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Ich bin endlich dort, wo ich hin wollte. Jenseits des atomaren Feuers, das vom Himmel fiel und die Welt in das verwandelte, was wir aus Filmen und Spielen wie Mad Max und Fallout kennen. Mitten in der Endzeit, zwischen Zonern, Hetzern, Strahlern, Zivilisten, Mutanten und allem anderen, was sich hier sonst noch herumtreibt.

Haste was, biste was

Jetzt, so kurz vor dem Start zu meinem ersten Besuch des Gran Paradiso Roadhouse Clubs – organisiert von  Larp-Art – in Wuppertal, fällt mir siedend heiß auf, dass es wohl ein langweiliger Abend werden könnte. Ich habe kein Geld! Also keine In-Time-Währung. Auf einer Convention könnte man sicherlich Arbeit finden, aber in einer Taverne wird da die Luft dünn. Um als Animierdame arbeiten zu können, müsste mein Bart weg, was ganz und gar ausgeschlossen ist. Zum Tellerwaschen habe ich keine Lust, und das setzt auch das Vorhandensein von Tellern voraus. Und für einen glaubhaften Bettler bin ich zu voluminös. Mir ist klar, dass mein Charakter nicht viel mehr besitzt als das, was er am Leib trägt, und das ist recht wenig. Also gilt es aus dem, was ich habe, das Meiste herauszuholen. Ich stocke meine Bestände an Akkus und eisernen Rationen im Supermarkt auf und nehme noch ein altes, überzähliges, kernloses LARP-Messer mit. Damit sollte sich genügend Tauschmaterial für ein paar Bier in meinen Taschen befinden. Falls es Bier gibt und die Thekenbesatzung Akkus wechseln kann.

Bekannte Gesichter in einer fremden Welt

Nach eineinhalb Stunden Fahrt bin ich in Wuppertal und der Ort, an dem das Gran Paradiso eröffnet hat, ist schnell und problemlos gefunden. Ein Seesack voll Gewandung, ein Schlafsack und ein Feldbett sind auch schnell ausgepackt. Hier fällt mir der erste Unterschied zum Fantasy-LARP auf: Die Ausrüstung ist, zumindest in meinem Fall, wesentlich kompakter und komplett am Mann zu tragen. Als Alchemist oder Magier wird das Spiel-Equipment da schnell unübersichtlich. Die Gruppe der Ödland-Orga, die mich überhaupt erst zum Endzeit-LARP brachte, ist schon vor Ort. Bekannte Gesichter für mich, man kennt sich aus dem Fantasy-Genre. Das Feldbett wird verstaut, der Seesack geleert, der Inhalt angezogen. Hierbei wird mir klar, dass ich einen taktischen Fehler in meine Gewandung eingebaut habe: Die Teile passen wie angegossen. Nur habe ich nie alles zusammen, und übereinander angezogen. Und so passt nun der Gürtel, der gut die Hälfte meiner Ausrüstung trägt, nicht mehr um die Panzerung meines Overalls. Meine Freude, für allgemeine Heiterkeit zu sorgen kennt keine Grenzen. Ich versuche noch den Bauch einzuziehen, um den Gürtel zu schließen, aber  unter einem nicht nachgebenden Panzer bringt auch das logischerweise keine Veränderung. Na gut, ich habe die Nase voll. Es ist eben Endzeit, und der Gürtel wird als defekt definiert und über die Schulter geworfen.

Die erste Quest, die steht nun fest

Ich habe also drei Aufgaben für diesen Abend: Überleben, Geld besorgen und meine Ausrüstung verbessern. Fun-Fact: Ich habe etwas später herausgefunden, dass es sich hierbei um die absoluten Kernprobleme in diesem Genre handelt. Um viel mehr geht es nicht. Nur die Wege zum mehr oder weniger erfolgreichen Bestehen dieser Prüfungen sind immer wieder anders.

