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Dramatisch! Einzigartig! DAS LARP-Ereignis 2015! All das waren Begriffe, die dem Projekt: Exodus als Vorschuss-Lorbeeren schon lange vor Start des Spiels aufgedrückt wurden. Doch konnte es diese Erwartungen erfüllen?

Im Vorfeld

Als die Anmeldung im Dezember nach einer ca. zweimonatigen und sehr intensiven Werbephase online ging, waren, wie erwartet, innerhalb von knapp 72 Stunden alle 85 Plätze vergeben. Dabei wurde geschickter Weise auch gleich über einen Fragebogen abgeklopft, welche Rolle man sich zu spielen vorstellen kann, was für ein Typ LARPer man ist und welche Kleidungsgröße man benötigt.

Dieses Abfrage-System scheint auch im Großen und Ganzen funktioniert zu haben. Bis auf einige wenige Spieler, die überhaupt nicht in ihr Charakter-Konzept fanden, waren doch die Meisten mit ihren Rollen sehr zufrieden. Die SL wies jedem eine Figur zu, die jedoch nur einen groben Rahmen sowie ein paar Querverbindungen zu anderen Figuren darstellte und rief zugleich dazu auf, selbst eigene und neue Charakter-Details zu ergänzen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man hier viel Freiraum bekam und die eigenen Ideen von den anderen Spielern sehr gut angenommen und gestützt wurden.

Weltraumfrachter Hesperios
Weltraumfrachter Hesperios

Was im Vorfeld neben ein paar Appetithappen, wie z.B. Fotos vom Kulissenbau oder mehreren Kurzgeschichten, besonders beeindruckte, war die gute Öffentlichkeitsarbeit des Veranstalters, die verdientermaßen auch zu einigem Medienrummel führte. So konnte man bereits ein bis zwei Wochen vor dem Spiel in den verschiedensten Online-Magazinen über Exodus lesen, darunter waren auch einige internationale Magazine – bis hin zu einer Falschmeldung, in der eine australische Zeitung fälschlicherweise berichtete, bei Exodus ginge es darum, dass die Bundesregierung zukünftige Diplomaten und Politiker ausbilden ließe. Eine ausführliche Link-Liste zu den Artikeln findet sich am Ende dieses Berichts.

Alles in allem brach man acht Wochen später ziemlich „gehypt“ in den Norden auf und die Erwartungshaltung war gigantisch.

Spieleinstieg

Tatsächlich verdient dieser Teil des Spiels bei Exodus eine eigene Erwähnung. Nicht nur, weil die Anreise nach Wilhelmshaven für viele ein weiter Weg war, sondern auch, weil sich die Spielleitung hierfür eine Menge ausgedacht hatte. Von Mittwochmittag bis Donnerstagnachmittag wurden die Spieler systematisch auf alle Aspekte des Spiels vorbereitet.

Exodus baute in groben Zügen auf das vor zwei Jahren in Göteborg (Schweden) stattgefundene Monitor Celestra auf. Und wie mir einige Anwesende berichteten, die bereits in Göteborg Erfahrungen sammeln durften, hatten die Exodus-Veranstalter aus den Fehlern des „Originals“ gelernt und waren vorbereitet. Eine der größten Verbesserungen war, dass man schon vor dem Check-in einer von vier Gruppen zugeordnet wurde: „Crew der Hesperios“, „Flüchtlinge der Sun Chariot“, „Vergis Corporation“ und „Pegasus Militär“. So war keiner der folgenden Workshops zu groß, die Kostümausgabe ging flott über die Bühne und alle Orga-Mitglieder hatten viel Zeit und Raum, auf alle individuellen Probleme und Nöte einzugehen. Top!

Letzte Worte der SL vor Start einer Episode
Letzte Worte der SL vor Start einer Episode

Über die Workshops zu OT-Sicherheit auf dem Schiff, Charakter- und Gruppen-Hintergrund sowie die Einführung an den Softair-Waffen muss ich nicht viel schreiben. Hier wurde knapp und sinnvoll in die entsprechenden Themen eingeführt. Spannender wurde es beim Exodus-Regelwerk und dort insbesondere bei den Kampf-Regeln. Die Veranstalter legten darin den Grundstock für große Teile der späteren Spannung im Spiel – die Macht und Bedeutung von Waffen.

