

2 Kommentare

  1. Nun ich will ja nicht ranten, aber zu dieser Rezension (und dem darin rezensierten Abenteuer) muss ich unbedingt mal selbst Dampf ablassen.
    Zuallererst einmal die Metapher mit dem Werkzeugkasten. Diese finde ich sehr gelungen, das Regal, welches damit jedoch aufgebaut werden soll…ist alles andere als schön, noch passt es mit dem restlichen Mobiliar welches im Zimmer Namens Aranien steht wirklich zusammen.
    Da wäre zum Beispiel das Vergebungssystem. Regeltechnisch eine sehr schöne Idee, doch in dieser Situation völlig falsch angebracht. Wir reden hier nicht von einer zweifelnden Dame die mehr aus Zufall in den Pakt gerutscht ist. Dimiona ist a) wahnsinnig und b) sah sie sich immer als die rechtschaffene Herrscherin und Mystikerin die sie in Oron darstellen wollte. Beides lässt Schleierfall in Dimionas Charakterisierung völlig vermissen. Ist sie plötzlich über den Tod ihres Vertrauten hinweggekommen? Durch welche Hilfe? ich bezweifle dass Belkelel heutzutage auch Psychotherapie in ihren schwarzen Gaben aufgelistet hat. Außerdem wird auch nirgendswo erklärt warum sie ihre satuarischen Fähigkeiten nicht mehr benutzt, was macht das für einen Sinn? Die Mhoguli wurde insgesamt völlig sich selbst entfremdet und würde man mir die beiden Charaktere (pre SF Dimiona und SF Dimiona) nebeneinandersetzen, ich hätte Probleme sie als die selbe Person zu erkennen.
    Dann kommen wir zu meinem persönlichen größten Dorn. Khelbara.
    Oh wie ich diesen Charakter verabscheue.
    Wobei, das hier ist keine Rezension zu Schleiertanz, sondern zu Schleierfall, kommen wir also zu Rasulan.
    Oh wie ich diesen Charakter verabscheue.
    Mir scheint bei diesen beiden, ohne zu viel Spoilern zu wollen, dass der Autor einfach mal große Lust hatte, seine Wichsvorlage in ein wichtiges, aventurienveränderndes Abenteuer einzubauen (damit ist Khelbara gemeint, aber Rasulan hat da ja ebenfalls Bezug zu).
    Mir erschließt sich immer noch nicht, wie Khelbara auch nur im geringsten Plotrelevanz hat. Alle Szenen mit ihr sind vorrangig dazu da, dass die Dame ihren ach so wichtigen eigenen Handlungsstrang (der nichts mit Schleiertanz und -fall zu tun hat) vorantreiben zu lassen. Die einzigen anderen Szenen mit ihr bauen eine fadenscheinige Plotrelevanz auf, wobei man sie ohne Probleme mit jedem anderen Charakter hätte austauschen können.
    Außerdem interessiert es mich wie eine Dame wie Khelbara in der Lage ist, Schüler auszubilden wenn sie doch scheinbar zeitgleich wichtige eigene DInge zu tun hat als auch noch Abenteurer begleiten muss etc. Mir stinkt das eindeutig nach ‚Meine tolle Mary-Sue muss unbedingt in allen Büchern vorkommen wo ich die Finger drin hab‘. Hoffen wir nur das Alex Spohr nicht auch noch die Haffax-Splitterdämmerungsbände abbekommt, ansonsten dürfen wir wohl demnächst Khelbaradämmerung Band 3, Khelbara im Fürstprotektorat lesen.
    Es ist lachhaft dass ein AB mit solchen Charakteren wie Rasulan und Khelbara überhaupt durchgewunken wurde.
    Tut mir leid, wenn ich im unteren Part ein wenig persönlich wurde, aber mir liegt das Thema Aranien/Oron sehr am Herzen, und ich finde es mehr als bedauerlich, dass es so ruiniert wurde.

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