Es ging also schnell und unbürokratisch Intime. Man betritt den Gran Paradiso Roadhouse Club durch die schwere Metalltür der ehemaligen Industriehalle und steht vor einem kleinen Bretterverschlag. Man bezahlt den Eintritt und lädt eine Tavernen-Chipkarte mit OT-Geld, dann empfängt man noch ein Begrüßungsgeld von 5 Roadhouse-Pesos als IT-Startkapital, und das Spiel kann beginnen. Begleitet von einem mulmigen Gefühl, den prüfenden Blicken einiger schwer bewaffneter und schlecht gekleideter Gangster nach 50er-Jahre-Vorbild und wagen Hoffnungen auf etwas zu trinken, betrete ich den Club. Das Bild, was mich empfängt, ist schwer zu beschreiben. Man nehme eine Sperrmüllhalde, lasse dort eine Plakatdruckerei aus den 50er Jahren explodieren, jage einen verrückten Disco-Designer aus den 70er Jahren hindurch und würze das Chaos mit Militärschrott aus Vietnam. Dazwischen tummeln sich einige Gestalten in verschiedenen Stadien des Gewandungszerfalls. Sauber ist keiner und alles in diesem Raum, was sauber war, wurde liebevoll mit Farben auf alt getrimmt, zerfetzt und wieder geflickt. Eine große Bühne beherrscht die eine Seite des Raumes, eine Bar und ein Händlerverschlag die andere. Wild im Raum verteilte Tische, Stühle, Kabeltrommeln, Sofas und Sessel laden nur deshalb zum Verweilen ein, weil die Kleidung, die man trägt, sowieso schon auf dreckig getrimmt ist. Ich fühle mich gleich irgendwie heimisch.

Ist das Mode? Oder kann das weg?

Das Zweite, was ins Auge sticht, wenn man sich erstmal gesetzt hat und die Augen sich an die farbige, immer wieder die Lichtstärke verändernde Beleuchtung gewöhnt haben, sind die allgegenwärtigen Waffen. Und ich rede hier von WAFFEN! Umgebaute und bemalte Nerf-Blaster sind allgegenwärtig, es reicht vom einschüssigen Derringer über Revolver, Pistolen und Schrotpistolen bis hin zu Gewehren, Sturmgewehren, Flinten, Maschinengewehren und Panzerbüchsen. So gut wie jeder trägt sie und meistens gleich mehrere. Für mich stellt diese Zukunftsversion beruhigende Aktienkurse in Aussicht: Die Waffenindustrie hat überlebt und ist auf einem stetigen Expansionskurs. Das Zweite, woran kein Mangel herrscht, ist Militärkleidung. Gut die Hälfte der Anwesenden gibt durch ihr Erscheinungsbild zu erkennen, dass sie sich irgendwelchen größeren oder kleineren, militärisch organisierten Einheiten zugehörig fühlt. Behelfsmäßige Panzerungen wechseln sich mit Splitterschutzwesten und militärischen Plattenträgern ab. Mir wird schmerzlich bewusst, dass ich in meiner realen Militärzeit in den 80er Jahren bei weitem nicht so gut ausgerüstet und geschützt war wie diese Leute hier, die nur spielen wollen. Die anwesenden Zivilisten stellen ein recht buntes, abwechslungsreiches Bild dar. Hier ist an Bekleidung alles vertreten, es finden sich Anzüge bei Spielern der Fraktion des Kartells, leichte Straßengang-Bekleidung mit der Grundfarbe Giftgrün der Irish Brotherhood und Mäntel der Marke „Pennerglück“. Kein Kleidungsstück ist zu hässlich, um hier nicht eine neue Bestimmung zu finden. Natürlich, nachdem es geschreddert, geflickt und bemalt/verdreckt wurde. Hässlich allein genügt hier eben nicht. Und individuellere Gewandungen habe ich selten im LARP gesehen. Jeder scheint hier ein Bastler zu sein. Oder zumindest einen zu kennen. Allgemein sehe ich hier ein Gewandungsniveau, das mir auf der einen Seite vom Aussehen allein das Wasser in die Augen treibt, und gleichzeitig begeistert. Jetzt beginne ich mich richtig wohlzufühlen.