Das Konzept legte im Grunde fest, dass jemand mit einer gezogenen (Schuss-)Waffe andere Personen „kontrollieren“ kann. Diese tun dann, in einem gewissen Rahmen, alles was derjenige, der die Situation kontrolliert, will. Diese Philosophie legt die Darstellung der Waffe im Grunde in die Hände all derer, die eben keine Waffen haben und zugleich trägt der Inhaber der Waffe die Verantwortung dafür, die Spielsituation auch wieder aufzulösen. Was jetzt vielleicht etwas kompliziert klingt, war im Spiel jedoch relativ simpel und hat sich erschreckend realistisch angefühlt.

Episoden-LARP

Nach dem letzten Workshop startete Donnerstag gegen 16 Uhr dann das Spiel. Es war, wie im Vorfeld schon angekündigt, in vier Episoden aufgeteilt. Das geschah zum Teil aus organisatorischen Gründen (wir konnten nicht auf dem Schiff übernachten) sowie, um der Spielleitung die Möglichkeit zu geben, zwischen zwei Episoden Zeit vergehen zu lassen.

Rot und unwirklich zeigt sich die Realität am Bord eines Raumfrachters
Rot und unwirklich zeigt sich die Realität am Bord eines Raumfrachters

Frieren im Frachtraum der Mölders

Rückblickend war wohl das Wertvollste am Episoden-System, dass wir niemals länger als 8-9 Stunden am Stück an Bord des „Gefrierschranks“ waren, wie die Mölders nach Episode I von einigen Spielern getauft wurde. Ich durfte selbst die ganze erste Episode auf dem untersten Frachtdeck verbringen, das völlig unbeheizt war, während das Hafenbecken rund um die Mölders gefror. Die Veranstalter hatten zwar schon im Vorfeld auf Wärmekleidung hingewiesen (inklusive eines „How-to“-Vidoes über Thermo-Unterwäsche), stand man jedoch eine Weile nur herum, sickerte die feuchte Kälte auch durch sechs Kleidungsschichten.

Zu viel kontinuierliche Handlung

Doch zurück zum Episodensystem: Insgesamt kam es, für mich sehr überraschend, insgesamt nur zu einem einzigen Zeitsprung. Die anderen Episoden spielten eine kontinuierliche Handlung. Hier wurde meiner Meinung nach viel Potential vergeben, insbesondere, weil durch größere Zeitsprünge noch besser der Zusammenbruch von Gesellschaft und Zivilisation hätte dargestellt werden können. In der Serien-Vorlage geht es in den ersten 5-6 Folgen auch nur um technische oder militärische Konflikte. Die tiefer liegenden menschlichen Probleme, die langfristig auch mehr Spannung bieten, kommen schließlich erst zu Tage, als sich die unmittelbare Bedrohung durch die Cylonen etwas abschwächt.

Die Veranstalter entschieden sich aber bewusst dazu, hier nicht steuernd einzugreifen. Darauf angesprochen, antwortete mir Dirk Springenberg in seiner Funktion als Projektleiter: „Das Episodensystem war Teil des ‚plotlosen‘ Eventspiels, in dem wir uns vorgenommen haben, Spiel aus den Impulsen der Teilnehmer zu generieren und höchst interaktiv auf deren Spielanregungen einzugehen. […] Am Ende der Szenen haben wir immer intensiv diskutiert, ob ein Zeitsprung aus dramaturgischen und spieltechnischen Gesichtspunkten günstig ist.“

Aus Spielersicht verstehe ich zwar den Ansatzpunkt, bin mir allerdings nicht sicher, ob der „Mix“ wirklich aufgegangen ist. Die SL verzichtete zwar weitgehend darauf, das Spiel durch NSC und Plot zu „steuern“. Blieben aber im Folgenden Spannungen zwischen den Spielergruppen aus, so hatten sie auch nur wenige Möglichkeiten, das Spiel wieder anzukurbeln.

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Ich selbst hatte in meiner Rolle das Glück, in jeder Episode ein anderes Deck zu bespielen. War ich Anfangs noch Vergis-Wachmann im Bereich der Frachträume und Labors in den Eingeweiden des Schiffes, so ging es in Episode 2 für mich auf das Hauptdeck und in den Personenschutz. Danach folgte als Job „Checkpoint-Posten“ auf Deck 2 (Funk, Quartiere etc.) und in der letzten Episode schließlich war ich Sicherheitschef der Brücke und durfte dort die letzten Momente des Raumfrachters Hesperios erleben.

