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Mit angemessener Verzögerung und erfolgtem Versand der über 100 Gewinne der großen Weihnachtsumfrage 2014, wollen wir nun die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Eines sei zuvor gesagt – das war in vielen Belangen die größte Aktion, die teilzeithelden.de je gemacht hat. Nicht nur hat der Versand vier Wochen gedauert – Information an die Gewinner, Rücklauf der Adressen, Verpackung und Versand immer en bloc samstags – sondern auch die schiere Menge der Gewinne hat alles überschattet. Es haben 537 Leute mitgemacht, von denen 30 ihre privaten Daten nicht hinterlassen haben. Zur Umfrage 2013 hat sich somit die Teilnehmerzahl mehr als verdoppelt.

Unser besonderer Dank gilt den Verlagen und Anbietern 13Mann Verlag, Daedalic Entertainment, Heidelberger Spieleverlag, Feder & Schwert, Heinrich-Tüffers-Verlag, Insel Verlag, Marco Ansing, Mantikore Verlag, Panini Comics, Pandastorm Pictures, Pegasus Spiele, Redaktion Phantastik, Uhrwerk-Verlag, Ulisses Spiele, Wizards of the Coast, Zauberfeder Verlag und X-Score, die so freundlich waren, uns die Preise zur Verfügung zu stellen.

Auf vielfältigen Wunsch stellen wir hier die kompletten Umfrage-Ergebnisse 2014 als ZIP mehrerer Exceldateien zum Download.

Systemverhalten

Welche Systeme werden akut gespielt?

Mit 22,88 % hat sich, wie erwartet, DSA weit nach vorne abgesetzt. Shadowrun (11,21 %) und Cthulhu (7,89 %) folgen. Bei Zweiterem wurden auch andere chuthuloide Systeme reingezählt. Danach folgen D&D (6,12 %) und Pathfinder (5,72 %). Also keine großen Überraschungen an der Stelle. Glückwunsch geht hier an Splittermond, das sich unter den nachfolgenden Systemen immerhin mit 4,19 % durchsetzen konnte. Bei der Auswertung fiel uns auf, dass wir derartige Fragen besser stellen müssen, denn im Freitextfeld tauchten Systeme auf, die eigentlich mit der Liste abgefrühstückt waren. So fanden wir zum Beispiel viele Nennungen von Vampire: The Masquerade, auch wenn die Old World of Darkness in der Liste stand.

Welche Settings bedienen diese Runden?

Auch hier gab es wenige Überraschungen. Der Markt ist nach wie vor von Fantasy nicht übersättigt und (un)satte 38,54 % bewegen sich in diesem Genre. Science-Fiction und Horror folgen sogleich mit 13,60 % und 12,67 %. Direkt danach folgt Cyberpunk mit 11,66 %. Die einzige Überraschung war, dass trotz des bahnbrechenden Erfolges der Marvel-Filme nur 1,17 % Superhelden-Systeme spielen.

In welchen Settings würdest du gerne spielen?

Hier spiegeln sich die Ergebnisse der vorherigen Frage. Platzhirsch ist auch hier Fantasy mit 23,01 %, gefolgt von Science-Fiction mit 13,44 % und Horror mit 12,10 %. Setzen wir diese Ergebnisse in Relation zu den meistgespielten Systemen, haben viele Shadowrunner ihren Haken bei Science-Fiction gesetzt, denn Cyberpunk findet sich erst bei 9,36 % und Urban Fantasy bei 6,05 %. Abgeschlagen sind wieder die Superhelden mit 3,45 %. Degenesis hat für ein Erstarken der Postapokalypse gesorgt. In dieser würden gern ungefähr 6 % spielen.

Wie viele verschiedene Systeme spielst Du?

Der Großteil von euch spielt zwei Systeme zur gleichen Zeit (37,3 %). Mehr als drei verschiedene Systeme spielen nur die Wenigsten unter euch, nämlich knappe 9 %.

Warum spielst Du genau diese Systeme?