Manfred Schneider (c) Lazlo Rudolph
Manfred Schneider (c) Lazlo Rudolph

Durst macht erfinderisch

Nach einer kurzen Bestandsaufnahme der im Raum befindlichen Feuerkraft und der daraus resultierenden Gewissheit, dass mein Charakter hier die Überlebenschancen einer Erdnuss in einer Lastwagenladung tollwütiger Eichhörnchen hätte, wenn er Dummheiten macht, bleibt mir keine Wahl: Ich muss ehrlich zu Geld kommen. Ein erster Besuch an der Bar hat schon die Hälfte meines Startkapitals aufgezehrt. Aber gerade, als ich mich geistig auf einen recht trockenen Abend einstelle, fällt mein Blick auf den Händler-Verschlag, der soeben öffnet. Also schnappe ich mir meinen gewissenhaft verdreckten, mit Handelswaren gefüllten Leinenbeutel und mache mich auf den Weg. Der Andrang ist groß und so habe ich die Gelegenheit, die Auslagen zu begutachten. Hier gibt es nun wirklich alles, was das Herz begehrt, inklusive einem Tipp für Neueinsteiger: erhandelt Eure Ausrüstung. Von Schutzmasken, Schläuchen und Filtern über Taschen, Rucksäcke und Beutel bis zu Kram, Zigaretten, Polstermessern und sogar Nerf-Blastern ist alles bei diversen Händlern zu bekommen. Und zwar inklusive schönem Spiel, vorgefertigter Verdreckung in diversen Stadien und der Möglichkeit, die wildesten Kombinationen an Ausrüstung miteinander zu vereinen. Und so zog ich dann nach einigen lauthals geführten Verhandlungen, erleichtert um ein Messer, einige Schachteln Zigaretten und  zwei Hände voll Akkus, und um ein jetzt passendes Gürtelsystem und 110 Pesos zusätzlich bereichert wieder von dannen. Jetzt geht es mir schlicht saugut.

Ich bin angekommen, also geht es jetzt los

Bis jetzt habe ich also überlebt, ich habe Geld in der Tasche, also kann ich mir Essen und Trinken kaufen und meine Ausrüstung passt jetzt wirklich und ist tragbar. Die drei Hauptaufgaben, die ich mir gestellt hatte, waren also erfüllt. Der Rest des Abends lässt sich in zwei Wörtern zusammenfassen: Spielspaß pur. Ich schaute mich im Club um, lernte Zoner kennen, habe Digger getroffen, und nach einem angelegten Schnellverband wurde mir sogar eine Anstellung und Ausbildung zum Sanitäter offeriert. Ich geriet in eine Meinungsverschiedenheit mit der Irish Brotherhood, die mit einer Verbrüderung und einem gemeinsamen Bier endete. Ich hatte eine Audienz bei der Elster, der Chefin des Kartells. Mir wurden Essen, Schläge und Frauen angeboten. Des Öfteren. Na ja, und nicht immer in dieser Reihenfolge.

Alles in allem ein fantastischer Abend, bei dem ich auch als absoluter Endzeitneuling immer sofort Gesprächs- und Spielpartner fand. Und an diesem Abend, in leichter Panzerung und praktisch unbewaffnet, wurde nicht einmal eine Schusswaffe auf mich gerichtet. Fast konnte man die Endzeit für eine rundum friedliche Sache halten. Okay, es gab drei Tote, an denen ich nicht beteiligt war. Also echt nicht. Ich schwöre. Aber dieser, zumindest für mich friedliche Abend war nur der erste Vorgeschmack. Ich denke, ich hatte aufgrund meiner eigenen Ungefährlichkeit Welpenschutz. Aber dieser Vorteil war beim zweiten Besuch schnell vorbei …

Als Hai unter Haien

Wie ich bereits erwähnte, war der ursprüngliche Auslöser meiner Reise in die Endzeit die Anfrage eines Freundes, ob ich nicht auf dem Con Bunker Springs, Für einen Becher Wasser der Ödland-Orga nicht als NSC mitwirken könnte. Der Charakter dieses NSC ist nicht friedlich, sondern ein Veteran der Streitkräfte der Bunkerfraktion RG-1. Hierfür war eine andere Gewandung vonnöten, die ich mir parallel zu der meines friedlichen Charakters zusammenstellte.