Es war also von allem etwas dabei – aber ich musste mir auch alles Spiel selbst generieren wenn ich nicht „nur banal wachestehen“ wollte. Das war ja auch so geplant gewesen und hat, zumindest für mich, super geklappt. Allerdings habe ich auch ein paar Stolpersteine im Spielsystem entdeckt.

Spieler-Vernetzungen

Ein Großteil des Spiels zwischen den Spielern sollte aus den im Vorfeld in die Charakter-Geschichten integrierten Vernetzungen erfolgen. Für Kenner der Serie sei kurz gesagt: Wir hatten alles an Bord. Einen Ha’la’tha Clan, eine sagittarische Terrorzelle, Tauronenhasser, Mitglieder der Caprican Nationalist Party, eine Rätin des Zwölferrates, Graystone Industries, die Vergis Corporation, das Marine Corps, ein Team von Caprica News und noch viele, viele mehr.

Diese Vernetzungen haben jedoch, meiner Meinung, nach nur teilweise funktioniert. Zwar hatte ich selbst viel Spaß damit, meine Verbindungen noch weiter auszubauen und mir frei noch mehr einfallen zu lassen – was super angenommen wurde. Ich selbst wurde zwar nur von einem anderen Spieler angespielt, wusste jedoch OT, dass es da noch mehr gegeben hätte. Insgesamt hörte ich nach dem Spiel von vielen Spielern, sie wären viel zu sehr mit ihrer „Hauptaufgabe“ beschäftigt gewesen, um sich aktiv mit ihren „optionalen Charakter-Verknüpfungen“ zu beschäftigen.

Die Spieler kontrollierten Aktion und Reaktion selbst

Um zu erklären, was ich damit meine, muss ich kurz ausholen. Die Gruppierung „Hesperios Crew“ hatte, in Form des Schiffes, ein gigantisches Spielzeug zur Verfügung. Die Spielleitung hatte mit großer Mühe und Aufwand über das ganze Schiff Terminals und Bordsysteme verteilt, mit deren Hilfe man Reaktorleistung, Energieverteilung, Viren im Bord-Computer und noch viel mehr darstellen sowie Strahlungslecks und Hüllenbrüche simulieren konnte. Dabei wurden sowohl Aktion wie auch Reaktion (!) in die Hände der Spieler gelegt. Entschied z.B. die Brückencrew, jetzt den dritten Not-Sprung in Folge durchzuführen, reagierten die Maschinenraum-Techniker mit einer Reaktor-Überhitzung inklusive Thylium-Strahlungs-Leck. Dies führte zu einem extrem dynamischen, spannenden und höchst immersiven Spiel mit dem Schiff, das sich unglaublich „echt“ anfühlte und kaum SL-Eingriffe erforderte.

In welchem Universum bin ich gerade nochmal? Ach ja - BSG!
In welchem Universum bin ich gerade nochmal? Ach ja – BSG!

Soweit so gut. Das System verdonnerte jedoch alle anderen Anwesenden auch häufig zum Zuschauen. Die Flüchtlinge an Bord erlebten während der zweiten Episode eine Beinahe-Katastrophe nach der anderen und wurden ständig von links nach rechts gescheucht. Hier wurde durch die Crew zwar Spiel erzeugt – in erster Linie jedoch für sich selbst. Die Folge war leider, dass immer häufiger (OT-) neidische Blicke auf deren Rollen und Spielplätze geworfen wurden, insbesondere auf die der Brückencrew.

Auch darüber sprach ich nach dem Spiel mit Dirk und er antwortete: „Ja, fast alle Krisen wurden von Spielern erschaffen: Es gab Sabotage, Hacking, geheime Signale, um andere Schiffe anzulocken, Herunterfahren der Firewall, damit sich Cylonen-Viren verbreiten konnten u.v.m.“ Aus den Erfahrungen vom Monitor Celestra, an dem auch Dirk teilgenommen hatte, wurde auch mitgenommen, dass mehr Wert auf den Hintergrund der Flüchtlinge gelegt werden musste. Die Projekt-Leitung ist auch nach jeder Episode auf die Spieler zugegangen und hat um direktes Feedback gebeten. Dirk meint dazu: „Mit den Spielern der Ha’la’tha und der SFM (Sagitarische Terroristen) habe ich noch am Ende sehr intensiv gesprochen und sie waren selbst der Meinung, dass sie nicht alle ihrer Kontakte und Verbindungen genutzt hatten. Niemand von ihnen hat beispielsweise versucht, die Techniker überhaupt anzuspielen, da sie dachten, sie würden deren Spiel stören. Über diese Zurückhaltung der Spieler müssen wir uns noch einmal Gedanken machen.“