Aufgrund des Freitext-Charakters der Frage fällt die Auswertung schwerer als bei einer Multiple-Choice-Frage. Die meisten jedoch haben angegeben, dass das System gut zum gewählten Setting passt oder die Gruppe gemeinsam entscheidet, was gespielt wird. Nur knapp 10 % haben angegeben, dass sie auch gern Neues austesten. Hier stellt sich bereits ein Trend ein, der später noch untermauert werden soll. 16,3 % gaben an, dass sie nicht mehr Zeit für weitere Systeme haben. In unseren Augen geht das einher mit dem steigenden Alter und der damit weniger werdenden Freizeit durch Beruf, Familie und anderes. Mehr dazu unten.

Überraschend war zu einer Zeit, zu der viele Systeme kostenlos als PDF verfügbar sind, dass auch einige angaben, dass sie zu wenig Geld für weitere Systeme haben. Ob das jedoch in fanatischer Sammelmanier oder Einkommensschwäche begründet ist, können wir nicht sagen.

Wie oft spielst Du im Monat?

Passend zu den Systemen spielen die meisten drei oder viel Mal im Monat (29,01 %). Wie sich das jedoch auf die Systeme aufteilt, können wir nicht beurteilen. Seltener als einmal im Monat oder öfter als vier Mal spielen jeweils circa 14 %.

Trends

Auf welche Systeme wartet ihr am meisten?

Hier wird Traditionsbewusstsein offenbar. Satte 82,5 % warten auf gar kein angekündigtes System. Das hat uns wirklich überrascht, haben wir doch angenommen, dass das Internet und zahlreiche Werbekampagnen dafür gesorgt haben, dass sich viele Rollenspieler nach neuen Ufern umsehen. Zu den Systemen, die jedoch erwartet werden, gehört ganz an der Spitze Numenera in der deutschen Version (34,26 %). Das hat sich auch bereits in dem (für deutsche Maßstäbe) sehr erfolgreichen Crowdfunding auf Startnext gezeigt. DSA5 hingegen erwarten nur 12,66 %. Danach wird die Liste sehr schmal und kein System konnte sich mit mehr als 3 % behaupten.

Gab es 2014 Rollenspiel-Systeme, auf die ihr nach Erscheinen direkt umgestiegen seid?

Auch hier zeigt sich, dass der Rollenspieler von Welt seine Komfortzone ungern verlässt. 73,3 % sind auf nichts Neues umgestiegen. Beim Rest jedoch zeigt sich wiederum Numenera als Spitzenreiter mit 34,56 %, gefolgt von Star Wars: Am Rande des Imperiums mit 11,03 % und D&D5 mit 9,56 %. Alle weiteren Systeme bewegen sich unter der 5-%-Marke. Der Kampfpreis von Shadowrun 5 hat sich also vielleicht nicht als so markterschütternd gezeigt, wie zuerst angenommen.

Wechselst Du auf eine neue Version?

Wiederum beweist sich, dass der Rollenspieler ein Gewohnheitstier ist. Fast 30 % wechseln die Edition/Version gar nicht, mit der sie spielen. 37,8 % warten zumindest, bis die erste Errata oder Quellenbücher da sind. Nur 16 % steigen sofort um. Der verbleibende Rest will die Kampagne zu Ende bringen, wartet auf Rezensionen oder nennt andere Gründe, die den Umstieg verhindern.

Wie stehst Du zu Betaversionen?

41,7 % finden den Ansatz sehr gut, haben aber noch nicht mitgemacht. 30,5 % finden den Ansatz gut, aber nur, wenn das Testmaterial kostenlos ist. Üppige 22,3 % haben sogar schon bei einem Betatest mitgemacht. Nur 5,6 % finden den Ansatz nicht gut.

Spielst Du weiter mit Betaversionen?

Nein, das offenbar nicht. 91,9 % blicken Betaversionen nach Veröffentlichung der Finalversion nicht mehr an.

Statistisches

Wie lange spielst Du Rollenspiele?

Hier zeigt sich deutlich die Überalterung der Szene. 52,1 % spielen bereits seit mehr als 15 Jahren! Immerhin 11 % spielen seit 5-10 Jahren. Hier kann der Eindruck aufkommen, dass die Herr der Ringe-Filme und Konsorten doch für Zulauf in der Szene gesorgt haben. Im ersten Moment erschreckend: 2,4 % spielen seit unter einem Jahr. Gar nicht mehr so erschreckend wirkt diese Zahl, wenn man von einem linearen Wachstum pro Jahr ausgeht. Das würde auf fünf Jahre dann 12 % ausmachen, was sich passend zu den Angaben der Befragten in der entsprechenden Kategorie darstellt. Interessant wäre es, zu eruieren, ob die Größe der Szene abnimmt oder zunimmt. Doch herauszufinden, wieviel Prozent wann mit Rollenspiel aufgehört haben, ist schwer, wenn nicht gar unmöglich.