Der Mini-Con Wastelander of the Year, der ebenfalls im Gran Paradiso Roadhouse Club in Wuppertal stattfand, war für mich dann die Gelegenheit, das Ödland mal von der Spitze der Nahrungskette aus zu begutachten. Hier war nun keinerlei Zurückhaltung mehr angesagt. Ein schwerer Plattenträger am Rumpf, Schulter-, Arm- und Beinpanzer, Stahlhelm und Nackenschutz sowie eine Sturmschrotflinte und diverse Nahkampfwaffen verliehen mir gleich ein ganz anderes Auftreten. Nun wurde ich nicht mit dem Interesse eines Rudels Hunde an einer geöffneten Chappi-Dose angesprochen, ich war auf einmal eine Gefahr, oder zumindest ein Gegner auf Augenhöhe. Verstärkt wurde dies noch dadurch, dass noch andere Mit-NSC dieselbe Gelegenheit wie ich beim Schopf packten und wir uns so untereinander in-time kennen lernen konnten. Also standen dort acht bis an die Zähne bewaffnete Krieger einer neuen, so gut wie unbekannten Fraktion, die nicht einzuschätzen waren. Es war so ein ganz anderes Spiel zu beobachten, ein vorsichtiges Abtasten, erste Gespräche, diplomatische Kontaktaufnahmen. Also auch ohne die Orga wären wir ständig im Spiel gewesen. Nur dies war kein gemütlicher Tavernenabend, dies war ein Con. Die Dinge bleiben nur so lange friedlich und überschaubar, wie es den Spielleitern gefällt. Und es gefiel ihnen nicht lange.

… und am Ende macht man ein Ritual

Hauptgefreiter Walther Ulbrich (c) Housemeista
Hauptgefreiter Walther Ulbrich (c) Housemeista

Als ich nun diese Convention besuchte, hatte ich nicht im Leisesten eine Ahnung von dem, was mich erwarten würde. Im Gran Paradiso Roadhouse Club gibt es den Clubraum, und einige angrenzende Räume, ebenfalls auf herunter gekommenem Industrie-Standard. Es gibt kein Außengelände oder Freiflächen, also fragte ich mich die ganze Zeit, was die Orga mit ca. 60 Leuten in einem Raum veranstalten wollte. Ein hübscher Anfang wurde durch die Anwesenheit einer Tanzgruppe gemacht, die „Lolas“, die kurz nach dem Time-In auch schon für den ersten Plot-Ansatz sorgte. Bei der Anreise wurde uns durch die SL eine der Tänzerinnen vorgestellt, die wir bei unserer Reise durch das Ödland befreit hätten. Verletzt, unterkühlt und halb ohnmächtig schleppten wir sie in den Club, versorgten sie und wurden von ihrer Chefin Lola mit Dank überschüttet. Nach und nach kam dann der Hintergrund ihres Weggangs heraus, sie fand ihren Vetter wieder und stellte den Besuch einer zwanzigköpfigen Raider-Gang in Aussicht, die noch Gesprächsbedarf mit ihr hätten. Dies wurde dann zum Dreh und Angelpunkt der sich immer schneller überstürzenden Ereignisse.