Das führte mich zu der Überlegung, ob wir als Teilnehmer wirklich verstanden hatten, worauf die Veranstalter mit ihrem LARP-Konzept hinaus wollten? Die Frage, die ich mir seit letztem Wochenende am häufigsten gestellt habe war:

Waren wir bereit für dieses LARP?

Wir alle fuhren letzte Woche mit sehr hohen Erwartungen nach Wilhelmshaven und erlebten fünf wundervolle Tage und viele Stunden mit erschreckend hoher Immersion, die insbesondere dem mit unglaublich viel Herzblut dekorierten Schiff zu verdanken war. Selbst die Innenseiten der Spinde auf dem Frachtdeck waren mit Pyramid-Sport-Postern oder Colonial-Marines-Werbe-Aufklebern verziert. Der „Tisch der Trauer“, auf dem wir Überlebenden die Fotos unserer vermissten Lieben sammelten, das Schwarze Brett in der Messe, an dem wir alle Informationen von den Kolonien und aus dem Funkraum versammelten, die Filmclips von der Bombardierung und Zerstörung der Kolonien … da waren so viele Stellen auf dem Schiff, die 1:1 in das Set einer Folge Battlestar Galactica (BSG) gepasst hätten.

Techniker im Einsatz
Techniker im Einsatz

Bereit für das Setting, aber nicht auf die Spiel-Philosophie?

Aber so gut wir auf das Setting und Szenario vorbereitet waren, so wenig waren wir es auf die dahinter stehende LARP-Philosophie. Dirk sagte nach dem Spiel zu mir: „Das intensive Konfliktspiel war klar im Vorfeld in den Charakteren angelegt. Wir waren als Spielleitung sehr erschrocken, als wir bereits in der ersten Episode das konditionierte Liverollenspieler-Verhalten entdeckten: ‚Wir bringen alle unsere Informationen zusammen, um den gemeinsamen Plot zu lösen.‘ Wie mir in vielen Gesprächen gesagt wurde, hatten viele Spieler Angst, den anderen mit zu konfliktreichem Spiel das Spiel zu verderben.“

An diesem Punkt muss ich dem Veranstalter zustimmen. Wir rutschten als Spieler alle zu schnell in bekannte Denkmuster. Anstatt konfliktorientiert unsere Figuren konsequent, wie von der Spielleitung vorgegeben, durchzuziehen, behielten viele einen zu starken Blick auf das Meta-Spiel und spielten zu kooperativ. Das Pegasus-Militär etwa enterte kurz nach Spielstart das Schiff, erschoss den Kapitän und sperrte alle Zivilisten unter Vorwand einer angeblichen Epidemie in das Frachtdeck. Diesen Zustand beendeten sie aber sehr bald wieder, als sie bemerkten, wie kalt es dort war: Man konnte „ja niemandem zumuten, dort unten Spielspaß zu haben“. Das führte jedoch dazu, dass es keinen äußeren Feind für die Flüchtlinge gab und sie niemals eine wirkliche Gruppe bilden konnten.

Auch meine eigene Partei, die Vergis Corporation, welche den Frachter ursprünglich gechartert hatte, um an Bord illegale Experimente mit Cylonen-Technologie durchzuführen, ließ die Spieler ziemlich früh in unsere Geheimlabore. Vermutlich aus dem Gedanken, dass auch andere Spieler in den Genuss der „coolen Kulissen und Spielorte“ kommen sollten. Aber dadurch nahmen wir der Gesamtsituation Konfliktpotential, da wir selbst plötzlich für niemanden mehr „die Bösen“ oder auch nur ein Hindernis waren.

Schlussendlich führte dies dazu, dass spätestens ab Episode 3 (von 4) alle Spieler-Gruppen an einem Strang zogen und einen Feind bzw. Plot suchten, den sie gemeinsam lösen oder bekämpfen konnten. Da es diesen aber seitens der SL nicht gab, schwammen wir gefühlt etwas sinnfrei durch den Weltraum und flüchteten aus einer misslichen Lage in die nächste.

