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Der kleine polnische Verlag bomba games aus dem Norden unseres Nachbarlandes ist noch relativ jung: Im letzten Jahr veröffentlichte er zwei Spiele, darunter eben auch Black & White, auf polnisch und englisch. Aktuell läuft ein Crowdfunding-Projekt auf der Plattform Spieleschmiede, um eine deutschsprachige Veröffentlichung zu finanzieren. Wir haben uns dieses Spiel schon vorab angeschaut, um euch zu berichten ob sich eine Investition lohnen würde.

Spielablauf

Um es zu Beginn in einem Satz zusammenzufassen: Black & White ist ein Hexagon-Kriegsspiel für zwei Spieler, die versuchen mit ihrer innerhalb des Punktelimits individuell zusammengestellten Armee die verschiedene Missionsziele zu erreichen. Dabei schert es sich nicht um eine ausgearbeitete Hintergrundgeschichte, Einheiten-Fluff oder eine Kampagne, hier geht es einzig um die Schlacht an sich. Das eigentliche Spiel besteht aus zwei Phasen: Der Vorbereitungsphase und der eigentlichen Schlacht.

Die Vorbereitung

Zuerst müssen sich die beiden Spieler darauf einigen, wer welche der beiden Armeen kommandieren möchte und welches der 22 beiliegenden Szenarien gespielt werden soll. Die Szenarios decken dabei eine ganze Bandbreite an möglichen Schlachten ab, angefangen von offenen Feldschlachten über die Belagerung von Festungen bis hin zu Durchbrüchen durch die feindlichen Linien.

Gemäß den Vorgaben wird dann das Schlachtfeld aufgebaut, indem topografische Besonderheiten wie Flüsse, Berge und Wälder ebenso wie gegebenenfalls Festungen, Bunker oder Brücken als Pappplättchen auf entsprechenden Hex-Felder gelegt werden.

Dann wird ein Sichtschirm auf das Spielfeld gestellt und die beiden Spieler stellen ihre Armee zusammen. Insgesamt 20 Punkte dürfen sie dafür ausgeben und aus jeweils neun verschiedenen Einheitentypen wählen. Grob kann man diese in die drei Kategorien Infanterie, Kavallerie und Artillerie unterteilen.

  • Infanterie darf sich zwei Felder weit bewegen oder sich ein Feld weit bewegen und einen Angriff ausführen oder eine Spezialfähigkeit aktivieren.

  • Kavallerie darf sich drei Felder weit bewegen oder sich zwei Felder weit bewegen und einen Angriff ausführen oder eine Spezialfähigkeit aktivieren.

  • Artillerie darf sich ein Feld weit bewegen, einen Angriff ausführen oder eine Spezialfähigkeit aktivieren.

Sehr viele dieser Einheiten verfügen aber über Spezialfähigkeiten, die sich teilweise merklich auf die Strategie der Spieler auswirken: Die schwarze Armee von Thargaton beispielsweise spielt sich im Vergleich defensiver, kann etwa mit ihren Ingenieuren Gräben ausheben oder Wälle bauen und mit ihrer speziellen Artillerie auch Brand- und Rauchmunition verschießen. Die weiße Armee der religiösen Fanatiker vom Vesanischen Protektorat dagegen ist offensiv ausgerichtet. So kann sich die schwere Artillerie des Ordens des Skorpions auch noch nach einem Angriff bewegen, sogar durch Sümpfe.

Meine persönlichen Lieblinge dieser Fraktion: Die Wächter des Surcullus und der Orden der Virgo. Sie können, wenn sie sich ihre Bewegung sparen, sogar zweimal einen Fernkampfangriff starten.

Die kleinen Holzklötzchen, welche die Einheiten darstellen, sind beidseitig beklebt: Auf der dem Gegenspieler zugewandten Seite ist der Einheitentyp ersichtlich (ein Schuh für Infanterie, ein Pferdekopf für Kavallerie, eine Kanone für Artillerie).

Auf der dem Spieler zugewandten Rückseite ist per Symbol ersichtlich, um welche Einheit genau es sich handelt und über wie viele Lebenspunkte sie noch verfügt. Die speziellen Einheitenwerte sind auf Karten gedruckt, die der jeweilige Spieler für den Gegenspieler verdeckt vor sich liegen hat.

Zusätzlich zur regulären Armee darf jeder Spieler noch einen von drei Anführern wählen. Diese bringen vier individuelle Befehle mit. Während der erste Befehl ein einfaches Kommando ist, dürfen die restlichen drei Befehle je Runde aber nur einmal gegeben werden und auch nur, wenn die entsprechende Einheit einen Befehlstest besteht.

Die Schlacht

Nach dem Inititativwurf beginnt die Schlacht der Spieler, welcher ein höheres Ergebnis mit dem beiliegenden W6 erzielt hat. Das Spiel wird abwechselnd in Zügen gespielt, wobei man jeweils nur so viele Einheiten aktivieren darf wie man Spezialmarker hat. Deren Anzahl wird durch das Szenario vorgegeben. Da auch mehrere Einheiten auf einem Feld stehen dürfen, gilt die Aktivierung nicht nur für eine einzelne Einheit, sondern für die gesamte Gruppe.

Die einzige weitere Limitierung besteht darin, dass nur eine Artillerie-Einheit je Runde aktiviert werden darf. Die genaue Zusammensetzung der eigenen Armee ist für den Gegner, solange es nicht zu einem Angriff kommt, stets unbekannt. Er kann nur sehen, ob es sich um Infanterie, Kavallerie oder Artillerie handelt, um wen genau, weiß er aber nicht. Da die Bewegungsregeln für die jeweiligen Untergruppen stets gleich sind, kann er so auch keinen Rückschluss daraus ziehen, ob er es nun mit schwachen Ingenieuren oder kampfstarken Elitesoldaten zu tun bekommt.