Wie alt bist Du?

Mit nur minimal unter 50 % rangiert die Spitzengruppe zwischen 25 und 34 Jahren. Setzen wir das in Relation zur vorherigen Frage ist das Einstiegsalter zwischen 11 und 19 Jahren zur Mitte/Ende der 90er Jahre gewesen. Gab es dort einen großen Boom? Aus dem privaten Umfeld kennen wir ähnliche Werte. Die 35-44-Jährigen sind die zweitgrößte Gruppe mit 34,9 %. 16 bis 24 sind immer noch 10,6 %.

Mann oder Frau?

Die Szene braucht mehr Frauen! Nur 13,2 % der Teilnehmer sind weiblich.

Was ist die erste Ziffer deiner PLZ?

Die großen Ballungszonen sind auch die mit den meisten Rollenspielern. 20 % von euch leben im 4er-Gebiet mit, unter anderem, dem Ruhrgebiet. Auch die 5er-Räume (16,00 %) und 3er-Räume (12,2 %) können sich immerhin noch sehen lassen. Auf alle anderen Gebiete verteilt sich der Rest ziemlich gleichmäßig, nur Bayern kann im 9er Raum nochmal 10 % erreichen. Ein Hoch auf drachenzwinge.de und Google Hangout, die Spiel über weite Distanzen fast wie am Spieltisch ermöglichen.

Schlusswort

Rollenspieler sind offenbar Gewohnheitstiere – die drei großen Systeme in Deutschland sind seit Jahren die gleichen und neue Versionen werden erst nach gewisser Vorlaufzeit oder gar nicht akzeptiert. Zugleich altert die Szene und Nachwuchs gibt es kaum – und dass der Nachwuchs das Internet noch nicht für sich als Informationsquelle erobert hat, ist wohl kaum anzunehmen.

Der mögliche Nachwuchs von heute beschäftigt sich lieber mit digitalen Medien als wir einst in den 80ern und 90ern – wir hatten doch nichts! Gut, außer Pong und Turrican. Aber stimmt, wir hatten keine weltweiten Communities und sozialen Netzwerke. Die Kids heutzutage haben sie und finden daher viel schneller Anschluss an existierende Spielerkreise. „Wir“ hatten uns und niemanden, der uns Tipps geben konnte. Wenn wir Fehler bei den Regeln gemacht haben, wussten wir es nicht besser und es war daher nicht schlimm. Erst später kamen wir auf die Idee, nach Rollenspielvereinen Ausschau zu halten.

Heutzutage ist alles viel vernetzter, Rollenspiel findet auch virtuell statt. Hilfegesuche und Regelfragen werden von Bekannten aus den Weiten des virtuellen Internets viel schneller beantwortet. Oh, und noch was hatten wir damals nicht. Das „Du spielst das falsch und nur ich weiß, wie es richtig geht!“.

Ob diese Mithobbyisten verstehen, dass sie so Nachwuchs verschrecken, aus dem Hobby treiben und Teile der Szenenbranche zu Recht als Freaks (und meist so auch sich selbst) hinstellen?

Rollenspiel ist aktiv und wird zelebriert und große Publikumsmagnete wie der Herr der Ringe haben für einen Zuwachs gesorgt. Das scheint nachweisbar zu sein. Aber vielleicht – oder gerade weil – das Internet eine so bedeutsame Rolle für Nachwuchs hat, sollten wir vor allem da weniger „Du machst das falsch!“ sagen, sondern mehr „Komm, ich zeig Dir, wie es einfacher oder besser geht.“.

Artikelbild: ladyaustin auf freeimages.com

 

22 Kommentare

  1. Der Schlusssatz ist sicher nicht falsch aber ganz sicher nicht richtig.

    Es hat sicher nichts damit zu tun das Leute sagen: „Junge du machst das falsch!“ oder „So spielt man das nicht.“. Es liegt ganz einfach daran das Rollenspiele absolut keinen Fortschritt mehr machen. Ein innovatives Spielsystem das nur noch 2w6 anstatt 3w20 braucht ist kein Fortschritt.