Besonders an Bord eines Raumfrachtes kann die Atmosphäre bedrückend werden
Besonders an Bord eines Raumfrachtes kann die Atmosphäre bedrückend werden

Finale und Fazit

Die Auflösung der Geschichte erfolgte schließlich in einer Hommage an die Serie. Wir erreichten nach fast einem Dutzend Sprüngen den Kampfstern Pegasus, dessen Kommandantin – ganz konform zu Staffel 2 der Serie – ihren Soldaten befiehl, den FTL-Sprung-Antrieb auszubauen und anschließend das militärische Personal auf die Pegasus zu evakuieren. Kurz darauf stürmten Pegasus-Marines die Brücke, und die Crew der Hesperios starb, inklusive ihres Sicherheits-Offiziers, im Kugelhagel der Sturmgewehre.

Dieses Finale war an Fatalismus und düsterer Hoffnungslosigkeit nicht mehr zu übertreffen und setzte einen würdigen Schlusspunkt ans Ende einer Verkettung von dystopisch-zwanghaften Entscheidungen. Erneut kann man nur sagen: top!

Für mich persönlich hätten es im Spiel davor gerne deutlich weniger „Tech-Babble“-Momente geben dürfen. Die Serie grenzt sich ja vor allem auch dadurch von Star Trek, SG1 und dergleichen ab, dass es bei Battlestar Galactica eben nicht um den Heisenberg-Konverter und dessen korrekten Einbau durch Wesley Crusher geht, sondern um (zwischen-)menschliche Probleme. Und genau davon hätten wir gut noch eine Menge mehr vertragen, statt dem 3. Thylium-Strahlungs-Leck.

Die eingehende Frage beantwortend, muss ich also mit einigen Tagen Abstand sagen: Ja, es war definitiv ein LARP-Ereignis, das Seinesgleichen sucht. Wenn man während der Zugfahrt nach Hause schon auf der Titelseite von Spiegel-Online und dem NDR über das LARP, auf dem man eben war, erste Berichte liest, dann ist einem klar, dass man gerade Teil von etwas Besonderem war. Aber leider muss man auch sagen, dass die Hesperios und ihre Insassen am spielerischen Potential dieser Veranstaltung vorbeigeschippert sind. Und daher gilt für mich: bitte macht einen Teil 2, aber erst frühestens ab Herbst!

Vor-Berichte

 

Berichterstattungen

 

Artikelbilder: Wikimedia CC-Commons, Projekt Exodus, Fotografien: Fabian Geuß

Über den Autor

Fabian GeußAls Veranstaltungsleiter des ConQuest hat Fabian Geuß seit den Anfängen 2004 maßgeblich zu dessen Entwicklung und Einfluss auf das deutsche LARP beigetragen. Abseits von Mythodea ist er seit 1997 begeisterter Rollenspieler. Dabei ist er zwar fest im Fantasy-Genre verwurzelt, aber hin und wieder auch auf Gegenwarts- und Endzeit-Cons zu finden.

 

 