Kommt es nun zum Kampf, würfelt der angreifende Spieler zwei W6. Er subtrahiert den niedrigeren vom höheren Wert ab und addiert diesen dann zum Kampfwert der Einheit. Ist dieser Wert dann höher als der Verteidigungswert des Ziels, verliert dieses einen Lebenspunkt. Das quadratische Holzklötzchen wird dann so gedreht, dass der aktuelle Lebenspunkte-Wert oben steht. Da sich damit auch das dem Gegner zugewandte Einheitensymbol dreht, kann dieser beispielweise schlussfolgern, dass eine Einheit, die „auf dem Kopf steht“ schon stark angeschlagen ist, während eine Einheit, welche „richtig rum“ steht, noch vollständig ist. Hat eine Einheit keine Lebenspunkte mehr, wird sie aus der Schlacht entfernt.

Handelt es sich bei dem Angriff um einen Nahkampfangriff, darf der Verteidiger nun nach einem erfolgreichen Kommandotest zurückschlagen. Kommen beide Würfelergebnisse kumuliert auf die Zahl Sieben, gelingt ein automatischer Erfolg unabhängig vom Verteidigungswert des Gegners. Würfelt man dagegen ein Pasch, ist dies ein automatischer Fehlschlag.

Das waren jetzt die wichtigsten, aber noch lange nicht alle Kampfregeln. Hinzu kommen noch spezielle Regelungen für Gruppenkämpfe, Artillerieschläge, Sturmangriffe, Sichtlinien und Einflussbereiche. Um es also kurz zu machen: Black & White ist ein komplexes Kriegsspiel, welches für nahezu jede Spielsituation entsprechende Regelungen bereithält. Dem 20seitigen Regelheft fehlt es dabei leider an einem Index oder einem Inhaltsverzeichnis, sodass man spezielle Regelungen leider umständlich nachblättern muss. Grundlegendere Regeln, etwa zu Aktivierungsoptionen von Einheiten, findet man dafür auf den beigelegten Regelkarten. Diese sind dank kleiner Piktogramme anstatt eines Regeltextes sowohl multilingual als auch gut verständlich.

Preis-/Leistungsverhältnis

Noch ist Black & White offiziell nicht in Deutschland erhältlich. Die importierte englische Version habe ich für rund 35 EUR gefunden. Für ein klassisches Brettspiel mag sich dies schon im höheren Preissegment einordnen, für eine CoSim jedoch ist dies noch relativ günstig. Dafür bekommt man zwei unterschiedliche Armeen, ein durchdachtes Regelwerk und stabiles Spielmaterial. Ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis ist demnach gegeben.

Wer sich an dem noch laufenden Crowdfunding beteiligen möchte, muss für die übersetzte Edition 34 EUR einplanen. Darin enthalten ist das komplette Spiel inklusive einer deutschen Anleitung.

Ausstattung

blackwhite boxDas gesamte Spiel passt in eine 20 x 20 x 7 cm große Schachtel aus stabiler Pappe. In ihr enthalten sind neben dem dünnen, 20seitigem Regelheftchen in englischer und polnischer Sprache noch 48 kleine Holzklötzchen samt 96 passenden Aufklebern. Diese muss man vor dem ersten Spiel aber erst selbst aufkleben. Desweiteren enthalten sind die notwendigen 2W6, ein ausklappbarer quadratischer Spielplan und 24 Geländeplättchen. Außerdem gibt es 54 Spielkarten (Einheitenkarten, Missionskarten, Regelkarten, etc.) sowie verschiedenste Marker und Tokens. Zu guter Letzt noch in der Packung liegend ist der beidseitig bedruckte Sichtschirm, hinter dem die Spieler ihre Armee zusammenstellen können. Auf ihm gedruckt sind weitläufige Schlachtpanoramen, die das Fehlen einer Hintergrundgeschichte schmerzlich in Erinnerung rufen. Die Verarbeitung ist generell als sehr gut und stabil zu bewerten, auch das kontrastreiche Design hat mich persönlich überzeugt.

Die harten Fakten:

  • Verlag: bomba games
  • Autor(en): Krzysztof Matusik
  • Erscheinungsjahr: 2014 (engl.) / 2015 (dt.)
  • Sprache: englisch, polnisch, deutsch (ab Sommer 2015)
  • Format: Quadratische 20 x 20 x 7 cm Box
  • ISBN/EAN: 9788393773695
  • Preis: 34,95 EUR engl. Version
  • BezugsquelleSpiele Offensive

 

Bonus/Downloadcontent

Nicht vorhanden.

Fazit

Black & White wirkt auf den ersten Blick wie ein nettes kleines Brettspiel, vergleichbar mit dem Klassiker Stratego. Dahinter verbirgt sich aber ein komplexes Kriegsspiel mit detaillierten Regeln, in die man sich aber erst ein wenig hineinarbeiten muss. Deswegen sollte man auch anfangs etwas mehr als die veranschlagten 60 Minuten Spielzeit einplanen, und auch die Empfehlung ab 12 finde ich etwas optimistisch.

Ist man jedoch erstmal tief in der Materie drin, hat man es hier mit einem echten taktischen Kleinod zu tun. Wer sich für CoSims interessiert und nicht unbedingt einen historischen Hintergrund zum Spaßhaben benötigt, kann bedenkenlos zugreifen beziehungsweise am deutschen Crowdfunding teilnehmen.

 Daumen4Maennlich

Artikelbilder: Spiele Offensive

 

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