    Wem macht denn schon das lesen von 500 Seiten am Computer Spaß? Wer kann sich überhaupt so lange am Computer konzentrieren wenn nebenher Facebook die Aufmerksamkeit will und Twitter die aktuellen Nachrichten bringt. Damit möchte ich keine Vorurteile verbreiten. Ich spreche von mir selber.

    Wenn ich ein Rollenspiel lernen möchte schnappe ich mir entweder gleich das Buch oder drucke mir die PDF aus weil ich mich sonst sowieso nicht konzentrieren kann. Wirklich sinnvoll sind für mich PDFs erst wenn ich nur noch Suchen und Finden muss und das sonstige Regelsystem verinnerlicht habe.

    Wenn Rollenspiele wirklich in die Zukunft aufbrechen wollen müssen sie die großen Schritte wagen. Wo sind die Applikationen? Die full responsive Webseiten? Die Wikis? Das Rollenspiel von morgen muss es dir ermöglichen das du nur noch dein Charakterkonzept einträgst und du sofort spielen kannst. Das du keine Regeln mehr auswendig lernen musst sondern die Sache einfach nur noch läuft.

    Alle Spiele marschieren ins neue Jahrtausend nur die Rollenspiele bleiben zurück.

    • Das ist so nicht ganz richtig. Es gibt diese „fortschrittlichen Rollenspiele.“ Ein paar Beispiele:
      – Fiasko etwa sitzt an der Schnittstelle von Brettspiel, Erzählspiel und Rollenspiel
      – Hero Kids ermöglicht einfaches Anlernen von Kindern
      – Finsterland besitzt ein komplettes Wiki des Spiels (als Kanon)
      – Nova Praxis experimentiert mit „Augmented“-PDF
      – Fate und Savage Worlds machen mit schmalen, sehr benutzerfreundlichen Erweiterungsbänden alles richtig

      Das alles ist progressiv. Das Problem sind die Spieler, die seit 20 Jahren dasselbe zocken und diese Innovationen nicht annehmen.

    • „Das alles ist pro­gres­siv. Das Pro­blem sind die Spie­ler, die seit 20 Jah­ren das­selbe zocken und diese Inno­va­tio­nen nicht annehmen.“

      Nö, das Problem sind die Innovationen, die offenkundig niemand braucht. Mag ja sein, daß Du das „progressiv“ findest, aber es wird augenscheinlich konsequent am Publikum vorbeientwickelt.

    • Danke Dirk Walbrühl für die Anmerkungen,

      einige der Punkte sind mir tatsächlich vollkommen neu (was nicht gerade für die verschiedenen Rollenspielblogs und die etablierten Nachrichtenkanäle spricht) andere kenne ich tatsächlich bereits.

      Man sieht ja auch bereits hier in der Diskussion wie Nachwuchsgenerierung und Fortschritt laufen soll: „Ich mach das schon immer so, also wird das auch immer so gemacht und deshalb sollen alle anderen es auch so machen.“. Traurig.

  2. Auf jeden Fall eine spannende Umfrage und durchaus interessante Ergebnisse.

    Was mir noch fehlt: Ein Link auf die Fragen. Ich erinnere mich z.B. bei den RPGs gar nicht mehr, ob man da eins, drei oder beliebig viele wählen konnte – ich meine, das hattet ihr auf die drei häufigsten eingeschränkt?

    Bildet ihr die Prozentzahlen gegenüber der Personenzahl als Gesamtheit (dann wären es ja bei mehr als einem Systemen auch mehr als 100% im Tortendiagramm) oder gegenüber den Gesamteinzelstimmen?

    Eine System Top 10 oder Top 20 wäre in jedem Fall auch interessant!

  3. Soeben haben wir im Artikel die kompletten Umfrage-Ergebnisse zum DL gestellt. Die Prozentraten rechnen wir jeweils zu den Antworten der Frage. Bei den Systemen konnte man bis zu drei wählen.