5 Kommentare

  1. Ich war auch auf der Exodus und ich sehe es nicht ganz so.
    Ich hatte den ersten Tag auch das Gefühl das es sehr „Larpig“ wurde, aber spätestens nach Episode 2 änderte es sich.
    Die Motivation zusammen zu arbeiten war nicht Plot orientiert, sondern es ging um das nackte Überleben.
    Ich habe mit einigen Leuten IT wie OT gesprochen und es war der Tenor „die Welt draußen ist nicht mehr, aber wir haben das Schiff das jetzt unsere Welt ist“ . Es gab einige Leute die gezielt versucht haben aus ihrer Position Leute mit einer IT Motivation zusammen zu bringen. Und es gab genügend Leute die dagegen steuerten. Ich selbst- mein Charakter hatte sich entschieden zu arbeiten und nicht nach zu denken-. das Ziel war das Schiff zu retten- habe genau weil es eben keine wirkliche Zusammenarbeit gab einen heftigen Einbruch gehabt (IT verstehst es sich habe ich heulend auf der Treppe gestanden) Vieles schien zusammen zu laufen, tat es aber nicht weil es einige der Chars durchaus verstanden haben ihre Eitelkeiten zu pflegen. Für mich war es viel schwieriger das wir, die wir Versuchten das SChiff zu retten; egal aus welchen Gründen auch immer, ständig unter „Beschuss “ standen. Das soll hieß für mich, die ich einen bodenständigen pflichtbewußten Charakter spielte, das ich keine Zeit hatte für irgend etwas anderes. Eine ruhiger Phase, die auch diesen Leuten Zeit für Besinnung, Trauer…etc gelassen hätte wäre begrüßenswert gewesen. Wie auch immer das zu erreichen gewesen wäre ist dabei erst einmal unerheblich. Dito hätte auch ich mir das Militär konsequenter gewünscht.
    Das wir von Vergis nicht sofort fest gesetzt wurden und verhört hat mich bis zum Ende gewundert. Besonders nachdem ich irgendwann wußte welchen Auftrag das Militär hatte. Das hat in meinen Augen viel Potential raus genommen.
    Wir von Vergis sind nicht eingeknickt weil wir Leuten unsere tollen Sachen zeigen wollten, sondern weil wir als Mitarbeiter gehörig schiss hatten, nachdem einige Dinge dort unten passiert sind. Inclusive das man uns weiß machen wollte unser Chef sei Cylone. Ich glaube das das ganze in der Gesamtheit schlecht zu beurteilen ist , weil auf ganz vielen Ebenen sehr sehr viel gleichzeitig passierte. Außerdem ist es für Leute die noch nie in einem Sandbox Scenario gespielt haben, sehr schwierig am Anfang Fuss zu fassen. Die Ereignisse waren zudem, warum auch immer, so das selbst ich – die ich ein absoluter Plotvermeider bin- mich stark an Plotgeschichten erinnert gefühlt habe, mir aber OT durchaus bewußt war das es nicht so ist. Die misslichen Lagen die oben zitiert wurden, sind tatsächlich dadurch entstanden das Leute ob geziehlt oder nicht gegeeinandr gearbeitet haben. Ich könnte Dir da Dinge erzählen.
    Das Ende haben wir nicht mitbekommen weil wir im Frachtraum versuchten den gegrillten Hybriden zu retten.
    Aber die Navigatorin hat noch auf den Knopf gedrückt und die Hesperios hat einen letzten Sprung ins Ungewisse gemacht.
    Alles in allem habe ich von dem Larp schon einiges an Erfahrungen und Lernprozessen mitgenommen. Als Person, Spieler und auch als Orga für unsre eigenen Sandbox Cons(was aber sichrlich der unbedeutenste von allen Aspekten ist)
    Ich fand vieles sehr gelungen und ich glaube das einige Spieler auch erst im Nachhinein reflektieren was sie dort für Erfahrungen mit nehmen konnten. Ich habe mit einigen Kontakt und es hat schon durchaus Denkansätze gegeben die dem ursprünglichen Gedanken der Veranstaltung entsprechen. Das es nicht in der Gesamtheit so gelaufen ist…der beste Plan überlebt den Spielerkontakt nicht. ;-)

  2. Ich habe als Smutje einmal den Versuch gestartet, einen gemeinschaftlichen Umtrunk in der Messe mit den letzten Ambrosia-Vorräten zu veranstalten. Dummerweise kamen immer wieder andere, oft auch wichtigere, Dinge dazwischen. War schon schwer genug, einen Zeitpunkt für das Essen zu finden. Also einen Zeitpunkt wo nicht gerade der Reaktor am Schmelzen war, die Hälfte der Spieler durch Hüllenbrüche nicht in die Messe gekommen wären, bewaffnete Leute herumballerten oder mit Geiselnahme gedroht wurde.

    Aber auch das hat ja die Atmosphäre ausgemacht – es war kalt, unwirtlich und man hatte irgendwie zu fast jedem Zeitpunkt Angst um sein („virtuelles“) Leben. Mit Erbsensuppe und Bockwurst zitternd unterm Tisch zu hocken weil gerade wieder eine Situation eskalierte, das hatte schon was.

    Natürlich ist Sandbox-Gaming knifflig. Und es war sicher nicht jeder glücklich mit seiner Rolle oder mit dem was aus seiner Rolle geworden ist. Immerhin bleibt so noch Optimierungspotential für eine Fortsetzung, so es sie denn tatsächlich irgendwann (nicht vor Herbst..) geben sollte. Und sowohl die Spieler als auch die Orga haben einiges gelernt würde ich sagen. Und sei es nur „verdammt, im Weltall ist es schweinekalt“ ;) .

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