Es würde den Rahmen dieses Berichts sprengen, auch nur halbwegs den Plotverlauf wiederzugeben. Aber er enthielt eine Gruppe von grenzdebilen Hillbillys, eine Gruppe tödlich Verstrahlter, die zu uns hereingetrieben wurde, Gasangriffe, Mutantenbesuche, Barrikadenbau, Stellungskrieg, Scharfschützen, drei Geiselnahmen, einen in den Rücken geschossenen Iren und andere böse Geschichten. Die Medics und Sanitäter waren im Dauereinsatz, Munition und Verbandsmaterial wurden knapp, es wurden Freiwillige für Bluttransfusionen gesucht, eine OP an der Wirbelsäule des angeschossenen Iren bildete das Highlight des Medic-Spiels. Mir persönlich ist es schleierhaft, wie die drei anwesenden Medic-Spieler es geschafft haben die komplette Bühne innerhalb einer Stunde zu einem glaubhaften OP umzugestalten oder wo sie das Material herhatten. Aber es war durchgängig eine wunderschöne Bedrohungslage zu spüren. Das Einzige, was komplett fehlte, war ein Ritual. Es war nicht mal im Ansatz zu finden. Rituale helfen nicht gegen Kugeln. Und das ist gut so.

Besonderheiten der Endzeit

Wer das erste Mal die Endzeit besucht, wird feststellen, dass die Spieler hier leicht anders „ticken“ als der Großteil der Spieler im Fantasy-Genre. Das Ganze wurde mir endgültig klar, als ich bei der Stürmung eines Unterschlupfes der uns belagernden Raider angeschossen wurde. Nachdem ich mich mit einem Schulterdurchschuss auf den Boden fallen ließ, spürte ich nur noch, wie Hände mich am Koppeltragegestell an den Schultern packten, mir die Waffe aus der Hand nahmen, und ab ging die wilde Fahrt, Rückwärts über den Betonboden bis zu den Medics im Hauptraum. Ich hörte den rauen Beton an meiner Kleidung und Ausrüstung schleifen, ich sah die Staubwolke, die sich hinter mir bildete, und das Einzige, was mir durch den Kopf schoss, war: „Geil, Verschleißspuren für lau!“. Andere Verwundete wurden kurz danach ebenso schwungvoll angeliefert wie ich zuvor. Da gab es kein vorsichtiges Aufheben, kein geflüstertes „Lauf lieber, hier ist es dreckig!“ oder „Vorsicht, meine Borte geht kaputt.“ Als dann die Medics zu mir kamen und feststand, was mir fehlte, wurden mein Koppeltragegestell, mein Plattenträger und die Schulterpanzerung abgeschnallt und der darunterliegende Panzerkombi in Kunstblut getränkt. Aha, Verbände über der Rüstung tragen, wie ich es auf allen Fantasy-Veranstaltungen sah, fällt hier also auch aus. Nach dem Öffnen und Herunterziehen des Kombis und der Info „Durchschuss“ erfolgte ein erneutes Blutbad auf dem Hemd, an dem dann die Schere angesetzt wurde und kurz darauf trug ich einen fachmännisch vorn und hinten angebrachten Druckverband, bekam noch eine Injektion, und die Meute der blut- und schneidwütigen Medics zog zum nächsten Opfer. Ich war begeistert. Das ist Heilerspiel, wie es sein sollte, bis auf eine reale Verletzung war das hier „echt“. Auch von der Heilung her werden hier andere Maßstäbe angelegt. Ich konnte am nächsten Morgen zwar wieder die Panzerung anlegen, aber die Schulter war nach Orga-Ansage immer noch steif und nicht voll belastbar. Die Fantasy-Variante, wo Leute nach fast tödlichen Verletzungen nach einer Stunde wieder übers Schlachtfeld toben, fällt hier also auch aus. Dadurch resultiert natürlich eine viel größere, „echte“ Angst verletzt zu werden. Heldenmut wird da schnell mit einem Arm in der Schlinge für den Rest des Cons belohnt.