  4. Hmm, ich bin skeptisch, ob die Zukunft des Rollenspiels über den Weg der zunehmenden Multimedia-Unterstützung gehen sollte. Technik am Spieltisch kann Sinn machen (z.B. Musik zur Atmosphäreuntermalung), aber Computer, Smartphone oder ipad… das macht mir viel zu sehr die Stimmung kaputt. Rollenspiel bedeutet doch vielmehr: Intime Runde von guten Freunden, stimmige Beleuchtung, tiefe Immersion, Fantasie und Kreativität, eine spannende Geschichte und am wichtigsten – ein echter GeschichtenERZÄHLER am Tisch. Mit diesen Leuten steht und fällt alles (rar wie sie leider sind). Die Situation des Spiels ist doch im Grunde sehr „archaisch“ – und das ist gut so. Gerade das ist die Magie.
    Was die Verlage anbieten, ist der Rahmen des Settings und das Regelgerüst, im besten Fall Input für neue Geschichten in Formen von Quellen- und Abenteuerbänden. Die beste Investition in die Zukunft des Rollenspiels ist meiner Ansicht nach immer noch Menschen die Möglichkeit zu bieten, es zu erleben. Dort sollte angesetzt werden (und wird es ja teilweise auch schon). Vor allem aber müssen Rollenspiele langfristig in die Buchläden zurück, in einer Form bei der Verlage, Buchhändler und Fans gemeinsam arbeiten.

    • Rollenspiele sollen langfristig zu dem Ort der stirbt?

      Die Kundschaft von morgen sitzt nicht im Buchladen. Sie sitzt vor dem Computer, vor dem Smartphone oder vor dem IPad. Sie nutzt Youtube, Facebook und Whatsapp um zu kommunizieren und bestellt ihre Sachen über Amazon.

      Natürlich kann man das alles ignorieren weil einem das nicht gefällt. Natürlich kann man niemanden dazu zwingen die Medienrevolution für die eigenen Zwecke zu nutzen und natürlich verstehe ich es auch wenn Menschen das gute alte Buch bevorzugen um zu lesen oder den Tisch um mit ihren Freunden zu spielen.

      Man kann dann aber nicht erwarten das andere mitziehen und so das eigene Hobby gerettet wird.

  5. Die Einstiegshürden für Neulinge sind einfach sehr hoch. Selbst wenn eigentlich Interesse am Thema besteht, wird sich schnell ausgeschaltet, sobald die Regelbücher ins ‚Spiel‘ kommen. Die schiere Menge an Text erschlägt einfach viele Menschen. Das durfte ich schon oft erleben. Aufmachung, Gestaltung, wußte alles sehr zu gefallen – aber wenn es dann an die Regeln geht, schalten viele ab. Leider geht auch der Irrglaube um, man müsse alles gelesen haben, um spielen zu können. Da kann man noch so oft beteuern, dass dem nicht so ist. Schade.
    Dann kommen noch die hohen Preise für Publikationen dazu – viele haben einfach keine Lust „reinzuschnuppern“, wenn allein die Basisregeln 40€ oder mehr kosten. Vorallem dann, wenn man – wie bei DSA – nur sehr rudimentär damit spielen kann.
    In Systemen wie ‚Werwolf‘ oder ‚Fiasco‘ sehe ich Chancen, neue Spielergruppen für das Thema zu sensibilisieren und begeistern. Dort wird auch nicht so eine starke Immersion vorausgesetzt, wie in einer ‚klassischen‘ Runde. Diese Spiele spielt man einen Abend, und dann war es das. Während bei einem ’normalen‘ RPG oft schon die Characktererschaffung diese Menge an Zeit konsumiert. Vielen Menschen scheint das einfach zu aufwendig. Es ist ein Zeichen unserer Zeit, das alles schnell und einfach zu konsumieren ist. Sei es Musik, Filme oder auch Literatur. Und das geht bei einem Rollenspiel nur schwer; und vielleicht liegt genau daran der Knackpunkt.
    Wobei es ja auch durchaus neuere Formate gibt ( z.B. Rocketbeans ‚Pen & Paper‘ oder Orkenspalter TV), die sich scheinbar recht großer bzw. wachsender Beliebtheit erfreuen. Bei den Rocketbeans-Leuten sehen regelmässig 35.000 Leute (im Livestream!) zu, wie die Jungs, ganz klassisch mit Würfel und Stift, ein eigenes Rollenspielsystem spielen. Das lässt hoffen.

  6. Mich wundert in der Umfrage eigentlich nichts. Wenn man versucht eine andere Runde als DSA im Fantasybereich aufzumachen ist es immer recht schwer hier die passenden Spieler zu finden. Für mal eben unter der Woche ist das Spiel zu komplex und man hat eben nicht jedes Wochenende mal Zeit. Schaue ich in meinen Kalender sind die Wochenenden zu bis in den April… alles Verpflichtungen, die ich gerne mit Freunden & Familie nachgehe. Rollenspieler waren immer eine extra Gruppe von „Freunden“ und aus dem Grund habe ich jetzt auch 2014 mit dem aktiven Spielen bzw. Leiten aufgehört. Es war mir zu viel Aufwand alles vorzubereiten. Jetzt spielen wir vielleicht zweimal im Jahr. Dafür brauche ich keine Produkte mehr. Da reicht der Kram, den ich mir in den letzten 17 (!) Jahren zugelegt habe sowas von aus. Und – mal ehrlich – vieles wiederholt sich. Gut ich spiele eben gerne klassisch Fantasy, da braucht man dann nicht viel… Das Hobby ist eben ein Hobby aus den 80igern und 90igern und wir tragen es mit uns. Mit der Zeit stirbt es eben und verschwindet aus dem Mainstream… ist ja nicht schlimm und schon anderen Hobbies oder Freizeitbeschäftigungen passiert. Rollenspiel trifft eben nicht mehr den Zeitgeist…

  7. @ Fortschrittliche Rollenspiele:
    Die Geschichte hat mMn sehr viele Dimensionen.

    1) Eine ist: Die Publikationsform (dicke Bücher!) ist für Spiele eigentlich völlig ungeeignet. (In den Jugendjahren bin ich, als ich im Fantasyladen Warhammer-Minis erworben habe, an diesen „komischen Wälzern“ vorbeigegangen! Und das als als Fantasy/SF/Geschichts- und Bücher-Liebhaber.) Es gibt ein paar nette Versuche, Komplett-Pakete anzubieten, wie die Narrativa-Reihe von Ulisses. Ohne erheblichen Makel jedoch, ist keiner davon. (Die Spiele der Narrativa-Reihe sind z.B. als physikalisches Produkt und damit als eben als Komplettpaket nur als mega-teure, hochwertigst produzierte Sammlerausgabe zu bekommen.)

    2) Die Einsteigergeschichte, über die Tagschatten schon vielfach geschrieben hat.

    3) Viele innovative Spiele sind von ihrer Herangehensweise, bzw. in ihrer Anwendung relativ limitiert. Das gilt nicht nur für klassische Indies wie FIASKO oder Polaris, sondern auch für Spiele, die es in den „Mainstream“ geschafft haben, wie WFRP3, D&D 4, Savage Worlds oder FATE. Um eines dieser Spiele überhaupt spielen zu können, müssen sich ALLE Spieler mit den Limitierungen arragieren können. (Das Problem hat man bei „klassischeren“ Spielen weit weniger ausgeprägt.)

    … für meinen Teil kann ich sagen, dass „Innovation“ kein Merkmal ist, nach dem ich Rollenspiele kaufe, bzw. für den Spieltisch aussuche. Zu den Spielen, die ich mit wenig Einarbeitungszeit leiten/erklären kann, gehören ganz verschiedene Spiele.

    Zu den „Innovativen“ gehören:
    Prince Valiant Storytelling (1989), Everway (1995), Fiasko (2009), Urchin (2007).

    Zu den „Regulars“ gehören:
    o/cD&D-Varianten (1974 – 1991) wie Lamentations of the Flame Princess (2010), Crypts & Things (2012) oder Labyrinth Lord (2007, dt. Version 2009) sowie WFRP2 (2005) und Schattenjäger (2008).

    @ Zeitgeist:
    Dass Rollenspiel insgesamt „out“ wäre, kann ich aus meinem Umfeld nicht bestätigen. Sowohl unter den Mitstudierenden als auch unter den Jungscharkindern hätten sich immer genug Interessenten fürs Rollenspiel gefunden.
    Häufig aber fehlte es mir an passender, d.h. konsensfähiger Spielgrundlage (v.a. Regeln, manchmal auch Setting) sowie an Vorbereitungszeit. Meistens beides. Manchmal auch an „Zubehör“. (Kurz: Die meisten Rollenspiele sind unglaublich amateurhafte Produkte, wenn man sie unter den Gesichtspunkten von Zugänglichkeit, Benutzbarkeit und „komplettes Spiel zum zeitnahen Losspielen“ betrachtet. Fiasko eingeschlossen!!)