Mir persönlich haben alle diese Erfahrungen sehr zugesagt. Die Stimmung war durchgängig dicht, Out-Time-Blasen sind mir so gut wie keine begegnet. In meinen Augen war dieses LARP, wie es sein sollte und wie ich es nur sehr selten im Fantasy-Genre gesehen habe. Dies ist nichts für Leute, die auf eine saubere, maßgeschneiderte Seidenrobe mit mundgeklöppelten Ozelot-Applikationen Wert legen. Es ist eine Welt, die rau und hart ist, in der man schnell lebt, aber auch schnell sterben kann. Meine Reise in die Endzeit ist hier auf jeden Fall zu Ende. Aber nicht, weil ich nun zum mir so gut bekannten Fantasy-Genre zurückkehre, sondern weil ich angekommen bin. Die Endzeit macht süchtig nach mehr, und gerade in der Einfachheit liegt hier der Reiz: überlebe, verdiene Geld, verbessere deine Ausrüstung. Ich bin sehr gespannt, wo mich diese kurze Liste zu erledigender Dinge noch hinführen wird. Vielleicht sieht man sich ja in der Endzeit. Vielleicht habt ihr ja sogar Glück, und wir stehen auf derselben Seite. Falls nicht: bringt gutes Zeug mit, das ich euch nach eurem Tod abnehmen kann.

Ich würde mich freuen, wenn ich den einen oder anderen von euch durch meinen Reisebericht animieren konnte einmal selbst den Weg in dieses Genre anzutreten. Aber vergesst nicht genügend Filter für eure Atemmasken einzupacken. Dekontamination ist teuer.

Ende

Fazit

Nach den Vorbereitungen, die ich im ersten und zweiten Teil dieser Reihe ausführlich geschildert hatte, folgte nun die Nagelprobe meines Spielercharakters. Aber nicht nur das. Auch mit einem zweiten Charakter, der parallel entstanden ist, begab ich mich das erste Mal in die raue Welt des Ödlandes, um mich dort den Gefahren durch Strahlung, Mutanten, Raider und übermotivierte Spielleiter zu stellen. Dabei stellte ich fest, dass einer der eklatantesten Unterschiede zum Fantasy-Genre darin besteht, das Warentausch wichtiger ist als Geld. Das Einzige, woran kein Mangel herrscht, sind Waffen und Munition, Nahrung und Wasser sind rar. Die Gewandungen sind durchweg individueller und es wird rücksichtsloser mit ihnen umgegangen.

Und da es keine abstrakten Konzepte wie Rituale, Götter, Alchemie oder Magie in dieser Welt gibt, wird wesentlich mehr Wert auf schöne Darstellung dessen gelegt, was an weltlichen Alternativen zur Verfügung steht, sprich Medizin, Wissenschaft, Operationen und Dekontamination. Gerade dieses glaubwürdige Umfeld zieht den Spieler schnell in seinen Bann.

Foto­gra­fien: Michael Sierig

 

9 Kommentare

  1. Nice Job!

    Hab das Ganze damals genauso empfunden und auch von anderen neuen Spielern mitbekommen. Michaels Sicht und Meinung spricht also nicht nur für ihn, sondern gleichzeitig auch für viele andere Neulinge im Endzeit – Genre.
    Und ich kann ihm nur zustimmen, lasst euch mal ienen Abend drauf ein und ihr bekommt Lust nach mehr.

    Viator – Prospektor des RG 1

    • Hallo Viator.
      Schön das es von anderen genau so empfunden wurde.
      Und auch ich würde mich freuen noch andere in diesem Genre begrüßen zu können.
      Man sieht sich .
      Denn ich bleibe auf jeden Fall dabei.

    • Danke für die Blumen.
      Wenn ich begeistert bin schreibe ich auch begeistert.
      Warte auf das erste Mal das ich über was langweiliges schreibe.
      Dann werde ich zu Prinz Valium. :-)

    • Hi Javeed.
      Ich freue mich auch auf Bunker Springs.
      Ich habe das Gefühl das mich da einige Leute um Schmerzmittel anbetteln werden :-)
      (Wir verstehen uns…)

  2. Hi Michael,
    Ich muss sagen das ist mal sehr geil geschrieben.
    Auch wenn der Artikel nicht von letzter Woche ist, bin ich absolut begeistert :-)
    Ich bin generell neu beim Thema LARP, und für mich Ost dieses Endzeit Szenario einfach nur der Wahnsinn :-)
    Deine Artikel haben mir nur noch mehr Interesse beschert :-)
    Hoffe man trifft sich mal auf einem con
    Gruß
    René

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