    • “ sind von ihrer Her­an­ge­hens­weise, bzw. in ihrer Anwen­dung rela­tiv limi­tiert“ peil ich nicht. Kannst das erklären? Was ist wie wo limitiert? Sind nicht gerade Fate und Savage Worlds universalsysteme? Was sind dann klassischere Spiele? DSA oder Brettspiele? cO

  8. Universalsystem bedeutet, ich kann vieles bespielen. Das ist das WAS“. SaWo und FATE sind sehr limitiert darin, WIE man etwas bespielen kann. Bei ihnen, ähnlich bei D&D 4 und WFRP 3, drängen sich die Mechanismen sehr in den Vordergrund und limitieren die Varianz der Spielweisen, nicht der Spielwelten. Context und Content.

    • Klar gibt es bei SaWo und Fate spezielle Mechaniken, die Metagaming fördern. Aber insgesamt sind die so simpel und entschlackt, dass die Regeln im Vergleich zu „klassikern“ wie DSA in den Hintergrund treten. (nochmal: was sind sonst Klassiker?) Ich hab bei SaWo und Fate noch NIE eine Regeldiskussion am Tisch gehabt, noch davon auf Cons gehört. Abgesehen davon iss es ja garnich sinnvoll, möglichst viele Spielweisen unter einen Hut zu kriegen. Spezialistensysteme sind besser als Allrounder, die meist nur einen billigen Kompromiss bieten, mit dem alle irgendwie unglücklich sind. Da seh ich den Vorteil nich.

    • Ich denke, was er meint ist die verlegerische Seite. „Spezialistensysteme“ sind von einem marktwirtschaftlichen Standpunkt aus schlecht, weil sie einigen Spielern zwar mehr Spaß machen, aber ihren eigenen Absatzmarkt einschränken. Hobbys tendieren zu Spezialisierung und Segmentierung im Verlauf der Zeit. Im Brettspielbereich ist es ähnlich. Casual-Brettspieler spielen Siedler, Monopoly und Zombies!!! – Core-Brettspieler packen hals Robinson Crusoe aus, basteln eigene Szenarien mit Villen des Wahnsinns oder bauen Decks mit Netrunner. Da ist in meinen Augen kaum noch Schnittmenge. Der Markt ist gezwungen die verschiedenen Segmente zu bedienen. Sehr wenige Spiele schaffen den Spagat dazwischen (X-Wing, Dominion etc.) und stellen mehrere Spielweisen zufrieden.

  9. Mmh… Also ich finde die Ergebnisse einerseits interessant, andererseits sind sie wohl nicht sehr repräsentativ. ;)
    Ich beobachte nämlich ein anderes Phänomen: Der Anteil derer, die sich sowohl am Spieltisch, als auch in den Webcommunitys tummeln ist äußert gering.
    In meinen drei Spielrunden, mit insgesamt rund 13-15 Leuten, bin ich der einzige, der online aktiv ist. Es fährt auch niemand auf Cons oder andere überregionale Ereignisse. In meinem mittleren P&P-Bekanntenkreis, der ungefähr 70 bis 100 Personen umfasst, ist nur eine weiterer Spielleiter online aktiv.
    Das deckt sich auch mit früheren Beobachtungen, aus meiner Heimatregion. Auch das prozentuale Verhältnis der Geschlechter ist meines Erachtens eher 55% Männer, 45% Frauen. In meinen Runden sind die Frauen sogar klar in der Überzahl.
    Onlinediskussionen in Foren und Communitys sind allgemein immer männlich geprägt. Das gilt für fast alle Nerd-Hobbys. Eine Ausnahme ist vielleicht Cosplay, wo es anders herum ist.
    Doch selbst die härtesten, langjährigen DSA-Fans unter meinen weiblichen Spielern, wüssten mit Newsseiten wie Nandurion absolut nichts anzufangen.

    Insofern kann ich nur den letzten Satz des Artikels dick unterstreichen: Wir Onlineaktiven müssen aufpassen, dass wir potentielle MitspielerInnen nicht vergraulen. „Komm, ich zeig dir wie es einfacher oder besser geht.“ Das sollte unser Credo sein.

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